Sportinterview mit dem Apostel Paulus, dem Wettkämpfer Christi

Predigttext: 1. Korinther 9, 24-27
Kirche / Ort: Heidelberg
Datum: 08.02.2004
Kirchenjahr: Septuagesimae (70 Tage vor Ostern)
Autor/in: Pfarrer Dr. Harald Pfeiffer

Reporter (R):

Ich begrüße nun unter uns den Apostel Paulus. Herzlich willkommen, lieber Apostel. Von Ihnen wissen wir, dass Sie ein weitgereister Gottesmann sind. Sie gelten als Apostel der Völker. Ihre Missionsreisen führten Sie nach Israel, Jordanien, Syrien, Zypern, in die Türkei, nach Griechenland, Kreta, Malta, Rom. Selbst einen Spanienbesuch hatten Sie geplant.

Neben Ihrem Apostelamt sind Sie ein Weltenbummler, ein Kosmopolit. Diese Informationen sind uns bekannt. Dass Sie aber auch dem Sport zugetan sind und sich als Wettkämpfer Christi sehen, das ist uns neu. Sind Sie Sportler?

Paulus (P):

Also zunächst einmal möchte ich mich für Ihre Einladung bedanken. Gleich zu Ihrer Frage, ob ich Sportler bin. Nein, gewiss nicht. Meine körperliche Konstitution verbietet mir leider, selbst Sport zu treiben. Ich würde ja auch gern meine Runden auf dem Sportplatz drehen , und ich habe große Achtung vor dem, der das Sportabzeichen vorzeigen kann. Aber meine Krankheit hat das nie zugelassen.

R: Sie sprechen von Krankheit? Sie, der Weitgereiste, der auf seinen Tausenden von Fußkilometern und Schiffsreisen vielen Gefahren ausgesetzt war und körperliche Strapazen auf sich genommen hat?

P: Ja, man hat meine häufigen Krampfanfälle auch schon als Epilepsie gedeutet. Das dürfte jedoch übertrieben sein. Meine schwächliche Veranlagung aber macht mir schon ein Leben lang zu schaffen.

R: Wie kommen Sie dann dazu, sich als Wettkämpfer Christi zu sehen?

P: Wissen Sie, ich bin ein Stadtmensch, und das unterscheidet mich von Jesus. Dem war eine bäuerliche , erdverbundene Sprache eigen; er spricht vom Sämann und der Saat, vom Feigenbaum, vom Wachstum der Bäume, vom Leben des Schäfers, vom Weinberg usw.

Dagegen schöpfe ich meine Vergleiche aus dem Stadtleben. Ich stamme aus der kilikischen Stadt Tarsos, heute türkische Provinz. Meine Geburtsstadt war mal berühmt für ein Zentrum griechischer Bildung. Mir waren von klein auf Sportstätten, Stadien, Wettkämpfe, Spiele vertraut, egal wo, ob in Korinth, in Athen oder anderswo. Und dann muss ich Ihnen sagen: Die Athleten habe ich immer bewundert. Sie alle haben das, was ich an mir vermisse: einen durchtrainierten Körper und eine wohlgeformte Statur.

R: Sind Sie häufiger Stadionbesucher gewesen?

P: Wenn es meine Zeit und mein Terminkalender zugelassen haben, habe ich mir schon mal Wettkämpfe angeschaut.

R: Was hat Ihnen auf dem Sportplatz besonders imponiert?

P: Das feste Vorhaben aller Kämpfer, das Ziel zu erreichen.

R: Mit ‚Ziel’ meinen Sie, den Sieg zu erlangen.

P: Richtig, den Sieg zu erlangen und den Siegeskranz zu erhalten.

R: Nun ist das ja nicht gerade einfach. Ohne Fleiß kein Preis!

P: Völlig richtig. Wer im Sport Medaillen holen will, muss hart trainieren, vor allem muss er Annehmlichkeiten zurückstecken.

R: Lieber Apostel, wie haben wir uns solch ein Training vorzustellen?

P: Bei den Olympischen Spielen im Altertum galten folgende Regeln: Die Athleten mussten sich verpflichten, sich 10 Monate lang auf die Spiele vorzubreiten. Das Training bezog sich auf die einzelnen Disziplinen, für die die Sportler übten. Insgesamt konnte man unter 18 Disziplinen auswählen. Zum Fünfkampf gehörte der Stadionlauf, Springen, Diskuswurf, Speerwurf und Ringen. Daneben gab es Einzelkämpfe im Laufen, Ringen und Faustkampf.

R: Welche besonderen Vorbereitungen waren da nötig?

P: Die Athleten hatten auf einfache Lebensweise zu achten, d.h. sie schliefen während der 10 Monate Training nachts auf der Erde, auf einer Lage Heu und Stroh.
Das diente der Abhärtung.

R: Wie sah die Ernährung aus?

P: Es gab Gerstenbrot, Weizenbrot und Fleisch vom Ochsen, Stier oder Reh. Aber alle Mahlzeiten in Maßen und unter Aufsicht des Trainers. Ein wichtiges Thema war die Enthaltsamkeit und Selbstdisziplin.

R: Stimmt es, dass die Sportler unbekleidet trainierten und kämpften?

P: Ja, das stimmt! Ganz früher hatten die Athleten einen Leibschurz umgebunden. Doch als einmal jener legendäre Stadionläufer Orsippos von Megara seinen Schurz beim Laufen verloeren oder abgeworfen haben soll und er den Sieg davontrug, wurde seitdem die völlige Nacktheit vorgeschrieben.

R: Wie stand um die Körperhygiene?

P: Aus hygienischen Gründen salbte sich der Sportler mit einem Öl ein, meistens benutzt er das Öl vom Ölbaum oder ein feines Olivenöl. Das Öl wurde dann mit Wachs verdichtet, sodass man eine Art Salbe hatte, Diese Salbe benutzte der Sportler vor jedem Training. Hinzu kam die Massage vom Trainer, so wurde der Körper geschmeidig und locker gemacht und erwärmt.

R: Bei der Siegerehrung wurden Preise verliehen, wie haben wir uns das vorzustellen?

P: Als Preise erhielt man Kränze aus Ölzweigen, Lorbeer, Efeu; später gab es auch Geldbeträge und Wertsachen. Der Wettkampfsieg brachte dem Gewinner und seiner
Heimatstadt hohen Ruhm. Er wurde mit Siegesliedern empfangen, er genoss sogar Steuerfreiheit, und manchmal errichteten ihm die Stadtväter ein Standbild.

R: Sie, lieber Apostel, hielten sich ja fast zwei Jahre in der Stadt auf, die durch die Isthmischen Spiele berühmt wurde, ich meine die Stadt Korinth.

P: Sehr richtig. Ich habe da bei Herrn Aquila und seiner Frau gewohnt und in seiner Zeltsattlerei gearbeitet.

R: Sie haben also neben Ihrer Missionarstätigkeit auch einen weltlichen Beruf ausgeübt?

P: Ja, ich bin Sattler, wie es mein Vater in Tarsos auch war.

R: In der Großstadt Korinth die gute Nachricht von Jesus Christus rüberzubringen, dürfte ja nicht einfach gewesen sein!

P: In der Tat nicht. Korinth war eine blühende Handelsstadt am Meer mit damals knapp 800 000 Einwohnern, bekannt durch ihre lockere Vergnügungswelt und durch ihr freizügiges Leben. Korinth war Umschlagplatz für wohlriechende Öle und exklusive Parfüms, für kostbare Spiegel, Waffen und Teppiche; und es war vor allem bekannt durch die korinthischen Steinschneider, die jenes bekannte korinthische Säulenkapitell geschaffen haben. Es war eine Stadt des Lebensgenusses mit viel Luxus. Die Schönen und Reichen besuchten natürlich die Wettkampfspiele im Stadion.

R: Ich verstehe, Sie mussten die Menschen da abholen, wo sie lebten und wofür sie sich begeisterten. Sie erinnern die Menschen an Sachverhalte aus dem Sport, die ihnen vertraut sind. So nennt sich Apostel Paulus ein Wettkämpfer Christi.

P: Ja, ich stelle mich selbst als Athleten dar, wenn Sie so wollen, als einen geistlichen Kämpfer. Aber ich kämpfe um ein höheres Ziel, ich kämpfe ums Evangelium von Jesus Christus, und das ist eine Kraft Gottes, die alle Menschen selig macht, die tatsächlich daran glauben. Merken Sie, es geht um eine Kraft, die höher ist als unsere Vernunft und unsere Sinne.

R: In Ihrem 1. Brief an die Korinther schreiben Sie von ‚harten Einschränkungen’, die der Athlet auf sich nimmt, um die Siegestrophäe zu gewinnen.

P: Richtig, aber das ist ein Kranz, der bald verwelkt und dann auf den Müll geworfen wird. Auf den Christenmenschen aber wartet ein unvergänglicher Kranz. Der ist von ewigwährender Dauer. Wissen Sie, dieser Siegeskranz macht mich zu einem Hoffnungsträger. Ich hoffe darauf, dass ich im Leben und im Sterben gehalten werde und in Gottes Hand geborgen bin. Darauf verlasse ich mich. Dafür kämpfe ich. Mit diesem Siegeskranz ohne Verfallsdatum leben ich zielorientiert.

R: Sie meinen also, zielbewusst leben, heißt Kurs halten.

P: Zielbewusst leben heißt: Verwurzelt leben. Wir wissen nicht mehr, aus welchen Wurzeln wir leben. Deshalb sind wir so haltlos und so maßlos. Viele amüsieren sich zu Tode, vergessen zu leben und verlieren die Orientierung.

R: Sie haben es mal auf den Punkt gebracht und den Christen des 1. Jahrhunderts geschrieben (Kolosser 2,7); „Seid in Jesus Christus verwurzelt und baut euer Leben ganz auf ihn!“

P: Ja, je tiefer unsere Wurzeln im Glauben, desto größer der Halt im Leben. Das können Ihnen übrigens viele Menschen, auch die in den Chef-Etagen, bestätigen.

R: Welche Tipps, welche hilfreichen Gedanken würden Sie uns mitgeben?

P: Bleiben Sie ‚am Ball’, trainieren Sie Ihr geistliches Leben, bleiben Sie spirituell fit. Arbeiten Sie an Ihrem persönlichen Animationsprogramm.

R: Wie sollen wir das verstehen?

P: Lassen Sie nicht nach, dem Wort Gottes zu begegnen. Dazu haben Sie mehrere Möglichkeiten: zum Beispiel im Gottesdienst, durch Lesen in der Bibel, beim privaten Gebet, beim Hören geistlicher Musik, im Glaubensaustausch mit anderen. Glauben ist immer ein dynamischer Vorgang, nie ein statischer. Üben Sie ihn immer wieder ein, bleiben Sie gut im Training. Sie werden auf Ihren Wegen Gottes Segen erfahren, Sicherheit und Rückhalt. Sie gehen gestärkt in die Zukunft. Diese Zuversicht wünsche ich Ihnen.

R: Lieber Apostel Paulus, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

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