Plötzlich kommt da etwas ins Fließen
Es gut, wenn wir wissen, wo wirkliches Glück und ein tragfähiger Boden zu finden sind
Predigttext: Apostelgeschichte 8, 26 - 39 (Übersetzung Revidierte Lutherbibel, 1984, 1985 DBG)
Der Kämmerer aus Äthiopien 26 Aber der Engel des Herrn redete zu Philippus und sprach: Steh auf und geh nach Süden auf die Straße, die von Jerusalem nach Gaza hinabführt und öde ist. 27 Und er stand auf und ging hin. Und siehe, ein Mann aus Äthiopien, ein Kämmerer und Mächtiger am Hof der Kandake, der Königin von Äthiopien, welcher ihren ganzen Schatz verwaltete, der war nach Jerusalem gekommen, um anzubeten. 28 Nun zog er wieder heim und saß auf seinem Wagen und las den Propheten Jesaja. 29 Der Geist aber sprach zu Philippus: Geh hin und halte dich zu diesem Wagen! 30 Da lief Philippus hin und hörte, dass er den Propheten Jesaja las, und fragte: Verstehst du auch, was du liest? 31 Er aber sprach: Wie kann ich, wenn mich nicht jemand anleitet? Und er bat Philippus, aufzusteigen und sich zu ihm zu setzen. 32 Der Inhalt aber der Schrift, die er las, war dieser (Jesaja 53,7-8): »Wie ein Schaf, das zur Schlachtung geführt wird, und wie ein Lamm, das vor seinem Scherer verstummt, so tut er seinen Mund nicht auf. 33 In seiner Erniedrigung wurde sein Urteil aufgehoben. Wer kann seine Nachkommen aufzählen? Denn sein Leben wird von der Erde weggenommen.« 34 Da antwortete der Kämmerer dem Philippus und sprach: Ich bitte dich, von wem redet der Prophet das, von sich selber oder von jemand anderem? 35 Philippus aber tat seinen Mund auf und fing mit diesem Wort der Schrift an und predigte ihm das Evangelium von Jesus. 36 Und als sie auf der Straße dahinfuhren, kamen sie an ein Wasser. Da sprach der Kämmerer: Siehe, da ist Wasser; was hindert's, dass ich mich taufen lasse? 37 findet sich erst in der späteren Überlieferung: »Philippus aber sprach: Wenn du von ganzem Herzen glaubst, so kann es geschehen. Er aber antwortete und sprach: Ich glaube, dass Jesus Christus Gottes Sohn ist.« 38 Und er ließ den Wagen halten, und beide stiegen in das Wasser hinab, Philippus und der Kämmerer, und er taufte ihn. 39 Als sie aber aus dem Wasser heraufstiegen, entrückte der Geist des Herrn den Philippus, und der Kämmerer sah ihn nicht mehr; er zog aber seine Straße fröhlich.Vorüberlegungen
V. 27: „eunuchos“: Eunuch konnte, so das Exegetische Wörterbuch zum NT, auch als Synonym für „hoher Beamter“ stehen. Da allerdings als Stellenbezeichnung dynastes im Anschluss genannt wird, plädiert das Exegetische Wörterbuch für eine wörtliche Auslegung von Eunuch. Dem schließe ich mich an, da ich hier eine Verbindung zum hermeneutischen Verständnis des Äthiopiers zu der von ihm gelesenen Jesajastelle sehe. Das Exegetische Wörterbuch merkt zu Eunuchen Folgendes an: „In der gesamten antiken Gesellschaft gehörten die Eunuchen in der Mehrheit zu den am meisten verachteten und verspotteten Menschengruppen; in der Regel waren sie von Menschenhand verstümmelte Sklaven… Auch im Bereich des Judentums zählten die Eunuchen zur entrechteten Kaste: Sie konnten im Synedrium und im Kriminalgericht Sitz und Stimme nicht erlangen“. Nach C. Möller, GPM, S. 328 konnte ein Verschnittener auch nicht den Tempel besuchen. Er beruft sich auf die Stelle im Deuteronomium 23, 2: Kein Entmannter oder Verschnittener soll in die Gemeinde des HERRN kommen. ( Jes 56, 3-4; Apg 8, 27) Das bedeutet, dass der Kämmerer aus Äthiopien die weite Reise nach Jerusalem machte, um sich niederzuwerfen bzw. anzubeten, und der Zutritt zum Tempel wurde ihm verwehrt. Hier tritt dem Kämmerer eine strenge Auslegung der Gesetze entgegen, die stark die kultische Reinheit betont. Interessant wäre eventuell der Gedanke, wen wir heute in der Kirche „ausschließen“, weil sie unseren Vorstellungen von kultischer Angemessenheit nicht entsprechen. Der Kämmerer erwirbt eine Buchrolle des Jesaja und liest auf der Rückreise laut darin. Philippus erklärt ihm eine Stelle eines Gottesknechtsliedes (Jesaja 53), die er auf Jesus Christus bezieht. Zentral dabei finde ich den Satz: In seiner Erniedrigung wurde das Urteil aufgehoben. In Verbindung mit der Passions- und Auferstehungsgeschichte Christi bedeutet das für den Kämmerer und für uns heute, dass in den dunklen Erfahrungen des Lebens ein Ansatz für eine neue Verheißung liegt. „Zufällig“ ist diese Verheißung auch bei Jesaja zu finden: Drei Kapitel später ist wieder die Rede von Verschnittenen. Diesmal jedoch eine Verheißung, die die besondere Situation und Geschichte von Eunuchen miteinschließt: Jesaja 56, 3 Und der Fremde, der sich dem HERRN zugewandt hat, soll nicht sagen: Der HERR wird mich getrennt halten von seinem Volk. Und der Verschnittene soll nicht sagen: Siehe, ich bin ein dürrer Baum. 4 Denn so spricht der HERR: Den Verschnittenen, die meine Sabbate halten und erwählen, was mir wohlgefällt, und an meinem Bund festhalten, 5 denen will ich in meinem Hause und in meinen Mauern ein Denkmal und einen Namen geben; das ist besser als Söhne und Töchter. Einen ewigen Namen will ich ihnen geben, der nicht vergehen soll. Hier erfährt also der Kämmerer eine Auslegung, die ihn unmittelbar angeht. Nach seiner Abweisung, schon auf dem Rückweg erfährt der Kämmerer volle Integration durch die Taufe. Und wenn er auf seiner fröhlichen Weiterfahrt in der Buchrolle weitergelesen hat, bekommt er das Versprechen, dass ihm ein Denkmal und ein Name gesetzt werden. Und das ist eingetroffen. „Die äthiopische Kirche, eine der ältesten der Christenheit überhaupt, beruft sich bis heute auf diesen getauften Ursprungszeugen, des Namens Jesu Christi“ (GPM, S. 329). Damit ist der Kämmerer nicht trotz seiner körperlichen Verletzung und seinen seelischen Demütigungen, sondern gerade deswegen ein glaubwürdiger Zeuge für das Christentum.Literatur:
Lutherbibel, 1984, 1985 DBG. - Nestle-Aland: Das Neue Testament, Griechisch, Stuttgart 1986. - Exegetisches Wörterbuch zum Neuen Testament, hg von H. Balz und Gerhard Schneider, Band II, 2., verbesserte Auflage, Stuttgart 1992. - Göttinger Predigtmeditationen, 60. Jahrgang, Heft 3, Göttingen 2006, S.326 ffLiebe Gemeinde!
Die Suche nach Sinn
Ein Mann macht sich auf den Weg. Er ist ein hoher Finanzbeamter am Hof der Königin von Äthiopien. Ich stelle mir vor, dass er ein Mann in der Mitte des Lebens ist. Er hat Karriere gemacht und vermutlich verdient er auch sehr gut. Nicht mehr so ganz jung, seine Ziele hat er erreicht, weiter kann er wohl nicht mehr aufsteigen. Er hat es zu etwas gebracht. Aber sein Leben hat auch Schattenseiten. Für seine Karriere hat er einen hohen Preis gezahlt. Um als Mann im näheren Umfeld einer Königin Karriere machen zu können, musste er ein Eunuch sein. Das war eine Rückversicherung, dass nicht irgendein Hofbeamter behaupten konnte, er sei der Vater des einen oder anderen Sprösslings der Königin. Damit hätte er ja Anspruch auf die Macht gehabt. Er war also Eunuch, kastriert schon von Kind an. Eine Familie zu haben oder gar Kinder, das war für ihn nicht möglich.
Dieser Mann macht sich nun auf den Weg von Äthiopien nach Jerusalem. Er musste sich dafür längere Zeit beurlauben lassen. Es ist keine Dienstreise, die er da unternimmt. Den Tempel will er besuchen, um sich dort niederzuwerfen. Er möchte den Gott Israels anbeten. Er hat gehört, dass an diesem heiligen Ort eine ganz besondere Stimmung herrscht und die möchte er gerne erleben. Denn im Tempel, hieß es, war Gott ganz nah. Wie er vom Gott Israels gehört hat, wissen wir nicht. Aber dieser Glaube muss für ihn sehr verlockend gewesen sein. Der Glaube an den einen Gott, die klaren ethischen Regeln, wie zum Beispiel die Zehn Gebote, die poetischen Texte der hebräischen Bibel, das war für Gebildete in der damaligen Zeit durchaus reizvoll.
Trotzdem muss da noch mehr gewesen sein, dass er sich auf einen so weiten Weg einließ. Diese Reise war schließlich weder bequem noch so ganz ungefährlich. Ich stelle mir vor, dass er etwas gesucht hat. Etwas das für sein Leben so wichtig war, dass er bereit war, mehrere tausend Kilometer zurückzulegen.
Dieser Finanzbeamte ist für mich ein typisches Beispiel für einen Menschen in der Lebensmitte. Seine Lebensfragen sind auch heute noch aktuell. Nachdem die beruflichen Weichen gestellt sind, entdeckt man plötzlich, dass da etwas Wichtiges fehlt. Dass Erfolg und guter Verdienst nicht unbedingt mit Glück und erfülltem Leben gleichzusetzen sind. Und viele machen sich dann auch auf den Weg, z.B. auf den Pilgerweg nach Santiago de Compostella oder in ein Zen-Kloster.
Auch unserem Kämmerer fehlt etwas – ihm fehlen Anerkennung und Wertschätzung – zwar nicht beruflich, aber umfassend. Als ganzer Mensch geachtet zu werden, das wurde ihm vorenthalten. Eunuchen gehörten zu der Menschengruppe, die in der damaligen Zeit am meisten verachtet und verspottet wurden. Was das in der Seele eines Menschen anrichtet, einerseits ein wichtiges Amt zu haben, das man ausfüllen soll und gleichzeitig nicht ernst genommen zu werden, das kann man nur vermuten. Oder auch als Mensch nur auf seinen Beruf reduziert zu werden. Keine Familie, keine Liebe kein Kinderlachen als Gegengewicht. Irgendwann wird der Kitzel einer Karriere etwas schal. Und irgendwann ist es auch nicht mehr so beglückend, sich neue Dinge leisten zu können – Und dann?
Die Quelle ist nicht zugänglich
Dann ist es gut, wenn wir wissen, wo wirkliches Glück und ein tragfähiger Boden zu finden sind. Es hilft, wenn wir uns an Momente erinnern können, wo wir ganz dicht an der Lebensquelle waren. Wo wir uns eingebettet wussten in einen großen Sinn, der weit über uns und unser Leben hinausgeht.
Eltern erzählen von solchen Gefühlen bei oder nach der Geburt ihres Kindes. Wenn man aus dem Staunen nicht mehr herauskommt über dieses Wunder, dass da ein neues Leben beginnt. Manche machen solche Erfahrungen in der Natur. Vor einem überwältigenden Panorama in den Bergen zum Beispiel. Oder die Momente, wenn uns ein Musikstück so anrührt, dass uns die Tränen kommen. Was diese Augenblicke so wertvoll macht, ist die Ruhe, die sich plötzlich in uns ausbreitet. Dieses tiefe Wissen – hier bin ich richtig und aufgehoben. Hier kommen meine Fragen an ein Ziel.
Ich stelle mir vor, dass der Kämmerer danach gesucht hat. Und dass er deshalb nach Jerusalem aufgebrochen ist. Er will an die Quelle all dieser Erfahrungen. Er fährt nach Jerusalem – um Nähe zu Gott zu suchen, um sich niederzuwerfen und sich ganz Gott anzuvertrauen mit all dem was er hat und was ihm fehlt. Hier sucht er Geborgenheit und die Antworten auf seine Fragen.
Aber er wird nicht in den Tempel gelassen. Was für eine Tragik. Eunuchen dürfen den Tempel nicht betreten, sind ausgeschlossen vom Gottesdienst. Wieder ist er außen vor. Abgeschnitten von der Quelle. Er darf nicht erleben, wie gefeiert wird. Er ist nicht dabei, wenn die Nähe Gottes in den Liedern und Ritualen spürbar wird. Und so versucht er, als gebildeter Mensch einen Zugang über den Intellekt, wenigstens. Er kauft sich eine Buchrolle des Propheten Jesaja und fährt wieder zurück. Und auch dieser Zugang ist ihm versperrt. Er versteht nicht, was Jesaja meint.
Der Zugang durch Christus
Und so trifft ihn Philippus. Der ist in vielem genau das Gegenteil des Kämmerers: Ein einfacher Mensch. Er ist Armenpfleger der Gemeinde und sicher nicht begütert. Gott hat ihn an diese Straße geschickt, dorthin, wo es öde ist, steht im Text. Dort trifft Philippus den Kämmerer. Dessen Stimmung, so stelle ich mir vor, passt zu dieser öden Gegend. Ihm wurde das Wasser abgegraben. In die Wüste geschickt hat man ihn und dort allein gelassen mit seinem Durst nach einem erfüllten, sinnvollen Leben. So antwortet er auch reichlich patzig auf die Frage von Philippus („Verstehst du denn, was du liest?“): „Wie denn, wenn mich keiner anleitet.“
Daraufhin klettert Philippus zu ihm in den Wagen, erklärt und predigt. Und was er sagt, hat den Kämmerer mitten ins Herz getroffen. Plötzlich kommt da etwas ins Fließen, wird die Quelle des Lebens ganz greifbar nahe. Leider ist uns der genaue Wortlaut der Predigt nicht überliefert (der würde mich ja brennend interessieren) – es steht da nur: Er predigte ihm das Evangelium von Jesus Christus. Aber er predigte dieses Evangelium im Zusammenhang mit der Jesajastelle, die der Kämmerer nicht verstanden hatte. Und dort lesen wir: „Wie ein Schaf, das zur Schlachtung geführt wird, und wie ein Lamm, das vor seinem Scherer verstummt, so tut er seinen Mund nicht auf. In seiner Erniedrigung wurde sein Urteil aufgehoben. Wer kann seine Nachkommen aufzählen? Denn sein Leben wird von der Erde weggenommen.“
Von einem Schaf ist da die Rede: Ein Wesen, das sich nicht wehren kann, wenn man ihm Gewalt antut. Von Erniedrigung wird gesprochen. Beides sind Erfahrungen, die der Kämmerer teilt. Das kennt er genau: Wie kann sich ein Kind wehren, wenn man ihm Gewalt antut? Wie kann er sich später wehren, wenn er für etwas verspottet wird, das man ihm als Kind antat? Welche Erniedrigung, deshalb vom Gottesdienst ausgeschlossen zu werden. Nicht würdig zu sein. Keinen Zugang zu dem zu haben, was er sich doch als Lebensquelle gewünscht hatte. Deshalb möchte er auch gerne wissen, von wem der Prophet da eigentlich redet.
Philippus bezieht diese Stelle auf Jesus Christus. Und erzählt ihm, dass Gottes Sohn diese Erfahrung teilt. Dass er Erniedrigung kennt. Und die Hilflosigkeit ausgeliefert zu sein – irgendeiner Willkür, ohne sich wehren zu können. Er erzählt ihm, dass Jesus selbst verspottet und ausgelacht wurde. Aber er erzählt ihm auch, dass diese Erniedrigung und die Niederlage nicht das Ende waren. Gerade in der Erniedrigung wurde das Urteil aufgehoben. Oder anders gesagt: Gerade durch die Erfahrung von völliger Hilflosigkeit bekam dieses Leben ein anderes Vorzeichen. Jesus Christus ist vom Tod auferstanden. Er trägt die Erfahrung von Tod und Schmerzen immer noch mit sich, aber es geht weiter: In ein neues, umfassenderes, erfülltes Leben. Ein Leben, das nicht über die dunklen, schlimmen Erfahrungen hinweggeht.
Als ob diese Erlebnisse nur eine Panne wären, die man möglichst schnell vergisst. Es ist eine umfassendere Verheißung, die in der Leidensgeschichte von Jesus Christus beginnt. Es ist das Versprechen, dass für jeden Menschen ein sinnvolles erfülltes Leben möglich ist. Ein Leben, in dem auch Verletzungen, Kränkungen und unsere Schwäche einen Platz haben. Der Kämmerer merkt: Da wird nicht nur von Jesus Christus oder einem Prophet geredet. Das betrifft ja mich: Das sind meine Verletzungen, die hier angesprochen werden. Ich kann mich in diesen Sätzen wiederfinden. Und es wird noch weitererzählt. Da wird mir in Aussicht gestellt, dass es nicht bei dieser Erfahrung bleibt, sondern dass es weitergeht, dass die Quelle des Lebens weder durch äußere noch durch innere Wüste oder Ödnis zum Versiegen gebracht werden kann. Hier ist dieses erfüllte Leben. Hier ist dieser Lebensfluss. In den bin ich eingebettet und der reicht weit über mein Leben hinaus. Sogar von Nachkommen ist die Rede – welch eine Hoffnung und eine Aussicht. Trotzdem ist er noch vorsichtig unser Kämmerer: Gibt es einen Hinderungsgrund, dass ich mich taufen lasse? Nein, es gibt keinerlei Hinderungsgrund.
An der Quelle
Jetzt ist er endlich an der Quelle. Er steigt in das Wasser, das da plötzlich in der Wüste am Wegrand zu finden ist und taucht unter. Das geht schon ein ziemliches Stück weiter als unsere Taufpraxis heute. Wenn wir Kinder taufen, dann wird nur eine Handvoll Wasser über den Kopf gegossen. Damals stiegen die Menschen vollständig ins Wasser. An ein Bad sollte das erinnern. Um diesem Menschen ganz eindrücklich klar zu machen: Was dich vorher beschwert hat, was du mit dir herumgeschleppt hast an Schmutz und Schweiß und Tränen, das wird alles abgewaschen. Du bist jetzt ganz sauber, ein neuer Mensch.
Und es steckt noch ein zweites Bild in diesem Untertauchen. Wenige Menschen damals konnten schwimmen. Wir können das heute noch beobachten: Wenn Kinder schwimmen lernen, dauert es meistens noch einmal eine ganze Weile, bis sie sich trauen, das Gesicht oder den Kopf unter Wasser zu halten. Da steigt auch bei kleinen Wasserratten so eine Urangst hoch, sie könnten keine Luft mehr bekommen. So war damals das Untertauchen in das Wasser bei der Taufe auch eine Begegnung mit dem Tod. Und das Wiederauftauchen bedeutete der Beginn eines neuen Lebens. Paulus sagt es so: Wir sind durch die Taufe auf den Tod Christi getauft. Und wie Christus von den Toten auferweckt wurde so dürfen auch wir in einem neuen Leben wandeln.
Ein neues Leben, das war es was der Kämmerer gesucht hatte. Und in der Taufe hat er es endlich gefunden. Ein Leben, in dem er wertgeschätzt wird, so wie er ist. Er ist eingebettet, umspült von dem Fluss des Lebens. Mit seinen Verletzungen und mit seinen Stärken. Er gehört dazu. Zu Gott. Kein Wunder, dass er fröhlich seine Straße zog. Wünschen wir ihm, dass er danach noch weiter in seiner Jesajarolle gelesen hat. Denn drei Kapitel später steht da: Den Verschnittenen (das heißt den Eunuchen), die meine Sabbate halten und erwählen, was mir wohlgefällt, und an meinem Bund festhalten, denen will ich in meinem Hause und in meinen Mauern ein Denkmal und einen Namen geben; das ist besser als Söhne und Töchter. Einen ewigen Namen will ich ihnen geben, der nicht vergehen soll.
Amen