Weihnachten – Gottes Ja zu uns Menschen
Die Zweideutigkeit der Menschen und die Eindeutigkeit Gottes
Predigttext: 2. Korinther 1,18-22 (Übersetzung nach Martin Luther)
18 Gott ist mein Zeuge, dass unser Wort an euch nicht Ja und Nein zugleich ist.
19 Denn der Sohn Gottes, Jesus Christus, der unter euch durch uns gepredigt worden ist, durch mich und Silvanus und Timotheus, der war nicht Ja und Nein, sondern es war Ja in ihm.
20 Denn auf alle Gottesverheißungen ist in ihm das Ja; darum sprechen wir auch durch ihn das Amen, Gott zum Lobe.
21 Gott ist's aber, der uns fest macht samt euch in Christus und uns gesalbt
22 und versiegelt und in unsre Herzen als Unterpfand den Geist gegeben hat.
Ja oder Nein?
Was fällt uns schwerer zu sagen: Ja oder Nein? Das kann man nicht so pauschal beantworten. Kommt drauf an – auf die Situation, auf die Sache, um die es geht, auf die Folgen, die daraus erwachsen. Manches voreilig gesprochene Ja kann uns arg in Bedrängnis bringen. Ja, tu, was du nicht lassen kannst, mach, was du willst! Ein böses Erwachen kann das geben, wenn die Folgen ersichtlich werden. Da ist das Ja zwar der Weg des geringsten Widerstandes gegangen, ein Nein hätte mehr Kraft und Überwindung gekostet. Doch vielleicht wäre ein Nein auf längere Sicht hin das Bewahrendere gewesen. Manches Nein macht aber auch Möglichkeiten zunichte, die ungenutzt bleiben müssen. Nein, lass die Finger davon, du schaffst das doch nicht. Und was hätte daraus werden können?! Das Nein, ängstlich darauf bedacht, das Missgeschick zu vermeiden, hat die Chance zum Besseren nicht möglich werden lassen. Ein Ja wäre vielleicht gewinnbringender gewesen. Ja oder Nein – wenn die Antwort immer so einfach wäre, wir wären froh darum.
Jemand hat zugesagt, auf einen Besuch zu kommen. Wir haben uns darauf eingestellt, Vorbereitungen getroffen und wir wollen uns Zeit nehmen für den angesagten Gast. Die Vorfreude ist da, wir sind voller Erwartung, aber der Angesagte bleibt aus. Aus einem Ja ist ein Nein geworden. Wie ärgerlich nach allem. Was halten wir von dem, der uns versetzt hat? Wir hatten seinem Ja geglaubt, seine Zusage ernst genommen, sein Wort für bare Münze gehalten. Aber umsonst war alle Mühe und Vorbereitung, umsonst alle Vorfreude. –
So erging es den Korinthern mit Paulus. Paulus schrieb ihnen von seiner Absicht, sie auf seiner nächsten Reise zu besuchen, die Korinther erwarteten Paulus Ankunft. Aber er blieb aus, denn in der Zwischenzeit hatte er seine Reisepläne geändert. Die Gründe, die er hatte, mögen zunächst außer Acht bleiben. Das hat in Korinth große Kritik an Paulus hervorgerufen. Stimmen werden laut, die ihn der Unzuverlässigkeit bezichtigen. Hat der Apostel allzu leichtfertig Ja gesagt? Ohne sich darüber im Klaren zu sein, was ein Wortbruch für Folgen haben könnte? Ohne abzusehen, wie schnell an seiner Zuverlässigkeit gezweifelt werden könnte? Ohne zu bedenken, dass sein Ruf auf dem Spiel steht, der auch seine Botschaft in Misskredit ziehen könnte? Offenbar hat Paulus nicht mit diesem Echo auf seine Reiseplanänderung gerechnet. Die Korinther gehen ihn hart an.
Wir haben heute den 4. Advent. Advent – das verstehen wir als Ja Gottes zu dieser Welt und seinen Menschen. Wir erwarten in diesen Tagen Christi Ankunft. Oder warten wir vergebens und erfahren wir das Ja als Nein? Kommt der Angekündigte, bewahrheitet sich seine Zusage, erfüllt sich die Verheißung: Gott kommt, ja, er kommt! Wenn es uns verborgen bleibt, sehen wir nur ein Nein, ein enttäuschtes Nein, wo er doch ein Ja sein will!
Zusagen
Ja und Nein, Nein und Ja – was gilt, was ist die richtige Antwort? Worauf können wir uns verlassen? Auf das Jawort bei der kirchlichen Trauung? Auf das Ja der Politiker, Schaden vom Volke abzuwenden? Auf das Ja der Richter, das Recht zur Geltung zu bringen? Ja und Nein – das kann Tore zum Leben öffnen oder auch verschließen. Es kann Glück bringen oder auch Unglück heraufführen. Darum wollen wir gewiss sein, dass ein Ja auch ein Ja ist und ein Nein der Eindeutigkeit nicht entbehrt.
Wo ein klares Ja gesprochen wird, da klingt auch ein unmissverständliches klares Nein mit: Das Ja zur Liebe in der Zweisamkeit ist ein Nein zur Treulosigkeit. Das Ja zum Volkswohl ist ein Nein zum Verbrechen am Volk. Das Ja zur Gerechtigkeit ist ein Nein zum Unrecht. So ist es mit dem Ja Gottes, das er in Christus Jesus eindeutig gesprochen hat! Gottes Ja in Christus ist der Erweis seiner unendlich großen Liebe. Und darum steht daneben das Nein gegen alles, was diese Liebe angreift, sie in Frage stellt, sie auslöschen will.
Wie schwer fällt es uns, dazu Ja zu sagen, eindeutig und ohne wenn und aber, nämlich zu der Liebe, wie sie in Christus Mensch geworden ist. Diese Liebe konsequent bejahen, wem gelingt das? Hie und da vielleicht und dann auch wieder nicht, ab und zu und wiederum nicht. Das hätte ja gewaltige Folgen in unserem Zusammenleben, wenn wir das Ja zur Liebe ernsthafter sprechen würden. Mit einem Male würden wir auch konsequenter Nein sagen können. Aber es fällt so schwer, das Ja von dem Nein zu trennen, dass wir es immer wieder durcheinanderbringen und am Ende die Welt nicht mehr verstehen.
Das, was in aller Munde ist, ist der Klimawandel, der unsere Erde und alle, die auf diesem wunderbaren Planeten wohnen, bedroht. Einmal in Gang gekommen, nehmen diese gigantischen Prozesse Fahrt auf. Und es wird zunehmend schwerer, diese Veränderungen zu stoppen, geschweige denn umzukehren. Temperaturanstieg, Meeresspiegelanstieg, Zunahme der Trockengebiete, um nur Weniges zu nennen. Sagen wir Ja zum entschiedenen Kampf gegen die Folgen des Klimawandels? Oder eher Nein, weil wir auf nichts verzichten wollen, was unser Leben bequem macht? Weil wir unseren Lebensstil nicht grundlegend ändern wollen? Weil uns das Hemd näher ist als die Hose? Bleibt gar am Ende nur ein halbherziges, unverbindliches Jein? An der Liebe Christi gemessen, genügt kein Jein. Um drohendes menschliches Elend abzuwenden, ist ein konsequentes Ja zum Kampf gegen den Klimawandel nötig, anstatt ein Jein zu murmeln. –
Weihnachten steht vor der Tür, das Fest der Liebe und des Friedens. Da frage sich jeder selbst, worin er den Sinn des Festes sieht. Ein Denkanstoß dazu: Wie sähe ein Weihnachtsfest ohne Geschenke aus? Da wäre für viele der Inhalt verloren gegangen. Ich will nicht, dass man darauf verzichtet, sich etwas zu schenken. Aber worauf kommt es an? Auf das Geschenk – oder auf den/die Schenker/in? Zur Liebe Ja sagen, heißt vielleicht an Weihnachten nicht mit einem großen Geschenkpaket daherkommen, sondern mit lieben, freudemachenden Worten und Gesten. Darin würde die Liebe Christi menschlich werden nicht nur materiell und gefühllos und sie hätte es ja so nötig.
Gottes Ja
Paulus sagte den Korinthern Ja, dann sagte er Nein. “Ich komme, – ich komme nicht!” Die Korinther ziehen seine Zuverlässigkeit in Zweifel. Paulus reagiert, indem er grundlegend Gottes Ja zum Ausdruck bringt. Es geht um mehr, als nur um die Änderung seiner Reisepläne. Mit seinem Hin und her steht seine persönliche Glaubwürdigkeit als Prediger auf dem Spiel. Niemand nimmt ihm seine Worte ab, wenn er sie durch sein Verhalten Lügen straft. Die eigene Wahrhaftigkeit weist auf die Wahrhaftigkeit Gottes hin. Ob dieser Schluss logisch ist, sei dahingestellt, aber viele denken so. Da steht und fällt Gottes Glaubwürdigkeit mit meiner Glaubwürdigkeit. Diese Gefahr sieht Paulus bei den Korinthern und will ihnen deutlich machen, dass in Christus Gott nur ein Ja gesprochen hat, das Ja der Liebe! Und dieses Ja der Liebe ist zum Maßstab seines Denkens und Handelns geworden.
Paulus ändert seine Reisepläne, nach Korinth zu kommen, nicht aus Willkür oder einer Laune heraus. Im Gegenteil, dahinter verbirgt sich das Maß der Liebe. Er verschiebt seine Ankunft in Korinth, um die Korinther zu schonen. Sie sollen Zeit zum Nachdenken haben über den Konflikt mit Paulus. Und erst wenn die Wogen geglättet und die Gemüter sich beruhigt haben und ein vernünftiges Reden wieder denkbar ist, will Paulus zu ihnen kommen. Das ist in Liebe gedacht, die dem Ja Gottes in Christus zu den Menschen entspricht.
Advent – wir erwarten die Ankunft Gottes. Er muss kommen und uns den Geist seiner Liebe in unseren Herzen lebendig werden lassen. Das Ja unseres Gottes in dem Kind zu Bethlehem, in dem Menschen Jesus, in der Liebe, die sich anderen zuwendet, kann uns zur Kraft und Motivation werden, eindeutig Ja zu sagen.