Lebendiges und kräftiges Gotteswort – heilsame Zuwendung und Nähe

Dreizehn Stunden vor dem Predigttermin überarbeitete Fassung der Predigt „Leben im Heute Gottes“

Predigttext: Hebräer 4, 12-13
Kirche / Ort: Providenz-Kirche / Heidelberg
Datum: 15.02.2004
Kirchenjahr: Sexagesimae (60 Tage vor Ostern)
Autor/in: Pfarrer Heinz Janssen

Predigttext: Hebräer 4,12-13 (Übersetzung nach Martin Luther, revidierte Fassung 1984)

12 Denn das Wort Gottes ist lebendig und kräftig und schärfer als jedes zweischneidige Schwert, und dringt durch, bis es scheidet Seele und Geist, auch Mark und Bein, und ist ein Richter der Gedanken und Sinne des Herzens. 13 Und kein Geschöpf ist vor ihm verborgen, sondern es ist alles bloß und aufgedeckt vor den Augen Gottes, dem wir Rechenschaft geben müssen.

Zur überarbeiteten Fassung der Predigt

Vor fünf Tagen konnte bereits auf meine Predigt über Hebräer 4,12-13 zugegriffen werden. So ist es Usus beim Heidelberger Predigt – Forum. Einen Tag vor dem Predigttermin empfinde ich, dass ich die Predigt überarbeiten muss. Hier ist das Ergebnis. Ich lasse die „alte“ Fassung stehen, so ist ein Vergleich möglich. Die MitAutoren/MitAutorinnen dieses Predigt - Forums sollen künftig auch die Möglichkeit der "öffentlichen" Predigtüberarbeitung haben. Vielleicht gibt es Kollegen/Kolleginnen, die mit mir heute, Samstagabend, noch mit der Gottesdienstvorbereitung und besonders mit der Predigt beschäftigt sind. Sie grüße ich besonders. Ich ermutige sie, bei der Erarbeitung des Predigtmanuskriptes Ballast abzuwerfen. In der Gedankenfülle sich auf einen bzw. wenige Gedanken zu konzentrieren. Lange Sätze zu kürzen. Und dabei nicht zuletzt an die Konfirmanden/Konfirmandinnen zu denken, die dann besser zuhören können und vielleicht auch etwas verstehen. PRAEDICATIO SEMPER REFORMANDA - bis zum Sonntagsgottesdienst ist noch viel Zeit!

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Liebe Gemeinde!

Vom WORT GOTTES handelt dieser kurze Ausschnitt aus dem Hebräerbrief. Es gab offensichtlich Anlass, die Eigenart des Wortes Gottes näher zu beschreiben. Die Menschen in den ersten christlichen Gemeinden zweifelten schon bald an seiner Wirkung – tun wir das nicht auch? Wegen dieses Wortes Gottes kommen wir doch heute zusammen. Das Wort Gottes ist unbestreitbar der tragende Grund unserer Kirche, unseres Glaubens, unseres Christseins – geben wir ihm wirklich die Chance, lebendig und kräftig zu sein?

I.

Bedenken wir einige mehr oder weniger geläufige Definitionen, was das Wort Gottes überhaupt ist:

die Bibel, die “Heilige Schrift”,
der Wille Gottes, seine Gebote, die Thora,
die Botschaft des Evangeliums.

Aber was bedeutet es uns – dieses „Wort Gottes“? Erleben wir es tatsächlich so lebendig, kräftig, scharfgeschliffen? Oder eher saft- und kraftlos?

Ich habe bei einigen Personen nachgefragt, was für sie persönlich das Wort Gottes bedeutet:

“Ich begreife es für mich als Leitfaden”,
“Ich verstehe es als Hilfe fürs Leben”,
„Sagt mir gar nichts, ich kenne die Bibel nicht“,
„Gottes Wort? Was sind schon Worte – Taten brauchen wir! Macht nicht so viel Worte in der Kirche“,
„Gottes Wort ist für mich wie das tägliche Brot, es ist Lebensnahrung“.

Lebensnahrung? Die Bibel, das übermittelte Wort Gottes beginnt in der Schöpfungsgeschichte am Anfang der Bibel mit dem schöpferischen Gotteswort: “Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht” (1. Mose 1, 3) – und am Anfang des Johannesevangeliums heißt es: “Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort” (Johannes 1, 1). Anregend das Nachdenken darüber in Goethes Faust: “Ich kann das Wort so hoch unmöglich schätzen, ich muß es anders übersetzen”, und er übersetze es zuerst mit “Sinn”, dann mit ” Kraft” und schließlich mit “Tat”. So hat uns Johann Wolfgang von Goethe vermittelt: Wort bedeutet viel mehr.

Für den Propheten Jeremia war das Wort Gottes wie ein köstliches Mahl: “Dein Wort ward meine Speise, sooft ich’s empfing, und dein Wort ist meines Herzens Freude und Trost…” (Jeremia 15, 16)

Wir erkennen: Wir brauchen eine Beziehung zum Wort Gottes. Der betende Mensch des 119. Psalms bringt sie so zum Ausdruck: “Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege” (Psalm 119, 105)

II.

In unserem Predigttext ist von der Wirkung des Wortes Gottes die Rede und der damit verbundenen Warnung, wegen Ungehorsam gegenüber dem “Wort der Predigt” (4, 2) zu Fall zu kommen (Hebräer 4, 11). Der Verfasser des Hebräerbriefes betont: An dem Ungehorsam gegenüber dem Wort Gottes scheiterte schon eine israelitische Generation auf ihrem Weg durch die Wüste (Vers 5f.). Das Wort Gottes ist, wie wir aus dem Zusammenhang des Briefes erfahren, ebenfalls sein Wort der Verheißung.

Darum ist das Wort Gottes nicht ohne weiteres mit unserer “inneren Stimme” gleichzusetzen. Dies betont eine weitere Antwort im Rahmen meiner kleinen Umfrage:

“Das Wort Gottes kommt von außen, ich kann es mir nicht selbst sagen”. Es ist unverfügbar.

Der Vergleich des Wortes Gottes in unserem Predigttext mit einem zweischneidigen Schwert und die Betonung, dass das Wort Gottes noch schärfer ist, klingt zunächst fremd und geradezu bedrohlich.

Worte, die Schwertern gleichen, Kampf bedeuten und damit auch Verletzung oder sogar Tod? Wortgefechte? – Wie soll ich den Vergleich des Wortes Gottes mit einem Schwert verstehen? Der Briefautor umschreibt damit die durchdringende, scheidende, entscheidende und aufdeckende Kraft. Gutes, gelingendes Leben, braucht die Abtrennung von allem, was schlecht ist, Verderben und Tod bringt.

Wenn wir angefochten sind, wenn wir mit Herz oder Verstand gegen das fechten, was uns durcheinander bringen will – wie Täuschungen, Bösartigkeiten, die Traurigkeiten unseres Lebens, brauchen wir das klärende Wort, das Wort, das uns Klarheit gibt, das deutlich scheidet und trennt. Ebenso brauchen wir das klärende Wort in gesellschaftlich relevanten Fragen.

III.

Das Wort Gottes ist ein klärendes Wort. Gott braucht unsere Ohren, Herz und Sinne. Ein offenes Ohr und Herz für Gott und sein Wort wünscht uns der Wochenspruch – Worte aus dem Kapitel, aus dem auch unser Predigttext stammt: “Heute, wenn ihr seine Stimme hören werdet, verstockt euer Herz nicht” (Hebräer 4, 7).

Damit wird deutlich: Das Wort Gottes ist Ausdruck der Zuwendung, der Nähe Gottes. Gott will bei mir ankommen. Es hat einen tiefen Sinn, wenn die katholischen Christen im Zusammenhang mit dem Heiligen Abendmahl von Kommunion (Gemeinschaft), Wandlung (heilsam verändernde Kraft) und Eucharistie (Dank) sprechen.

Es gibt Wort Gottes, die uns ganz persönlich zugesprochen werden: bei unserer Taufe, am Tag unserer Konfirmation, als Trauspruch und zuletzt am Grab. Das Wort Gottes will ständig mit uns sein, gehört, im Herzen bewahrt und bewegt werden.

Hören wir noch einige Worte aus der Bibel (verschiedene SprecherInnen, dazu leise Orgelmusik mit einer Intonation zu dem Predigtlied „Es ist ein Wort ergangen“).

So spricht Gott: Fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir…

ER hat seinen Engeln befohlen über dir, daß sie dich behüten auf all deinen Wegen.

Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln…

Jesus Christus spricht: ich bin das Licht der Welt…

Selig sind, die das Wort Gottes hören und bewahren…

(Orgelmusik klingt aus)

Welcher Zuspruch hat dein Herz erreicht?

(Orgelmusik zu dem bereits intonierten Lied „Es ist ein Wort ergangen“ setzt wieder leise ein, gibt Zeit nachzudenken, bevor die Gemeinde in das Lied einstimmt.)

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