Irdischer und himmlischer Reichtum
Predigttext: Lukas 12,13-21
13 Es sprach aber einer aus dem Volk zu ihm: Meister, sage meinem Bruder, daß er mit mir das Erbe teile. 14 Er aber sprach zu ihm: Mensch, wer hat mich zum Richter oder Erbschlichter über euch gesetzt? 15 Und er sprach zu ihnen: Seht zu und hütet euch vor aller Habgier; denn niemand lebt davon, daß er viele Güter hat. 16 Und er sagte ihnen ein Gleichnis und sprach: Es war ein reicher Mensch, dessen Feld hatte gut getragen. 17 Und er dachte bei sich selbst und sprach: Was soll ich tun? Ich habe nichts, wohin ich meine Früchte sammle. 18 Und sprach: Das will ich tun: ich will meine Scheunen abbrechen und größere bauen, und will darin sammeln all mein Korn und meine Vorräte 19 und will sagen zu meiner Seele: Liebe Seele, du hast einen großen Vorrat für viele Jahre; habe nun Ruhe, iß, trink und habe guten Mut! 20 Aber Gott sprach zu ihm: Du Narr! Diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern; und wem wird dann gehören, was du angehäuft hast? 21 So geht es dem, der sich Schätze sammelt und ist nicht reich bei Gott.Homiletische Besinnung
Jesus lehnt den scheinbar berechtigten Wunsch eines Menschen, ihm zu seinem gerechten Erbteil zu helfen, ab und weist entschieden darauf hin, dass wir nicht vom irdischen sondern vom Reichtum bei Gott leben. Die hierin liegende Aufforderung Jesu, dass wir uns nicht an irdische Güter sondern an Gott halten, kann zunächst belastend aussehen. Besonders in einer ländlichen Region wie in unseren Gemeinden im badisch-fränkischen Bauland, wo noch etliche Familien von der Landwirtschaft leben oder wo sie zumindest im Nebenerwerb betrieben wird, sind gerade am Erntedankfest die Herzen von Traurigkeit oder Sorgen über die geringere Ernte erfüllt. Von der Predigt sollte daher Trost und Verständnis ausgehen. Zwei für die Landwirtschaft zumindest in Teilen Deutschlands katastrophale Sommer haben wir hinter uns: die Flutkatastrophe im letzten Jahr und die Trockenheit in diesem. Die Flutkatastrophe, die vor allem die Menschen im Osten getroffen hat, stimmt auch andernorts nachdenklich und traurig, besonders dadurch, dass der jetzt zuende gegangene Sommer durch seine Trockenheit auch schlimm war. Jesu Forderung scheint gerade in dieser Situation hart zu sein. Dennoch wollen wir uns ihr stellen und darauf vertrauen, dass sie aus seinem milden und liebenden Herzen kommt. Ein Mensch, der Jesus als Erbschlichter bittet, leidet Unrecht. Wie geht es uns, wenn es ans Erben geht, wenn mehrere Erben da sind? Welch schwere Situation, auch für uns Christen. Manche Fragen treiben uns um. Komme ich zu kurz? Aber auch: Tue ich vielleicht anderen Unrecht mit meinen Forderungen? Kommen andere zu kurz, denen ich verpflichtet bin? Bleibt der Friede erhalten, bleiben familiäre Bande unbeschädigt? Jesus ist nicht als Erbschlichter gekommen. Es geht ihm nicht darum, unsere Ansprüche zu befriedigen, auch nicht unsere berechtigten. Es geht ihm darum, dass wir leben. Es geht ihm um unser Verhältnis zu Gott. „Nach Jesu Meinung dürfen wir Unrecht leiden.“ (Schlatter, Erläuterungen zum NT, Bd. 2, S. 291) Es geht ihm um die Freiheit vom Geld. Nur so können wir uns wirklich Gott öffnen, durch den wir das Leben haben. Durch ihn bekommen wir das ewige Leben geschenkt. Hier in diesem Leben kann er auch durch schlechte Jahre helfen. Aber ist es nicht vernünftig, auch Vorsorge zu treffen? Der reiche Kornbauer hat eigentlich sinnvoll gehandelt. Es war vernünftig, größere Scheunen zu bauen. Sollte er etwa seine Ernte verderben lassen? Auch Josef hatte Speicher gebaut, allerdings nicht für sich selbst. Es ist verständlich, dass der reiche Kornbauer vorsorgen wollte. Das wollen wir auch. Auch wir haben gern eine sichere Rente und ein schönes Haus. Aber worauf gründen wir unseren guten Mut? Auf Reichtum bei Gott kommt es an. Worin besteht dieser Reichtum? Reich bei Gott ist der, der selig ist. Die Seligpreisungen geben Hinweise. Selig und reich bei Gott ist etwa der, der Leid trägt, sanftmütig ist, barmherzig, reinen Herzens, friedfertig und der, der um der Gerechtigkeit und um Jesu Willen verfolgt wird oder Nachteile auf sich nimmt. Reich bei Gott ist der, der Gott vertraut und ihm die Priorität in seinem Leben einräumt. Der sein Geld auch für Gott und den Nächsten einsetzt. Man kann sein Geld in die Ewigkeit vorausschicken, wenn man es für den Nächsten verwendet, so wie der barmherzige Samariter. Dies hebt uns gewiss nicht in den Himmel. Unser wichtigster Reichtum ist die Gnade Gottes. Aller Lohn ist Gnadenlohn. W enn wir Geld, Zeit und Kraft für den Nächsten opfern und so Reichtum bei Gott sammeln, kommt es auf die Haltung der Liebe an: 1. Korinther 13: „.... und hätte der Liebe nicht!“ Vers 3: „Und wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und ließe meinen Leib verbrennen und hätte die Liebe nicht, so wäre mir's nichts nütze.“ Weiter Paulus: „Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb“.Liebe Gemeinde,
Auch für eine geringere Ernte wollen wir dankbar sein
vor einem Jahr haben wir in Deutschland unter einer schrecklichen Flut leiden müssen, besonders die Menschen in Sachsen und Sachsen-Anhalt. In den Flutgebieten war wahrhaftig nicht nur die Ernte kaputtgegangen. Wir haben die Bilder der enormen Zerstörungen noch vor Augen. In diesem Jahr herrscht das genaue Gegenteil. Nicht nur in Ostdeutschland, auch bei uns hat es seit 1948 keinen so trockenen Sommer gegeben. Jeder, der einen Garten hat, weiß ein Lied davon zu singen. Erst recht unsere Landwirte. Bei manchen Bauern im Osten, die zwei Katastrophensommer hintereinander zu verkraften hatten, geht es an die wirtschaftliche Existenz. Da gibt es viele Sorgen. Die meisten von uns freilich brauchen nicht darunter zu leiden, solange wir Nahrungsmittel importieren können. Höchstens könnten sie etwas teurer werden.
Heute sind wir hier zusammen gekommen, um Erntedankfest zu feiern. Sind wir dankbar? Ich denke, wir haben Anlass dazu. Auch für eine geringere Ernte wollen wir dankbar sein. Haben wir etwa einen Anspruch auf Wohlstand und darauf, dass Gott immer alles reichlich wachsen lässt?
Größer als wenn wir ein Unrecht ertragen müssen, ist für uns die Not, die aus der Habgier entsteht
Im übrigen kann Wohlstand ein zweischneidiges Schwert sein. Jesus sagt: Niemand lebt davon, dass er viele Güter hat. Er zeigt uns das am Beispiel des reichen Kornbauern.
Vorher hören wir von einer kleinen Begebenheit, wo es um das Erbe geht, wo jemand übergangen wurde. Wie geht es uns in solch einem Fall?
„Mein Bruder will mir nicht den gerechten Anteil am elterlichen Erbe geben.“ „Meine Schwester gönnt mir nicht das, was mir zusteht.“ Wie häufig gehen Menschen solche Stoßseufzer über die Lippen. Wie schwer ist es, das Erbe zu teilen! Wie kann es dabei gerecht zugehen und wie kann der Friede bewahrt bleiben?
Es wäre anzunehmen, dass dies Thema unserem Herrn Jesus Christus sehr am Herzen liegt. Als ihn aber jemand in solch einer Angelegenheit um Hilfe bittet, lehnt er nachdrücklich ab. „Es sprach aber einer aus dem Volk zu ihm: Meister, sage meinem Bruder, dass er mit mir das Erbe teile. Er aber sprach zu ihm: Mensch, wer hat mich zum Richter oder Erbschlichter über euch gesetzt?“ Ist es nicht in Ordnung, den gerechten Anteil am Erbe anzustreben? Ist das schon Habgier? Zunächst scheint es so; denn Jesus warnt im selben Atemzug vor ihr. „Und er sprach zu ihnen: Seht zu
und hütet euch vor aller Habgier; denn niemand lebt davon, dass er viele Güter hat.“
Näher betrachtet ist der Wunsch nach einem gerechten Erbanteil noch keine Habgier. Aber er kann es werden, wenn wir zu sehr danach streben. Wer frei ist von Habgier, kann in Ruhe reagieren, wenn sein Anteil am
elterlichen Erbe bestritten wird. Er kann in Frieden um seinen Anteil bitten. Er kann auch beim Frieden bleiben, wenn er nicht gerecht behandelt wird. Offensichtlich spürte der Herr dem Bittsteller ab, dass das bei ihm nicht der Fall war. Seine größte Not war nicht, dass er ungerecht behandelt wurde, sondern dass er nicht frei von Habgier war. Hiervor wollte Jesus warnen. Offensichtlich ist er nicht der Meinung, dass es uns Menschen zusteht, dass wir kein Unrecht leiden müssen. Er erwartet von den Seinen sogar, dass sie ihr Kreuz auf sich nehmen und ihm nachfolgen. Größer als wenn wir ein Unrecht ertragen müssen, ist für uns die Not, die aus der Habgier entsteht.
Unendlich viel Not entsteht aus Erbstreitigkeiten. Wie viele Familien gehen zu Bruch. Wie viele Geschwister haben ein zerrüttetes Verhältnis. Aber auch das Verhältnis zerstrittener Erben zum eigenen Ehepartner und zu den eigenen Kindern kann in Mitleidenschaft gezogen werden. Warum? Weil Habgier zu einem verhärteten Herzen führt. Wenn man die Schuld am Zerwürfnis mit den Geschwistern immer nur bei der Schwester oder dem Bruder sieht, weil die einem den gerechten Erbanteil bestreiten und wenn einem das Verhältnis zu den Geschwistern nicht mehr so wichtig ist, kann man ein verhärtetes Herz bekommen. Und auf die Dauer kann man sich im Verhältnis zu seinem Bruder oder zu seiner Schwester nicht von der Habgier leiten lassen und im Verhältnis zum eigenen Ehepartner und den eigenen Kindern von selbstloser Liebe. Entweder ist unser Herz von Habgier erfüllt oder von Liebe.
Aber wenn mein eigener Erbanspruch doch wirklich gerecht ist? Wenn ich nichts als mein Recht will? Ist denn dann nicht wirklich der Bruder oder die Schwester schuld am Zerwürfnis? Nein, sagt Jesus. Du bist selber schuld, weil du am Besitzanspruch hängst. Besitzansprüche, die nur im Unfrieden geltend gemacht werden können, nennt der Herr Habgier. Das mag hart und erschreckend klingen. Aber so hat der Herr es genannt, weil er weiß, wie schlimm die Folgen sind und dass wir nicht von vielen Gütern leben.
Das Beispiel des reichen Kornbauern soll uns mahnen. An sich hat er ganz vernünftig gehandelt. Es war gut, dass er größere Scheunen bauen wollte. Sollte er etwa Teile der guten Ernte verderben lassen? Dass er in der guten Zeit vorbauen wollte für schlechtere Zeiten, war auch gut. Auch wir haben gern ein gesichertes Leben, ein schönes Haus, eine sichere Rente.
Im übrigen hat auch der Erzvater Josef in Ägypten große Scheunen bauen lassen, Kornkammern. Aber es gibt zwei Unterschiede zwischen Josef und dem reichen Kornbauern. Josef diente Gott und er dachte nicht nur an sein eigenes Wohl. Er baute die Kammern nicht für sich, sondern für die ganze Bevölkerung, damit sie in den sieben mageren Jahren, die den fetten folgen sollten, Getreide erhalten könnte. Der reiche Kornbauer aber dachte bei seinen wirtschaftlich an sich ganz vernünftigen Überlegungen weder an Gott noch an seine Nächsten. Von seinem Reichtum meinte er leben zu können, auf ihn setzte er seinen guten Mut.
Vom Reichtum der Liebe Gottes und seinen Gaben leben wir
Worauf gründen wir unseren guten Mut? Was ist für uns das Wesentliche im Leben? Nur Vordergründiges, Materielles? Das vergeht. Und wir selber auch.
„Niemand lebt davon, dass er viele Güter hat.“ Wovon leben wir? Von unserem Reichtum, vielleicht auch von unserem Beruf, von unserer Kraft und Gesundheit? Das ist alles wichtig. Aber es ist nicht das Wichtigste. Vor allem kommt es darauf an, dass wir reich sind bei Gott. Gott will uns seinen Reichtum schenken. Das hat Bestand. Der Reichtum, den Gott uns schenkt, besteht schon darin, dass Gott uns zu seinem Ebenbild geschaffen hat. Das verleiht uns Lebendigkeit und befreit uns aus Vordergründigkeit und Belanglosigkeit. Wir dürfen Gott dienen und sind ihm verantwortlich. Gott will uns auch immer wieder gute Gaben schenken. Er hat uns auch dies Jahr Gutes ernten lassen. Und Gott will uns seine Liebe und Vergebung schenken. Von Gottes Liebe und seinen Gaben leben wir.
Gott ist die Quelle allen Lebens. Er, der uns ins Leben gerufen hat, kann uns auch in die Zukunft hinein halten, bis in die Ewigkeit, durch seine Güte und Gnade. In ihm wollen wir reich sein. Das schenkt er uns durch seine Gnade.
Wie sieht das aus, wenn man reich ist in Gott? Da gibt es viele Möglichkeiten. Wer reich in Gott ist, ist selig. Selig sind die, die Leid tragen, die Sanftmütigen, die Barmherzigen, die reinen Herzens sind
und die Friedfertigen. Sie sind reich in Gott. So sagt es der Herr in den Seligpreisungen. Reich bei Gott ist auch der, für den Gott die erste Stelle in seinem Leben einnimmt und der, der Gott vertraut.
Weil Gott uns liebt und so viele guten Gaben gegeben hat, wollen wir unsere Güter nicht nur für uns behalten
Weil Gott uns liebt und so viele guten Gaben gegeben hat, auch in diesem Jahr, darum wollen wir unsere Güter nicht nur für uns behalten, sondern aus Dankbarkeit einen Teil davon weitergeben.
Bei allem Opfer für unseren Nächsten wollen wir aber auch nicht die Worte des Apostels Paulus vergessen, der die Opfer mit Liebe verbunden hat. „Wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und ließe meinen Leib verbrennen und hätte die Liebe nicht, so wäre mir’s nichts nütze.“ Die Liebe und die Barmherzigkeit sind wichtiger als alle Opfer. An anderer Stelle sagt er auch: „Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb“.
Nicht aus Pflichtbewusstsein wollen wir geben. Man kann einiges opfern, um sein Gewissen zu beruhigen. Aber darum geht es nicht. Es geht darum, dass wir wirklich nicht von Gütern leben, sondern vom lebendigen Gott und seiner Güte und Liebe und seine Gaben, von denen wir aus Dankbarkeit abgeben wollen.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Jesus Christus.
Amen.