Benedictus, Benedicta – Du bist ein Gesegneter, Du bist eine Gesegnete

Trau deiner Stärke, und wenn du schwach bist, trau Gottes Stärke

Predigttext: 1.Mose 12,2 (freie Textwahl zur Konfirmation)
Kirche / Ort: Wehr
Datum: 24.04.2005
Kirchenjahr: Kantate (4. Sonntag nach Ostern)
Autor/in: Pfarrer Mathias Bless

Predigtttext: 1.Mose 12,2 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)

Gott sprach zu Abraham: …Ich will dich segnen und dir einen großen Namen machen, und du sollst ein Segen sein.

Vorbemerkung

1. „Ich will dich segnen und ihr sollt ein Segen sein....“ Jeder Konfirmandenjahrgang ( bei uns in Wehr) steht unter einem Leitthema; Glauben ( und das Glaubensbekenntnis) oder die 10 Gebote oder Jona oder... Das Leitthema des Konfijahrgangs 2004/2005 ist eben jener Satz aus Gen 12, 2. Er ist bei der Konfirmandenvorstellung ausgelegt worden und wird ein zweites Mal bei der Konfirmation ausgelegt. 2. Ich will hier nicht auf andere Predigten verweisen. 3. Aus der Zeitung gepredigt: Die Titelseite der Bild-Zeitung vom 22. April 2005 provoziert. Zunächst der platte Nationalismus, wenn suggeriert wird: Wir alle sind – als Deutsche - Papst. Aber vielleicht stimmt dieser Satz ja – auf eine zugegebenerweise paradoxe Art. Nicht um differenztheologische Dogmatik geht es mir mit dem Luther-Zitat, sondern um die Wiedergewinnung der priestertümlichen Kompetenz aller Gläubigen. (Das in der Predigt wiedergegebene Luther-Zitat lese ich nur in Auszügen.) Und da sind wir eben mitten im Konfirmationsgeschehen. 4. Die Liste der Parallelitäten geht weiter: klar war, dass die Konfis als Gesegnete angesprochen werden. Da ist der Papstname eine wunderbare Gelegenheit, diese Parallelität weiterzuziehen. Benedikt – Gesegneter (s. Predigtabschnitt II).

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Liebe KonfirmandInnen,
liebe Eltern und Paten, Großeltern und Freunde,

Heut’ ist eine Premiere. In all den 26 Jahren, in denen ich auf der Kanzel stehe, hab ich das noch nie getan: eine Predigt mit der Bild-Zeitung! Ich hätte nie gedacht, dass das mal geschieht… Aber das geht! Das geht sogar sehr gut. Und trifft genau, was heute in dieser Kirche verhandelt wird!

I

„Wir sind Papst!“ Groß, dick, fette Schlagzeile am Mittwoch: „Wir sind Papst!“ Und darunter das Bild des ehemaligen Kardinals Ratzinger, nun Papst Benedikt XVI. Strahlend winkt er den Menschen zu, freudig zeigt er sich mit den Insignien der päpstlichen Stellung. Spendet am Ende den päpstlichen Segen.

„Wir sind Papst!“ Vorhin haben wir vier Konfirmandinnen getauft. Haben Wasser über euren Kopf geschüttet. Haben euch Gottes Nähe zugesagt. Und haben euch zu Päpsten gemacht. Im Ernst: wir haben euch zu Päpsten gemacht. Martin Luther hat es uns so gelehrt: „Man hats erfunden, daß Papst, Bischöfe, Priester und Klostervolk der geistliche Stand genannt wird, Fürsten, Herrn, Handwerks- und Ackerleute der weltliche Stand…. Doch soll niemand deswegen schüchtern werden, und das aus dem Grund: alle Christen sind wahrhaftig geistlichen Standes und ist unter ihnen kein Unterschied außer allein des Amts halber, wie Paulus 1. Kor. 12, 12 ff. sagt, daß wir allesamt ein Leib sind,… Das alles macht, daß wir eine Taufe, ein Evangelium, einen Glauben haben und (auf) gleiche (Weise) Christen sind, denn die Taufe, Evangelium und Glauben, die machen allein geistlich… Daß aber der Papst oder Bischof salbet, … ordiniert, weihet, sich anders als Laien kleidet, …. macht aber nimmermehr einen Christen oder geistlichen Menschen. Demnach werden wir allesamt durch die Taufe zu Priestern geweiht, wie Petrus (1. Petr. 2) sagt: »Ihr seid ein königliches Priestertum und ein priesterliches Königreich«, … Denn was aus der Taufe gekrochen ist, das kann sich rühmen, daß es schon zum Priester, Bischof und Papst geweihet sei,…. Denn weil wir alle gleich(mäßig) Priester sind, darf sich niemand selbst hervortun und sich unterwinden, ohne unser Bewilligen und Erwählen das zu tun, wozu wir alle gleiche Gewalt haben. Denn was allgemein ist, kann niemand ohne der Gemeinde Willen und Befehl an sich nehmen. (Martin Luther: An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung (1520), S. 6 ff. Digitale Bibliothek Band 63: Martin Luther, S. 1329 (vgl. Luther-W Bd. 2, S. 159 ff.) (c) Vandenhoeck und Ruprecht)

„Denn was aus der Taufe gekrochen ist, das kann sich rühmen, daß es schon zum Priester, Bischof und Papst geweihet sei“ – das ist ein Satz! Ein Satz voller Hoch-Mut. Ein Satz voller Selbst-bewußtsein. Stolz. Und Größe. Ich sag’s grad heraus: Wir sind was durch die Taufe! Mehr können wir nicht werden. Wir sind die, zu denen Gott gesagt hat: Du bist etwas. Du bist etwas für mich. Du bist unendlich viel für mich. Ich will, dass du mein Sohn, meine Tochter bist. Ich, Gott, sage Ja zu dir. Und ich hätte gerne, dass du Ja zu mir sagst. Wir haben im Glaubensbekenntnis Ja zu Gott gesagt. Ihr Täuflinge habt Ja zu Gott und zu eurer Taufe gesagt.

II

„Wir sind Papst“ Nach einer Papstwahl nimmt der Gewählte einen Namen an. Im Namen will er sagen: So verstehe ich mich und mein Leben in Zukunft. Joseph Kardinal Ratzinger hat sich den Papstnamen ‚Benedikt’ gewählt. Der Gesegnete.

Bene – dicere Gut reden. Ach, ihr Lieben, reden wir gut von euch. Weil Gott gut von euch redet.
Bene – dicere: nicht die Probleme der Welt zuerst beschwören, nicht die düsteren Seiten der Zukunft, nicht, wo ihr versagt habt oder wo wir versagt haben,…
Bene-dicere, reden wir Gutes über euch.
Zum Beispiel: Ihr seid Menschen. Ihr habt Möglichkeiten. Gott hat euch Fähigkeiten geschenkt. Gaben nennen wir Christen das. Vor allem aber: Gott hat euch angesprochen. Er hat etwas zu euch gesagt: Ich will dich segnen. Ich, Gott, will Gutes mit dir reden. Ich will Gutes von dir reden. Allein schon, dass ich, Gott, mit dir rede, tut dir gut. Ich will Frohes sagen. Evangelium predigen. Gute Nachricht dir weitergeben. Ich will dich segnen. Meinen Segen hast du! Du bist wahrhaftig Benedikt – der Gesegnete, die Gesegnete! Großes liegt vor dir. Schönes. Gefährliches. Abenteuer. Aufbruch. Neubeginn. Weites Land. Dein Land. Hoffnung liegt vor dir. Ungewisses. Gottes Nähe darin eingewickelt. Gottes Hand schützend über dir.
Bene-dicere: Trau deiner Stärke. Und wenn du schwach bist, traue Gottes Stärke.
Bene-dicere: Sein Haus hat offne Türen und Fenster.
Bene-dicere: Lass dich von ihm stützen, umarmen, festhalten, aufrichten.
Bene-dicere: Wenn du erschrickst – sein Segen ist wie eine Höhle, wenn du Schutz brauchst.
Bene-dicere – segnen… Ich will dich segnen!

III

Es dauerte ein paar Minuten, bis der neue Papst auf den Balkon trat und sich zeigte. Davor war einige Betriebsamkeit. Ich vermute, ein Gebet war dran. Und dann musste der Kardinal sich umziehen, die Zeichen der Päpstlichen Würde anziehen. Und ich sehe euch an… unüblich seht ihr aus. In eurer Konfirmandenkleidung. Vielleicht kann euch das ja versöhnen: Als Gesegnete habt ihr eure Würde. Und offensichtlich ist das so: Besondere Situationen sind mit besonderer Kleidung verbunden. Ihr seid den Weg gegangen vom Baby-Strampler zu eurem heutigen, individuellen Papst-Outfit. Und ihr werdet den Weg, euren Weg, weitergehen, wieder mit anderer Kleidung. Vielleicht zieht ihr die Bauarbeiter-Latzhose einmal an? Vielleicht den Anzug eines Bankangestellten? Heute habt ihr eure Konfirmandenkleidung an. Ich hoffe, ihr fühlt euch nicht zu unwohl, nicht so arg verkleidet.

„Ihr sollt ein Segen sein…“ auf eurem Weg. Am Anfang eurer Konfizeit habe ich im Gottesdienst der Konfivorstellung euch gesagt: Ich will euch segnen. Und ihr sollt ein Segen sein. So einfach ist das. Am 24. April will ich euch segnen. Euch ein gutes Wort von Gott her zusprechen. Euch stolz machen. Euch ein Fest bereiten. Ihr sollt etwas abgeben von dem Segen, der wie Wasser fließt. Sollt selbst zum Segen werden. Sollt durchlässig sein für die Kraft des Lebens. – Mehr kann ich euch heute nicht sagen. Strahlend winkt den Menschen zu, freudig zeigt euch mit dem Stolz auf Gottes Segen. Seid ein Segen. Eure Welt, unsre Welt kann’s gebrauchen.

Amen

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