Unter der aufgehenden Sonne im Gespräch über Glauben und Leben
Predigttext (Wochenspruch): Jesaja 60,2
Über dir geht auf der HERR, und seine Herrlichkeit erscheint über dir.Liebe Gemeinde!
Mit dem letzten Sonntag nach Epiphanias schließt sich der weihnachtliche Festkreis. Der Wochenspruch, ein Prophetenwort aus dem Jesajabuch, ruft uns das wunderbare Kommen Gottes in Erinnerung: Über dir geht auf der HERR, und seine Herrlichkeit erscheint über dir.
In diesen Worten wird Gott mit der aufgehenden Sonne in Verbindung gebracht. Für den betenden Menschen des 119. Psalmes ist das Wort Gottes ein Licht auf seinem Weg: Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege.
Über den Glauben ins Gespräch kommen
Wie anschaulich und verständlich haben hier Menschen von ihrer Erfahrung mit Gott gesprochen! Aber ist uns das Gefühl der Sprachlosigkeit nicht vertrauter, wenn wir mit einem anderen Menschen über Gott, sein Wort und unseren Glauben sprechen wollen oder sollen, über das, was uns umtreibt und was uns trägt!
Da ist die Entdeckung von Anknüpfungspunkten gefragt, um die Menschen dort abzuholen, wo sie gerade stehen – mit ihren Gedanken, ihrer Kultur und Religion. Eingehen auf die Gedanken anderer, argumentieren, eine Ebene und Atmosphäre des Dialogs finden, um Gott, sein Wort, die Botschaft von Jesus Christus, ins Gespräch zu bringen, das empfinde ich als unsere Aufgaben, wenn andere Menschen von uns wissen wollen, was uns an der Bibel liegt, was uns an ihr wichtig ist. Im „Jahr der Bibel“ 2003 sind wir dazu besonders herausgefordert.
Sich in Frage stellen lassen
Mich beeindruckt an den Männern und Frauen, die in der Bibel zu Wort kommen, wie sie sich in Frage stellen ließen und ebenso sachlich wie engagiert Stellung nahmen. Antwort gaben, sich bemühten, Rechenschaft abzulegen von dem, was sie bewegte.
Die stärksten und treibenden Gründe für die Wahrhaftigkeit ihrer Botschaft waren nicht, was sie spekulierten, phantasierten oder erträumten, sondern was sie mit Gott, mit Jesus erlebt hatten. Der biblische Glaube beruht auf Erfahrung, bezieht sich auf die konkrete Geschichte Gottes in Raum und Zeit.
Das Wort Gottes, wie es in der Bibel verkündigt wird, will uns in jeder Zeit helfen, uns Antwort geben. Wir tun gut daran, dass wir darauf achten als auf ein Licht, das uns Lebensorientierung gibt (2. Petrus 1,19).
Ausdrucksformen des Glaubens
Bedenken wir dabei, dass unser Glaube immer Ausdrucksformen finden muss, die mit dem gegenwärtigen Leben in Beziehung stehen. Es geht um ein glaubwürdiges Leben. Der Glaube braucht „Veranschaulichung“, damit er von uns aufgenommen, praktisch gelebt und auch weitergegeben werden kann. Kommen wir doch über Glauben und Leben noch mehr miteinander ins Gespräch! Helfen wir einander, dass der Glaube Gestalt annimmt in unserem Lebensalltag! Menschen konnten immer wieder Botschafter sein, weil sie aus der Bibel schöpften.
Freilich muss die Berufung auf die Bibel stets wachsam und kritisch hinterfragt werden – denn: die Bibel im Namen Gottes gegen Gott und sein „Für-uns-Dasein“ zu missbrauchen, ist bis heute möglich und darum eine Gefahr. Gut zu wissen, dass bei der Bibelauslegung kein einzelner Mensch die ganze Wahrheit hat. Gottes Geist weht, wo und wann er will.
Bewahren und bedenken
„Selig sind, die das Wort Gottes hören und bewahren“, so ermutigt uns Jesus, auf die Botschaft der Bibel, das Wort Gottes, zu hören. Wir bewahren es, wenn wir es immer wieder neu bedenken!
Dieses erwartungsvolle Hören auf die Botschaft der Bibel kann uns auch heute dazu anregen, „achtsam“ mit anderen Menschen, ihrem Denken und Glauben, umzugehen. Es kann uns dazu anregen, uns mit dem, was Menschen heute denken und empfinden, auch mit den ideologischen Strömungen ernsthaft auseinanderzusetzen. Dabei können wir Anknüpfungspunkte entdecken und uns an Jesus orientiern. Jesus ging auf die Menschen ein und wandte sich ihnen voller Liebe zu. Gleichzeitig kann uns das Hören auf das Wort Gottes dazu veranlassen, unsere Gottesbilder, unsere Vorstellungen von Gott und unsere religiösen Gedanken immer wieder in Frage zu stellen und uns durch die Verkündigung des Evangeliums von Jesus Christus neu sagen zu lassen, wer Gott für uns und wie tröstlich nahe er uns ist.
So verstehe ich auch die staunenden Worte des Apostels Paulus damals in seiner berühmten Areopagrede in Athen: „GOTT ist nicht ferne von einem jeden unter uns…“ Amen.