Aber wisst, dass Gott trotzdem mit euch ist und bleibt
Predigttext: Lukas 17,20-24(25-30), eigene Übersetzung Tilman Finzel:
20 Von den Pharisäern befragt, wann die Herrschaft Gottes kommt, antwortete ihnen und sagte: „Die Herrschaft Gottes kommt nicht so, dass man es durch Beobachtungen berechnen kann. 21 Man wird nicht sagen können: Schau hier! oder: Schau dort! Denn seht, die Herrschaft Gottes ist mitten in euch .“ 22 Und zu den Jüngern sagte er: „Es kommen Tage, wo ihr es euch von Herzen wünscht, einen der Tage des Menschensohnes zu sehen und seht ihn nicht. 23 Da werden sie zu euch sagen: Schau dort! Schau hier! – Rennt nicht fort und rennt nicht nach! 24 Denn genau wie der Blitzstrahl mit seinem Aufglänzen unter dem Himmel heraus- und unter ihm hineinleuchtet, so wird der Menschensohn an seinem Tag sein.“ <<25 Doch zuerst ist es notwendig, dass er viel leiden und von den Menschen seiner Zeit abgelehnt werden muss.>>Vorwort zur Predigttextlesung:
Jesus befand sich auf seinem letzten Weg von seiner Heimat Galiläa nach Jerusalem, wo er dann verraten und am Kreuz hingerichtet wurde. Auf diesem Weg hatte er viele Gespräche und hielt viele Predigten zu denen, die mit ihm zogen und ihm auf dem Weg begegneten. Viele erwarteten, dass bei seiner Ankunft in Jerusalem Gottes endgültige und ewige Herrschaft anbrechen und damit die Zeit dieser Welt zu Ende sein werde. Hierbei war es, dass er das sagte, was wir heute in diesem Predigttext von ihm hören. (Lesung des Predigttextes)Liebe Gemeinde,
zum Einen haben wir eine Antwort Jesu auf die Frage der Pharisäer gehört, wann die Herrschaft Gottes kommt; zum Andern ein Wort Jesu zur Warnung, aber auch zur Stärkung an seine Jünger und also auch an seine Gemeinde, an uns.
I.
Beide Jesusworte sind wichtig, besonders heutzutage, wo die Angst vor dem Sozialabbau und den Umweltkatastrophen umgeht, und wir uns dem hilflos ausgeliefert fühlen müssen. Angst greift das Herz an und umklammert die Seele. Angst ist der Vorbote des Todes. Angst macht Panik und zwingt viele dazu, hilflos dummes und manchmal auch groteskes Zeug zu machen. Es gibt genug Leute, die auch heute sagen: Schau dort! Schau hier! Und die angstgeplagten Menschen rennen entweder fort von ihnen, das ist so viel wie: können ihnen nicht glauben und machen sich selbst etwas vor, oder sie rennen ihnen nach und lassen sich von ihnen verführen und alles Mögliche einreden. Beides tun sie, weil sie Sicherheit suchen in der unsicheren Zeit, weil sie ihre Angst um jeden Preis loswerden wollen. Doch damit werden sie sie nicht los, sondern können sie höchstens betäuben.
Und wir? Machen wir es auch wie die erschreckten und verstörten Hühner? Rennen wir auch durcheinander, oder behalten wir die Besinnung und haben wir eine Chance das auszuhalten, was uns bedroht? Können wir damit leben, dass wir wissen: Es gibt eben keine Sicherheit in ungesicherten und bedrohlichen Zeiten; es wird ganz gewiss keine Zuschauer bei einer kommenden großen Katastrophe geben, sondern nur Opfer auf der ganzen Welt.
Was Jesus hier den Pharisäern gesagt hat, gilt auch für alle, die Beobachtungen und Berechnungen darüber anstellen, wann das Ende der Tage, das Ende der Welt kommen wird. Wir kennen solche. Manche von ihnen gehen von Haus zu Haus und wollen die Menschen dazu bringen, ihnen zu folgen, indem sie ihnen allerhand versprechen. Doch sie bringen keine Befreiung, sondern neue Fesseln und zusätzliche, schwer zu erfüllende Verpflichtungen. Es gibt aber auch andere, die für sich selbst Berechnungen anstellen und sich selbst Klarheit über das Ende verschaffen wollen und nach den Katastrophen schielen, selbstgerecht und mit der vergeblichen Hoffnung, vielleicht doch noch ungeschoren davonzukommen. Sie alle aber werden zu ihren eigenen Opfern, denn Gottes Wege für uns sind andere Wege, als wir sie uns ausdenken können, vielleicht sogar mithilfe der Bibel.
„Nein“ sagt Jesus, „die Herrschaft Gottes ist mitten in euch und eurer Gemeinschaft.“ Wir meinen nichts davon zu merken. Wo soll die Herrschaft Gottes sein bei all der Ungerechtigkeit, Ausbeutung, Unterdrückung, bei all den Kriegen und Hungerkatastrophen, bei all der Verschwendung von Geld und Geisteskraft für maßlose Projekte, die auf dem Rücken der Wehrlosen durchgezogen werden? Wo soll die Herrschaft Gottes sein bei so viel unschuldigem Leiden, so vieler unerklärbarer Krankheit unter uns?
Jesu Antwort: „Mitten in uns und unserer Gemeinschaft!“
Dort vielleicht, wo tatsächlich noch wirklich Liebe geschieht.
Dort vielleicht, wo um Vergebung gebeten und Vergebung geschenkt wird.
Dort vielleicht, wo dem Schwachen und Kranken wieder auf die eigenen Beine geholfen wird. Dort vielleicht, wo das Wort Gottes in Jesus gehört und ernst genommen und wahr gemacht wird.
Dort vielleicht, wo gegen alle Ungerechtigkeit, Habgier, Bestechung, Kriegstreiberei gekämpft wird.
Ja dort!
Und dort, wo Jesus Christus mit heißem aber auch zitterndem Herzen wieder erwartet wird, um uns endgültig für die Ewigkeit Gottes zu befreien, wenn Gott seinen unberechenbaren letzten Tag heraufführt.
Jedenfalls nicht dort, wo Menschen sich abzusichern und abzusondern und sich aus der Verantwortung für diese Welt davonzuschleichen versuchen – aus dieser Welt, die doch immer noch und bis zum Ende Gottes Schöpfung ist!
II.
Was Jesus im zweiten Teil zu seinen Jüngern gesagt hat, damit will er sie stark machen, alles Leiden, alle Katastrophen auszuhalten, die kommen können und kommen werden. Er mahnt sie und damit uns, immer skeptisch zu bleiben: „Rennt denen nicht davon und nicht nach, die zu euch sagen: Schau hier! Schau da!“ Lasst euch nicht irremachen und verführen in den Zeiten, „wo ihr euch von Herzen wünscht, einen der Tage des Menschensohnes zu sehen“, in den Zeiten, wo ihr so schwer leiden müsst, dass ihr meint, ihr könnt es nicht mehr aushalten.
Schaut mich an, wie ich bis zum Kreuz habe leiden und die Gottesfinsternis bis in den Tod habe ertragen müssen.
Schaut mich an, wie sie mich abgelehnt, verspottet, verhöhnt und aus der Menschengemeinschaft ausgestoßen haben.
So kann es euch gehen.
Aber wisst, dass Gott trotzdem mit euch ist und bleibt, dass seine Herrschaft in euch und eurer Gemeinschaft jetzt schon da ist,
dass er seinen Willen für euch auch im schlimmsten Leiden und allen Ungerechtigkeiten unserer Welt zum Ziel führt!
Und betet, ruft und schreit zu ihm, dass sein Reich, seine Herrschaft komme!
Haltet zusammen, bittet um seinen heiligen Geist, damit er euch Mut macht und gegenseitig stärkt!
Tut heute genauso, wie ich getan habe,
auch wenn morgen die Welt untergeht
und der Menschensohn wiederkommen wird wie der Blitzstrahl, der mit seinem Glänzen vom einen Ende des Himmels bis zum anderen in einem Moment aufleuchtet!
Das sollt ihr wissen, damit ihr nicht verzweifeln müsst, sondern euch immer der Hand Eures Schöpfers und Erlösers überlasst und damit Hoffnung behalten und Liebe üben könnt.
Es steht ernst um uns, liebe Gemeinde. Leiden und Verfolgung können uns blühen, wenn wir wahrhaft Menschen sein und bleiben wollen so, wie Gott es will. Aber wir wissen, dass Jesus aus dem Tod herausgeholt worden ist. Wir wissen, dass das Wasser, in seinem Namen bei unserer Taufe über uns ausgegossen, Zeichen für unser jetziges und unser ewiges Leben unter der Herrschaft Gottes ist. Wir können ganz und gar darauf vertrauen, dass er uns aus der Umklammerung durch den Tod herauslöst und zu sich holt. Darum brauchen wir weder zu berechnen, wann diese Welt zu Ende geht, noch unser Vertrauen an die Verführer zu verschleudern.
Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.
Amen