“Führe mich auf dem Weg deiner Gebote”
Die Zehn Gebote - Wegweiser zum Leben
Predigttext: 2.Mose 20,1-17 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)
1 Und Gott redete alle diese Worte: 2 Ich bin der HERR, dein Gott, der ich dich aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft, geführt habe. 3 Du sollst keine anderen Götter haben neben mir. 4 Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen, weder von dem, was oben im Himmel, noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist: 5 Bete sie nicht an und diene ihnen nicht! Denn ich, der HERR, dein Gott, bin ein eifernder Gott, der die Missetat der Väter heimsucht bis ins dritte und vierte Glied an den Kindern derer, die mich hassen, 6 aber Barmherzigkeit erweist an vielen Tausenden, die mich lieben und meine Gebote halten. 7 Du sollst den Namen des HERRN, deines Gottes, nicht mißbrauchen; denn der HERR wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen mißbraucht. 8 Gedenke des Sabbattages, daß du ihn heiligest. 9 Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Werke tun. 10 Aber am siebenten Tage ist der Sabbat des HERRN, deines Gottes. Da sollst du keine Arbeit tun, auch nicht dein Sohn, deine Tochter, dein Knecht, deine Magd, dein Vieh, auch nicht dein Fremdling, der in deiner Stadt lebt. 11 Denn in sechs Tagen hat der HERR Himmel und Erde gemacht und das Meer und alles, was darinnen ist, und ruhte am siebenten Tage. Darum segnete der HERR den Sabbattag und heiligte ihn. 12 Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, auf daß du lange lebest in dem Lande, das dir der HERR, dein Gott, geben wird. 13 Du sollst nicht töten. 14 Du sollst nicht ehebrechen. 15 Du sollst nicht stehlen. 16 Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten. 17 Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib, Knecht, Magd, Rind, Esel noch alles, was dein Nächster hat.Liebe Gemeinde!
Die Zehn Gebote gehören zu den bekanntesten Bibeltexten. Die christliche Gemeinde verdankt sie der israelitisch-jüdischen Gemeinde, ihren älteren Schwestern und Brüdern. Die Gebotsreihe beginnt mit einem Vorspruch, einer Art Präambel, die für alle weiteren Ausführungen bestimmend ist – Gott spricht: Ich bin ‘adonaj, dein Gott, der ich dich aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft, geführt habe. – Die Zehn Gebote wurden über tausend Jahre durch die Bibel Israels, die israelitisch-jüdische Religion und Kultur weitergegeben. Sie sind Tora, das hebräische Wort bedeutet “gute Lehre/ gute Weisung”, umfassende, tiefe Weisheit. Gott sei Dank.
I.
Bis heute haben die Zehn Gebote unverzichtbare Bedeutung für die persönliche Frömmigkeit im Judentum und Christentum, aber ebenso für das politisch-gesellschaftliche Leben. Sie stellen die elementaren Werte des Lebens dar. Ihre Inhalte formen unser Zusammenleben und wurden in unser Grundgesetz aufgenommen. Sie geben uns das, was wir Menschenwürde nennen.
II.
Was wäre, wenn wir die Gebote nicht hätten? – Die Gebote Gottes wollen uns nicht einengen, keine Lasten auf uns legen. Sie wollen uns helfen, unser Leben von seiner Bestimmung her sinnvoll zu gestalten und einander gerecht zu werden. Die Gebote wollen Lebenshilfe, Wegweiser zum Leben sein – in der Beziehung zu Gott, unserem Nächsten und zur gesamten Schöpfung. Sie zeigen uns Richtung und Ziel an und warnen uns vor Gefahren; sie stoppen uns, wenn unser Weg für uns selbst und andere Menschen oder für die Schöpfung gefährlich, schädlich und zerstörerisch wird. Jesus von Nazareth hat die Gebote keineswegs eingeschränkt und schon gar nicht aufgehoben. In der Bergpredigt, deren Name an den Gottesberg erinnert, legte Jesus die Gebote aus und vermittelte ihren tiefen lebensfreundlichen Sinn. Jesus lehrte, die Gebote mit Liebe zu umhüllen und sie mit Liebe zu leben.
Es sind Lebens- und Liebesgebote. Sie weisen uns entschieden auf die Seite der Liebe und des Lebens. Sie wollen unser Leben und diese Welt vor der Selbstzerstörung bewahren. Mit Gottes Geboten verbinden wir nicht “Töteworte”, sondern Lebensworte, befreiende Worte, wie wir Gott mit Befreiung, Hilfe in der Not und Hoffnung in Zusammenhang bringen. Es ist der befreiende Gott, der sein Volk in das “Gelobte Land” führt. Es ist wie eine Zusammenfassung der Zehn Gebote, wenn Jesus jenem Schriftgelehrten auf dessen Frage nach dem höchsten Gebot antwortete: “Das höchste Gebot ist das: >>…du sollst den HERRN, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und von allen deinen Kräften<<. Das andere ist dies:>>Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst<<. Es ist kein anderes Gebot größer als diese” (Markus 12,29-31, aus der Schriftlesung).
III.
Es genügt nicht, die Gebote nachzusprechen. Sie brauchen unser Nachdenken, unser Übersetzen, das Übertragen in unsere Lebenswirklichkeit. Hören wir jetzt die Zehn Gebote zunächst nocheinmal in der vertrauten Übersetzung von Martin Luther und dann dazu jeweils den Versuch einer zeitgenössischen Übertragung (von Petra Neumann-Janssen):
Und Gott redete alle diese Worte:
Ich bin der HERR, dein Gott, der ich dich aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft, geführt habe.
Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.
Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen, weder von dem, was oben im Himmel, noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist:
Bete sie nicht an und diene ihnen nicht! Denn ich, der HERR, dein Gott, bin ein eifernder Gott, der die Missetat der Väter heimsucht bis ins dritte und vierte Glied an den Kindern derer, die mich hassen,
aber Barmherzigkeit erweist an vielen Tausenden, die mich lieben und meine Gebote halten.
(Vom Kirchenschiff aus liest eine Person:)
Ich bin dein Gott, mehr als Mann und Frau, mehr als du verstehen kannst. Du findest mich überall, aber dein Bild von mir wäre immer unvollkommen. Akzeptiere dies, dann wirst du an mir nicht verzweifeln. Nimm mich als deine Gottheit an. Ich bin ein barmherziger Gott, was du aber nur erfahren wirst, wenn du mich immer wieder neu suchst. Du musst dich entscheiden, welchen Weg du gehen willst, ich erspare dir keine Mühe, keinen steinigen Weg und kein dunkles Tal. Ich bin traurig, wenn du dich abwendest und dein Weg zu einem falschen Ziel führt.
2.Gebot
Du sollst den Namen des HERRN, deines Gottes, nicht mißbrauchen; denn der HERR wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen mißbraucht.
Wenn du meinen Namen missbrauchst, dann sei dir klar darüber, dass es dir nichts Gutes bringen wird. Alle Religionen haben meinen Namen missbraucht, um Macht zu gewinnen – erinnert euch an die schlimmen Ergebnisse.
3.Gebot
Gedenke des Sabbattages, daß du ihn heiligest.
9 Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Werke tun.
10 Aber am siebenten Tage ist der Sabbat des HERRN, deines Gottes. Da sollst du keine Arbeit tun, auch nicht dein Sohn, deine Tochter, dein Knecht, deine Magd, dein Vieh, auch nicht dein Fremdling, der in deiner Stadt lebt.
Achte deine Arbeit nicht gering, aber mache sie nicht ausschließlich zu deinem Lebensinhalt. Wenn du Ruhe findest, wenn du feiern kannst, wirst du mir ebenfalls nahe sein und von deinem Leben mehr erfassen.
4.Gebot
Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, auf dass du lange lebest in dem Lande, das dir der HERR, dein Gott, geben wird.
Ehre die Menschen, die dich lieben, die dir Eltern, Wegbegleiter/innen, Lehrer/innen oder Freunde/innen sind – in diesen Menschen begegnest du so etwas wie einem Spiegel Gottes, wie oft sind sie dir gute Botinnen und Boten – wie Engel, es wird dir gut gehen in dieser Geborgenheit.
5.Gebot
Du sollst nicht töten.
Achte das Leben, zerstöre es nicht im Kleinen und nicht in den großen Zusammenhängen. Alles in meiner Schöpfung hat ein Recht auf Leben.
6.Gebot
Du sollst nicht ehebrechen.
Du sollst die Liebe zu deiner Frau, zu deinem Mann, nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. Wenn dein Glück auf dem Unglück der Menschen aufgebaut ist, die dir Liebe und Vertrauen entgegenbringen, kann ich es nicht gut heißen, darauf liegt kein Segen. Die Freude an deiner Liebe liegt auch in der Freiheit und Verantwortung deiner Entscheidung.
7.Gebot
Du sollst nicht stehlen.
Dinge, die dir nicht gehören, sollten nicht den Wert für dich haben, dass du sie stiehlst. Es ist gut, dass du dich mit dem zufrieden gibst, was du hast. Es ist auch gut, wenn du weißt, dass auch das Dulden von Ausbeutung Diebstahl ist und dich schuldig macht. Überlege gut, auf wessen Kosten du lebst.
8.Gebot
Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten.
Wenn du deine Mitmenschen nicht lieben oder verstehen kannst, dann versuche sie, in ihrer Art zu achten und zu respektieren, aber schade ihnen nicht, indem du Unwahrheiten über sie verbreitest.
9./10.Gebot
Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib, Knecht, Magd, Rind, Esel noch alles, was dein Nächster hat.
Wenn du das haben möchtest, was einem anderen Menschen gehört, ihn zufrieden und glücklich macht, wirst du etwas zerstören, und es kann dich nicht zufrieden und glücklich machen. Neid ist wie Gift im Denken und Handeln eines Menschen.
IV.
Liebe Gemeinde, der Mensch/die Gemeinde z. B. des ersten Psalms wusste von der Kraft und Hilfe der Gebote Gottes. Von der “Lust” an den Geboten ist dort die Rede, von Gottes Gesetz, seiner Tora. Und von dem Menschen, der darüber nachsinnt: “Der ist wie ein Baum, gepflanzt an den Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit”. Lasst uns in diesem Sinn Gott bitten: Führe mich auf dem Weg deiner Gebote.
Amen.