GOTT will das Helle stärken
Es gibt viel Böses auf der Welt, viel, was uns Angst macht in und um uns herum, aber Gott will, dass unser Leben nicht im Dunkel versinkt
Predigttext: 1.Johannes 1,5 – 2,6
Das Wesen Gottes: 1,5-7 5 Das ist die Botschaft, die wir von ihm gehört haben und euch verkünden: Gott ist Licht, und keine Finsternis ist in ihm. 6 Wenn wir sagen, daß wir Gemeinschaft mit ihm haben, und doch in der Finsternis leben, lügen wir und tun nicht die Wahrheit. 7 Wenn wir aber im Licht leben, wie er im Licht ist, haben wir Gemeinschaft miteinander, und das Blut seines Sohnes Jesus reinigt uns von aller Sünde. Christ und Sünde: 1,8 - 2,2 8 Wenn wir sagen, daß wir keine Sünde haben, führen wir uns selbst in die Irre, und die Wahrheit ist nicht in uns. 9 Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist er treu und gerecht; er vergibt uns die Sünden und reinigt uns von allem Unrecht. 10 Wenn wir sagen, daß wir nicht gesündigt haben, machen wir ihn zum Lügner, und sein Wort ist nicht in uns. 2, 1 Meine Kinder, ich schreibe euch dies, damit ihr nicht sündigt. Wenn aber einer sündigt, haben wir einen Beistand beim Vater: Jesus Christus, den Gerechten. 2 Er ist die Sühne für unsere Sünden, aber nicht nur für unsere Sünden, sondern auch für die der ganzen Welt. Wahre Gotteserkenntnis: 2,3-6 3 Wenn wir seine Gebote halten, erkennen wir, daß wir ihn erkannt haben. 4 Wer sagt: Ich habe ihn erkannt!, aber seine Gebote nicht hält, ist ein Lügner, und die Wahrheit ist nicht in ihm. 5 Wer sich aber an sein Wort hält, in dem ist die Gottesliebe wahrhaft vollendet. Wir erkennen daran, daß wir in ihm sind. 6 Wer sagt, daß er in ihm bleibt, muß auch leben, wie er gelebt hat.Foto: Blick in die Kirche
I. Sechs Wochen haben mich nun diese Bilder begleitet. Als Objekte, die aufgehängt werden mussten, als Freunde, die mich freundlich begleitet haben, als Gruß und Fenster zu einem Menschen, dem Künstler Ben Willikens und Franz Hitzler hin, als eigene Lebewesen, die mir etwas erzählen von sich und in mir eine Saite anschwingen lassen. 6 Wochen haben uns die Bilder begleitet. In den Gottesdiensten, in den Stunden der Ausstellungsöffnung. Und heute, zum Ende der Ausstellung, da will ich sie er-schauen, er-lesen. Denn sie sind Texte aus Formen und Farben wie ich auch ein Text bin aus Geschichten und Geschichte. Und ich will diese Bilder ins Gespräch bringen mit dem Urtext der Christen, der Bibel.
II. Wenn ich die Bilder von Ben Willikens anschaue, dann sehe ich Räume. An Anfang an: Räume. Menschenleere Räume. Gegenstände erzählen davon, wer da lebt. Die Bilder erzählen von den Menschen und der Welt. Der Künstler sagte einmal: „Solange Menschen atmen, werden sie Bilder brauchen als Gleichnisse ihrer Existenz“. Aber welches Bild entwirft Ben Willikens von der Welt und dem Menschen? In den frühen Bildern ist es eine Welt wie eine Anstalt und der Mensch als Insasse. Es ist eine Welt voller Beziehungslosigkeit und Anonymität. Da finden sich Lazarette und Heime, Hundeasyle und Bahnhöfe. Jeder Weg nach außen ist verschlossen. Und mir fällt ein, dass er einmal von sich erzählt hat: „Die Erinnerung, dass ein sechsjähriger beim Bombenangriff auf Leipzig im Keller seines Elternhauses war und am nächsten Morgen bei klirrender Kälte durch die zerbombte Stadt irrte, Phosphorleichen lagen unter den rauchenden Trümmern, und der Tag wurde nicht hell. Es war am Tage Nacht, und das Weiß des Schnees wurde unter dem Schwarz des Brandstaubes begraben. Die Welt der Zerstörung.“
Das sind zutiefst ehrliche Bilder. Bilder, die nicht ausweichen, Bilder, an denen Ben Willikens seine inneren Verletzungen, seine – heute würde man sagen: Traumata – abarbeitet. Es ist ein heilender, ein heilsamer Prozess. Alle seine Bilder sind ist grau. Aber Ben Willikens mischt dieses Grau nicht aus weiß und schwarz, sondern aus allen Farben zusammen. Für ihn ist Grau eine Metapher für Asche, für die Vernichtung aber auch für Reinigung und einen neuen Anfang.
Was ist die Welt? Was ist der Mensch in seiner Welt? Die Wiederaufbaujahre, die Wirtschaftwunderwelt versuchte , Antworten zu geben. Nach dem Hunger des Weltkriegs endlich satt zu essen haben. Nach Verschleppung und Vertreibung, massenhafter Deportation endlich die Freiheit, im Urlaub selbstbestimmt Italien zu besuchen. Was ist die Welt? Was ist der Mensch? Ben Willikens schaut genauer hin. Der Mensch in der Konsumwelt: auch er gefangen. Gefangen in Betonwüsten, gefangen im Zwang, immer mehr haben zu müssen. Nein, das ist Ben Willikens zu wenig, zu billig. Die Welt als Anstalt, der Mensch als Insasse.
Und dann – malt er seine großes Bild, seine Paraphrase des Abendmahls. Agressiv – nihilistisch war das Bild laut Willikens gedacht. Aber es wird zu einem Bild des Übergangs. Seit dem Abendmahlsbild malt er Räume, die wieder hoffen lassen. Räume mit Fenstern. Ich bin nicht länger eingeschlossen, ich kann rausschauen. Da sind Türen zum reingehen, zum rausgehen. Der Mensch – nicht länger gefangen. Die klaustrophobische Stimmung der Anstaltsbilder ist einer meditativen Ruhe gewichen. Trugen die Bilder früher Titel wie ‚Anstalt’, nun werden die Räume durchnummeriert.
Foto: Bilder von Ben Willikens
Lassen Sie einfach die Augen spazieren gehen in den Bildern und freuen Sie sich an der Freiheit
III. Ganz anders, größer kann der Gegensatz kaum sein. Die Bilder von Franz Hitzler. Farben krachen, explodieren, Linien laufen über das Bild. Da ist richtig was los auf der Leinwand! Köpfe tauchen auf. Dämonische, schreckliche Köpfe. Fratzen. Die Zähne sind geflescht. Diese Bilder – man spürt es – können verstören. Erschrecken. Die Schlange. Ihr Maul weit geöffnet. Bereit, zuzubeißen.
Foto: Bilder von Franz Hitzler
Ein Artikel über Franz Hitzler ist überschrieben: ‚In die Angst hineingehen’. Ja – da gibt ein Künstler seinen Ängsten eine Gestalt. Er malt sich nicht drumrum. Er zeigt sie. Er zeigt etwas von sich. Er verdrängt nicht, er verschweigt nicht, er geht mit seinen Bildern in die Angst hinein. Und indem er sie zeigt, bannt er sie zugleich. Er holt die Angst, die inneren Dämonen aus sich heraus. Sie können ihre vergiftende Wirkung nicht mehr unbemerkt entfalten. Ich bin dem Schrecken nicht mehr nur ausgeliefert. Indem er sie nach außen auf die Leinwand malt, kann er sie befragen, werden sie zum Gegenüber, und er, Franz Hitzler, wird frei, auch dem Anderen Raum zu geben. Warme, wärmende Farben. Heilende Formen. Die Samenform des neuen Anfangs. Die Form der Höhle, in der ich mich bergen kann. Die Uteralform, Ort des neuen, beginnenden Lebens.
Größer kann der Gegensatz kaum sein. Ben Willikens ruhige, graue Räume. Franz Hitzlers explodierende, dynamische Bilder. Und doch zutiefst verwandt. Da ist nichts Belangloses. Die Bilder sind zutiefst verwandt in ihrer Ehrlichkeit. In ihrer Gradlinigkeit. In ihrer Treue, den eignen, inneren und künstlerischen Weg zu gehen.
Was ist der Mensch? Hin- und hergerissen zwischen seinen Ängsten, den inneren Dämonen, und der immer wieder neuen Chance auf Heilung und Neubeginn.
IV. Nachdem wir die Bilder ein wenig erschaut, er – lesen haben, will ich mit Ihnen auf die Botschaft der Bibel für diesen Tag hören. Der vorgeschlagene Predigttext bietet Stoff für viele Predigten, deshalb will ich heute zwei Dinge festhalten: Auf die Frage: wer ist Gott? Und was bedeutet das für uns?, sagt der Schreiber des 1. Johannesbriefes: Gott ist Licht. Ängste und Schrecken in euch machen es dunkel, es schaut finster aus, um mit dem Sprichwort zu reden. Aber das will Gott nicht. Er ist lauter Licht, reines Licht. Gott will, dass das Menschenleben nicht im Dunkel versinkt, Gott will uns anstecken mit Helligkeit. Mit Licht. Und ich schaue auf die Bilder von Ben Willikens. Ein Maler des Lichts. Er will uns anstecken mit Wärme. Und Heil. Und Heilung. Und ich schaue auf die Bilder von Franz Hitzler. Gott ist Licht. Ja – es gibt viel Böses auf der Welt, viel, was uns Angst macht. In uns. Und um uns herum. Aber Gott will das Helle stärken. Und das Heilende segnen. Davon bin ich zutiefst überzeugt.
Wir haben den letzten Tag der Ausstellung. Ich denke zurück an den ersten Tag und die Vernissage. Berührt hat mich, was Bernd Petri als Vertreter der Künstler sagte: „ Wehr-Öflingen und das Projekt seien ihm deshalb so wichtig, weil er so immer wieder im Getriebe des Kunstmarktes und den Egoismen des Kunstbetriebs daran erinnert wird, dass es nicht nur ihn gibt. Die Johannesbriefe sind voll von der immer gleichen Aussage, wer und wie Gott ist: Gott ist Liebe. Menschen im Kraftfeld Gottes können gar nicht anders, als ein waches Augen haben auf die Menschen um sie herum. Und da schließt sich der Kreis. Gott ist Liebe. Und wir halten seine Gebote, wenn wir uns untereinander lieben und helfen. Der Predigttext ruft uns auf zur Gemeinschaft. Zur Nächstenliebe. Zum gegenseitigen Miteinander und gegenseitigem Helfen. Und die Ausstellung spricht laut und deutlich: Unsere Freunde im Haus der Diakonie gehören zu uns. Ihre Bilder gehören zu uns. Die Menschen und ihre Bilder haben unter uns einen guten Platz. Wo uns das gelingt, da fällt ein Strahl vom Licht Gottes auf uns und erhellt ein wenig unsre Welt.
Amen