“Wir können neu ins Leben gehen”

Was uns in Bedrängnissen, Zweifel und Zerwürfnissen hält, liegt hinter uns

Predigttext: Offenbarung / Apokalypse 1,9-18
Kirche / Ort: Aachen / Evangelische Kirche im Rheinland
Datum: 29. Januar 2012
Kirchenjahr: Letzter Sonntag nach Epiphanias
Autor/in: Pfarrer Manfred Wussow

Predigttext: Offenbarung 1,9-18 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)

Ich, Johannes, euer Bruder und Mitgenosse an der Bedrängnis und am Reich und an der Geduld in Jesus, war auf der Insel, die Patmos heißt, um des Wortes Gottes willen und des Zeugnisses von Jesus. Ich wurde vom Geist ergriffen am Tag des Herrn und hörte hinter mir eine große Stimme wie von einer Posaune, die sprach: Was du siehst, das schreibe in ein Buch und sende es an die sieben Gemeinden: nach Ephesus und nach Smyrna und nach Pergamon und nach Thyatira und nach Sardes und nach Philadelphia und nach Laodizea. Und ich wandte mich um, zu sehen nach der Stimme, die mit mir redete. Und als ich mich umwandte, sah ich sieben goldene Leuchter und mitten unter den Leuchtern einen, der war einem Menschensohn gleich, angetan mit einem langen Gewand und gegürtet um die Brust mit einem goldenen Gürtel. Sein Haupt aber und sein Haar war weiß wie weiße Wolle, wie der Schnee, und seine Augen wie eine Feuerflamme und seine Füße wie Golderz, das im Ofen glüht, und seine Stimme wie großes Wasserrauschen; und er hatte sieben Sterne in seiner rechten Hand, und aus seinem Munde ging ein scharfes, zweischneidiges Schwert, und sein Angesicht leuchtete, wie die Sonne scheint in ihrer Macht. Und als ich ihn sah, fiel ich zu seinen Füßen wie tot; und er legte seine rechte Hand auf mich und sprach zu mir: Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige. Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle.

Exegetisch-homiletische Vorüberlegungen

Das im Kanon der Hl. Schrift letzte (!)  Buch gilt als Buch mit sieben Siegeln – ein Bild übrigens aus der Offenbarung selbst. Als einzige und einzigartige apokalyptische Schrift hat sie es in den Kanon geschafft, für Aufregung, Missverständnisse und Sonderwege gesorgt und schließlich Kunst und Kultur mit Bildern überhäuft und beflügelt. Johannes stellt sich als „Bruder und Mitgenosse an der Bedrängnis und am Reich und an der Geduld in Jesus“ vor. Er ist wahrscheinlich ein Verbannter.  Auf Patmos, einer Insel. Grund: „Um des Wortes Gottes willen und des Zeugnisses von Jesus“. Im Hintergrund steht eine Christenverfolgung in Kleinasien. Sie trifft die kleinen und abgelegenen christlichen Gemeinden hart, droht sie zu zerreissen und macht den /das Glauben zu einem Problem. Es gibt noch keine Volkskirche, keine institutionellen Sicherungen, keine Menschenrechtskonvention und eben auch noch keine kritische Weltöffentlichkeit. Aber es gibt einen übermächtigen römischen Staat, einen vergötzten Kaiser und eine sakrosankte Disziplin. Dass der christliche Glaube als gefährlich eingestuft wird, Grundfesten erschüttert und Ordnungen in Frage stellt, ohne auch nur eine Waffe in die Hand zu nehmen oder eine feurige Rede zu halten, kommt zwischen den Zeilen heraus. Jetzt brauchen die kleinen christlichen Gemeinden – (stellvertretend) werden sieben Gemeinden genannt – den „Bruder und Mitgenossen an der Bedrängnis und am Reich und an der Geduld in Jesus“, der vom Geist ergriffen an einem Sonntag, dem "Tag des Herrn", dem Auferstehungstag – ein Buch bzw. einen dicken Brief schreibt. Was er sieht, soll er schreiben. Ein wichtiger Punkt: Das geschriebene Wort bewahrt eine Schau, eine Vision, mit eigenen Augen „Gesehenes“ auf, gibt es weiter und überdauert die Zeiten.  Die Offenbarung entpuppt sich als ein Trostbuch, das aufrichtet, einen weiten Blick schenkt und eben im „Jetzt“ den sichtbar macht, der sich am Anfang der Offenbarung vorgestellt hat als A(lpha) und O(mega), als Anfang und Ende, als der, der da ist, der da war und der da kommt. Wie Er sich vorstellt und was von Ihm gesagt wird, tröstet und bestärkt. In der Vielfalt der Bilder  entzieht er sich zugleich. Jedes Bild für sich genommen gleicht einem Schlüsselloch, alle zusammen verstellen sich gegenseitig. Ein Profil Gottes lässt sich in dieser Vision nicht entwickeln. Es geht nicht darum, zu wissen, was oder wer Gott ist,  die Frage führt in die Irre und hat bisher mehr Unheil angerichtet als Segen gestiftet. Es geht darum, ihm mitten im Leben zu begegnen und zu trauen.  Die  vielen Bilder  tasten sich heran, den „Allmächtigen“ sehen zu können, ohne sich ein Bild von ihm zu machen.  Trotzdem mag es gut und schön sein, sich in wenigstens ein Puzzleteil  zu „verlieben“, die Predigt darf dazu Hilfe leisten. Dass traditionsgeschichtlich die Menschensohnüberlieferung  (siehe Daniel)  Pate gestanden haben mag, interessiert den Exegeten, die Predigthörerin nicht. Sie soll aber schon von Anfang an den „Bruder und Mitgenossen an der Bedrängnis und am Reich und an der Geduld in Jesus“ für sich entdecken. Eine sym-pathische (!) Rolle! Die umwerfende Szene endet damit, dass Johannes „wie tot“ zu Seinen Füßen liegt. Immer, wenn Menschen in die Nähe Gottes kommen bzw. er sich naht, muss er aufheben, zum Leben erwecken und Leben neu schenken. Offenbarung geschieht nie auf Augenhöhe! Sie ist sogar tödlich. Dabei ist die Szene überaus zärtlich: Er legt seine rechte Hand auf mich, Er spricht: Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige. Obwohl nicht sicher ist, ob der Evangelist Johannes auch der Johannes auf Patmos ist: Dieses Ich-bin-Wort Jesu fasst die anderen Ich-bin-Worte Jesu, die wir im Evangelium nach Johannes überliefert finden, zusammen. In dieser Szene können die bedrängten Gemeinden sehen (!), wer das letzte Wort hat – und wie er es hat. Ich bin. Der Johannes als „Bruder und Mitgenosse an der Bedrängnis und am Reich und an der Geduld“ verquickt Bilder miteinander, verwirrt unsere Augen und entzieht uns die Figur wieder, die er gerade noch detailliert zu beschreiben versuchte. Es ist eine Sehübung, die das Wort schärft:  Was du siehst, das schreibe in ein Buch und sende es an die sieben Gemeinden … Spätestens jetzt wird deutlich, dass die Figur, die Johannes sehend beschreibt, nicht nur in ihrer ungeheuerlichen Fremdheit sichtbar werden muss (!), sondern den Anspruch illustriert, A(lpha) und O(mega) zu sein. Nicht nur den Anspruch, vielmehr auch die Zusage: Ich bin für dich / Ich bin für euch – Anfang und Ende. Wir stehen hier  in unmittelbarer Nähe des „brennenden Dornbuschs“ – nicht am Sinai, auf Patmos!  Am Anfang des letzten Buches der Bibel wird die Vorstellung Gottes noch einmal wiederholt. Mit alten Bildern und neuen Zügen. In Offenbarung 1 wird die Vorstellung Jahwes visualisiert und mit dem verbunden, der einem „Menschensohn“ gleicht. Auf einen Bilderreigen will ich besonders aufmerksam machen: Er steht inmitten seiner Gemeinden (sieben goldene Leuchter) und hält spielerisch die römische Staatsmacht in seiner Rechten (sieben Sterne) - das letzte Urteil kommt aber schon aus  seinem Mund (zweischneidiges Schwert). Homiletisch liegen hier Schätze bereit: Gemeinden als goldene Leuchter (!), die Staatsmacht freischwebend (!) – wo gibt es noch einmal solche Beschreibungen? Wir müssen weiter fragen: Solche Beschreibungen in der Krise! Die Gemeinden, die kurz vor dem Auseinanderbrechen sind, hin- und hergerissen, angefochten, einem übermächtigen und religiös überhöhten Gegner hilflos ausgeliefert – Gott erlaubt sich (s)einen eigenen Blick. Gerade jetzt! Seelsorgerinnen und Seelsorger können in dieser Szene ungemein viel  lernen und entdecken. Jetzt bekommt das „Ich, euer Bruder und Mitgenosse“ einen besonderen Klang. Durchhalteparolen sind nicht an der Zeit  – jetzt muss die alte Geschichte von der Treue (und Macht) Gottes neu erzählt werden. Am besten mit Leuchtern, Sternen und – einem zweischneidigen Schwert. Aber solidarisch, sym-pathisch: Ich, euer Bruder und Mitgenosse. Eine „Kleinigkeit“, die nicht untergehen darf: „Und ich wandte mich um“. Geht es sonst immer darum, nach vorne zu schauen – hier muss der Rück-Blick her! Hinter sich zu sehen heißt: die Geschichte Gottes mit Menschen, mit seinem Volk in den Blick zu nehmen. Die überwältigende Vision verdichtet, was Gott immer schon gesagt hat. Wissenschaftlich ist die Beobachtung wichtig, dass die Offenbarung nach Johannes Auslegung und Aneignung der Überlieferungen ist, die als „Altes Testament“ in die Geschichte eingegangen sind.  Der Vorhaltung, die Offenbarung habe „christologisch“ oder „soteriologisch“ Defizite und sei im NT eine Ausnahmeerscheinung (das lässt sich auch positiv sehen!), müssen wir hier nicht nachgehen: Die Offenbarung formuliert jedoch, dass Johannes „um des Zeugnisses von Jesus“ (als Verbannter) auf der Insel Patmos war und dass er „Bruder und Mitgenosse der Geduld in Jesus“ sei.  Eine Gemeinde, die am Letzten Sonntag nach Epiphanias, noch im Glanz der Epiphanie Jesu, Gottesdienst feiert, begegnet in der  Vision von dem, der einem „Menschensohn“ gleich war, Jesus, der  sich inmitten seiner Gemeinden als Herr offenbart.

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Wir machen heute eine Reise nach – Patmos. Eine Trauminsel! Sie können im Reisebüro fragen, im Bekanntenkreis herumhören oder googlen. Wunderschöne Bilder! Groß ist die Insel zwar nicht, knapp 34 qkm, aber hügelig. Sie liegt fast ein wenig verloren in der südlichen Ägäis, ist  spärlich bewachsen, trägt aber den Beinamen „Insel mit dem Heiligenschein“. Dabei ist sie ebenso berühmt wie berüchtigt als Sträflingsinsel. Wer damals verstummen und verschwinden sollte, wurde hier kaltgestellt. Einen, den es getroffen hat, kennen wir, sogar mit Namen: Johannes. Heute erinnert eines der wichtigsten Klöster der griechisch-orthodoxen Kirche an ihn, das Johannes-Kloster. Im 11. Jahrhundert auf den Ruinen eines Artemis-Tempels erbaut, hebt es eine alte Geschichte hinter dickem Gemäuer für uns auf.  Johannes hat uns etwas schriftlich zurückgelassen.

(Lesung des Predigttextes)

Am besten, wir fangen vorne an. Johannes ist verbannt. Das Schiff, das ihn auf die Insel brachte, ist längst abgefahren.  Die Römer wissen schon, wie das geht, Menschen aus dem Verkehr zu ziehen. Auf ein Schicksal mehr oder weniger kommt es auch nicht an. Da sind sich alle Mächtigen einig.  Aber Johannes trotzt ihnen. Seine starke  Waffe ist das Wort. Es soll ihn zwar keiner hören, aber Johannes schreibt dann eben. Wort für Wort. Festgehalten. Es rutscht mir so heraus: für die Ewigkeit. Es wird ein langer Brief! Es wird ein großartiger Brief! „Ich bin Johannes, euer Bruder und Gefährte.“  Es ist eine bewegte Zeit. Auch für die kleinen christlichen Gemeinden in Kleinasien. Ihre Existenz allein scheint schon als gefährlich eingestuft zu werden. Gefährlich für den Kaiser, für seinen Kult, für die öffentliche Meinung. Schon ein Gottesdienst wird zur Provokation, das Glaubensbekenntnis, Christus sei der Herr, gar zum Hochverrat. Viele Christen sind noch nicht lange dabei, da geraten sie auch schon in Konflikte. Sie können sich auf nichts berufen, es gibt weder Traditionen noch Institutionen. Nur einen Anfang, der jäh enden kann. Ob sie standhalten? Die Kraft haben, treu zu bleiben? Lohnt es sich denn überhaupt? Gelegentlich stehen Ansprüche einfach gegeneinander: Hier der Kaiser, der göttliche Verehrung beansprucht, die Staatsraison, die Sachzwänge, dort das Bekenntnis zu Christus, sein Weg, sein Wille. Dass das keine Formsache ist, spüren die Christen hautnah: Wer hat denn das letzte Wort? Wer hat denn das erste Wort? Im Leben und im Sterben? Es ist gut, dass Johannes ihnen, uns, einen Brief schreibt! Als einer, der wie sie getroffen ist, aber auch als einer, der eine große Gewissheit mit ihnen teilen kann: „Ich bin Johannes, euer Bruder und Mitgenosse an der Bedrängnis und am Reich und an der Geduld in Jesus“. Manchmal brauche ich auch einen solchen Bruder, eine solche Schwester, manchmal darf ich  ein solcher Bruder  sein. Nah, vertraut, einfach da. Auf eine Idee ist Johannes nicht gekommen: Parolen auszugeben. Durchhalteparolen.

Johannes beschreibt, was er sieht. Johannes beschreibt auch, was er weiß. Er schöpft aus einem reichen Fundus. Gottes Geschichte mit den Menschen fängt nicht erst jetzt an. Es hat einen Bund mit Israel gestiftet, mit uns. Was für ein ehrenvolles Wort: Altes Testament. Die Bilder wachsen Johannes zu. Sie überschlagen sich förmlich im Kopf. Aber im Herzen entsteht eine große Klarheit. Nehmen wir von den vielen Bildern nur eine Szene in die Mitte. Da steht einer, einem Menschensohn gleich, inmitten von sieben Leuchtern. Sieben Sterne hat er in seiner rechten Hand. Und aus seinem Mund kommt ein Schwert, zweischneidig und scharf. Auf seine Kleider wollen wir jetzt nicht achten, auch nicht auf sein Aussehen. Wir sind überwältigt. So fremdartig steht er da, so fremdartig muss er dastehen. Gott selbst mit den Zügen Jesu – können wir uns ein Bild von ihm machen? Ihn in ein Bild bannen? Die Leuchter sind die Gemeinden in Kleinasien. Goldene Leuchter! Nichts von kleinem Glauben. Es ist so, als ob die Bedrängnis in ihr Gegenteil verwandelt wird. Sieben Leuchter sind zwar auf dem ersten Blick wie abgezählt und überschaubar, aber sie stehen für die Gesamtheit der Gemeinden. Ich weiß  gar nicht, welcher Leuchter unsere Gemeinde ist. Aber ich sehe ihn: Der Herr wird von seinen Gemeinden umringt. Er lässt sich in die Mitte nehmen. Mehr, er stellt sich in die Mitte. Er versammelt seine Gemeinden um sich. Die Nähe, die ich mir wünsche: hier sehe ich sie.

In seiner rechten Hand trägt er sieben Sterne. Ich stelle mir Sterne immer groß vor. Jetzt sind sie handlich. Nicht nur ein Stern, gleich sieben passen in seine Hand. Sterne – sie stehen für die ganze Macht Roms. Für seine Übermacht. Für seine Größe. Aber seht her: Zusammengeschrumpft. Auf die Größe einer Hand. Seiner Hand. Nein, Rom ist tatsächlich in seiner Hand. Auch geborgen. Getragen. Das bleibt. Das bleibt auch jetzt, wo der Sturm losgebrochen ist. Aber diese Sterne haben ihre Macht verloren. Sie bestimmen nicht mehr das Schicksal. Die ganze Geschichte ist in der Hand des Menschensohnes. Als Daniel, der Prophet, zum ersten Mal eine solche Vision beschrieb, konnte er noch nicht ahnen, dass die Christen ihren Herrn in dieser Gestalt erkennen konnten. Kyrios nennen wir ihn. Herrn! So rufen wir ihn auch an. Gott lässt uns so sein Gesicht sehen und in die Hand schauen. Die ganze Welt liegt darin. Wenn das der Kaiser wüsste! Das Schwert, dass aus dem Mund kommt, nun, es sieht gefährlich ist. Die Klinge zu beiden Seiten geschärft, blitzeblank. So stelle ich mir das vor. Es steht hier für das letzte Urteil. Das letzte Urteil aber ist ein Wort. Unmissverständlich! Scharf! Gerecht! Eben wie ein zweischneidiges Schwert. Umgangssprachlich haben wir zwar daraus ein Bild für Ambivalenz gemacht: Egal, was wir sagen – alles ist irgendwie unsicher, irgendwie schneiden wir uns ins eigene Fleisch, irgendwie treffen den/die Falschen. Aber hier sehen wir im Bild von dem Schwert, das dem Mund entwächst, letzte Gewissheit: die Welt ist schon gerichtet. Der Evangelist Johannes hat das in seinem Evangelium in immer neuen Wendungen entfaltet. Was immer das heißt: Wir können uns nicht mehr begründet auf unsere eigene Angst zurückziehen. Wir können uns auch nicht mehr entschuldigen. Heute sehen wir in dieser überwältigenden Vision das letzte Wort.

Leuchter, Sterne und Schwert! Viele Gemeinden sind heute im Focus der Weltöffentlichkeit, ohne wirklich gesehen zu werden. Gemeinden im Nahen Osten, in Nordafrika … Von Exodus ist die Rede. Von Angst. Aber auch von Hass. Es gibt militante Muslime, es gibt aber auch militante Christen. Die Medien können das nicht immer auseinanderhalten. Vielleicht wollen sie es auch nicht immer. Selbst Nachrichten werden zu Waffen. Zu Waffen geschmiedet. Ich sehe dann das Bild, das Johannes beschreibt, noch einmal in einem neuen Licht. Kann es noch Waffen geben, wo Christus doch das das letzte Wort spricht? Nein, vergangen ist diese Geschichte nicht. Die Geschichte von angefochtenen, bedrängten und verdrängten Gemeinden. In unseren Breiten merken wir, wie brüchig Traditionen sind und dass auch große und mächtige Institutionen wie unsere Kirche hilflos und ängstlich mit dem Rücken zur Wand stehen. Rhetorisch zwar immer auf der Höhe, aber geistig, geistlich oft so arm. Wir können uns nicht einmal in unsere eigene Geschichte retten. Ich sehe dann das Bild, das Johannes beschreibt, noch einmal in einem neuen Licht: Christus pflegt nicht unsere Krisen, er stellt sich mitten unter uns. Was das dann heißt: Leuchter sein! Goldene Leuchter! Was ich von uns nicht weiß, hier sehen wir es: wer wir sind  und was uns zugetraut, zugemutet wird. Er  in unserer Mitte!
Leuchter, Sterne und Schwert!

Bevor ich „Amen“ sage oder Sie „Amen“ denken: Einer feinen und kleinen Bewegung wollen wir noch nachschauen.  Es heißt in der Offenbarung: „Ich  hörte hinter mir eine große Stimme“ und dann:  „Und ich wandte mich um“. Eine Nebensächlichkeit? Es fällt kaum auf. Aber es stellt die Offenbarung vom Kopf auf die Füße: Meistens reden wir von dem, was vor uns liegt. Das wollen wir anpacken. Ein verräterisches Wort: Was können wir denn festhalten? Heute werden unsere Blicke umgewendet: Wir schauen zurück. Wir schauen hinter uns. Was uns in Bedrängnissen, Zweifel und Zerwürfnissen hält, liegt hinter uns. Gottes Geschichte mit uns Menschen. Es ist ein langer, weiter Weg. Wir können ihn nicht einmal überschauen. Aber es ist ein Weg der Treue Gottes. Die Freiheit, die Befreiung, die Erlösung liegt hinter uns. Die Gemeinden in Kleinasien, Irak und Ägypten, in Aachen, Brüssel und Paris  und anderswo finden sich in einer Geschichte wieder, die lange vor ihnen angefangen hat und nicht beendet ist. Wer wissen will, was Leben hält und trägt, was Glauben stark macht und Hoffnung groß, hört hinter sich eine Stimme – und dreht sich um.  Übrigens: Am Schluss hebt Christus Johannes auf. Wie tot liegt er da. Überwältigt. Ganz klein. Es ist eine überaus zärtliche und schöne Szene: „Wir können neu ins Leben gehen“ (EG 432).

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