Gott ist da
Der wolkenverhangene Himmel wird durchlässig
Predigttext: 1 Tim 3,16 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)
(16) Groß ist, wie jedermann bekennen muss, das Geheimnis des Glaubens: Er ist offenbart im Fleisch, gerechtfertigt im Geist, erschienen den Engeln, gepredigt den Heiden, geglaubt in der Welt, aufgenommen in die Herrlichkeit.Exegetisches (I.), Homiletisches (II.), Kontexte (III.)
I. Exegetisches 1 Tim 3,16 gehört zu den ältesten Christusliedern (vgl. auch Phil 2,6-11; Kol 1,15-20; Eph 2,14-16; Hebr 1,3f; Joh 1,1-18); eventuell eignete dem Text ein Bekenntnischarakter an (1 Tim 3,16a: omologoumenos). Der Verfasser des ersten Timotheusbriefes hat dieses hymnische Traditionsstück in sein Schreiben aufgenommen und damit zwei paränetische Abschnitte verbunden (1 Tim 3,1-13; 4,1-5). Das Christusgeschehen wird so zum Grund(-datum) der Kirche, dem zentralen Thema der Pastoralbriefe. Damit kann 1 Tim 3,16b als „theologische Mitte“ des Briefes (und der Pastoralbriefe überhaupt) bezeichnet werden (Roloff, S. 190). In Anlehnung an das ägyptische Thronbesteigungsritual (1) Erhöhung, 2) Präsentation, 3) Inthronisation) beschreibt der Hymnus das christologische Epiphaniegeschehen (und passt so zur Epiphaniechristologie der Pastoralbriefe!): 1) Die Erscheinung des Göttlichen im Fleisch wird himmlisch „bestätigt“ (edikaiote ist hier nicht rechtfertigungstheologisch zu verstehen, sondern bringt zum Ausdruck, dass Christus das ihm gebührende Recht zuteil geworden ist). Auf die Erscheinung folgt 2) die Proklamation: Der im Fleisch erschienene und im Geist gerechtfertigte ist vor den Engeln sichtbar und wird in der Welt verkündet. Dies führt 3) zur universalen Anerkennung, die in der Welt durch den Glauben erfolgt und sich in der Sphäre des Geistes durch die Verherrlichung ereignet. In formaler Hinsicht gliedert sich der Hymnus in drei parallel konstruierte, chiastisch angeordnete Verspaare, wobei die irdische und die himmlische Sphäre miteinander verschränkt werden: Strophe 1: irdisch („Fleisch“) – geistig („Geist“), Strophe 2: geistig („Engel“) – irdisch („Heiden“), Strophe 3: irdisch („Welt“) - geistig („Herrlichkeit“). Das Offenbarwerden der rettenden Herrschaft Christi umfasst Himmel und Erde. Der Verfasser des ersten Timotheusbriefes leitet die hymnische Tradition mit folgenden Worten ein „Groß ist, wie jedermann bekennen muss, das Geheimnis des Glaubens“ (mysterion eusebeias; vgl. auch 1 Tim 2,2; 4,7f; 6,3ff; 2 Tim 3,5; Tit 1,1). eusebeia bedeutet die Lebensführung, die einer religiösen Motivation entspringt, also Frömmigkeit und ein Leben im Glauben (vgl. 1 Tim 3,9: mysterion tes pisteos): Der Fromme weiß um Gottes Gegenwart, das ist sein „Geheimnis“. II. Homiletisches 1 Tim 3,16 ist keine klassische Weihnachtsgeschichte und nur mit viel dramaturgisch-inszenatorischer Phantasie „krippenspielgeeignet“. Zudem ist der konzentrierte christologische Inhalt des Hymnus’ auf den ersten Blick schwer zugänglich und stellt selbst angesichts einer erfahrenen „Kerngemeinde“ eine homiletische Herausforderung dar. Dies gilt umso mehr für einen Gottesdienst wie die Christvesper, den auch viele Fernstehende besuchen. Von daher scheint mir die Reduktion auf einen Gedanken sinnvoll zu sein. Weihnachten ist das Fest der Menschwerdung, der Fleischwerdung Gottes (vgl. auch Joh 1,14a). Gott ist „offenbart im Fleisch“. Das heißt nichts anders als dass „Gott da ist“, in der Sphäre des Fleisches, der Vergänglichkeit, in jedem Menschen, im Banalen und Alltäglichen, im Niedrigen und Hässlichen. Dass sich das Leben nicht im Alltäglichen erschöpft, sondern eine „göttliche“ Tiefendimension besitzt, hat seinen Grund in Weihnachten. Darum zu wissen ist das „Geheimnis des Glaubens“ (1 Tim 3,16a). In der Einleitung zu dem hymnischen Traditionsstück liegt also für mich ein weiteres Schlüsselwort, das ich zugleich mit Weihnachten assoziiere: Geheimnis, Zauber… Meine Predigt hat vier Teile. Ich möchte zunächst die Ambivalenz des uns jährlich bestimmenden „Weihnachtszaubers“ aufzeigen (I. „Weihnachtsentzauberung“), um dann ausgehend von 1 Tim 3,16 (II. „Groß ist das Geheimnis des Glaubens“) auf das eigentliche Geheimnis von Weihnachten (III. „Gott ist da – ein offenes Geheimnis“) hinzuweisen und abschließend noch einmal den Festkasus in den Blick zu nehmen (IV. „Der Abend, wo das Gehen ein Tanz ist...“). Alternativ könnte man eine Predigtform wählen, die „Orte“, aufzeigt, an denen die Gegenwart Gottes erfahrbar ist. Hier können mehrere Prediger und unterschiedliche Verkündigungsformen einbezogen werden. Man könnte einzelne Geschichten von der geheimnisvollen Tiefe des Lebens erzählen, Zeugnisse von der Erfahrung des Besonderen. Das können – wahlweise oder kombiniert - persönliche Zeugnisse sein, literarische Texte, Liedvorträge oder auch Dias. Jedem Baustein – oder neuhomiletisch: „move“ – könnte ein Liedvers folgen, etwa der Kehrvers von EG 56,5 oder das Halleluja aus EG 34. Diese Geschichten könnten zudem von liturgischen Handlungen begleitet werden, etwa für jedes Zeugnis eine Kerze aufstellen oder einen kleinen Glasdiamanten an einen Christbaum hängen. Dann wird die Gewissheit, dass Gott da ist in allem, was lebt, sichtbar – mit jeder Geschichte ein bisschen mehr… III. Kontexte Der Ort, an dem unsere Bewegungen ablaufen, sich harmonisch in den Raum einschreiben und ihre eigene Chronologie erzeugen, der Ort, an dem all unsere verstreuten Wesen nebeneinander marschieren, an dem alle Missverständnisse aufgehoben sind, der magische Ort des Absoluten und der Transzendenz, wo das Wort ein Gesang ist, das Gehen ein Tanz, den es nicht gibt auf Erden. Aber wir gehen ihm entgegen. (Michel Houellebecq, S. 133) Dein Leben ist von einer diamantenen Gewissheit getragen. So gewiß Gott Gott ist und Gott bleibt in Ewigkeit, so gewiß ist in Jesus für uns und alle Welt der eine einzige Erlöser gekommen. ER IST DA! In diesen drei Silben liegt das unaussprechliche Geheimnis der Weihnacht, vielfältig bezeugt und besiegelt. Was dir auch in deinem Leben an Widerwärtigkeiten begegnen mag – Anfechtung, Bedrängnis, Angst, Widerspruch, Verfolgungen, Leiden, was immer es auch sei – dein ganzes Leben ist umgriffen von dem, was ewig feststeht: ER ist da! Was diese drei Silben umschließen, trägt uns in unserem alltäglichen Leben bis in den Tod, mehr noch, unglaublich, unfaßbar, unbegreiflich, dieses Geheimnis trägt uns auch durch den Tod hindurch. (Peter Brunner, S. 56f) Die allgegenwart Gottes Ich will doch nur daß ihr mich liebt sagte der rainer faßbinder der das innerste nach außen kehrte sagt mir die alkoholkranke schriftstellerin hör ich viele sagen in stummen sprachen Siehst du um das zu verstehen brauche ich gott welchen grund sollte ich haben einen der brutal ist und ausnutzerisch und häßlich aufzusuchen und anzuhören und zu begleiten lieben kann ich doch nur was schön ist und nicht den natürlichen abscheu hervorruft ohne zweck ohne tauschwert will ich einssein mit dem was schön ist Wenn sich aber das schöne versteckt hält im suff und im unförmigen körper in einer trägen bewegung in einem unempfindlichen herzen muß ich es suchen gehen Die gewißheit das schöne zu finden in allem was lebt nennen wir seit alters her gott Gott ist überall sie lockt uns durch schönheit zu sich wir finden gott in jedem menschen Ich will doch nur daß ihr gott glaubt hör ich viele sagen in stummen sprachen (Dorothee Sölle, S. 168)Lieder:
„Das Volk, das noch im Finstren wandelt“ (EG 20,1.5-8) „Gelobt seist du, Jesu Christ“ (EG 23) „Weil Gott in tiefster Nacht erschien“ (EG 56,1-4) „Dies ist die Nacht, da mir erschienen“ (EG 40) „Jauchzet, ihr Himmel“ (EG 41,1.3-4)Weihnachtsgebet
Wir wollen beten um das Licht das in die Finsternis der Welt und in die Finsternis unserer Herzen scheint. Laß dein Licht leuchten (Hier können aktuelle Fürbitten eingefügt werden) Laß uns alle dein Licht sehen damit wir selber licht werden mach uns stark in deinem Licht der Gewaltfreiheit des Gedächtnisses der Solidarität und laß uns beten wie dein lichter Sohn uns gelehrt hat: Unser Vater…Segen
Gott segne uns und behüte uns. Das Licht von Bethlehem scheine in unsren Herzen und dringe vor aus dem Elendsstall bis in die Paläste wir sind das Licht der welt. Geht hin, Frieden zu schaffen (nach Dorothee Sölle, S. 158f)Literaturhinweise:
Brummer, Peter, 1. Weihnachtstag: 1 Timotheus 3,16, in: hören und fragen 4/1 (hrsg. v. Arnold Falkenroth und Heinz Joachim Held), Neukirchen-Vluyn 1975, 43-57. - Houellebecq, Michel, Suche nach Glück, Köln 2000. - Buß, Hinrich, 1 Tim 3,16 (Predigt zur Christnacht, 24,12.2001, www.online-predigten.de). - Janßen, Martina, Chrisvesper: 1 Tim 3,16. „Die Gewissheit, dass Gott da ist in allem, was lebt“, in: A. Deeg u.a. (Hg.), Predigtmeditationen im christlich-jüdischen Kontext. Perikopenreihe VI, 2007, 26-33. - Jehle, Frank/Jänger, Alfred, 1 Tim 3,16: Richtig Weihnachten feiern, PSt 83/84, 38-46. - Kumlehn, Martin/Weyl, Birgit, 1 Timotheus 3,16- Wo das Wort ein Gesang ist, PSt 2001/2002, 54-62. - Läger, Caroline, Die Christologie der Pastoralbriefe, Hamburger Theologische Studien 12, Münster 1996. - Roloff, Jürgen, Der Erste Brief des Timotheus, EKK, Neukirchen-Vluyn 1988. - Sölle, Dorothee, verrückt nach licht. Gedichte, Berlin 1984. - Wengst, Klaus, Christologische Formeln und Lieder des Urchristentums, SNT 7, Gütersloh 1972.Weihnachtsentzauberung
Weihnachten bei meiner Großmutter. Glänzende Perlen, aufgezogen auf einen Draht, der zum Kreis gebogen ist. Bunt, ein paar Sterne aus Stanniolpapier dazwischen. In der Mitte des Kreises baumelt frei ein kleiner Glasdiamant an einem goldenen Faden. Weihnachtsschmuck noch aus der Kriegszeit, „Weihnachtstropfen“. Als Kind hat mich dieser Schmuck besonders fasziniert. Wenn es dunkel war und der Weihnachtsbaum hell erleuchtet, habe ich vorsichtig gepustet. Die Tropfen tanzten durch das dunkle Grün und schienen Funken zu sprühen; manchmal traf ein Glasdiamant auf eine der Perlen. Ein heller Ton aus einem glänzenden Kristall. Zauberhaft, geheimnisvoll…
Eine Erinnerung aus meiner Kindheit, die für viele andere steht. Weihnachten war damals immer zauberhaft, geheimnisvoll. Der Blick durch die erleuchteten Fenster auf dem Weg zur Christvesper, das Lauschen an der Tür kurz vor der Bescherung, das Schnuppern in der Luft, all die bunt eingepackten Geheimnisse heimlich erspäht durch das Schlüsselloch. Das kleine Jesuskind aus Wachs in der Krippe…zauberhaft, geheimnisvoll.
Mit der Zeit schrumpfte das Geheimnis, nicht nur der Weihnachtsmann entpuppte sich als mein Onkel, auch die in bunt-glitzerndes Papier eingewickelten Geschenke – längst keine Geheimnisse mehr, allenfalls noch Überraschungen – wurden immer vorhersehbarer und die alten Mythen um das Jesuskind verloren an Kraft. Die „Weihnachtsentzauberung“ schreitet fort. Mancher Weihnachtstraum von einem perfekt inszenierten Heiligabend entpuppt sich oft schon im Vorfeld als Albtraum. Hektik, Stress und ein Maß an Harmonierwartung, das unweigerlich in Enttäuschung enden muss. Erschlagen von einem Heer von Jesusmarzipankindlein können einem die festlichen Tage schon als böser Spuk erscheinen – flankiert von oft allzu süßlichen Tönen.
Und mehr noch: Das Kind in der Hütte droht mitunter zum Kitsch in den Palästen zu werden. Dann wird der süße Zauber zum faulen Zauber. Denn es gibt zu viele Hütten auf dieser Welt und zu wenig Paläste. Und dennoch – Weihnachten ist zauberhaft, geheimnisvoll. In den Hütten wie in den Palästen. Was also bleibt, wenn alle weihnachtlichen Zaubertricks offen gelegt sind? Was ist das Geheimnis von Weihnachten?
(Lesung des Predigttextes)
Groß ist das Geheimnis des Glaubens
Unser Predigttext ist ein urchristliches Weihnachtslied. Es handelt vom Weihnachtsgeheimnis. Kein esoterisches Geheimwissen wird da mit magischen Klängen besungen, keine Zauberlitanei aus kryptischen Formeln gemurmelt. Der Predigttext spricht eine klare Sprache. Ganz ohne Jesus-Kind-Romantik. Jenseits aller Sentimentalitäten und Rauschgoldengelphantasien. Unser Weihnachtlied hätte wohl kaum Chancen, in diesen Tagen aus Kaufhauslautsprechern zu erklingen. Rührselig vertonen lassen sich solche Verse nicht. Und in diesen sechs Zeilen eine geeignete Grundlage für ein Krippenspiel zu entdecken, gelingt mir jedenfalls nicht so recht. Fast spröde muten die Worte an. Kein Stimmungshit und kein anmutiges Weihnachtskartenmotiv. Eher eine schlichte Bekanntmachung, eine Nachricht, und zwar eine frohe: Christus ist im Fleisch offenbar – oder: „das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit.“ (so lautet es in einem anderen urchristlichen, nicht weniger spröde anmutenden Weihnachtslied: Joh 1,14a).
In Christus ist Gott in der Sphäre des Menschlichen offenbar, das heißt: nichts Menschliches ist fern von Gott: kein Leiden, keine Anfechtung, auch nicht der Tod. Die Erscheinung Gottes im Fleisch verfolgt dabei keinen kosmologischen Geheimplan zur Rettung der Welt und ihrer menschlichen Bewohner, auch die himmlischen Sphären nehmen Anteil an diesem Geschehen: „Erschienen den Engeln“ – heißt es da. Dass Gott „im Fleisch“, dass Gott Mensch ist, geht auch den Himmel etwas an. Und dieses Ereignis gestaltet sich auch auf Erden nicht als geheimer Akt, keine göttliche Winkelmesse wird da zelebriert, kein Ritual hinter verschlossenen Türen vollzogen. Sondern dieses Ereignis wird den Heiden gepredigt, jedem und überall. Die Konsequenz: die Welt glaubt, der Himmel verherrlicht. Klare Worte für eine klare Sache: In Christus ist Gott da – in jedem Winkel. Im Himmel wie auf Erden. Ein offenes Geheimnis, dem der glaubt…
Gott ist da – in allem, was lebt
„Die Geschenke, die ich als Kind an Weihnachten bekam, habe ich alle schon vergessen. Aber Jahr für Jahr stellt sich für mich zur Weihnachtszeit ein besonderes, unverwechselbares Gefühl ein; das verliere ich nie (…) die Weihnachtsgeschichten und -lieder tragen mich jedes Jahr wieder in der Erfahrung des Besonderen.“ (Norbert Blüm, zitiert von Hinrich Buß) – so hat einmal der Politiker Norbert Blüm seine Weihnachtserfahrung in Worte gefasst: die Erfahrung des Besonderen.
Das Leben ist mehr als es auf den ersten Blick scheint. Weil Gott da ist. Weil unser Leben, so alltäglich, banal es auch sein mag, eine Tiefendimension hat. Alles, was ich sehe, ist von Gott berührt. Mitten im Leben gibt es sie, jene „magische[n] Ort[e] des Absoluten und der Transzendenz, wo das Wort ein Gesang ist, das Gehen ein Tanz, den es nicht gibt auf Erden. Aber wir gehen ihm entgegen (Michel Houellebecq, S. 133).“ Unser Alltag ist von einer heiligen Poesie überzogen. Gerade das Allzumenschliche entpuppt sich auf den zweiten Blick als göttlich, die graue Fläche verwandelt sich in ein buntes Bild. ER ist da. Und das auch in den dunkelsten Stunden, in den tiefsten Schluchten und verborgensten Winkeln der fleischlichen Sphäre. All unser Schmerz ist nicht nur Schmerz. Das Fleisch hat nicht das letzte Wort. Ewigkeit umgreift jede Vergänglichkeit. Diese Weihnachtsbotschaft ist kein Stimmungsaufheller für ein angenehmes Lebensgefühl, sondern das Geschenk des Lebens selbst. Die Logik der Welt löst sich im Geist der Liebe auf. Dieses Geheimnis wird Weihnachten offenbar.
Gott ist im Menschlichen verankert. Und in jedem Menschen. Jedem diffusen, differenzierenden und verschleiernden Reden über den Wert und die Würde des Menschen steht die klare Botschaft von Weihnachten gegenüber: „Gott ist im Fleisch offenbar.“ Das macht jeden Menschen heilig und zum Geschenk. Den in den Hütten und den in den Palästen. Den schön verpackten ebenso wie den, der nicht so gut duftet. Den Starken wie den Schwachen. Den, dem wir freudig entgegenlaufen, wie den, bei dem wir versucht sind die Straßenseite zu wechseln. „Wenn sich aber das schöne versteckt hält, im suff und im unförmigen körper, in einer trägen bewegung, in einem unempfindlichen herzen, muß ich es suchen gehen. Die gewißheit das schöne zu finden in allem was lebt, nennen wir seit alters her gott. Gott ist überall, sie lockt uns durch schönheit zu sich, wir finden gott in jedem menschen.“ (D. Sölle).
Gott ist da – auch in den grauen und dunklen Ecken unseres Lebens, in jedem Winkel und in jedem Menschen scheint das Licht seiner Herrlichkeit, oft auch unbemerkt. Wie das Sonnenlicht, das sich hinter einem grau verhangenen Himmel erahnen lässt. ER ist da. So und nicht anders lautet die Botschaft von Weihnachten. Überall da, wo diese Gewissheit ergriffen, diese frohe Nachricht geglaubt wird, ist die Botschaft von Weihnachten ein offenes Geheimnis. „Groß ist das Geheimnis des Glaubens!“
Der Abend, wo das Gehen ein Tanz ist …
Gott ist da – nicht immer spüren wir diese Gewissheit. Doch Weihnachten kann eine Zeit sein, in der die Erfahrung des Besonderen sich verdichtet. Der wolkenverhangene Himmel wird durchlässig. Dann, wenn wir die Augen schärfen für festlichen Glanz, die Stimme erheben zum feierlichen Lied und die Herzen öffnen für den Menschen neben uns. Dann, wenn wir nicht in Rührseligkeit untergehen, sondern die Seligkeit suchen. Gott legt es in dieser Nacht offen, das Geheimnis seiner Gegenwart. Heiligabend ist der magische Abend des Absoluten und der Transzendenz, wo das Wort ein Gesang ist, das Gehen ein Tanz. Denn „uns ist heute der Retter geboren! (Lk 2,11)!“ In den Hütten wie in den Palästen.
Amen.