Nicht nur den Weihnachtsbaum entfernen!
Das Leben überdenken - Das Licht von Weihnachten hilft beim Umkehren
Predigttext: Matthäus 4,12-17
12 Als nun Jesus hörte, dass Johannes gefangen gesetzt worden war, zog er sich nach Galiläa zurück. 13 Und er verließ Nazareth, kam und wohnte in Kapernaum, das am See liegt im Gebiet von Sebulon und Naftali, 14 damit erfüllt würde, was gesagt ist durch den Propheten Jesaja, der da spricht (Jesaja 8,23; 9,1): 15 "Das Land Sebulon und das Land Naftali, das Land am Meer, das Land jenseits des Jordans, das heidnische Galiläa, 16 das Volk, das in Finsternis saß, hat ein großes Licht gesehen; und denen, die saßen am Ort und im Schatten des Todes, ist ein Licht aufgegangen." 17 Seit der Zeit fing Jesus an zu predigen: Überdenkt und ändert euer Leben, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!Theologische und homiletische Hinweise
Exegetische Gedanken und Entscheidungen
1. Die Perikope markiert den Beginn der Verkündigung Jesu. Mit der Bergpredigt im Anschluss wird diese Verkündigung konkret. Mt. führt hier sein bes. Anliegen, nämlich Erfüllungsbelege für Leben und Handeln Jesu Christi zu bieten, fort. Darum hier dies lange alttestamentliche Zitat. Es ist mehr als nur Beiwerk. 2. Der Kernsatz ist V. 17 . Die Botschaft der 1. Verkündigung Jesu wird hier auf den Punkt gebracht. Ich vermeide die Übersetzung Luthers "Tut Buße" und übersetze stattdessen "... überdenkt und ändert euer Leben, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!" (sonst Luther 1984) 3. Die Verkündigung beginnt nicht da, wo Menschen es erwartet hätten. Jesus beginnt am Rande, bei denen, die im Dunkeln sind, bei denen, die sonst nie im Rampenlicht seiner Zeit stehen. Dies aber auch ein Schritt, der über das erwählte Volk seiner Zeit hinaus weist, wenn auch noch nicht in der Zuspitzung des Missionsbefehls Mt. 28. Wichtig ist: ER selbst und seine Botschaft ist das Licht (s.a. Joh. 8,12)! Der theologische Bezug zum Weihnachtsgeschehen bietet sich an. 4. Die Person Jesus wird plastischer. Rückzug ist für ihn denkbar, er ist jemand, der offenbar Zeit zur Besinnung ( nach der Gefangennahme des Johannes und der Versuchungsgeschichte) brauchen kann, bevor er (mächtig genug) mit der Verkündigung beginnt. Er zeigt Gefühle, hatte er vielleicht Angst? Andererseits: Er beginnt in seiner Heimat Galiläa, wo er aufgewachsen ist. Beginnt er auf vertrautem Boden, weil ihm das leichter fällt? Er steht in der Tradition des Johannes, geht aber in dessen Bußpredigt nicht auf.Homiletische (An-)Fragen
Das Jahr 2005 ist noch neu, die Weihnachtsbäume sind gerade entsorgt. Kerngemeinde wird in vielen Gottesdiensten anwesend sein. Sind das heute die am Rand (Galiläa) oder die im Zentrum (Jerusalem) stehen? Menschen stellen sich die Frage: Was bleibt eigentlich von Weihnachten? Das Epiphaniasfest hat nur marginale Bedeutung (in Norddeutschland), lohnt es sich dies zu verändern? Die Naturkatastrophe in Südasien ist im Bewusstsein der Menschen, was heißt es hier: Das Leben überdenken und umzukehren?Liedvorschläge
EG 441 Du höchstes Licht, ewiger Schein / EG 70 Wie schön leucht uns der Morgenstern / EG 603 (Anhang Niedersachsen u. Bremen) Ins Wasser fällt ein Stein / EG 606 ( Anhang Nieders. u. Bremen) Kehret um, und ihr werdet leben / EG 607 (Anhang Nieders. u. Bremen) Vertrauen wagen dürfen wir getrost / EG 16 Die Nacht ist vorgedrungen (bes. Vers 4 + 5)Zitate und Gedanken
- Wer in Gott eintaucht, taucht neben den Armen wieder auf! (J. Gaillot) - Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht (Vàclav Havel) - Suche nach Sinn und Innerlichkeit ist in. Aber wir in der Kirche sind lange nicht die einzigen, wo Menschen danach suchen. Sind die Grenzen um uns zu hoch oder sind wir zu nebulös geworden? - Es schadet nichts, noch einmal auf das Spendenkonto der Diakonie-Katastrophenhilfe hinzuweisen: Postbank Stuttgart; Bankleitzahl: 600 100 70 ; Kontonummer: 502 707; Stichwort "Erdbeben-Südasien"Liebe Gemeinde!
Die Weihnachtsbäume mit dem hellen Kerzenschein sind gerade aus den Wohnzimmern verschwunden. Es ist fast ein Jahr hin, bis das große Fest erneut gefeiert wird. Was bleibt uns in der Zwischenzeit, nur warten und hoffen, dass es ein gutes Jahr wird? Die Nachrichten sind in den letzten 14 Tagen alles andere als weihnachtlich. Unzählige Tausende von Menschen durch die Flutkatastrophe (durch Terror) umgekommen, Millionen aus der Lebensbahn geworfen. Hilfe ist da, Betroffenheit auch, aber wird das reichen zu helfen, Not zu lindern, bevor die Tragödie aus den Nachrichten verdrängt wird? Heinrich Albertz hat einmal gesagt: “Licht erkennt man immer erst, wenn man tiefste Finsternis erfahren hat. Dann ist Licht Befreiung, ist dann Leben!” Ist da etwas dran oder ist das zynisch im Angesicht der Katastrophen und menschlichen Tragödien?
Unser Predigttext für diesen Sonntag kann helfen, an diesen Fragen entlang zu Antworten zu kommen. Er steht bei Matthäus im 4. Kapitel V. 12-17. Der erwachsene Mann Jesus beginnt hier seine Botschaft den Menschen nahe zu bringen. Ein Kapitel später steht die Bergpredigt. Doch hören Sie, wie es los geht mit seiner Verkündigung.
(Lesung des Predigttextes)
Jesus begegnet uns hier sehr menschlich. Er hat keine Naturkatastrophe erlebt, aber auch schlimme Zeiten. Denn: Ein Johannes der Täufer ist gefangen genommen worden und Jesus musste den Versuchungen des Teufels widerstehen. So beginnt er nicht als strahlender Held, sondern er zieht sich zurück. Ich finde das sehr menschlich. Ich kann mich identifizieren, denn er bietet nicht schnelle Patentantworten an. Nein, er zieht sich zurück an einen sicheren Ort, in die Nähe seiner Heimatstadt Nazareth. Ich stelle mir vor, dass er sich besinnen muss, dass er Kraft tankt, um dann die wichtigen Dinge zu tun, das Richtige zu sagen. Der Sammler und Autor Matthäus überliefert uns diese Seite von Jesus und er beeilt sich dann sofort darauf hinzuweisen, dass Jesus trotzdem nicht einfach ein Mensch ist, sondern der erwartete Heiland, der, der Licht für die Völker ist. Und eins ist sicher: Die Völker hatten und HABEN dies Licht nötig. Das gilt! Wir aus uns heraus müssten doch manchmal verzweifeln, wenn wir die Welt auf uns einströmen lassen. Dunkle Zeiten gibt es im Privaten und in der öffentlichen Welt. Besonders, wenn es die Welt ist, wie die Medien sie uns präsentieren. Eine Medienwelt, wo gilt: Nur eine schlechte Nachricht ist eine gute Nachricht.
Wir haben den Weihnachtsbaumschmuck gerade gut verstaut, aber wir können das Licht von Weihnachten gut gebrauchen. Jesus zeigt, wie wir es sehen und mit ihm leben können. Seine zentrale Botschaft ist: “Überdenkt und ändert euer Leben, denn das Himmelreich ist nahe herbei gekommen!” Ich drehe den Satz der Bibel einmal um und schmücke ihn aus, um deutlich zu machen wo der Unterschied liegt zu manch gutem Vorsatz der Silvesternacht. Er lautet dann: “Das Himmelreich ist euch Menschen nahe. Das Licht gegen jede Dunkelheit ist für euch zu sehen, zu nutzen, darum könnt ihr nachdenken und euer Leben ändern. Ihr habt die Möglichkeiten. Eure Lage ist nicht hoffnungslos. Dies Licht leuchtet für euch in jeder dunklen Zeit. Diese Botschaft kommt nicht nur in Worten, Jesus lebt sie vor. Für seine Zeitgenossen war Galiläa zwar ein Land in dem Juden wohnten, aber doch ein Land zweiter Klasse. Judäa und Jerusalem, nur von dort konnte Wichtiges kommen. Aber Jesus überschreitet diese Grenze. Er beginnt bei den Menschen, die am Rande stehen und nicht bei denen, die meinen, sie seien der Nabel der Welt. Für sie wird er zuerst zum Licht der Welt. Und doch sind die anderen nicht abgeschrieben, nur die Reihenfolge ändert sich. Paul Tillich, ein Theologe des 20 Jahrhunderts hat sich viel mit dem Begriff der Grenze, der Grenzüberschreitungen, des Lebens auf Grenzlinien beschäftigt. Es sagt sinngemäß über Jesus: Dieser hat vorgelebt, dass all unsere scheinbar sicheren Grenzen als Bollwerk nichts taugen. Aber: Uns immer neu ändern, praktisch auf der Grenze leben, ohne jedes Mal neu von einem Extrem ins andere zu fallen, dass kann Segen bringen.
Liebe Anwesende hier im Gottesdienst. Wo gehören wir dazu? Zu den Menschen, die im Zentrum stehen oder zu Randsiedlern? Die Antwort ist nicht so leicht. Wir sind Christen, wir haben “unseren” Glauben. Ja, aber gilt es deshalb für uns nicht zu überlegen und umzukehren oder wie Luther sagt, Buße zu tun? Jesus macht durch den Beginn seines Handelns deutlich: Ihr Menschen, seid euch nicht zu sicher. Richtet nicht eine Grenze von Richtigkeiten um euch herum auf. Es könnte sonst sein, dass Gottes Licht anderen näher ist als euch und was habt ihr dann, was trägt im Leben?. Den Tannenbaum zu entsorgen macht doch Sinn, denn er hält nicht ewig. Das Leben zu überdenken und dabei dahin zu kommen andere Dinge abzuwerfen, die nicht mehr tragen und gut tun, das macht Sinn. Natürlich ist das immer ein Risiko. Aber niemand käme auf die Idee den Weihnachtsbaum auf Dauer zu behalten, auch wenn man Weihnachten schätzt und nicht weiß, ob man wieder so einen schönen findet. Wer sich so auf den Weg macht, sieht nicht nur das Licht. Das wäre zu wenig. Das Geschenk von Weihnachten ist größer: Dies Licht hilft beim Umkehren, dabei Ziele im Leben und Ansichten zu überprüfen, zu ändern.
Die Flutkatastrophe in Südasien und auf dem indischen Subkontinent hat Dunkelheit gebracht. Da ist nichts Schönes in dem Leid. Aber Heinrich Albertz hat vielleicht doch Recht: Dann nämlich, wenn wir durch dieses Unglück zusammen rücken. Dann, wenn wir deutlicher machen, dass dort unsere Nächsten leiden. Menschen, die wir nicht kennen, aber die uns brauchen. Betroffene Touristen berichten von großer Hilfsbereitschaft durch die Einheimischen. Vielleicht denken wir nach und merken, was Globalisierung auch heißt: Nämlich nicht nur weltweit verdienen, reisen sondern global Verantwortung füreinander tragen. Dann könnte es tatsächlich sein, dass die Dunkelheiten an Macht verlieren. Nun, ich ahne, was sie jetzt denken: “Große Worte, Appelle und dann, … heiße Luft bei der Frage wie das gehen soll?” “Und ich stimme zu: Allein aus uns heraus ist das auch nicht zu schaffen! Aber: “Das Volk, dass im Finsteren saß, hat ein großes Licht gesehen, denen, die im Schatten und am Ort des Todes saßen, ist ein Licht aufgegangen.” Nicht wir müssen alles tun. Das könnten wir nicht allein. Aber: Dieser Christus, das Licht der Welt wird helfen, wo wir uns aufmachen. Und gegen manche menschliche Vernunft geschieht es dann doch, dass Licht leuchtet und Menschen dies Licht aufgeht, Leben möglich wird. Wenn mich die Angst beschleicht, alles könnte doch vergebens sein, wenn meine Hoffnung nicht zu spüren ist, dann zünde ich gern eine Kerze an. Und ich schaue in mein Tagebuch. Dort ist nicht alles aufgeschrieben, aber ich achte darauf, dass besonders schöne Momente, unverdientes Glück und gelungene Aktionen mit einem Stichwort dort stehen. Und wenn ich sie lese und in die Kerze schaue, dann spüre ich oft: Ja, Gott sei Dank, das Licht von Weihnachten, mein Glaube, sie sind nicht hohl, sie tragen mich. Sie tragen mich gerade dann, wenn ich aufgebrochen bin, wenn ich mich mit grenzen nicht abgefunden habe “Überdenkt und ändert euer Leben, denn das Himmelreich ist nahe herbei gekommen!”
AMEN