Die Gemeinde schreibt mit und das Bild ist weiblich – Ein anderer Gottesdienst zu Pfingsten

Predigttext: 1 Korinther 12,4-14
Kirche / Ort: Fellbach
Datum: 31.05.2004
Kirchenjahr: Pfingstmontag
Autor/in: Pfarrerin i.R. Stefanie Schäfer-Bossert

Predigtext: 1.Korinther 12, 4-14 (Übersetzung nach MArtin Luther, Revision 1984)

(V 4-11 als Schriftlesung in Erinnerung gebracht, V 11-14 als predigtext gelesen. Dabei ist V 11 geschlechterinklusiv ergänzt, beim zweiten Mal um eine Erinnerung an das Vorhergegangene erweitert und um die Unverfügbarkeit gekürzt) 4 Es sind verschiedene Gaben; aber es ist ein Geist.  5 Und es sind verschiedene Ämter; aber es ist ein Herr. 6 Und es sind verschiedene Kräfte; aber es ist ein Gott, der da wirkt alles in allen. 7 In einem jeden offenbart sich der Geist zum Nutzen aller;  8 dem einen wird durch den Geist gegeben, von der Weisheit zu reden; dem andern wird gegeben, von der Erkenntnis zu reden, nach demselben Geist;  9 einem andern Glaube, in demselben Geist; einem andern die Gabe, gesund zu machen, in dem einen Geist;  10 einem andern die Kraft, Wunder zu tun; einem andern prophetische Rede; einem andern die Gabe, die Geister zu unterscheiden; einem andern mancherlei Zungenrede; einem andern die Gabe, sie auszulegen.  11 Dies alles wirkt derselbe eine Geist und teilt einem jeden, einer jeden das Seine und Ihre zu, wie er will. *** 11 Dies alles, - also die verschiedenen Gaben, Aufgaben und Kräfte - wirkt derselbe eine Geist und teilt einem jeden, einer jeden das Seine und Ihre zu (...).  12 Denn wie der Leib einer ist und doch viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obwohl sie viele sind, doch ein Leib sind, so auch Christus.  13 denn wir sind durch einen Geist alle zu einem Leib getauft, wir seien Juden oder Griechen, Sklaven oder Freie, und sind alle mit einem Geist getränkt.  14 Denn auch der Leib ist nicht ein Glied, sondern viele." Barockes Pfingstbild

Vorbemerkung

Dieser Gottesdienst kann entweder am Pfingstsonntag oder am Pfingstmontag gefeiert werden, auch wenn er sich am Text für Montag orientiert. Er versucht, Pfingsten als „Fest der Gemeinde“ mit viel Beteiligung der Gottesdienstgemeinde zu feiern und damit den Inhalt auch in der Form aufzunehmen. Das altvertraute Thema „ein Leib – viele Glieder“ wird insofern „leibhaft“ aufgenommen, als auch die Sinne über das Hören hinaus stärker einbezogen werden: Durch viel Singen, durch Sehen, durch Schreiben. Die vielen Glieder des „Gemeindeleibs“ beteiligen sich etwas aktiver als an anderen Sonntagsgottesdiensten. Auch die Fürbitten entstehen direkt aus dem Gottesdienst. Die vorgeschlagene Form hat sich schon als praktisch durchführbar erwiesen. Sie entkommt auch der Gefahr, dass die erforderlichen Organisations-Technica dem Gottesdienst die geistliche Grundstimmung und den Spannungsbogen rauben, da sie durch das gemeindliche Singen in den Hintergrund treten - und wann singen wir schon mal sieben Strophen am Stück? Die „Leibhaftigkeit“ der Gemeinde ist auch implizit durch das vorgeschlagene Bild aufgenommen, da es die Wirkungen des Glaubens verkörpert. Dass das in Frauengestalten geschieht, erfüllt das Desideratum, Frauen starke positive Bilder ihres eigenen Geschlechts vor Augen zu stellen. Hier ist das Alter des barocken Bildes sein Vorteil gegenüber neuen Darstellungen: Es zeigt, dass solches der christlichen Tradition, auch der protestantischen, keinesfalls fremd ist, sondern nur in Vergessenheit geraten. Auch der Protestantismus kennt weibliche Bilder sogar des Heiligen Geistes. Die Elemente des Gottesdienstes können auch voneinander getrennt und einzeln verwendet werden, auch über Pfingsten hinaus. Mein Vorschlag zielt auf „ungewöhnlichere Seiten von Pfingsten“ will die Briefreihen auflockern.

Aufbau/ Ablauf des Gottesdiensts:

Eingangsmusik und Lied, Votum – Gruß – Psalm (96, EG 738) – Gebet – Schriftlesung: 1 Kor 12,4-11 Lied (EG 253, 1-5) * hier ausgearbeitet: *** Predigt ad 1 Kor 12-14 (4-6) Aufschreiben der Pfingstgedanken der Gemeinde Lied 135, 1-7 Verlesen einiger Zettel Fürbitten anhand weiterer Zettel/ Vaterunser *** Lied – Abkündigungen – Segen Nachspiel, währenddessen Aufhängen aller Gottesdienstzettel

Vorschlag für die Begrüßung (u. a.)

Heute wollen wir im Gottesdienst sichtbar machen, wie viele Seiten und Gaben zu „Kirche“ gehören: Auf Gottes Wort hören, singen, beten; für das sinnliche Aufnehmen steht heute das Auge und das Barockbild, das Sie erhalten haben, für das eigene Tätigsein das pfingstrote Blatt und der Stift. Kirche und Gemeinde sind wir alle zusammen, und so soll heute ein wichtiger Teil des Gottesdiensts sein, dass wir ihn zusammen gestalten, dass auch Sie über die Zettelchen einbringen können, was Ihnen an Kirche und Gemeinde wichtig ist – keine Sorge, das ist kein „Muss!“. Nach der Predigt wird Zeit sein, dass Sie es aufschreiben, wir werden dann einiges vorlesen und daraus auch die Fürbitten gestalten.

Vorab zu organisieren

Mindestens zwei Leute, die mitmachen, vor allem, um die Zettel einzusammeln, zu sortieren und aufzuhängen. Wenn sie sicher genug sind, wäre es schön, sie würden Teile der Fürbitten übernehmen.

·Kopien des Bildes

Stifte und Zettelchen (pfingstrot?) für das Schreiben im Gottesdienst, am einfachsten schon auf die Plätze gelegt

·Körbchen – zum Einsammeln der Zettelchen und vier für das Sortieren nach Themenbereichen

Platz und Material zum Aufhängen der Zettelchen (Kirchenwand? Schnur? Klebestreifen? Wäscheklammern?)

Zwischenmusik der Orgel, auf jeden Fall für das „technische“ Einsammeln der Zettelchen, u.U. für die Schreibphase (Hier kann aber auch konzentrierte Stille sein; das dürfte von der Einschätzung abhängen, ob sich viele Leute sich dem Schreiben verweigern würden und also ein „musikalisches Netz“ gespannt werden sollte).

· Klären, nach welcher Melodie EG 135, Schmückt das fest mit Maien, gesungen wird. Auf die bekanntere Melodie von „Jesu, meine Freude“ (EG 396) ausweichen?

Schreibaktion: Sammeln der Pfingstgedanken der (Gottesdienst-)Gemeinde

Tragen wir nun zusammen, was an Pfingstgedanken in unserem Gottesdienst lebendig ist: Ich möchte ich Sie einfach herzlich bitten, dass sie auf das Zettelchen notieren, was Ihnen an Kirche und Gemeinde und was Ihnen für Gemeinde und Kirche wichtig ist - oder wichtig wäre, an Lebendigkeit, an Wirkungen. Das kann in die allerverschiedensten Richtungen gehen: - Ein Wunsch, an uns alle hier, in unserer ______________- Gemeinde, in _____________ (Ort), in unserer Landeskirche, oder an die Kirche weltweit, die Ökumene, ein Ziel, ein Weg, - ein Dank für Gottes Gabe, in welcher Gestalt auch immer, geistlich oder durch andere Menschen, eine Erfahrung mit Gottes Geist, - eine Bitte, an Gott, an die Kirche, - wie gesagt, alles, was ihnen wichtig ist. Manchmal tut es einem selbst richtig gut, so etwas mal auf den Punkt zu bringen – „Wo stehe ich denn gerade, was fällt mir selbst dazu ein?“. Wir sammeln dann die Zettel ein, die Sie uns geben; vielleicht wollen Sie Ihren ja auch lieber behalten... Sie können, wenn Sie wollen, Ihren Namen dazuschreiben oder auch nicht. Wir möchten einige nachher vorlesen und auch unser heutiges Fürbittgebet wird aus diesen Voten, direkt aus der Gemeinde entstehen. Ihre Beiträge werden dann alle auch in der Kirche aufgehängt. Gmde schreibt, u.U. Orgelmusik Wir geben ihnen nun Körbchen in die Reihen zum Einsammeln, bitte geben Sie sie einfach weiter durch die Bankreihen durch. Dabei können wir das, was uns durch den Kopf gegangen ist, mit Orgelmusik etwas nachklingen lassen. Körbchen gehen durch, Orgelmusik Körbchen an HelferInnen zur Sortierung.(Jugendliche Schrift bevorzugen!) * Dank * Bitten, Wünsche, Hoffnungen * Kirche weltweit, Politik etc. * Verschiedenes, was so schnell nicht zugeordnet werden kann Singen wir nun miteinander das Lied 135, Schmückt das Fest mit Maien, alle 7 Strophen; auch wenn der Mai grad vorbei geht, das Festliche, die Freude wird darin so schön besungen, die vielen Seiten, die vielen Wirkungen von Gottes Geist, die hellen und der Trost in den dunklen, das Aufblühen - Lied 135 HelferInnen mit Körbchen zum Altar, so langsam am Ende der 7. Strophe: Bis wir dort, du werter Hort, bei den grünen Himmelsmaien ewig uns erfreuen. PfarrerIn bekommt Körbchen „Verschiedenes“ bereitgestellt, Körbchen für Themen des Fürbittgebets sind ebenfalls parat. Liebe Gemeinde, leider kann nicht alles, was Sie notiert haben, jetzt zur Sprache kommen, und die Auswahl kann in der Kürze der Zeit natürlich nur zufällig sein. Aber manches möchte ich nun einfach vortragen, (wie es in den Gottesdiensten gestern Thema war), wie es auch Thema von Pfingsten ist, und eben nicht nur Pfingsten: Alle reden in ihrer eigenen Sprache, und sie werden verstanden. Die Gemeinde als Vielfalt, die zusammengehört. Kirche als der Ort, der die Anliegen aller Glieder wahrnimmt und ernstnimmt. Verlesung aus Körbchen "Verschiedenes" Beten wir nun mit den Anliegen aus unseren Gemeinden: Gmde erhebt sich, für jeden Teil der Fürbitte (aufgeteilt?) werden einige Zettel aus den entsprechenden Körbchen entnommen:

Fürbitte

Gott, du sendest deinen Geist zu uns, du hast uns alle begabt, ganz verschieden, und so bringen wir zu dir, was uns heute hier bewegt. Wir danken dir für (all das, worin sich dein Geist zeigt): *********** Betendes Verlesen der zu „Dank“ passenden Zettel Gott, du hast uns deine Geistkraft verheißen. Sie gibt uns Phantasie, Kraft und Mut, dass wir darauf zuleben, dass die Wirklichkeit deines verheißenen Reichs unter uns aufscheint. So bitten wir dich (um, für) ********** Lass deinen Geist spürbar werden in **** Betendes Verlesen der zu „Bitte “ passenden Zettel Gott, dein Geist gilt aller Welt und der ganzen Schöpfung, die oft seufzt und ich ängstigt. Wir beten zu dir für ************* Betendes Verlesen der zu „weltweit“ passenden Zettel Was uns weiter bewegt, wir legen es in die Worte, die wir mit der ganzen Christenheit auf Erden gemeinsam beten : Vaterunser

Literatur

Heilige Augen und Gemüthslust, [Johann Ulrich Kraus, Augsburg 1706], S.57 Stefanie Schäfer-Bossert, Estomihi (Sonntag vor der Passionszeit), 22. Februar 2004, 1 Korinther 13,1-13. Über Ethik, Mystik und weibliche Gottesbilder. In: Deutsches Pfarrerblatt 1/2004, S. 27-29. Dies., "Die weibliche Gestalt der Schönheit Gottes". Allegorische Frauengestalten und spirituelles gender-crossing. In: Christel Hildebrand (Hg), Wie im Himmel so auf Erden. Festschrift zum 75-jährigen Bestehen des Konvents Evangelischer Theologinnen in der Bundesrepublik Deutschland e.V., Tübingen 2000, S. 94-115.

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Liebe Gemeinde,

Ein Leib, viele Glieder, ein Geist

Die Schriftlesung hat uns mit dem Text für heute auf unser Pfingstthema schon eingestimmt: Pfingsten: Im Geist Gottes, mit dieser Kraft, durch diese Kraft, sind wir Gemeinde und bauen wir Gemeinde. „Alle mit einem Geist getränkt“, und doch so verschieden.

Es ist ein vertrauter Text, in dem die Gemeinde als ein Leib mit vielen verschiedenen Gliedern und Geistesgaben beschrieben wird.

Wir haben einen großen Teil schon als Schriftlesung gehört. Ich lese weitere Verse aus dem 12. Kapitel des Korintherbriefes:

11 Dies alles, – also die verschiedenen Gaben, Aufgaben und Kräfte –
wirkt derselbe eine Geist und teilt einem jeden, einer jeden das Seine und Ihre zu (…).
12 Denn wie der Leib einer ist und doch viele Glieder hat,
alle Glieder des Leibes aber, obwohl sie viele sind, doch ein Leib sind,
so auch Christus.
13 denn wir sind durch einen Geist alle zu einem Leib getauft,
wir seien Juden oder Griechen, Sklaven oder Freie, und sind alle mit einem Geist getränkt.
14 Denn auch der Leib ist nicht ein Glied, sondern viele.”

Liebe Gemeinde,

Ein Leib mit vielen Gliedern,

Gemeinde als lebendiger Organismus, in dem sich vieles zu einer Einheit trifft, das seine eigene Geschichte hat – und behält – und doch im Zusammenspiel etwas überraschend Neues, Besonderes bildet.

So hat jede Gemeinde ihr eigenes Profil – und wird doch durch Gottes Geist geeint.

Der Geist des Miteinanders

Freilich – das ist das Idealbild, und in der Realität, in der Kirche, auch vor Ort kann’s anders aussehen und ist auch gar nicht immer so einfach. Diese Gabe ist immer auch Aufgabe. Aber die Erzählung vom Sprachenwunder an Pfingsten hat ja die Pointe, (wir haben es gestern schon bedacht), dass all ihre Stimme haben, in ihrer eigenen Sprache von den großen Taten Gottes hören und reden, von dem, wie sie Gott erfahren haben, sie hat die Pointe, und dass das Wahrnehmen all dieser Stimmen zur Gemeinschaft gehört und eine geistliche Gemeinschaft bildet, dass so Gemeinschaft gebaut wird. Dieses Besinnen auf die gemeinsame Mitte sollte dazu helfen, dass man sich nicht in Technischem verzettelt und in Interessen, die weltlicherer Natur sind – Machtspiele sind der Kirche im Großen wie im Kleinen ja auch nicht unbedingt fremd. Doch leben, lebendig sein kann es nur im Geist des Miteinanders. Kritik und Meinungsverschiedenheiten gehören zur je eigenen Sprache, aber wichtig ist es, dabei die Gemeinschaft im Blick zu behalten. Das empfiehlt die Psychologie bekanntlich für alle Lebenssituationen, in denen die Gemeinschaft nicht aufgekündigt werden soll.

So kann die lebenspraktische Umsetzung des „wir sind ein Leib“ schlicht der „runde Tisch“ sein, an dem man sich trifft und die verschiedenen Gaben zusammenbringt – und die verschiedenen Ansichten auch.

Das Leibbild wertet den Körper positiv – und macht aktiv

Die Gemeinde als Leib – das Bild ist aber auch deshalb so schön, weil es ein so positives Bild des Körpers zeichnet, der traditionell ja oft arg in die Nähe der Sünde gerückt wurde. Unser Körper ist ein Wohnort für den Geist Gottes, nicht ein Austragungsort für die Schönheitsideale des Zeitgeists – so und so muss er aussehen und bei Nichtgefallen ist mit der Ansehnlichkeit das Ansehen dahin – nein, Gottes Geist kommt zu uns, wie wir sind.

Noch etwas finde ich bedenkenswert, wenn man das bekannte Bild „Gemeinde als Leib“ weiterspinnt: Die Glieder sind ja nicht nur da – und fertig, das war’s. Sie tun alle etwas. Das Ohr hört, das Auge sieht, die Beine gehen vielleicht, die Hände greifen – so wie Ihre nachher noch den Stift – ….

Ein Leib, ein Körper ist alles andere als statisch, eine Statue. Er agiert, er handelt in der Welt. Und das auch, wenn nicht alle Glieder Höchstleistungen erbringen.

Das Bild des „Leibs“ ist auch dadurch ein höchst lebendiges! Und das Christentum, die Gemeinden, wir – lebendig, tätig, wirksam!

Bildbetrachtung: Geistesgaben und – wirkungen als allegorische Frauengestalten

Nun möchte ich Sie bitten, sich das Bild der lebhaften Runde anzusehen, das Sie als Fotokopie erhalten haben: Es stammt aus einer barocken Bilderbibel, der “Heiligen Augen- und Gemüthslust” aus Augsburg von 1706. Dass das eine fröhliche Gemeinschaft ist, springt ins Auge und ist ist der Tat eine Augenlust!

Und das Symbol der Taube, die über allem strahlt und auf alles abstrahlt, erkennen wir auch. Aber die barocke Symbolsprache können wir Menschen im Gefolge der Aufklärung nicht mehr unvermittelt lesen, also gehen wir da jetzt ein bisschen tiefer:

Wer sind denn diese Frauengestalten?

Sie sind die Wirkungen des heiligen Geistes, die in mystisch-bildhaften Traditionen oft als allegorische Frauengestalten auftauchten, was uns heute ziemlich unbekannt ist.

Hier sind es acht, wie die Bildunterschrift sagt, die hier nicht mitkopiert ist: “Lieb, Freude, Fried, Gedult, Glaub, Sanfftmuth, Keuschheit, Gunst”. Beim Propheten Jesaja sind die Eigenschaften des Geistes: Weisheit und Verstand, Rat und Stärke, Erkenntnis und Gottesfurcht, traditionell sind es Glaube, Liebe und Hoffnung, Weisheit, Stärke, Gerechtigkeit und Maßhalten.

“Es sind verschiedene Kräfte; aber es ist ein Gott, der da wirkt alles in allem” sagt der Korintherbrief (12,6). In diesen Geistesgaben lebt Gottes Geist. Wo sie gelebt werden, entsteht Gemeinschaft mit Gott und Gemeinschaft mit anderen Menschen. Viele Gaben, ein Geist. Woraus, das Bild illustriert es, fröhlich-lebhafte Runden entstehen können!

Da ist wieder gar nichts statisch, sondern sehr lebendig, kraftvoll, wirksam! Man könnte lange über diese Geistesgaben predigen, und die Briefreihen werden dazu noch Gelegenheit geben, bleiben wir jetzt noch ein wenig bei ihren mystisch-symbolischen Darstellungen.

Gottes Geist als Liebe und Mutter

Eines haben wir außerdem noch nicht geklärt: Wer ist die Frau in der Mitte mit dem flammenden Herzen?

Die Liebe.

Aber vielleicht hat jemand von Ihnen mitgezählt: 8 Töchter des Geistes sind abgebildet, und es sind genau 8 Frauen im äußeren Kreis. Also ist die Liebe in der Mitte – die Heilige Geistin.

Wir haben hier ein Bild von der Heiligen Geistin vor uns, wie sie in der Mystik nicht selten war: In den Wirkungen und Geistesgaben lebt der Geist wie eine Mutter in ihren Töchtern, die sie hervorbringt und gebiert.

Gedanken wie die des Bernhard von Clairvaux waren im Mittelalter bis in die Barockzeit noch weit verbreitet, auch evangelisch. Er schrieb: “Der Heilige Geist wird besonders mit dem Namen der Caritas, der Liebe bezeichnet. (…) Sie ist es, die Mutter der Menschen und der Engel, die nicht nur auf Erden, sondern auch bei denen, die im Himmel sind, befriedet hat. Sie ist es, die Gott dem Menschen gefällig machte, die den Menschen mit Gott wieder versöhnte.”

Die Liebe als die Verbindung zwischen Gott und den Menschen und den Menschen untereinander – sie ist die tragende Kraft. Sie ist es, die es ermöglicht, die Verschiedenheiten unter Menschen, unter Gruppen auszuhalten, sie ist es, die in den anderen etwas erlebt, was einen selbst angeht.

Manchmal kommt der Irrtum zwar auf, aber Liebe ist nicht nur Eiapopeia und ein womöglich fauler Friede. Stärke und Gerechtigkeit als ihre Töchter beispielsweise kommen nicht sanft, und von Konflikten war vorher schon die Rede. Ein entflammtes Herz bedeutet auch Leidenschaft.

Doch es ist das Lied der Liebe, in das Paulus im Römerbrief seine Beschreibung der Geistesgaben, der Einheit in der Verschiedenheit und der Zusammengehörigkeit zu einem Leib Christi münden lässt.

“Wenn ich mit Menschen- und mit Engelszungen redete und hätte die Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle, und wenn ich prophetisch reden könnte und wüsste alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, so dass ich Berge versetzen könnte und hätte die Liebe nicht, so wäre ich nichts. Und wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und ließe meinen Leib verbrennen und hätte die Liebe nicht, so wäre mir’s nichts nütze.” (13,1-3)

Die Liebe zu den anderen, ein echtes Interesse daran, mit ihnen Gemeinschaft zu haben,

die Liebe zu Gott und den Menschen – lassen wir uns von ihr begeistern, im täglichen Miteinander und für die weltweite Kirche.

Amen

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