Gott ist das Licht in unseren Herzen

Predigttext: 2. Korinther 4, 6-10
Kirche / Ort: Krautostheim
Datum: 01.02.2004
Kirchenjahr: Letzter Sonntag nach Epiphanias
Autor/in: Pfarrer Herrmann Ruttmann

Predigttext: 2. Korinther 4,6-10 (nach Klaus Berger / Christiane Nord: Das Neue Testament und frühchristliche Schriften, Frankfurt a. M. und Leipzig 1999)

Diesen Dienst hat Gott mit den Worten begründet: ‚Wo Finsternis war, soll Licht strahlen’. Gott selbst ist das Licht in unseren Herzen geworden und hat uns seine strahlende Herrlichkeit spüren lassen, die im Widerschein auf dem Antlitz Jesu Christi leuchtet. Sie ist ein unermesslicher Schatz, den ich in meinem Leib wie in einem Tongefäß verwahre. Daran wird ganz deutlich, dass die reiche Vollmacht, die ich habe, von Gott kommt und nicht von mir selbst. Das zeigt sich auch an meinem Geschick: Immer wieder gerate ich in Bedrängnis, doch nie in Verzweiflung, ständig gerate ich in tausend Nöte, doch nie in Hoffnungslosigkeit. Ich werde verfolgt und bin doch nicht von Gott verlassen, ich werde verleumdet und gehe doch nicht unter. Tagtäglich ertrage ich Jesu Leiden und Sterben am eigenen Leibe. Doch jedes Mal rettet mich sichtbar und offenkundig die Kraft des Lebens, die von Jesus ausgeht.

Vorüberlegungen

1. Paulus verteidigt sich in den ersten Kapiteln des 2. Korintherbriefs gegen seine Gegner. Er bezieht seine Legitimation direkt von Gott. Allerdings soll in diesem Fall auf die Darstellung der vermutlichen Gegner verzichtet werden, weil dies für die heutige Gemeindesituation nichts austrägt (wer es mag: Berger: Theologiegeschichte des Urchristentums, S.503-505). 2. Die Epistel-Predigtreihe ist eine der schwierigsten, weil uns die Anschaulichkeit oft fehlt – deshalb erscheint es sinnvoll, sich auf das Licht zu konzentrieren. Die Ausführungen des Lichts im Herzen, des Feuers im Dornbusch und des Lichts unter dem Scheffel kann hier die Predigt anreichern. 3. Der Montag 2. Februar ist „Mariä Lichtmess“ – das mag vor allem auf dem Land – eine gute Anknüpfung zu diesem Predigttext darstellen. Kurz und präzise sind www.heiligenlexikon.de und www.religioeses-brauchtum.de, die den sozialgeschichtlichen Hintergrund beleuchten. 4. Die Gemeindesituation des Verfassers: Der Gottesdienst wird dreimal gehalten – in drei Landgemeinden mit 110 bis 230 Einwohnern. Der ländliche Kontext des Lichtmess-Festes kann evtl. modifiziert werden. In einem Gottesdienst wird ein Chor mit neuerem Liedgut das Licht „beleuchten“. 5. Es erscheint mir dennoch sinnvoll, kurz auf die Funktion des Tongefäßes einzugehen – dem Aufbewahrungsort der Antike (anders Berger: Theologiegeschichte des Urchristentums, S.478, der das Tongefäß als „schwaches Gefäß“ interpretiert und damit auf den schwachen Leib Bezug nimmt). Dann kann auch die „Kraft des Lebens“ trotz innerer und äußerer Anfeindung entwickelt werden – ausgehend von der Bewahrung des Lichts im Tongefäß des Leibes.

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Liebe Gemeinde,

Mariä Lichtmess

das Licht beschäftigt uns heute in diesem Gottesdienst und die Älteren unter uns wird dies kaum erstaunen: Ist doch morgen am
2. Februar „Lichtmess“, „Mariä Lichtmess“, um genau zu sein. Mein Großvater hatte zu Lichtmess immer einige gute Wetterregeln ausgegeben – weil er als Bauer nach ihnen lebte und wir als Kinder natürlich wissen wollten, wie lange es noch so kalt bleiben sollte, wann die warme Sonne die Bäume und Pflanzen wieder grün machen könnten: „Wenn es zu Lichtmess stürmt und schneit, ist der Frühling nimmer weit. Ist es aber hell und klar, ist der Winter weder halb noch gar.“ Oder die andere Bauernregel: „Scheint zu Lichtmess die Sonne heiß, gibt’s noch sehr viel Schnee und Eis.“ Wir haben uns also als Kinder schon darüber gefreut, wenn es an Lichtmess möglichst dunkel und kalt war, damit der Winter schon fast vorüber wäre und nicht nochmal mit Wucht zurückkäme. Denn auch das wusste mein Großvater: „Lichtmess im Schnee, Palmsonntag im Klee“.

Aber soviel mein Großvater von Bauernregeln wusste – eins konnte er mir nicht beantworten: Warum der Tag „Lichtmess“ heißt. Meine Frage: „Wird da das Licht gemessen?“ beantwortete er nicht und sagte nur: „Frag Deinen Pfarrer“. Also fragte ich meinen Pfarrer im Religionsunterricht und der wusste folgendes: Maria und ihr kleiner Sohn mussten in den ersten 40 Tagen nach der Geburt in den Tempel, um den Segen für Mutter und Kind zu erbitten, weshalb wir auch vom „Fest der Darstellung des Herrn“ sprechen. Aber wie kommt es denn zur Bezeichnung „Lichtmess“? fragte ich ihn nun.
Lichterprozessionen seien da früher abgehalten worden, die Kerzen in der Kirche geweiht worden – eben für den Rest des Winters oder – bei einem schönen Lichtmesstag – für den erneuten Wintereinbruch!

Wir heute mit unserem elektrischen Licht, mit den Autoscheinwerfern und sogar dem Fahrradlicht haben die Dunkelheit, die Finsternis, in den Griff gekriegt – aber noch unsere Großeltern wussten, was eine Kerze wert sein konnte am Abend. Kaum etwas macht uns so Angst wie die Dunkelheit, die uns überrascht – die Stromausfälle in Italien und in den USA in diesem Sommer haben mir das wieder neu gezeigt.

Licht, das die Finsternis vertreibt, Licht, das meinen Alltag hell macht – auch Paulus erinnert sich daran, was das Licht so vermag. Er schreibt in seinem 2. Brief an die Korinther folgende Worte vom Licht:

(Verlesung des Predigttextes)

Gott das Licht unseres Herzens

Das Licht, das den Tag erhellt, das den Frühling nach einem dunklen Winter ankündigt, das Licht hat Paulus vor Augen: Aber er spricht eigentlich von einem inneren Licht, nicht vom Wetter, nicht von der Lampe oder dem Licht: „Gott selbst ist das Licht in unseren Herzen geworden“ – ich glaube fast, Paulus hat ein Bild vor Augen von Menschen, die frisch verliebt sind. Man sieht es ihnen einfach an, weil sie strahlen, leuchten, von innen heraus. Nur, dass Paulus das Licht Gottes in meinem Herzen nicht so flüchtig sieht, wie das bei Verliebtheit nahe liegt. Er schreibt, dass er dieses Licht so bewahrt, wie man Vorräte oder Wein aufbewahrt: Damals halt in Tongefäßen. Findet man heute noch Tongefäße aus der Zeit des Paulus, so stellt man fest, dass das aufbewahrte Getreide heute noch aufgeht in der Erde un der Wein heute noch trinkbar ist. Wir tragen dieses Licht in uns, unlöschbar, wie auf eine CD gebrannt oder auf einer Festplatte. So würden wir die Konservierung des Gotteslichts in uns wahrscheinlich heute ausdrücken – für Paulus war es die Aufbewahrung in Tongefäßen.

Gott als das Feuer bei Mose

„Gott selbst ist das Licht in unseren Herzen geworden“ – Gott als Licht, als Feuer, das brennt, ohne zu verbrennen: Das ist die Erfahrung des Mose in der Lesung, die wir heute gehört haben: Gott erscheint dem Mose in dem brennenden Dornbusch. Nicht, weil Mose auf das Ende des Winters gewartet hätte, weil er Wärme gesucht hätte – das ist unwahrscheinlich an einem normalen Tag auf der arabischen Halbinsel. Nein, Gott entfacht ein Licht, ein Feuer, in seinem Leben, weil es dunkel und dumpf geworden ist in Moses Leben. Moses ist vor seiner Aufgabe in Ägypten geflohen, hat sich in einem fremden Land niedergelassen, geheiratet, eine Familie gegründet und hütet nun Schafe. Ein Beispiel von einem Menschen, der seine Gaben und Aufgaben verkümmern lässt, es sich einrichtet in seinem Leben, dem aber die Spannung fehlt. Die Spannung, etwas zu wagen, sich der Aufgaben zu stellen, für die er geeignet ist; ein Beispiel für jemanden, dem das Licht, das Feuer, im Herzen fehlt, dem das Strahlen Gottes unbekannt ist.

Ich bewundere Menschen in unseren Gemeinden, die sich ständig neuen Aufgaben stellen: Menschen, die trotz dieses für die Landwirtschaft schlechten Sommers den Mut nicht verlieren und fröhlich ihre Arbeit verrichten. Die Neues wagen in ihren Höfen. Menschen, die keinen leichten Stand bei ihrer Arbeit haben, weil der Druck und die drohende Arbeitslosigkeit übermächtig werden – Menschen, die Zuversicht und Aufbruch ausstrahlen. Menschen, die genug zu tun haben in Familie und Beruf und trotzdem in die Vorstände unserer Vereine gehen, die Aufgaben in der Kirchengemeinde und im Dorf übernehmen. Diese Menschen strahlen für mich das Licht Gottes in den Herzen aus – Menschen, die sich nicht wie Mose in ihr Privatleben zurückziehen, sondern ihre Gaben und Begabungen ausleben.

Ihr seid das Licht der Welt

Da komme ich unweigerlich zu einer anderen berühmten Licht-Stelle im Neuen Testament: In der Bergpredigt sagt Jesus: „Ihr seid das Licht der Welt“ und er warnt seine Zuhörer, dass sie dieses Licht nicht unter den Scheffel, unter ein Fass stellen sollten – dieses Licht, das wir für die Welt darstellen, soll weithin strahlen und nicht eingeschlossen werden.

Wenn das mal so einfach wäre: Wie soll ich strahlen, wenn alle anderen hohe Zäune um sich herumbauen? Wie soll ich den Mut aufbringen, zu strahlen, wenn die Arbeitskollegen die Augenbraue hochziehen: Wie, Du hast es mit der Kirche? Wie soll ich strahlen, wenn es völlig uncool ist, nach der Konfirmation noch in die Kirche zu gehen?

Manchmal staune ich auch über den Mut, den Menschen aufbringen, trotzdem Licht in der Welt und für die Welt zu sein. Dass sich Menschen dann zu Jesus bekennen, wenn es sicher klüger wäre zu schweigen – ich denke, das macht, dass wir uns dabei nicht alleine fühlen müssen. Unser Predigttext hat da eine Zeile, die das ausdrückt: „Doch jedes Mal rettet mich sichtbar und offenkundig die Kraft des Lebens, die von Jesus ausgeht“.

Von Jesus geht die Kraft des Lebens aus – die Kraft, die auf der Seite des Lebens steht, überall da, wo Menschen schlecht über andere Menschen reden, überall da, wo Dunkelheit zwischen Menschen herrscht, überall da, wo ich in mir drin all die allzu menschlichen Gefühle spüre: Schadenfreude, wenn es endlich den erwischt, der es schon immer verdient hat. Neid, weil es dem anderen besser geht als mir, obwohl er es eigentlich nicht verdient hat. Verachtung gegenüber jemandem, von dem ich genau weiß, dass er Dinge gesagt und getan hat, die nicht recht sind. Überall da gibt es diese Kraft des Lebens, die mich daran hindert, das Gegenteil von dem zu tun, was Jesus für uns Menschen will. Jesus stellt mir diese Kraft heute zur Verfügung, wie er sie damals dem Paulus zur Verfügung gestellt hat, der von äußerer Verfolgung und von innerer Anfechtung gequält wurde – wie wir allzu oft auch.

Zusammenfassung

Wenn nun morgen früh Lichtmess ist, wir unser elektrisches Licht anmachen, weil es so dunkel ist, könnt Ihr nun alle euren Kindern erklären, wie das mit dem Licht ist und warum der Tag „Lichtmess“ heißt. Und wem das „mess“ noch unklar ist: Vor den Kerzenweihen in der Kirche wurden natürlich Stände und Märkte besucht, eben ein Kerzenmarkt, eine Messe, eine Lichtermesse – eben Lichtmess! Paulus hat uns zu diesem Lichtmess-Fest etwas Besonders mitgegeben aus seinem Brief nach Korinth:

1. Gott ist das Licht in unseren Herzen geworden, er ist in unsere Herzen eingebrannt, wie ein Bild auf eine CD, bewahrt wie in den Tongefäßen des Paulus.

2. Gott ist das Licht in unserem Herzen – er will uns aufrütteln in unserer Bequemlichkeit, wenn wir unsere Begabungen verkümmern lassen, so wie er den Mose aufgerüttelt hat.

3. Jesus hat uns aufgetragen, dieses Licht nicht unter den Scheffel zu stellen, sondern für andere Menschen auszustrahlen und

4. Jesus ist die Kraft meines Lebens, wie im Leben des Paulus: Er gibt mir den Mut für das Leben anderer Menschen einzutreten, wo immer es in Gefahr ist.

Und der Friede Gottes, der weiter reicht als unsere Vernunft, sei mit uns allen.

Amen.

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