Manche saure Traube entwickelt mit Hilfe von ein wenig Wärme überraschende Süße
Was ist eigentlich das, was uns als Kirche in der Welt erkennbar macht?
Predigttext: Johannes 15,18-21 (Übersetzung nach Martin Luther, revidierte Fassung 1984)
18 Wenn euch die Welt hasst, so wisst, dass sie mich vor euch gehasst hat. 19 Wäret ihr von der Welt, so hätte die Welt das Ihre lieb. Weil ihr aber nicht von der Welt seid, sondern ich euch aus der Welt erwählt habe, darum hasst euch die Welt. 20 Gedenkt an das Wort, das ich euch gesagt habe: Der Knecht ist nicht größer als sein Herr. Haben sie mich verfolgt, so werden sie euch auch verfolgen; haben sie mein Wort gehalten, so werden sie eures auch halten. 21 Aber das alles werden sie euch tun um meines Namens willen; denn sie kennen den nicht, der mich gesandt hat.Exegetische Vorüberlegungen
Der Kontext der Perikope
Der Predigttext ist Teil der 2. Abschiedsrede Jesu an seine Jünger. In Kapitel 15, 1-8 wird das enge Verhältnis Jesu zu seinen Jüngern mit dem Bild des Weinstocks verdeutlicht, daran schließt sich Vers 9 ein Abschnitt über die Liebe an. Die Liebe Jesu Christi zu seinen Jüngern ermöglicht die Liebe der Jünger untereinander. Eine besondere Steigerung dieser Liebe ist, dass Jesus Christus sein Leben für seine Freunde hingibt. Umso größer ist der Kontrast zum folgenden Abschnitt, der in der Luther-Bibel überschrieben ist: Der Hass der Welt. Hier wird ein Bild von der „historischen Gegenwart“ (Angela Langer, Predigtmeditationen im jüdischen Kontext, S.325) gezeichnet. Sehr pointiert wird beschrieben, welche Konsequenz diese Zugehörigkeit zu Jesus Christus hat und wie die „Welt“ darauf reagiert.Wortuntersuchung
Das griechische Verb miseo bedeutet laut Exegetischem Wörterbuch: hassen, hintansetzen, gering achten. Dieses Verb kommt 40mal im NT vor, davon 13mal bei den Synoptikern und 12mal im Johannesevangelium. Bei den Synoptikern bedeutet um Jesu willen gehasst werden, dass die Jünger am Geschick Jesu teilhaben. Auch die Forderung, die Verwandten zu hassen, meint : Die Entscheidung für die Nachfolge Jesu hat unbedingten Vorrang, ihr ist alles andere hintanzusetzen. Im Joh-Ev wird vom Hass der Welt gesprochen. Wer Christus hasst, indem er Böses tut, verfällt dem Gericht. Die Welt hasst Jesus, weil er bezeugt, dass ihre Werke böse sind. Dieses Geschick trifft auch die Jünger ( Joh 15,21) (Exegetisches Wörterbuch zum Neuen Testament, 2. Auflage Band II, Artikel miseo) „Beim Begriff „Hassen“ geht es also weniger um ein Gefühl als um eine Entscheidung, deshalb sind eher Begriffe wie „ablehnen“, „ausstoßen“, „sich gegen etwas entscheiden“, mitzuhören.“ (Dr. P. Zimmerling, GPM, S.484) Das Nomen kosmos meint bei Johannes die gegenwärtige von Gott durch den Logos geschaffenene, aber ihm zugleich entfremdete Welt (Exegetisches Wörterbuch zum NT, Artikel kosmos S.769). Johannes betont hier also stark die Differenz zwischen Jüngerschaft oder christlicher (Ur-)Gemeinde und der Welt.Historischer Zusammenhang
Der Textstelle liegt vermutlich die Erfahrung der nachösterlichen Gemeinde zugrunde, dass sich die jüdische Umwelt von ihr distanziert, aufgrund ihres Bekenntnisses zu Jesus Christus. Diese Ablehnung wird als Hass definiert (A. Langer, S.326). M.E geht es Johannes in diesem Kapitel aber weniger darum zu polarisieren. Die vorangehenden Verse, die sehr stark die enge Verbundenheit und Liebe zwischen Jesus Christus und der Gemeinde betonen, haben die Aufgabe, die urchristliche Gemeinde zu stärken und zu trösten. Der zweite Teil, die Perikope, ist dann eine Beschreibung dessen, was auf die Gemeinde zukommen kann und was sie teilweise schon erlebt. Dabei ist die Liebe zwischen Jesus Christus und der Gemeinde sowohl die Befähigung, diese Ablehnung auszuhalten als auch überhaupt der Grund der Ablehnung.Homiletische Überlegungen
Zunächst einmal ruft dieser Text bei mir Ratlosigkeit hervor. Zu fremd scheint mir die Erfahrung der Gemeinde damals zu unserer Situation heute. Wir werden als Kirche in Deutschland weder gehasst noch verfolgt. Allenfalls kann man eine zunehmende Gleichgültigkeit dem Christentum gegenüber beklagen. Auch der Aussage P. Bergers, der Mitteleuropa als geistliches Dürregebiet bezeichnet, würde ich zustimmen. Trotzdem sind wir doch eher anerkannt als verfolgt, eher geachtet als gehasst, wenn auch der rückläufige Gottesdienstbesuch vermuten lässt, dass christliche Aussagen für viele belanglos werden. Im freikirchlichen Kontext scheint dagegen die Differenz zwischen Glaube und Welt stärker betont zu werden. Die Folge ist eine Tendenz, sich gegenüber der Welt abschließen(GPM, S.485). Nach Zimmerling ist der Hass der Welt bei Johannes theologisch begründet. „Die Erwählung Gottes ruft den Hass hervor.“ Die Differenz zwischen Kirche und Welt ist also nicht selbst gemacht, sondern durch Gott ausgelöst. Die Frage bleibt aber, ob nicht in manchen Kreisen diese Differenz überbetont wird, um sich der eigenen Erwählung zu vergewissern. Ich möchte deshalb nicht scherenschnittartig Differenzen, Gegensätze oder Ablehnung suchen oder überbetonen, um die christliche Gemeinde in besonders hellem Licht zu zeichnen. Gut finde ich allerdings den Gedanken von Zimmerling, dass Johannes uns daran erinnert, dass Kirche und Welt nicht dasselbe sind und das selbe werden sollen. Die Mahnung gegenüber der Volkskirche, die in Gefahr steht, Kirche und Welt zu identifizieren, finde ich berechtigt: „Kirche ist mehr als Gesellschaftskitt; Kirche ist auch mehr als eine Vorsorgeinstanz für das jeweilige individuelle Wohlbefinden“, „Die Differenz zwischen Kirche und Welt… ist der Grund für die Daseinsberechtigung der Kirche“ (GPM, S.485). Soweit meine Sicht als eine in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts in Baden-Württemberg aufgewachsene Frau. Betrachte ich dagegen meine Gemeindeglieder, stelle ich fest, dass diese zum großen Teil einen völlig anderen Zugang zum Text haben und ihn deshalb auch anders hören. Ein großer Teil der Gemeinde ist in den 50er Jahren aus Thüringen nach Wertheim gekommen, um dem Sozialismus zu entgehen.Ein anderer großer Teil hat eine zum Teil massive Verfolgungsgeschichte hinter sich: Es sind Russlanddeutsche, die in den 90er Jahren ausgewandert sind. Die Lebensgeschichten der älteren Generation erzählen von Vertreibung, von Zwangsarbeit von Hunger und Kälte und von massiven Verfolgungen gerade auch wegen ihres Glaubens. Pfarrer wurden verhaftet, deportiert und umgebracht. Gottesdienste konnten nur heimlich abgehalten werden. Christlicher Glaube wurde bei der älteren Generation deshalb gepflegt als Teil ihrer deutschen Tradition. Hier haben wir sehr wohl eine Differenz zwischen Gemeinde und Welt. Für sie bedeutete christlicher Glaube Trost, Identität, Gemeinschaft und heimliche Freiheiten in einer atheistischen Gesellschaft. Dazu kommt noch der historische Hintergrund des Textes. Interessant finde ich deshalb einen Einstieg über die hermeneutischen Zugänge zum Text. Dieser Sonntag ist der Tag vor dem Reformationsfest, von daher ergibt sich dann als Verbindung der verschiedenen Horizonte die Hauptfrage der Predigt: Was ist das Wesentliche des christlichen Glaubens und der Gemeinde, das sich von der Welt unterscheidet? Dieser Frage möchte ich nachgehen, auch wenn sie sich natürlich nicht erschöpfend behandeln lässt.Literatur:
Predigtmeditationen im christlich-jüdischen Kontext, zur Perikopenreihe III, hg. W. Kruse, 2004,A. Langer, S.325-330, Göttinger Predigtmeditationen 59. Jahrgang, Heft 4, P. Zimmerling, S.484ff., Exegetisches Wörterbuch zum NT, 2. Auflag, hg. Von H. Balz und G. Schneider, Stuttgart 1980.Lieder:
„Tut mir auf die schöne Pforte“ (EG 166, 1,2.6), „Die ganze Welt hast du uns überlassen“ (360), „In dir ist Freude“ (398), „Komm in unsre stolze Welt“ (428), „Lass mich dein sein und bleiben“ (157).Liebe Gemeinde!
Neulich hat mich jemand gefragt, was denn der Kern des christlichen Glaubens sei. Und ich habe ihm geantwortet: die Liebe. Die Liebe Gottes zu uns Menschen und als Antwort von uns: die Liebe zu Gott und untereinander. Ich glaube er wäre sehr verwirrt, wenn er diesen Text hören würde. Hier ist hauptsächlich vom Hass die Rede. Nicht gerade das, was man als frohe Botschaft bezeichnen würde.
Der Text und die heutige Hörsituation einiger Gemeindeglieder
Und erst einmal ist der Text fremd. Wenn euch die Welt hasst – das ist nicht unbedingt meine Erfahrung. Hier in Wertheim erlebe ich nicht, dass wir als christliche Gemeinde gehasst oder abgelehnt werden. Wir werden auch nicht verfolgt. Wir werden allenfalls kritisch hinterfragt, und das ist ja auch gut so. Eigentlich sind unsere Probleme anders gelagert. Uns schlägt als Kirche eher Gleichgültigkeit entgegen. Manchmal haben wir den Eindruck, dass für viele Menschen der christliche Glaube anscheinend belanglos ist, dass er im Alltag kaum eine Rolle spielt. Das ist eine Aufgabe, der wir uns stellen müssen. Aber Hass und Verfolgung sind doch etwas ganz anderes.
Der hermeneutische Zugang anderer Gemeindeglieder
Ich weiß aber, dass das nur meine Sicht ist. So höre ich den Text vor dem Hintergrund meiner Erfahrungen. Ich weiß aber auch, dass viele ihn ganz anders hören. Sie werden nicken und sagen: Ja so war es. Sie haben Verfolgung erlebt, damals in Russland. Vertreibung, weil sie Deutsche waren und weil sie Christen waren. Je länger ich hier bin, desto mehr bekomme ich erzählt, wie das damals war, und oft genug bleibt mir bei den Erzählungen die Luft weg – so erschreckend finde ich die Erfahrungen, die sie machen mussten. Vor diesem Hintergrund bekommen die Sätze des Johannes noch mal ein ganz neues Gewicht: „Das alles werden sie euch um meinen Namens willen antun, denn sie kennen den nicht der mich gesandt hat“. Besser kann man die Situation in einem atheistischen Staat nicht beschreiben, der Pfarrer deportiert, Kirchen zerstört und Gottesdienste verboten hat. So haben wir heute in unserem Gottesdienste mindestens zwei völlig verschiedene Arten diesen Text zu hören und zu verstehen.
Die historische Situation der Urgemeinde
Und wie hat ihn die Gemeinde damals verstanden? Die Worte sind Teil einer Abschiedsrede Jesu. Jesus bereitet seine Jünger darauf vor, dass sie ohne ihn zurechtkommen müssen. Den ersten Teil der Abschiedsrede haben wir heute nicht gehört – da geht es tatsächlich um die Liebe. Jesus macht seinen Jüngern Mut. Er betont, wie eng er mit ihnen verbunden ist. Wie ein Weinstock mit seinen Reben. Ohne Weinstock sind die Reben nicht denkbar: Von ihm bekommen sie alle Kraft. Durch ihn und an ihm wachsen sie.
Mit Jesus sind die Jünger in Liebe verbunden. Durch ihn und an ihm erfahren sie was Liebe ist. Es sind sehr ermutigende Sätze. Die Jünger wissen sich mit Jesus verbunden auch dann, wenn er nicht mehr bei ihnen ist. Sie werden gestärkt und getröstet. Und sie werden diese Kraft auch brauchen. Denn die Situation für diese erste Gemeinde ist nicht einfach. Die jüdische Gemeinde, der sie vorher angehörten, distanziert sich zunehmend von dieser neuen Sekte. Und unter dem römischen Kaiser Diokletian werden sie grausam verfolgt.
Jesus weist die Gemeinde ganz nüchtern auf das hin, was ihnen bevorsteht. So eng verbunden und geschwisterlich sie untereinander und mit Jesus Christus sind – so schwierig gestaltet sich das Verhältnis zu Nichtchristen. An Jesus Christus scheiden sich die Geister.
Der Hass der Welt
Wieso hasst eigentlich die Welt die Gemeinde? Woher kommt diese starke Ablehnung? Johannes vertritt die Idee, dass die Menschen, die sich nicht zu den Christen zählen, durch Jesus Christus ihr eigenes Versagen und ihre Schuld vor Augen geführt bekommen. Er argumentiert mit den zwei Polen von Licht und Finsternis – wer zu Christus gehört, ist ein Kind des Lichts, und die anderen erkennen sich selbst in diesem Licht als Kinder der Finsternis. Und dementsprechend verhalten sie sich. Soweit die Situation damals.
Kirche und Welt heute
Und heute? Wie verhält es sich mit Kirche und Welt heute? Das ist eine spannende Frage, und ich bin bis heute nicht fertig mit meinen Überlegungen. Morgen ist Reformationstag, liebe Gemeinde. Ein guter Anlass, sich darauf zu besinnen, was eigentlich Kirche zur Kirche macht. Genau diese Frage hat sich auch Martin Luther gestellt, als er seine 95 Thesen zur Diskussion stellte. Er wollte das Eigentliche, das Wesentliche des christlichen Glaubens wieder zum Vorschein bringen.
Wie weit können wir mit der Gesellschaft bzw. mit der Welt mit? Als Vertreterin einer Volkskirche bin ich natürlich dafür, das Evangelium möglichst zeitgemäß zu predigen. Hürden abzubauen und durch Anknüpfungspunkte den Menschen den Zugang zum Glauben möglichst einfach zu machen. Manchmal kommt mir aber diese Art der Verkündigung wie eine Wanderung auf einem schmalen Grat vor. Ein Schritt daneben – und christlicher Glaube wird so eine Art schmückendes Beiwerk. Etwas, das hohen Festen wie Weihnachten, Taufe oder Hochzeiten etwas Feierlichkeit verleiht aber sonst eigentlich eher nebensächlich ist. Man fragt sich dann schon manchmal: Ist das alles?
Was ist eigentlich das, was uns als Kirche erkennbar macht?
In welchen Inhalten unterscheiden wir uns von der Welt?
Welche Inhalte bieten wir an, die andere nicht anbieten?
Wo müssen wir uns auch unterscheiden, damit das Eigentliche erkennbar bleibt?
Ich habe neulich in einem Katalog geblättert und bin auf den Seiten hängen geblieben, auf denen Bücher angeboten wurden. Die Überschrift lautete: Bücher, die ihnen hilfreich zur Seite stehen. Verschiedene Themen wurden da angesprochen: „Wie trainiere ich einen gesunden Rücken“, „Wie ernähre ich mich richtig“ usw. – Aber ein Buch hieß: „ Sorgenfrei in Minuten“. Das hat mich natürlich neugierig gemacht und der Klappentext versprach mir dann, dass ich unangenehme Gefühle, wie zum Beispiel Schuldgefühle, durch „meridianes Beklopfen“ (was auch immer das sein mag) in Minuten loswerden könne. Liebe Gemeinde, da war mir plötzlich wieder sehr deutlich, wie verschieden Christentum und Welt sind. Wie unterschiedlich mit den gleichen Themen umgegangen wird. Gott sei Dank muss ich mich nicht durch Beklopfen von meinen Schuldgefühlen befreien. Ich habe den Verdacht, dass ich da lange klopfen könnte.
Ein Unterschied ist der Umgang mit Schuld
Ich kann mir eingestehen, dass sich hinter meinen Schuldgefühlen tatsächliche Schuld verbirgt. Mit dieser Schuld kann ich zu Christus kommen, in der Gewissheit, dass mir vergeben wird. Das kann ich im Gebet tun oder im Abendmahl erfahren. Martin Luther hat sich in solchen Krisenzeiten, in denen er an sich gezweifelt hat, gerne an seine Taufe erinnert. „Ich bin getauft“ – Gott selbst wäscht ab, was mich von ihm trennt. Diese Zusage habe ich mein Leben lang. Was für ein Geschenk, dass ich nicht alles selbst erledigen muss.
Ein Unterschied ist das christliche Menschenbild
Hier haben wir einen der wesentlichen Unterschiede zwischen christlichem Glauben und weltlichen Ratgebern. Unser Menschenbild ist realistischer. Wir erkennen unsere Grenzen, und Jesus Christus lehrt uns auf heilsame Art, damit umzugehen. Ich bekomme zu meiner Schuld und den Schuldgefühlen nicht auch noch die Arbeit aufgebürdet, mich davon befreien zu müssen. Das Wichtigste: Dass wir als Menschen so angenommen und geliebt werden wie wir sind, das bekommen wir geschenkt. Das ist ein großer Unterschied, und er macht sich bemerkbar in einer Welt, die zunehmend kälter wird. In der die Schwächeren nicht mithalten können und die Sieger von gestern morgen schon Verlierer sein können.
Wir leben in einer Welt, in der viel nach Leistung und Erfolg bewertet wird. Da tut es gut zu wissen: Wir haben einen ganz anderen Boden auf dem wir stehen. Gott liebt uns, unabhängig davon, ob wir etwas leisten können oder Erfolg haben.
Die Verbundenheit mit Christus
Einen weiteren Aspekt hat Jesus selbst angesprochen. Wir sind mit ihm verbunden wie Reben mit einem Weinstock. Von ihm bekommen wir unsere Kraft. Nicht aus uns selbst. Mit ihm sind wir verbunden – auch in schwierigen Zeiten, auch wenn etwas schief geht. Er ist immer noch bei uns, auch wenn keiner mehr da ist, der uns hält. Daraus schöpfen wir unsere Kraft.
Unser Umgang miteinander
Das verändert auch unseren Umgang miteinander. Die Liebe, die wir von Gott und durch Jesus Christus erfahren, die macht es auch möglich, dass wir andere lieben. Denn schließlich sind auch die anderen von Jesus geliebt. Auch sie sind Reben am Weinstock. Und gemeinsam bringen wir Frucht. Das verändert meinen Blickwinkel gewaltig. Ich kann in meinen Mitmenschen mehr sehen als das, was ich gerade vor Augen habe. Denn schließlich gibt es ja auch in einer Kirchengemeinde Menschen, mit denen es sich einfacher umgehen lässt und Menschen, die Mühe machen. Wenn ich sie aber genau wie mich selbst als von Gott geliebte Personen achte, dann bewahrt mich das vor Überheblichkeit. Ich kann dann nicht davon ausgehen, dass meine Rebe die einzig wahre Frucht ist, die dieser Weinstock bringt. Und ich lerne auch die Früchte der anderen zu schätzen und zu achten. Ich lerne Geduld zu haben. Wer weiß, was Gott mit jedem von uns noch vor hat – welchen Reifegrad wir noch erreichen. Und manche saure Traube entwickelt mit Hilfe von ein wenig Wärme überraschende Süße.
Das waren lediglich ein paar Gesichtspunkte, in denen sich meiner Meinung nach christlicher Glaube deutlich von anderen Auffassungen unterscheidet. Die Verbindung mit Christus verändert unser Menschenbild. Sie schafft neue Möglichkeiten, miteinander umzugehen Das heißt nicht, dass in einer Gemeinde immer Friede und Freude herrscht. Ein liebevolles Miteinander schließt ja Kritik und Diskussionen nicht aus. Aber wir wissen doch: Jede und jeder von uns gehört zu Jesus Christus, und nur gemeinsam sind wir mit ihm verbunden und bringen Frucht. Auf diese Weise haben die ersten Christen die Verfolgungen ihrer Zeit überstanden. So haben sie in Russland ihren Glauben weitergegeben. In heimlichen Versammlungen, mit versteckten Bibeln und Gebetsbüchern. Auf diese Weise werden wir auch mit der Gleichgültigkeit und der scheinbaren Beliebigkeit der Sinnangebote umgehen können. Denn nicht aus uns kommt diese Kraft und diese Liebe, sondern von Jesus Christus.
Amen.