Ich strecke mich aus nach dem, was da vorne ist

Jahresschlussandacht mit viel Raum für Persönliches

Predigttext: Thematische Andacht
Kirche / Ort: Fellbach
Datum: 31.12.2006
Kirchenjahr: Altjahresabend
Autor/in: Pfarrerin i.R. Stefanie Schäfer-Bossert

Vorbemerkung

Diese Jahresschlussandacht legt ganz deutlich den Schwerpunkt auf ein jeweils persönliches Ausklingen-Lassen des Jahres, auf persönlichen Rückblick, und will den Raum dazu geben. Da sie für den Abend konzipiert ist, also recht nah am Jahreswechsel, möchte sie auf diesen hin verdichten. Das bedeutet zB konkret, dass die eigentlich übliche Ausleitung durch die Abkündigungen hier als Einleitung vorgeschlagen wird. Manche der Texte passen auch hervorragend zur neuen Jahreslosung – so können generell die Elemente dieser Andacht auch in einen „richtigen“ Gottesdienst eingebaut werden, auch mit Abendmahl. Die Leitfragen müssen natürlich nicht „abgearbeitet werden“, deshalb würde ich sie auch nicht kopiert austeilen, wohl aber wiederholen. Sie sollen Möglichkeiten nennen – und ich bin recht sicher, die persönlich passenden Fragen werden sich dann den einzelnen stellen.

Liturgischer Ablauf

Musik Votum Begrüßung mit der Jahreslosung für 2007 ("Gott spricht: Siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr’s denn nicht?" - Seien sie, als kleiner Vorgriff quasi, mit dieser Jahreslosung für das kommende Jahr herzlich gegrüßt bei unserer Jahresschlussandacht am Ende des Jahres 2006, wo wir inmitten des Trubels nocheinmal vor Gott zu uns finden möchten und innehalten. Beim Countdown wird ja immer rückwärts gezählt, und auch wir gehen heute nicht vom Gottesdienst, vom Andächtigen, in den Alltag zurück, sondern mit der Andacht auf den Jahreswechsel zu, so machen wir's auch andersrum und beginnen dies mit den Abkündigungen (…). - Noch wenige Stunden, dann ist das Jahr 2006 vorbei. Schon wieder ist ein Jahr vergangen, schauen wir auf ein Jahr zurück. Vieles hat sich ereignet, vieles ist passiert, in unserem einzelnen Leben und auf der ganzen Welt. Allerorten werden Bilanzen gezogen, wird Rückschau gehalten, in den Zeitungen und Zeitschriften, im Fernsehen und wo auch immer. Manchmal fast seicht vor lauter Jubel, manchmal eher drückend. Man kann sich fragen: Woher den Optimismus nehmen? Aber als Christinnen und Christen haben wir eine unverbrüchliche Antwort: Die Offenbarung Gottes: "Ich bin das A und das O, Erstes und Letztes, der Anfang und das Ende". "Siehe ich mache alles neu!" "Gott wird bei ihnen wohnen, und sie werden Gottes Volk sein, und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein." - "Denn die Tatsachen, die die Welt ausmachen,- sie brauchen das Nichttatsächliche, um von ihm aus erkannt zu werden." So hat es Ingeborg Bachmann formuliert. Das Nicht-Tatsächliche:was noch nicht ist, was über den Alltag, was über die Welt von ihrer trüben Seite, hinausgeht, was staunen lässt, hoffen, unseren Horizont aufreißt, dass manches "dahinten" bleiben kann - und auch muss.) Lied „Der du die Zeit in Händen hast“ (EG 64, 1+2+6) (Licht aus) Gedanken zum Jahreswechsel Stiller Rückblick nach ca. 3 Minuten: Ruhiges Orgelstück Texte und Gedanken Stilles Vor-Gott-Bringen (Licht an) Lied „Hilf Herr Jesu, lass gelingen“ (EG 61,1+4, vielleicht nach Mel. EG 166) Gebet - Vaterunser Lied „Freuet euch, ihr Christen alle“ (EG 34,1+4) Segen Musik

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Liebe Gemeinde!

Das (soeben gesungene) Lied „Der du die Zeit in Händen hast“ schließt auch das Schwere ein, das beim Rückblick so aufsteigen kann, vielleicht auch Sorgen im Blick nach vorn – und doch soll uns nichts lähmen, wie wir eben betend gesungen haben: Nimm dieses Jahres Last und wandle sie. Verwandle mich, wenn ich unter Lasten in die Knie gehe, nimm sie ab, gib Segen.

Im Großen wie im Kleinen blicken wir auf vieles zurück, aber – es ist ja nicht so, dass wir nur auf Schweres zurückschauen, es gibt vieles andere, die lichten Zeiten, Freude, schöne Feste, schöne Begegnungen…

Stiller Rückblick

Liebe Gemeinde, ich möchte Sie gleich einladen, dass wir diese gottesdienstliche Zeit des Innehaltens, diese Zeit, diesen Raum vor Gott auch mit einem persönlichen Jahresrückblick begehen und uns nocheinmal erinnern, denn das Erinnern ist die Brücke zwischen dem Gestern und dem Morgen, die uns mit dem Vergangenen verbindet, das zu uns gehört, von wo wir kommen, wovon wir ausgehen oder weggehen. Zu den guten Erinnerungen hat Dietrich Bonhoeffer wunderschöne Worte gefunden: “Man trägt das vergangene Schöne wie ein kostbares Geschenk in sich. Man muss sich hüten, in den Erinnerungen zu wühlen, sich ihnen auszuliefern, wie man auch ein kostbares Geschenk nicht immerfort betrachtet, sondern nur zu besonderen Stunden und es sonst nur wie einen verborgenen Schatz, dessen man sich gewiss ist.” Eine solche “besondere Stunde” kann jetzt sein, ich möchte Sie nun einladen, in der Stille, jedes für sich, ihren persönlichen Jahresrückblick zu halten – vielleicht reicht die Zeit gar nicht und werden Sie viele Gedanken weiter mitnehmen, aber nun haben wir den Raum, uns vor Gott zu erinnern.

Wie sind wir in dieses Jahr gegangen? Was ist geschehen? Wo hatten wir kostbare, schöne Erlebnisse? Wer war uns besonders lieb und wichtig? Wo mussten wir Abschied nehmen? Was hat uns gedrückt? Haben wir es weggedrückt und sollten noch einmal, mit Gottes Hilfe, darauf schauen? Was möchten wir mitnehmen, in das neue Jahr, was möchten wir zurücklassen?

(Stille, nach einiger Zeit ruhige Orgelmusik. Abschluss mit:)

Texte und Gedanken

Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich aus nach dem, was da vorne ist und jage nach dem vorgesteckten Ziel, dem Siegespreis der himmlischen Berufung Gottes in Jesus Christus. Nur, was wir schon erreicht haben, darin lasst uns auch leben. – So der Philipperbrief des Paulus.

Erich Fried: Wer will, dass die Welt so bleibt, wie sie ist, der will nicht, dass sie bleibt.

Deshalb brauchen wir die Vision – das Mehr, und Gott braucht uns. Dass man “mit beiden Beinen auf Erden – – – träumt” (Christa Wolf)

Stilles Vor-Gott-Bringen

Was möchten wir in das neue Jahr mitnehmen, was möchten wir zurücklassen? Werden wir noch einmal still und bündeln unsere Erinnerungen und Gedanken als stilles Gebet: Gott, nimm von mir, was mich bedrückt, ich lege es in deine Hand, verwandle es….. Gott, ich möchte dir danken…… Hilf mir bei dem, woran ich mich wagen möchte … (Gebetsstille, Abschluss:)
Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich aus nach dem, was da vorne ist und jage nach dem vorgesteckten Ziel, dem Siegespreis der himmlischen Berufung Gottes in Jesus Christus.

Amen.

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