Über die Hoffnung miteinander ins Gespräch kommen
Über das einem Wichtigste im Leben zu reden, fällt nicht immer leicht
Predigttext: 1Petrus 3,8-17 (Übersetzung nach Martin Luther, revidierte Fassung 1984)
8 Endlich aber seid allesamt gleichgesinnt, mitleidig, brüderlich, barmherzig, demütig. 9 Vergeltet nicht Böses mit Bösem oder Scheltwort mit Scheltwort, sondern segnet vielmehr, weil ihr dazu berufen seid, daß ihr den Segen ererbt. 10 Denn »wer das Leben lieben und gute Tage sehen will, der hüte seine Zunge, daß sie nichts Böses rede, und seine Lippen, daß sie nicht betrügen. 11 Er wende sich ab vom Bösen und tue Gutes; er suche Frieden und jage ihm nach. 12 Denn die Augen des Herrn sehen auf die Gerechten, und seine Ohren hören auf ihr Gebet; das Angesicht des Herrn aber steht wider die, die Böses tun«. 13 Und wer ist's, der euch schaden könnte, wenn ihr dem Guten nacheifert? 14 Und wenn ihr auch leidet um der Gerechtigkeit willen, so seid ihr doch selig. Fürchtet euch nicht vor ihrem Drohen und erschreckt nicht; 15 heiligt aber den Herrn Christus in euren Herzen. Seid allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist, 16 und das mit Sanftmut und Gottesfurcht, und habt ein gutes Gewissen, damit die, die euch verleumden, zuschanden werden, wenn sie euren guten Wandel in Christus schmähen. 17 Denn es ist besser, wenn es Gottes Wille ist, daß ihr um guter Taten willen leidet als um böser Taten willen.Exegetische Bemerkungen
Zur Textaufteilung
Die Verse 3,8-12 sind der letzte Teil der Haustafel, die 2,18 beginnt. Sie beinhalten Mahnungen an Sklaven, Männer und Frauen, eigentlich an die ganze christliche Gemeinde, wie sich ein Christ im Alltag verhalten soll. Sie entsprechen dem Verhaltenskodex der antiken Welt und ihren Weisheitslehren. Die Verse 3,13-17 sind als Anrede an neugetaufte Christen gestaltet. Marxsen nennt sie „Manifest“. Der Verfasser will unter Bezugnahme auf die Taufe (1,1) die Christen zum Durchhalten in ihren Bedrängnissen ermuntern, die Bereitschaft zum Leiden wecken, zur Verantwortung gegenüber Nichtchristen und zur Zeugnisbereitschaft.Die Leser oder Hörer
Das Schreiben ist an die Christen Kleinasiens überhaupt gerichtet. Dort ist heidenchristlicher Hintergrund anzunehmen. Das Schreiben oder die Predigt kann man sich im Rahmen eines Taufgedächtnisses an die Christen als Glieder des wahren Gottesvolkes gerichtet vorstellen.Zweck und literarischer Charakter
Es ist ein Trost- und Ermahnungsschreiben, in Bedrängnissen durchzuhalten. Es gab offenbar Verleumdungen von seiten der heidnischen Bevölkerung, die zu Anklagen vor Gericht geführt hatten. Das seelsorgerliche Bemühen des Verfassers ist nicht zu übersehen.Verfasser
Kap 1,1 stellt sich der Apostel Petrus als Verfasser vor. Die Exegeten nennen vier ernstzunehmende Gründe gegen die Verfasserschaft des Petrus. 1. Der Brief ist in einem gepflegten Griechisch geschrieben, was man dem einfachen Fischer Petrus nicht zutraut. 2. Der Brief setzt paulinische Theologie voraus, die nach den harten Auseinandersetzungen um das Apostolat des Paulus zwischen ihm und Petrus in Jeruaselm undenkbar für eine Verfasserschaft des Petrus sind. 3. Das Schreiben enthält keinerlei Hinweise auf die Bekanntschaft mit dem irdischen Jesus. 4. Im Brief ist eine globale Verfolgungssituation der Christen vorausgesetzt. Die hat es erstmals unter Domitian, der von 81-96n.Chr. regiert hat, gegeben. Sollte Petrus da noch gelebt haben? Der Verfasser nimmt aber die Autorität des Petrus für sein Anliegen, zu trösten und zum Durchhalten zu ermuntern, in Anspruch. Das war in der Antike durchaus üblich und nicht illegal, ja wurde sogar als Reverenz dem Genannten gegenüber gesehen.Abfassungsort und –zeit
Man nimmt an, daß das Schreiben in Rom in der Regierungszeit Domitians entstanden ist. Literatur: W. Marxsen, Einleitung in das NT, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 1963.Zur Predigt
Man kann diesen Brief als Schreiben eines Gemeindeseelsorgers lesen, der die Christen im Hinblick auf ihre Taufe ermutigen will, in den Bedrängnissen durchzuhalten, ihren christlichen Glauben nicht aufzugeben. Es kann eine Anrede an gerade getaufte Christen sein, ein „Manifest“, was noch einmal zusammenfaßt, was ein Christenleben ausmacht, in Trost und Zuspruch, aber auch an Forderung in der Lebensführung, Gesetz und Evangelium in kleiner Münze, zubereitet für den Alltag eines Christen in der konkreten Situation einer Minderheit im römischen Reich. Das halte ich für einen heute fruchtbar zu machenden Ansatz in der Verkündigung in eine konkrete Gemeinde hinein. Allerdings liegen 1900 Jahre zwischen der Abfassung und unserer Zeit heute. Zudem bestehen ja auch unsere Gemeinden aus Menschen, deren Taufe schon länger zurückliegen. Das sind die Schwierigkeiten. Dagegen ist die Ermutigung zum Durchhalten durchaus auch bei schon länger Getauften nötig und sinnvoll. Die Bedrückungssituation in Sachsen ergibt sich aus dem Minderheitendasein der Christen (20% der Bevölkerung bezeichnen sich als Christen). Der politisch-staatliche Druck ist zum Glück seit der Wende 1989/90 beendet, obgleich bei den älteren Gemeindegliedern noch Phantom-Schmerzen da sind. Ich kann mir die Vergegenwärtigung des Predigtabschnittes 1Petr3,8-17 als meinen Brief an eine vor einem Jahr getaufte junge Frau vorstellen.Liebe Sabine!
Vor einem Jahr haben wir uns jede Woche zusammengesetzt und sind vieles Interessante und Wissenswerte aus dem christlichen Leben und der Geschichte der Kirche durchgegangen. Als krönender Abschluß der Unterweisung stand die Taufe im Advent.
Wie geht’s Ihnen inzwischen im Beruf mit Ihren Kolleginnen im Kindergarten, mit Ihren Verwandten in der Familie, mit Ihren Freunden und Bekannten? Ich kann mir vorstellen, daß doch mancher staunt über Ihren Weg und vielleicht sogar Unverständnis oder gar Spott äußert. Immerhin leben wir ja in einer atheistischen Umwelt. Zwölf Jahre Hitler und vierzig Jahre DDR haben vielen Menschen das Christsein ausgetrieben. Sie machten mir immer so einen lieben freundlichen Eindruck, daß ich denke, Sie sind von Natur aus fähig, den Mahnungen der christlichen Nächstenliebe, wie wir sie an einigen Stellen im Neuen Testament lesen, nachzukommen.
So stehen z.B. im 1.Petrusbrief solche Anweisungen, wie Christen leben sollen, welche Haltungen zu einem christlichen Leben gehören. Nebenbei bemerkt: Dieser Brief kann aus verschiedenen Gründen philologischer und historischer Art nicht vom Apostel Petrus stammen, aber der Verfasser nimmt dessen Autorität in Anspruch, um seiner Predigt mehr Nachdruck zu verleihen. Lesen Sie, was da steht.
(Lesung des Predigttextes)
Dem nachzukommen, was die Verse 8-12 sagen, wird Ihnen nicht schwerfallen.
8 Endlich aber seid allesamt gleichgesinnt, mitleidig, brüderlich, barmherzig, demütig.
9 Vergeltet nicht Böses mit Bösem oder Scheltwort mit Scheltwort, sondern segnet vielmehr, weil ihr dazu berufen seid, daß ihr den Segen ererbt.
10 Denn »wer das Leben lieben und gute Tage sehen will, der hüte seine Zunge, daß sie nichts Böses rede, und seine Lippen, daß sie nicht betrügen.
11 Er wende sich ab vom Bösen und tue Gutes; er suche Frieden und jage ihm nach.
12 Denn die Augen des Herrn sehen auf die Gerechten, und seine Ohren hören auf ihr Gebet; das Angesicht des Herrn aber steht wider die, die Böses tun«.
Das haben Sie schon in Ihrer Gemütsart drin. Vielleicht hat sie sogar gerade das zum Christsein geführt, daß die Taufe „nur“ noch die logische Konsequenz war. Da sind für uns mal die Verse 13-17 umso wichtiger.
13 Und wer ist’s, der euch schaden könnte, wenn ihr dem Guten nacheifert?
14 Und wenn ihr auch leidet um der Gerechtigkeit willen, so seid ihr doch selig. Fürchtet euch nicht vor ihrem Drohen und erschreckt nicht;
15 heiligt aber den Herrn Christus in euren Herzen. Seid allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist,
16 und das mit Sanftmut und Gottesfurcht, und habt ein gutes Gewissen, damit die, die euch verleumden, zuschanden werden, wenn sie euren guten Wandel in Christus schmähen.
17 Denn es ist besser, wenn es Gottes Wille ist, daß ihr um guter Taten willen leidet als um böser Taten willen.
Haben Sie solche Situationen schon erlebt, daß Sie Angriffe wegen Ihres Christseins erdulden mußten? Wenn nicht, umso besser. Da können wir gleich zum Vers 15b übergehen:
„Seid allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist.“
Manchmal gibt’s ja Situationen, in denen es einem schwerfällt, über das zu reden, was einem das wichtigste im Leben ist, über das Fundament, über das, was einem heilig ist. Vielleicht weil man sich überrumpelt fühlt, weil die Worte fehlen, weil die Frager einem nicht sympathisch sind. Aber oft sind gerade solche Situationen einmalige Gelegenheiten, sich näherzukommen. Meistens werden die Fragen, nach dem was unsere christliche Hoffnung ist, auch aus existentiellem Interesse gestellt. Wie werde ich antworten auf die Frage nach dem, was mein Leben trägt, was meine Hoffnung ist?
Meine Hoffnung und meine Zuversicht setze ich auf Gott. Er hat meinen Lebensplan aufgestellt. Es wird sich alles so entwickeln, wie er es vorgesehen hat. In Jesus Christus hat Gott ein Gesicht bekommen, ist eine Person geworden, an der ich ablesen kann, wie Gott zu uns Menschen steht. Daß er kein namenloser Schrecken ist, sondern sich in Liebe uns Menschen zuwendet. Auf diese Liebe hoffe und baue ich, gerade wenn ich dazu selber nicht imstande bin, sie zu leben. Von der Taufe lebe ich, daß Gott auch mich als sein Kind angenommen hat. Soweit erst mal, was ich in Kurzfassung zu meiner Hoffnung sagen könnte.
Sicher ist es lohnend, daß wir uns austauschen über die Hoffnung, die in uns ist. Ich freue mich auf die nächsten Begegnungen mit Ihnen. Sie dürfen gerne noch andere mitbringen. Mit freundlichen Grüßen in der Verbundenheit des gemeinsamen Glaubens
Ihre Pfarrerin Ursula Bürger.