Gottes Ja zu dieser Welt und seinen Menschen

Gottes Ja seiner Liebe zu seinen Menschen spricht das Nein gegen alles, was diese Liebe angreift

Predigttext: 2.Korinther 1,18-22
Kirche / Ort: Schornsheim/Udenheim (Rheinhessen)
Datum: 18.12.2005
Kirchenjahr: 4. Sonntag im Advent
Autor/in: Pfarrer Kurt-Rainer Klein

Predigttext: 2.Korinther 1,18-22 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)

18 Gott ist mein Zeuge, daß unser Wort an euch nicht Ja und Nein zugleich ist. 19 Denn der Sohn Gottes, Jesus Christus, der unter euch durch uns gepredigt worden ist, durch mich und Silvanus und Timotheus, der war nicht Ja und Nein, sondern es war Ja in ihm. 20 Denn auf alle Gottesverheißungen ist in ihm das Ja; darum sprechen wir auch durch ihn das Amen, Gott zum Lobe. 21 Gott ist's aber, der uns fest macht samt euch in Christus und uns gesalbt 22 und versiegelt und in unsre Herzen als Unterpfand den Geist gegeben hat.

Vorbemerkungen

V18-22 stehen in dem Abschnitt, in dem Paulus seine Reisepläne bekannt gibt. Die Korinther üben aufgrund der Reiseplanänderung des Paulus massive Kritik an ihm. Sie werfen ihm Unzuverlässigkeit vor: Es sage zugleich Ja und Nein! Paulus verteidigt sich im Blick auf Christus, in dem Gott sein eindeutiges Ja gesprochen und alle Verheißungen erfüllt hat. Für Paulus selbst bedeutet das kurz und bündig: Wer in Christus ist, ist zuverlässig, weil Jesus Christus das klare Ja Gottes ist. Dieses Ja Gottes verleiht einen festen Stand. Das gilt dem Paulus wie den Gemeindegliedern in Korinth. Die Festigkeit hat ihren Grund in Christus, nicht im eigenen Tun und Trachten. Da Paulus in der Nachfolge Christi lebt, steht über seinen Worten und Taten dieses eindeutige Ja Gottes, das im Geiste im Herzen gegenwärtig ist. Die Predigt thematisiert das "Ja oder/und Nein". In der Kompliziertheit des Lebens ist es nicht immer einfach und eindeutig, Ja oder Nein zu sagen bzw. danach zu handeln. Das Ja Gottes in Christus, das Ja der Liebe mag uns eine Orientierung sein und einen festen Standpunkt geben. In der Adventszeit kann uns das zu Bewusstsein kommen, was es bedeutet, wenn Liebe unser Handeln prägt und das Ja zum Leben darin Gestalt annimmt.

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Ja oder Nein?

Was fällt uns schwerer zu sagen: Ja oder Nein? Das kann man nicht so pauschal beantworten. Kommt drauf an. Auf die Situation – auf die Sache, um die es geht – auf die Folgen, die daraus erwachsen. Manches voreilig gesprochene Ja kann uns arg in Bedrängnis bringen. “Ja tu, was du nicht lassen kannst, mach, was du willst!” Ein böses Erwachen kann das geben, wenn die Folgen ersichtlich werden. Da ist das Ja zwar der Weg des geringsten Widerstandes gegangen, ein Nein hätte mehr Kraft und Überwindung gekostet, doch vielleicht wäre ein Nein auf längere Sicht hin das Bewahrendere gewesen. Manches Nein macht aber auch Möglichkeiten zunichte, die ungenutzt bleiben müssen. “Nein, lass die Finger davon, du schaffst das doch nicht.” Und was hätte daraus werden können?! Das Nein, ängstlich darauf bedacht, das Missgeschick zu vermeiden, hat die Chance zum Besseren nicht genutzt. Ein Ja wäre vielleicht gewinnbringender gewesen. Ja oder Nein – wenn die Antwort immer so einfach wäre, wir wären froh darum.

Jemand hat zugesagt, auf einen Besuch zu kommen. Wir haben uns darauf eingestellt, Vorbereitungen getroffen und wir wollen uns Zeit nehmen für den angesagten Gast. Die Vorfreude ist da, wir sind in der Erwartung, aber der Angesagte bleibt aus. Aus einem Ja ist ein Nein geworden. Wie ärgerlich nach all unserer Vorfreude und Erwartung. Was halten wir von dem, der uns versetzt hat? Wir hatten seinem Ja geglaubt, seine Zusage ernst genommen, sein Wort für bare Münze gehalten. Aber umsonst war alle Mühe und Vorbereitung, umsonst alle Vorfreude.

So erging es den Korinthern mit Paulus. Paulus schrieb ihnen von seiner Absicht, sie auf seiner nächsten Reise zu besuchen, die Korinther erwarteten Paulus Ankunft. Aber er blieb aus, denn in der Zwischenzeit hatte er seine Reisepläne geändert. Die Gründe die er gehabt hat, mögen zunächst außer Acht bleiben. Das hat in Korinth große Kritik an Paulus hervorgerufen. Stimmen werden laut, die ihn der Unzuverlässigkeit bezichtigen. Hat der Apostel allzu leichtfertig Ja gesagt? Ohne sich darüber im Klaren zu sein, was ein Wortbruch für Folgen haben könnte? Ohne abzusehen, wie schnell an seiner Zuverlässigkeit gezweifelt werden könnte? Ohne zu bedenken, dass sein Ruf auf dem Spiel steht, der auch seine Botschaft in Misskredit ziehen könnte? Offenbar hat Paulus nicht mit diesem Echo auf seine Reiseplanänderung gerechnet. Die Korinther gehen ihn hart an.

Advent – das verstehen wir als Ja Gottes zu dieser Welt und seinen Menschen. Wir erwarten in diesen Tagen seine Ankunft. Oder warten wir vergebens und erfahren wir das Ja als Nein? Kommt der Angekündigte, bewahrheitet sich seine Zusage, erfüllt sich die Verheißung: Gott kommt, ja, er kommt! Wenn es uns verborgen bleibt, sehen wir nur ein Nein, ein enttäuschtes Nein, wo er doch ein Ja sein will!

Zusagen

Ja und Nein, Nein und Ja – was gilt, was ist die richtige Antwort? Worauf können wir uns verlassen? Auf das Jawort bei der kirchlichen Trauung? Auf das Ja der Politiker, die Arbeitslosenzahlen in unserem land massiv zu senken? Auf das Ja der Richter, das Recht zur Geltung zu bringen? Ja und Nein – das kann Tore zum Leben öffnen oder auch verschließen, es kann Glück bringen oder auch Unglück heraufführen. Darum wollen wir gewiss sein, dass ein Ja auch ein Ja ist und ein Nein der Eindeutigkeit nicht entbehrt. Wo ein klares Ja gesprochen wird, da klingt auch ein unmissverständlich klares Nein mit: Das Ja zur Liebe in der Zweisamkeit ist ein Nein zur Treulosigkeit. Das Ja zur Arbeit in unserem Land ist ein Nein zum Stellenabbau. Das Ja zur Gerechtigkeit ist ein Nein zum Unrecht. So ist es mit dem Ja Gottes, das er in Christus Jesus eindeutig gesprochen hat! Gottes Ja seiner Liebe zu seinen Menschen spricht das Nein gegen alles, was diese Liebe angreift, sie in Frage stellt, sie auslöschen will.

Wie schwer fällt es uns, dazu ja zu sagen, eindeutig und ohne wenn und aber, nämlich zu der Liebe, wie sie in Christus Mensch geworden ist. Diese Liebe konsequent bejahen, wem gelingt das? Hie und da vielleicht und dann auch wieder nicht, ab und zu und wiederum nicht. Das hätte ja gewaltige Folgen in unserem Zusammenleben, wenn wir das Ja zur Liebe ernsthafter sprechen würden. Mit einem Male würden wir auch konsequenter Nein sagen können. Aber es fällt so schwer, das Ja von dem Nein zu trennen, dass wir es immer wieder durcheinander bringen und am Ende die Welt nicht mehr verstehen. Wir sagen zu vielerlei Jein anstatt Ja oder Nein.

Wir sagen Ja zu frischem, unverdorbenem Fleisch in den Ladentheken, aber Nein zu höheren Preisen, die uns Qualität garantieren. Also sagen wir Jein. Wir sagen Ja zu der Notwendigkeit des Klimaschutzes für unsere Erde, aber Nein, wenn es darum geht, das eigene Auto stehen zu lassen und umweltschonendere Transportmittel oder den Fußweg zu wählen. Also sagen wir Jein. Wir sagen Ja zu der christlichen Botschaft von der Versöhnung, aber Nein, wo wir unserem Nächsten die Hand reichen sollen zum Neuanfang. Also sagen wir Jein. Wir sagen Ja zu Kindern in unserer Gesellschaft, um nicht zu vergreisen, aber Nein, wenn wir im Urlaub das Hotel mit ihnen teilen sollen. Also sagen wir Jein. Wir sagen Ja zum Sparkurs unserer Bundesregierung, um die Finanzen zu sanieren, aber Nein, wenn es uns dabei selbst trifft. Also sagen wir Jein.

Wir ertappen uns selbst in der Undeutlichkeit des Jein. Natürlich haben wir unsere Gründe dafür. Natürlich haben wir unsere Argumente, die ein Jein verteidigen. Natürlich fällt es uns schwer, in der Kompliziertheit des Lebens eindeutig zu sein. Schauen wir auf Gott, der sein Ja zu uns Menschen nicht aus einer momentanen Laune oder Stimmung heraus gesprochen hat. Sein Ja entstammt seiner grundlegenden Liebe, die mehr ist als ein vorüber gehendes Gefühl. Die mehr ist als ein Zeichen von Weichheit. Die mehr ist als “Ja wenn!” Sein Ja, das in der Krippe im Stall zu Bethlehem eindeutig Gestalt gewinnt, ist für uns anschaubar und anfassbar. Hier wird das Ja Gottes zum Leben deutlich, das eine Fülle von Neins zu allem Lebensfeindlichem offenbart. Wir können uns an diesem Ja orientieren. An dem Ja der Liebe, das keine Zweideutigkeiten und kein Jein kennt.

Gottes Ja

Paulus sagt den Korinthern Ja, dann sagt er Nein. “Ich komme, – ich komme nicht!” Die Korinther ziehen seine Zuverlässigkeit in Zweifel. Paulus reagiert, indem er grundlegend Gottes Ja zum Ausdruck bringt. Es geht um mehr, als nur um die Änderung seiner Reisepläne. Mit seinem Hin und Her steht seine persönliche Glaubwürdigkeit als Prediger auf dem Spiel. Niemand nimmt ihm seine Worte ab, wenn er sie durch sein Verhalten Lügen straft. Die eigene Wahrhaftigkeit weist auf die Wahrhaftigkeit Gottes hin. Ob dieser Schluss logisch ist, sei dahingestellt, aber viele denken so. Da steht und fällt die Glaubwürdigkeit Gottes mit meiner Glaubwürdigkeit. Diese Gefahr sieht Paulus bei den Korinthern und will ihnen deutlich machen, dass in Christus Gott nur ein Ja gesprochen hat, nämlich das Ja der Liebe! Und dieses Ja der Liebe ist zum Maßstab seines Denkens und Handelns geworden. Paulus ändert seine Reisepläne, nach Korinth zu kommen, nicht aus Willkür oder einer Laune heraus. Im Gegenteil, dahinter verbirgt sich das Maß der Liebe. Er verschiebt seine Ankunft in Korinth, um die Korinther zu schonen. Sie sollen Zeit zum Nachdenken haben über den Konflikt mit Paulus. Und erst wenn die Wogen geglättet und die Gemüter sich beruhigt haben und ein vernünftiges Reden wieder denkbar ist, will Paulus zu ihnen kommen. Das ist in Liebe gedacht, die dem Ja Gottes in Christus zu den Menschen entspricht.

In der Adventszeit hat das Ja Gottes zunehmend Gestalt angenommen, das vom Geist der Liebe geprägt ist. Möge dieser Geist unsere Herzen entzünden, dass sie brennend Ja sagen zu dem, der uns an Weihnachten zum Staunen bringt.

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