“Unseres Herrgotts Finger, Diener und Speichel” – oder: “…dass du fortan ein hörender und redender Mensch seiest”

Eine Predigt von Martin Luther mit einem Nachwort von Heinz Janssen

Predigttext: Markus 7, 31-37
Kirche / Ort:
Datum:
Kirchenjahr: 12. Sonntag nach Trinitatis
Autor/in: Martin Luther

Predigttext: Markus 7,31-37

Und da er wieder fortging aus der Gegend von Tyrus, kam er durch Sidon an das Galiläische Meer, mitten in das Gebiet der Zehn Städte. Und sie brachten zu ihm einen, der taub und stumm war, und sie baten ihn, dass er die Hand auf ihn legte. Und er nahm ihn von dem Volk besonders und legte ihm die Finger in die Ohren und berührte mit Speichel seine Zunge und sah auf gen Himmel, seufzte und sprach zu ihm: Hephatha! das ist: Tu dich auf! Und alsbald taten sich seine Ohren auf, und das Band seiner Zunge ward los, und er redete recht. Und er gebot ihnen, sie solltens niemand sagen. Je mehr er aber verbot, desto mehr breiteten sie es aus. Und sie wunderten sich über die Maßen und sprachen: Er hat alles wohl gemacht; die Tauben macht er hören und Sprachlose reden. (Predigt aus: K. Aland, Luther Deutsch. Die Predigten, Bd. 8., 2. Aufl., Stuttgart 1965, S. 336-342. – Überschrift und Zwischenüberschriften von Heinz Janssen, redaktion@predigtforum.de)

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Das scheint ein schlichtes und leichtes Evangelium zu sein, weil es nicht mehr tut, als dass es vom Wunderwerk redet, welches der Herr hier am stummen und tauben Menschen getan hat. Von diesem und dergleichen Wunderwerken hört ihr das Jahr über oft, dass Christus sich damit gezeigt und es habe sehen lassen, dass er der Heiland sei, der uns gegen des Teufels Zorn helfen und beistehen wolle.

I. Die leibliche Wohltat

Deshalb sollen wir unserem lieben Herrgott billig danken, dass er sich unseres Jammers angenommen und seinen Sohn, unseren Herrn Jesus Christus, gesandt hat, der diesem armen Menschen geholfen und uns auch gnädig gehütet hat, dass wir mit dergleichen Plage vom bösen Feind nicht auch heimgesucht sind. Denn dafür soll es ein jeder Mensch halten: wenn er gesunde Augen, Ohren, Hände, Füße und andere Gliedmaßen hat, dass das nicht ein natürliches, zufälliges Wachstum sei, wie die Welt es ansieht, sondern es sind lauter Gaben Gottes. Weil die Welt das aber nicht glaubt, sondern für eine natürliche, gewöhnliche Sache hält, weil es so allgemein ist, deshalb muss Gott es zuweilen geschehen lassen, dass der Teufel da einen stumm und taub, dort einen blind macht oder wohl gar tötet, auf dass jedermann lerne, Gott habe es dem Teufel erlaubt, und Gott desto fleißiger dafür danke, dass er uns so gnädig vor solchem Unheil bewahrt.

Christus – ein Helfer der geplagten Menschen

Es ist des Teufels Werk, dass er die Leiber tötet, die Herzen durch irrige, falsche Lehre verblendet, dass sie die Wahrheit nicht sehen noch annehmen können. Alle Gotteswerke aber sind gut, denn Gott ist gut und schafft nichts, als was gut ist. Der Teufel aber ist böse, deshalb richtet er, wo Gott es ihm zulässt, nichts Gutes an, und was verletzt wird, das tut der Teufel.

Nun ist es aber schrecklich, dass der arge, böse, mächtige Feind so viel Jammer anrichten soll. Dagegen tröstet uns das heutige Evangelium mit dem Bericht über eine sichere Hilfe gegen solchen Feind; denn da sehen wir, wie 1. Joh. 3, 8 sagt, dass »der Sohn Gottes dazu erschienen ist, dass er die Werke des Teufels zerstöre«. Denn weil der Teufel deshalb ins Paradies gekommen ist, dass er unserem Herrgott sein Werk zerbrechen und aus den heiligen, frommen Menschen Adam und Eva ungehorsame, böse Menschen machen wollte, deshalb macht Gott wieder ganz und besser, was der Teufel zerbrochen hat, zerbricht dem Teufel auch sein Werk, die Sünde, den Tod und Hölle. Er macht auch, wie wir hier sehen, die Zunge wieder los, die der Teufel gebunden hat, und tut die Ohren auf, die er verstopft hatte. Dies Werk auszurichten, ist Christus gekommen und treibt es für und für unter seinen Christen, wie ihr jetzt hören werdet.

Das sei dem Text nach von dem Wunderzeichen und Werk unseres Herrn Christus gesagt, mit dem er sich heute erzeigt hat, dass er ein Helfer der geplagten Menschen sei und alle Gebrechen heilen wolle, die der Teufel auf uns geladen hat, und ihn von uns hinwegjagen wolle.

II. Die geistliche Wohltat

Der Herr will aber mit diesem Wunderwerk uns auch das anzeigen, wie diese zwei Stücke einem Christen besonders zugehören, dass ihm die Ohren aufgetan und die Zunge gelöset werde, und dass er dies Werk täglich in seiner Kirche geistlich wider den Teufel üben wolle. Die leibliche Wohltat, dass er gesunde Ohren und Zunge gibt, lässt er auch den Heiden widerfahren.

Das größte Wunderwerk und die höchste Wohltat

Aber bei den Christen allein geschieht diese geistliche Wohltat, dass er ihnen die Ohren öffnet und die Zunge löst. Denn das ist ja sicher, dass wir alle unsere Seligkeit allein durch das Wort Gottes haben. Was wüssten wir sonst von Gott, vom Herrn Christus und seinem Opfer und vom Heiligen Geist? Darum ist dies noch heutigen Tages das größte Wunderwerk und die höchste Wohltat, wenn Gott ein solches Ohr gibt, das sein Wort gern hört, und eine Zunge, die Gott ehrt und nicht lästert.

Das Ohr

Unsere Widersacher sind tausendmal elender als dieser Stumme und Taube hier. Denn sie haben taubere und verstopftere Ohren: Wenn sie gleich Gottes Wort hören, so können und wollen sie es dennoch nicht hören, ebenso wie wir es an den ungläubigen Juden sehen: wenn unser lieber Herr Christus die schönsten Predigten über die Vergebung der Sünden und das ewige Leben hielt, wurden sie toll und töricht, wollten es nicht allein nicht hören, sondern lästerten noch dazu.

So sind noch heute alle, die Gottes Wort nicht hören wollen, taub und stumm und viel gefährlicher als dieser arme Mensch hier. Denn sie können mit ihrer Zunge nicht anders, als Gott lästern und von seinem Wort, dem höchsten Schatz, auch das Ärgste reden. Die aber Gottes Wort gern hören und zu denen Christus wie hier zum Stummen sagt: »Hephatha«, Ohr, du sollst offen stehen!, die sind es, denen recht geholfen ist wider den Teufel.

Denn Gott hat uns keinen anderen Weg gewiesen, darauf wir zum Himmel gehen können, als sein liebes Wort, das heilige Evangelium. Wer das gern hört, mit Fleiß merkt und Lust und Liebe daran hat, dem ist geholfen. Das ist das eine Wunderwerk, welches noch täglich in der Christenheit zugeht, dass unsere Ohren, welche der Teufel durch die Sünde verstopft hat, durch das Wort wieder aufgetan werden, dass wir Gottes Wort hören.

Die Zunge

Das andere ist, dass er auch die Zunge anrührt und uns reden macht, wie Paulus (Röm. 10, 10) sagt: »Wenn man von Herzen glaubt, so wird man gerecht, und wenn man mit dem Munde bekennt, so wird man gerettet.« Durch den Glauben an Christus kommen wir zur Vergebung der Sünden; danach soll auch das Bekenntnis folgen, dass wir nicht stumm seien, sondern reden, wie wirs im Herzen glauben. Das macht alsdann einen Christen, alle anderen Werke machen keinen Christen.

Das mag wohl sein: ein Mönch fastet und wacht und tut seinem Leibe weher als ein Christ. Aber dadurch kann er kein Christ werden, denn es mangelt ihm daran, dass er noch taub und stumm ist. Das Wort will er. nicht hören, viel wentger bekennen. Ein Christ aber, der hört es und glaubt es uncI1rekeu,nt es danach: diese zwei Stücke machen einen Christen voll. Unser lieber Herr Christus übt solche Werke so noch täglich in seiner Kirche im Geist und durch das Wort. Dort hat er dieses Werk deshalb leiblich getan, damit er zeigte, wie er uns gegen allen Schaden, den der Teufel uns zufügt, besonders aber gegen den geistlichen Schaden helfen könnte und wollte, auf dass wir an ihn glauben und unsere Hoffnung auf ihn setzen lernen.

III. Die Gebärde – oder: Genügt das Wort nicht?

Nun müssen wir auch sehen, was der Herr mit den besonderen äußeren Umständen hier meint. Das Volk bringt den armen Menschen zu ihm und bittet, er wolle ihm die Hände auflegen. So fährt er zu, führt ihn abseits vom Volk, legt ihm die Finger in die Ohren und berührt seine Zunge mit Speichel. Danach sieht er auf gen Himmel, seufzt und sagt: „Hephatha!“ Das alles ist eine besondere Gebärde, die der Herr insbesondere bei diesem Wunderwerk gebraucht.

Weil wir nun gehört haben, was es sei, recht stumm und taub sein, müssen wir auch sehen, warum der Herr hier bei diesem Wunderwerk eine besondere Zeremonie hat brauchen wollen, obwohl er doch solch Werk mit einem einzigen Wort hätte ausrichten können. Denn wir sehen überall im Evangelium, dass es nur um ein Wort zu tun ist; wenn er etwas haben will, so geschieht es, wie der Psalm 33, 9 bezeugt: » Wenn er spricht, so geschiehts; wenn er gebietet, so stehts da.«

Wort und Zeichen

Aber der Herr macht hier so viel Wesens um des geistlichen Wunderwerks willen. Denn er will damit anzeigen, wie es so viel Mühe kostet, bis man einen Tauben hörend und einen Stummen redend macht. Lazarus weckt er mit einem Wort auf. Zum Gichtbrüchigen sagt er: »Stehe auf ich wandele«, da war ihm schon geholfen. Aber mit diesem Tauben und Stummen geht er so kurz und einfach nicht um, sondern gebraucht eine besondere Gebärde, dass er ihm mit den Fingern in die Ohren greift, seufzt und dann erst sagt: »Tue dich auf«.

Das geschieht, um uns damit anzuzeigen: wenn wir von des Teufels Banden los werden und eine rüstige Zunge und zuverlässige Ohren bekommen wollen, so müsse es durch das äußerliche Wort, d. h. das Predigtamt, und durch äußere Zeichen geschehen. Denn das Wort müssen wir zuerst hören und danach Taufe und Sakrament nicht dahinten lassen, so will alsdann der Heilige Geist dabei sein, Ohren und Zunge frei machen.

Finger und Speichel

Deshalb soll man sich vor denen hüten, die das äußerliche Wort und Sakrament verachten und warten, bis Gott mit ihnen in ihrem Herzen rede. Nein, sagt Christus, da ist mein Finger, das äußere Wort, das muss in den Ohren erschallen; da ist mein Speichel, der muss die Zunge berühren und befeuchten, dann wird mein Werk recht und rüstig vonstatten gehen. Wie man sieht: wo das äußere Wort recht geht, da findet man gewiss Christen, wo es nicht recht geht, da findet man keine; denn wie der Hirt ist, so sind die Schafe.

IV. Gott sehen und erkennen durch Wort und Sakrament – oder: Die rechte Weise, auf die wir selig werden

Darum sei jedermann darauf bedacht, dass er sich auf dieser Bahn finden lasse und Gottes Wort gern höre. Denn Gott will sich ohne das Wort in deinem Herzen nicht offenbaren. Sollst du ihn sehen und erkennen, so muss es allein durch das Wort und die äußeren Sakramente geschehen.

Sonst will der Heilige Geist sein Werk nicht tun, wie Gott uns vom Himmel herab lehrt, da er (Luk. 9, 35) sagt: »Das ist mein auserwählter Sohn, den sollt ihr hören«, und Christus ebenso seinen Jüngern (Mark. 16, 15; Matth. 28, 19) befiehlt: »Gehet hin in alle Welt, lehret und taufet alle Völker«; ebenso (Luk. 10, 16): »Wer euch hört, der hört mich.« Da hat unser lieber Herr Christus befohlen, man solle den Mund auftun, den Menschen das Evangelium predigen und sie taufen. Das ist die rechte Weise, auf die wir selig werden müssen, sonst ist alles vergebens und verloren. »Wer euch hört«, sagt er, »der hört mich«.

Menschen an Gottes Statt – „unseres Herrgotts Finger, Diener und Speichel“

Nach dem Predigtamt hat Gott auch Vater und Mutter im Hause geordnet; die sind nicht um ihretwillen allein da, sondern sie sitzen an Gottes Statt. Die sollst du auch hören, soviel es das äußerliche Leben und all dein Tun und Lassen gegen andere betrifft, und wissen, wenn du dies hörst, so hörst du Gott; außer wenn sie ihr Amt missbrauchen, wider Gott und sein Wort etwas reden, heißen oder gebieten wollten, da soll man sie nicht hören. Denn man muss »Gott mehr gehorchen als den Menschen«.

Und wie gemeldet, sollst du zuerst Gott in der Kirche durch seine Diener hören, danach zuallererst die Menschen wie Vater und Mutter; was die dir ihres Amtes halber sagen, das sagt dir Gott.

Darum sei darauf bedacht, dass du es annehmest und ihnen folgest. Nun ist es ja wahr: unser keiner ist, der nicht denkt, er wollte hundert Meilen Weges zu einer solchen Kirche laufen, wo unser Herrgott selbst redete und predigte, denn jedermann würde die Stimme hören wollen. Aber unser Herrgott sagt: Ich will dirs wohl näher machen, dass du nicht so weit danach zu laufen brauchst; höre deinen Pfarrer, deinen Vater und Mutter, so hast du mich gehört. Denn sie sind meine Jünger und Amtsleute; wenn du sie hörst, so hörst du mich.

Das ist das Zeremoniell, das Christus mit diesem stummen und tauben Menschen veranstaltet, um anzuzeigen, dass er unsere Zungen nicht lösen, unsere Ohren nicht öffnen, den Glauben nicht in unser Herz geben will ohne die äußere Predigt und das mündliche Wort und äußere Sakramente.

Darum sind Vater und Mutter, Pfarrer und Prediger unseres Herrgotts Finger, Diener und Speichel, mit denen er unsere Zungen löst und unser Ohren öffnet. Wenn du die hörst, so will dir Gott in dein Herz sagen, wie diesem Tauben: »Hephatha!«, dass deine Ohren sich auftun und deine Zunge frei sein soll und du fortan ein hörender und redender Mensch seiest, nicht mehr taub und stumm wie zuvor.

“…dass wir durch das Wort und Bekenntnis rechte Christen werden“

Darum lasst uns dieses Wunderwerk gut und mit Fleiß merken und lernen, dass wir durch das Wort und Bekenntnis rechte Christen werden. Denn das kann durch nichts anderes geschehen als durch das Wort, das der Pfarrer und Prediger in der Kirche, Vater und Mutter im Hause treibt. Durch diesen Finger und Speichel schafft Christus für und für in seiner Christenheit, dass der Tauben Ohren geöffnet und die Sprachlosen redend werden.

Deshalb sollen wir uns umso fleißiger zum Wort halten, weil das der nächste und sicherste Weg ist, dass unsere Ohren aufgetan und unsere Zungen gelöst und wir selig werden. Das verleihe uns unser lieber Herr und Heiland Jesus Christus, Amen.

(aus: K. Aland, Luther Deutsch. Die Predigten, Bd. 8., 2. Aufl., Stuttgart 1965, S. 336-342. – Überschrift und Zwischenüberschriften von Heinz Janssen, redaktion@predigtforum.de)

Nachgedacht – Zu Martin Luthers Predigt über Markus 7,31-37 von Heinz Janssen, redaktion@predigtforum.de

Es ist „das größte Wunderwerk und die höchste Wohltat, wenn Gott ein solches Ohr gibt, das sein Wort gern hört, und eine Zunge, die Gott ehrt und nicht lästert“. Diese Worte Martin Luthers lassen sich als Kernaussage seiner Predigt über Markus 7,31-37, eine der vielen Heilungsgeschichten, verstehen.

In Martin Luthers Predigt sind vier Teile erkennbar: I. Die leibliche Wohltat, II. Die geistliche Wohltat, III. Die Gebärde – oder: genügt das Wort nicht? (Wort Zeichen), IV. Gott sehen und erkennen. Dabei liegt auf dem zweiten Teil deutlich der Schwerpunkt, auf den der Prediger zusteuert.

I.

Im ersten Teil reflektiert Martin Luther im Hinblick auf den stummen und tauben Menschen das Nichtselbstverständliche der Gesundheit; sie kein „natürliches, zufälliges Wachstum“, „sondern…lauter Gaben Gottes“. Heute kaum nachvollziehbar Martin Luthers Gedanke: Es ist der Unglaube der Welt, der gesunde Glieder für eine selbstverständliche Sache hält, dass „Gott es zuweilen geschehen lasse(n), dass der Teufel da einen stumm und taub, dort einen blind macht oder wohl gar tötet, auf dass jedermann lerne, Gott habe es dem Teufel erlaubt, und Gott desto fleißiger dafür danke, dass er uns so gnädig vor solchem Unheil bewahrt“. Der Bibeltext – so hebt Martin Luther hervor – stellt uns Christus als „Helfer der geplagten Menschen“ vor Augen.

II.

Im zweiten Teil stellt Martin Luther der leiblichen Wohltat die geistliche gegenüber. Sie besteht darin, dass Gott den Christen „die Ohren öffnet und die Zunge löst“, um sein Wort hören zu können. Es ist ein „Werk“, das Gott „täglich in seiner Kirche geistlich wider den Teufel üben wolle“.

Menschen, die Gottes Wort nicht hören wollen seien viel übler dran als jener Stumme und Taube, „sie haben taubere und verstopftere Ohren“, und sie sind gefährlich, weil sie schlecht von Gott und seinem Wort reden. Gott muss unsere Ohren öffnen, die der Teufel durch die Sünde „verstopft“ hat, damit wir Gottes Wort hören können.

Auswendiglernen, „learn by heart“, möchte ich den schönen Predigtsatz: „Gott hat uns keinen anderen Weg gewiesen, darauf wir zum Himmel gehen können, als sein liebes Wort, das heilige Evangelium“.

Die „Zunge“ versteht Martin Luther als Organ des Bekenntnisses. Hören und bekennen gehören zusammen, „diese zwei Stücke machen einen Christen vollständig“.

III.

Ein besonderes Beispiel allegorischer Auslegung finden wir im dritten Predigtteil, in dem Martin Luther auf die äußere Handlung Jesu, die „Zeremonie“, eingeht. Obwohl Jesus allein mit dem Wort sein Werk an dem tauben und stummen Menschen hätte vollbringen können, so wolle er mit der besonderen Zeremonie „anzeigen, wie es so viel Mühe kostet, bis man einen Tauben hörend und einen Stummen redend macht“.

Zum Wort müssen die Zeichen kommen. Jetzt ist Martin Luther beim „Predigtamt“ (Wort) und dem „Sakrament“ (Zeichen). Der „Finger“ wird zum Symbol für „das äußere Wort“, das „in den Ohren erschallen“ muss, der „Speichel“, der „die Zunge berühren und befeuchten“ muss, wird zum Symbol für das Sakrament.

IV.

Der vierte Predigtteil ist paränetisch gestaltet. Wir sollen auf die Art und Weise bedacht sein, in der sich Gott von uns „sehen“ und „erkennen“ lassen will – „allein durch das Wort und die äußeren Sakramente“. Indem Jesu Jünger „den Mund auftun, den Menschen das Evangelium predigen und sie taufen“, wird Christi Auftrag erfüllt.

Eine wichtige Rolle bei der Predigt des Evangeliums misst Martin Luther den Eltern zu, sie sind „an Gottes Statt“ – „Die sollst du auch hören, soviel es das äußerliche Leben und all dein Tun und Lassen gegen andere betrifft, und wissen, wenn du dies hörst, so hörst du Gott; außer wenn sie ihr Amt mißbrauchen…“ – „Darum sind Vater und Mutter, Pfarrer und Prediger unseres Herrgotts Finger, Diener und Speichel, mit denen er unsere Zungen löst und unser Ohren öffnet. Wenn du die hörst, so will dir Gott in dein Herz sagen, wie diesem Tauben: »Hephatha!«, dass deine Ohren sich auftun und deine Zunge frei sein soll und du fortan ein hörender und redender Mensch seiest, nicht mehr taub und stumm wie zuvor.“

Die Predigt mündet in den Aufruf, „daß wir durch das Wort und Bekenntnis rechte Christen werden“ und in einen Segenswunsch.

Heinz Janssen, redaktion@predigtforum.de

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