Weihnachtliche Feinabstimmungen

Gott beschenkt uns mit Wohlwollen

Predigttext: Galater 4,4-7
Kirche / Ort: Lübeck
Datum: 25.12.2007
Kirchenjahr: Christfest (1)
Autor/in: Pastor Heinz Rußmann

Bibeltext: Galater 4,4-7 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)

4 Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und unter das Gesetz getan, 5 damit er die, die unter dem Gesetz waren, erlöste, damit wir die Kindschaft empfingen. 6 Weil ihr nun Kinder seid, hat Gott den Geist seines Sohnes gesandt in unsre Herzen, der da ruft: Abba, lieber Vater! 7 So bist du nun nicht mehr Knecht, sondern Kind; wenn aber Kind, dann auch Erbe durch Gott.

Vorbemerkungen

Am ersten Weihnachtstag kann der Prediger mit nachdenklichen Zuhörern rechnen, welche Weihnachten nach dem Weihnachtstrubel in Ruhe noch einmal tiefer verstehen möchten. Dazu paßt, daß der Predigttext auf Perspektiven aufmerksam macht, welche am Heiligabend leicht übergangen werden. Zum Verständnis des Predigttextes: In Galatien, inmitten der heutigen Türkei, hatte Paulus sehr erfolgreich missioniert. Die Galater, wie auch der Name nahelegt, eingewanderte Kelten, hatten das gesetzesfreie Christentum des Paulus für Heidenchristen intensiv und begeistert aufgenommen. Dann aber waren Judenchristen gekommen, welche sich nicht an die Abmachungen des Apostelkonzils nach Apostelgeschichte 15 hielten und hatten den Galatern eingeschärft, daß sie die über sechshundert Gebote des Alten Testaments und die Beschneidung halten müßten, um von Gott anerkannt zu sein. Paulus sah ganz klar: wenn die Anerkennung von Gott durch Gebotserfüllung kommt, braucht man Christus –als Gottes Sohn zu uns von Gott gekommen- nicht und er ist umsonst für uns gestorben ( vgl. Gal 2,21 ). Er sah seine ganze Mission für Jesus Christus stark gefährdet und schrieb deswegen im sehr entschiedenen Ton den Brief an die Galater , wie später an die Römer: Wir werden von Gott gerechtfertigt und anerkannt ohne die Gesetzeswerke allein durch den Glauben an Christus, der in mir lebt. Ich werfe nicht weg die Gnade Gottes! In diesem Zusammenhang formuliert Paulus die Worte des Predigttextes. Die Judenchristen sind aus seiner Sicht noch unmündige Erben. Sie halten gegen das, was Jesus gebracht, an einer überholten Epoche der Heilsgeschichte fest. ( vgl. Gal 4,1-3) Inzwischen hat Gott mit der Geburt Jesu und seinem Wirken die nächste Stufe der Heilsgeschichte begonnen: Seit Weihnachten sind wir als Geschwister Jesu Gottes Kinder, nicht mehr Untergebene, die ängstlich die Gebote erfüllen aus Anpassung oder Angst vor Strafe. Als geliebte Kinder Gottes werden wir frei und gern uns in seinem Sinne engagieren. Weihnachten feiern wir also den Beginn dieser neuen Epoche! Dahinter steht bei Paulus durchaus auch apokalyptisches Denken: nach den Visionen des Propheten Daniel 7 folgt auf die grausamen Weltreiche z.B. der Babylonier und Römer, die durch wilde Tiere symbolisiert werden, am Ende das humane Reich des Menschensohns, d.h. für Christen: von Jesus Christus. Der Beginn einer neuen Epoche der Heilsgeschichte und der Menschheit, das müßte Weihnachten im Vordergrund stehen, wenn wir Paulus folgen wollen! Man sollte bedenken, daß auch für die Weltreligion des Hinduismus Jesus eine der Verkörperungen ihres Hauptgottes d.h. Krischna ist. Deswegen haben sie vermutlich keine Schwierigkeiten, die Weihnachtsgeschichte zu akzeptieren: So hat sich Gott irgendwann mal in diese Welt begeben, natürlich aber auch vielfältig anders. Für uns Christen aber ist Weihnachten das entscheidende Ereignis der Weltgeschichte: Gott beginnt durch Jesus eine neue Epoche der Geschichte Gottes mit der Menschheit. Hans Küng macht darauf aufmerksam, daß Jesus schon lange alle Religionen beeinflußt und reformiert hat zu mehr Humanität, weniger Aberglauben, reinerem Glaubens an Gott! Und der grandiose katholische Denker und Visionär Teilhard de Chardin - heute viel zu wenig beachtet- schaut, daß mit der Geburt Jesu die letzte Epoche der Menschheit bis zur Vollendung begonnen hat. Als die Zeit erfüllt war, das heißt für ihn als Christen, der eine universale Evolution vertritt: Ziel der Schöpfung ist erstmal das Leben, Ziel der Lebewesen ist der Mensch, Ziel des Menschen und der Heilsgeschichte ist der ideale Mensch, der auf das Endziel zugeht, Jesus Christus. Ziel des Christus und seiner Epoche Christosphäre ist die Vollendung bei Gott, das ewige Reich Gottes!

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Liebe Gemeinde!

Ich wünsche Ihnen weiter ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest! Gestern haben die meisten von uns Weihnachten gefeiert mit schönem Essen, Geschenken und leuchtenden Kinderaugen vor glänzenden Christbaumkugeln, Trubel und schöner Musik! Gestern stand im Gottesdienst die Weihnachtsgeschichte des Lukas im Vordergrund! Gestern haben wir uns um das Kind in der Krippe in Bethlehem mit Maria und Josef versammelt. Wie die Hirten und die Könige haben wir Gottes Ankunft in der Welt gefeiert! Heute aber wollen wir mit dem Predigttext aus dem Galaterbrief versuchen tiefer zu verstehen, worum es Weihnachten geht: Als die Zeit erfüllt war

Der Apostel Paulus schreibt an die Christen in Galatien in der heutigen Türkei: Als die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von Maria und damit wir Kinder Gottes werden. Dieser Satz rührt an eins der tiefsten Geheimnisse unserer Welt: erst als die Zeit erfüllt war, sendet Gott seinen Sohn in unsere Welt, uns zum Heil. Die Frage stellt sich, warum Gott erst vor zweitausend Jahren Jesus in unsere Welt geschickt hat und nicht von Anbeginn? Seit es Menschen gibt warten sie auf ihre Weise auf das Kommen Gottes in unsere Welt. Aber der bedeutende Theologe Paul Tillich hat einmal herausgestellt, daß nur im Volk Israel und seiner Heilsgeschichte das Kommen Gottes durch seinen Sohn recht vorbereitet worden ist. Nur dort hatte man ihn so erwartet, daß man an ihn glauben konnte, als er in dieser Welt erschien. Wenn er vor z.B. vor viertausend Jahren bei unseren kriegerischen germanischen Vorfahren in ihren dunklen Wäldern erschienen wäre, hätte man ihn nicht

verstanden. Durch die Weissagungen der Propheten warteten die Israeliten ganz intensiv und sehnsüchtig auf den Messias. Das Jahr Null der Geburt Jesu und den Ort Bethlehem in Israel hatte Gott sich also ganz großartig ausgesucht, damit Jesus und seine Sache sich weltweit ausbreiten konnten. Weihnachten danken wir Gott von Herzen, daß er durch Jesus zur rechten Zeit am rechten Ort zu uns gekommen ist. (Zu dieser grandiosen Feinabstimmung Gottes paßt, daß die Weihnachtsgeschichte des Lukas: Es begab sich aber zu der Zeit… die bekannteste Geschichte der ganzen Menschheit durch die Jahrtausende für alle Völker ist.! Goethe und Harry Potter und Hemingway usw. sind dagegen Eintagsfliegen ! )

Der Unterschied zwischen Liebe und Berechnung

Weihnachten feiern wir, dass mit Christus eine ganz neue Zeit für uns beginnt! Mit der Geburt von Jesus Christus beginnt eine neue Epoche der Menschheit! Durch Jesus werden wir Geschwister und Freunde vom Sohn Gottes und deswegen auch wie Jesus zu Kindern Gottes. Das ist ein Anlaß zur großen Weihnachtsfreude! Denn sonst sind in allen Religionen die Gläubigen mehr oder weniger Untergebene und Knechte Gottes. Deswegen dürfen Moslems Gott auch nicht als Vater anreden.

Die Religionen meinen verbreitet, daß die Welt in Ordnung kommt und allgemein Friede herrscht, wenn alle Menschen die göttlichen Gebote halten. Paulus war selbst ein gesetzestreuer Pharisäer und Israelit. Deswegen verfolgte er zuerst die Christen, weil sie mit ihrem Christus gegen die Gebote verstießen. Aber durch Jesus hatte er gelernt, daß reine Gerechtigkeit und Ordnung und Ehrlichkeit überhaupt nicht ausreicht, damit unser Leben gelingt. Bei Jesus hatte er gelernt, daß Gerechtigkeit immer mit Liebe verbunden sein muß, damit wir aufatmen können.

Das gilt immer und zu Weihnachten erst recht! Jedes Weihnachtsgeschenk, dem wir anmerken, daß es nur pflichtgemäß oder gar aus Berechnung überreicht wurde, hat für uns wenig Wert. Es ist wie der routiniert gedruckte Weihnachtsbrief unserer Bank! Jedes noch so kleine Geschenk aber, mit Liebe ausgesucht , erwärmt unser Herz, weil wir bewußte Liebe dahinter spüren! Der Schriftsteller Kurt Kusenberg beschrieb es mal so: Neben den üblichen Buchgeschenken, Schallplatten und Weinflaschen bekam er zu Weihnachten eine Brieftasche aus Sperrholz gesägt und einen Pfeifenständer, aus Draht und Backpflaumen gebastelt. Nur der Mensch, der ihn am meisten liebte hatte richtig erahnt, daß er sich ein Lederetui für seine Tabakpfeife ersehnt hatte. Liebe, verbunden mit Intuition und Mitgefühl , darum geht es!

Mit Jesus hat Gott uns Menschen mit Liebe und Einfühlung das schönste und passendste Geschenk gemacht. Wenn Gott nur gerecht wäre, hätte er stattdessen erst einmal einen Strafengel geschickt. Mehr als wir je verdient haben, werden wir Weihnachten aus väterlicher Liebe von Gott beschenkt. Er schenkt uns seinen Sohn! Schon jedes Kind begreift, wie gut es Gott meint mit uns, wenn es das Jesus-Kind in der Krippe sieht!

Wir sind Kinder Gottes

Weihnachten feiern wir richtig, wenn wir dieses Geschenk annehmen, und die Liebe Gottes durch unsere Geschenke weitergeben. Auch Menschen, die am Rande stehen oder mit denen wir uns verkracht haben sollten wir etwas Freundliches schenken! Heute schon stellt sich die Frage: Wie kann man dazu kommen, das ganze Jahr über etwas von der liebevollen Aufgeschlossenheit von Weihnachten zu verbreiten? Wir sollten uns immer daran erinnern, daß wir durch Jesus Gott ganz nahe sind und wir Jesu Geist und Liebe in uns tragen. Paulus sagt es in unserem Predigttext so: Weil ihr durch Jesus Kinder Gottes seid, hat Gott den Geist seines Sohnes gesandt in unsere Herzen, der da ruft: Abba, lieber Vater!

Heute gibt es eine aktuelle Bekräftigung aus der Naturwissenschaft, daß wir Gottes Kinder sind, von Gott gewollt und erwünscht sind. Naturwissenschaftler (Stephen Hawkins) haben das anthropische Prinzip entdeckt: Wenn man das Weltall und die Evolution erforscht, kann man durchaus den Eindruck gewinnen, daß ein gütiger Schöpfer diese Erde so geplant hat, daß menschliches Leben hier entstehen konnte. Wenn die Naturkonstanten wie die Anziehungskraft und z.B. die Temperatur auf der Erde anders wären, hätte es uns Menschen nie gegeben. Ein wohlwollender Schöpfer hat uns geplant und das Leben geschenkt!

Das Wichtigste

Das wichtigste zu Weihnachten am Schluß! Paulus ruft uns zu : Als Brüder und Schwestern sollen und können wir uns als Kinder Gottes fühlen. Wir sind keine Waisenkinder im Weltall und keine merkwürdigen Denkspezialisten im sinnlos und irre großen Weltall! Paulus ruft uns zu: seit Christus geboren ist, könnt ihr vertrauen, daß der große Schöpfer jeden von Euch kennt und liebhat! Alles können wir zusammenfassen in dem Liedvers: Sag`s den Kindern allen, daß ein Vater ist, dem wir wohlgefallen, der uns nie vergißt!

Frohe Weihnachten!

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