Was hören andere von unserem Glauben?
Die Dankbarkeit für den Glauben in unseren Gemeinden nicht vergessen
Predigttext: Epheser 1,15-20a (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)
15 Darum auch ich, nachdem ich gehört habe von dem Glauben bei euch an den Herrn Jesus und von eurer Liebe zu allen Heiligen, 16 höre ich nicht auf, zu danken für euch, und gedenke euer in meinem Gebet, 17 daß der Gott unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Herrlichkeit, euch gebe den Geist der Weisheit und der Offenbarung, ihn zu erkennen. 18 Und er gebe euch erleuchtete Augen des Herzens, damit ihr erkennt, zu welcher Hoffnung ihr von ihm berufen seid, wie reich die Herrlichkeit seines Erbes für die Heiligen ist 19 und wie überschwenglich groß seine Kraft an uns, die wir glauben, weil die Macht seiner Stärke bei uns wirksam wurde, 20 mit der er in Christus gewirkt hat.Exegetische und homiletische Bemerkungen
„Der Brief an die Epheser“ gehört zu den kleineren Briefen, die dem Apostel Paulus zugeschrieben wurden. Seine Verfasserschaft ist unsicher, aber sollte nicht Paulus selbst der Verfasser sein, so war doch der, der in seinem Namen schrieb, dem Paulus im Geiste verwandt, und der Brief enthält nichts, was nicht „paulinisch“ ist. Der Schreiber befindet sich im Gefängnis (3,1; 4,1; 6,20) und schickt seinen Mitarbeiter Tychikus als Überbringer des Briefes (6,21). Aus dem Brief erfahren wir nur, daß die Empfänger dem Schreiber unbekannt sind. Das Schreiben ähnelt einer persönlich zugeeigneten Meditation, besonders unser Predigtabschnitt, der nichts aus dem konkreten Umfeld von Schreiber oder Empfänger zu erkennen gibt. Dagegen ist das seelsorgerliche Bemühen des Verfassers unverkennbar, das v.15 mit einer captatio benevolentiae beginnt, um dann von Dank in Fürbitte überzugehen. Diese seelsorgerliche Komponente in die Predigt zu übernehmen, ist eine gute Möglichkeit, die konkrete Situation des Einzelnen in der Gemeinde in den Blick zu bekommen, ihn tröstend und stärkend in die neue Woche zu entlassen. Als Prediger/in hat man mit diesem Text eine gute Möglichkeit, das geistliche Leben der Gemeinde zu befördern. Mit den drei Begriffserläuterungen, was die weitere Gotteserkenntnis ist, nämlich 1. das Hoffnungsgut eurer Berufung, 2. der Reichtum der Herrlichkeit seines Erbteils und 3. die überschwängliche Größe seiner Kraft, lassen sich noch einmal Erinnerungen an Weihnachten (Lobpreis der Engel – Anbetung der Könige – Selbstaufforderung der Hirten, zu gehen, um die Geschichte zu sehen) und Epiphanias wachrufen.Predigtteile:
1) Dank für Euren Glauben an Jesus und die Liebe untereinander, 2) Fürbitte, daß dieser Glaube vollkommener werde, 3) Bitte um Erkenntnis mit den „erleuchteten Augen des Herzens“.Liedvorschläge:
„Wie herrlich gibst du, Herr, dich zu erkennen“ (EG 271), „Es wolle Gott uns gnädig sein“ (EG 280).Literatur:
H. Rendtorff, Die kleineren Briefe des Apostels Paulus. Epheserbrief, NTD 8, Göttingen 1955.Liebe Gemeinde!
Was muß eigentlich eine Gemeinde tun, damit andere von ihrem Glauben hören? Das schreibt der Verfasser unseres Predigtabschnittes leider nicht. Er schreibt nur, daß er „von dem Glauben bei euch an den Herrn Jesus und von eurer Liebe zu allen Heiligen“ gehört hat. Auf jeden Fall ist die Gemeinde ihm bekannt geworden durch Hörensagen, nicht durch eigene Anschauung, zum Beispiel durch einen Besuch. Wir hören ja auch manchmal von Gemeinden, weil sie vielleicht eine gute Idee für ein Gemeindefest hatten oder weil sie ihre Kirche wieder instandsetzen ließen oder eine neue Glocke angeschafft haben. Woanders führt man mit großem Erfolg ein biblisches Kindermusical auf. Alle diese Aktivitäten sind ja Ausdruck des Glaubens an Jesus Christus, Ausdruck der Hoffnung, die in uns Christen ist und die sich niederschlägt in der Liebe zu den Menschen. Und, liebe Gemeinde, daß Du jeden Sonntag wieder da bist, ist ein Zeichen Deines unerschütterten Glaubens, daß Du im Gottesdienst Wichtiges für Dein Leben und die kommende Woche erfährst. Deine Anwesenheit ist für mich, die Predigerin, Grund, für Dich zu „danken und euer in meinem Gebet zu gedenken“. So schreibt der Apostel an die Gemeinde. Ich verstehe hier einmal den Brief an die Epheser ohne den großen zeitlichen Abstand von 1500 Jahren, ohne die räumliche Distanz von Mitteleuropa nach Kleinasien. Ich könnte ihn doch auch an meine Gemeinde geschrieben haben. Nur muß ich mich mühen und manche Begriffe deuten. Ich verstehe sie nicht sofort, das geht Ihnen, wahrscheinlich genauso wie mir.
Dank für Euren Glauben an Jesus und die Liebe untereinander
Als erstes schreibt der Apostel vom „Glauben und von der Liebe bei euch und daß er euer im Gebet gedenkt“. Dabei bleibt er aber nicht stehen, und auch ich werde den guten Anfang nutzen, um Euch, meine Gemeinde, weiter zu erbauen – im doppelten Wortsinn.
Fürbitte, daß dieser Glaube vollkommener werde
Im Brief an die Epheser lesen wir: „Der Gott unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Herrlichkeit, gebe euch den Geist der Weisheit und der Offenbarung, ihn zu erkennen“. Damit sagt Paulus den Empfängern des Schreibens: „Ihr habt den Geist der Weisheit und der Offenbarung, Gott zu erkennen, jetzt nicht“. Und er meint auch: „ Ihr habt ihn jedesmal neu zu bekommen, er muß immer wieder gegeben werden, weil Gott immer wieder anders ist und nichts im Leben wiederkommt. Jede Situation ist anders und neu. Daher ist das Gebet um die ständige Geistesgabe so richtig und wichtig“.
Ich würde jetzt Paulus gerne fragen, ob ich ihn da richtig verstehe. Jedenfalls scheint es doch im Leben so zu sein, daß wir die Geistesgabe der Weisheit, die Gabe, die Geister zu scheiden, immer wieder neu erbitten müssen, da die Lebenslagen sich ständig ändern und nichts ewiger Besitz ist.
Bitte um Erkenntnis mit den „erleuchteten Augen des Herzens“
Paulus benennt das christliche Erkenntnisorgan (V.18): das Herz mit seinen erleuchteten Augen. Der französische Schriftsteller Saint-Exupéry läßt den Fuchs zum kleinen Prinzen sagen: „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“.
Das Herz ist das Organ, das wir am meisten mit Gefühl, mit Liebe, in Verbindung bringen. Viele Redewendungen belegen das: Ich hab’ mein Herz verloren – das liegt mir am Herzen – das macht mein Herz schwer… Und nun hat das Herz sogar erleuchtete Augen! Damit kann es noch besser sehen. Solch ein Herz erbittet der Apostel für die Gemeinde in Ephesus. Sie soll nämlich dreierlei erkennen:
– zu welcher Hoffnung sie von Gott berufen ist,
– wie reich die Herrlichkeit seines Erbes für die Gläubigen ist, und
– wie überschwänglich groß seine Kraft an den Gläubigen wirksam wurde.
Wenn ich das lese, muß ich nochmal an Weihnachten denken, an die „Geschichte, die da geschehen ist, die der Herr kundgetan hat“. Den Menschen, die geglaubt haben, ist Weihnachten aufgegangen: Maria und Josef, den Hirten, den Weisen. Diese Menschen mußten erleuchtete Augen des Herzens haben, sonst hätten sie niemals in dem armen Krippenkind den Heiland der Welt erkennen können. Wie auch später die Gläubigen aller Zeiten gegen das glauben mußten, was sie sahen mit ihren (normalen) Augen. Denn die Weisheit Gottes ist anders als unsere menschliche Weisheit. Darum müssen wir bis heute um die Gotteserkenntnis bitten, weil wir diese von Natur aus nicht haben.
Daß der Briefschreiber (sei es Paulus oder ein vollmächtig in seinem Namen Schreibender) diesen Dienst an den Christen in Ephesus tat, ist uns Vorbild und lädt zur Nachahmung ein. Auch wir wollen danken für den Glauben in unseren Gemeinden und Gott bitten, daß er ihn erhalte und immer neue Erkenntnis des göttlichen Wirkens in der Welt schenke!
Amen.