Lebendige Steine

Kirche, Gemeinde als geistliches Haus

Predigttext: 1.Petrus 2,1-10
Kirche / Ort: St. Martinskirche, 32139 Spenge
Datum: 29.06.2008
Kirchenjahr: 6. Sonntag nach Trinitatis
Autor/in: Pfarrerin Brigitte Janssens

Predigttext: 1. Petrus 2, 1-10 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)

1 So legt nun ab alle Bosheit und allen Betrug und Heuchelei und Neid und alle üble Nachrede 2 und seid begierig nach der vernünftigen lauteren Milch wie die neugeborenen Kindlein, damit ihr durch sie zunehmt zu eurem Heil, 3 da ihr ja geschmeckt habt, daß der Herr freundlich ist. 4 Zu ihm kommt als zu dem lebendigen Stein, der von den Menschen verworfen ist, aber bei Gott auserwählt und kostbar. 5 Und auch ihr als lebendige Steine erbaut euch zum geistlichen Hause und zur heiligen Priesterschaft, zu opfern geistliche Opfer, die Gott wohlgefällig sind durch Jesus Christus. 6 Darum steht in der Schrift (Jesaja 28,16): »Siehe, ich lege in Zion einen auserwählten, kostbaren Eckstein; und wer an ihn glaubt, der soll nicht zuschanden werden.« 7 Für euch nun, die ihr glaubt, ist er kostbar; für die Ungläubigen aber ist »der Stein, den die Bauleute verworfen haben und der zum Eckstein geworden ist, 8 ein Stein des Anstoßes und ein Fels des Ärgernisses« (Psalm 118,22; Jesaja 8,14); sie stoßen sich an ihm, weil sie nicht an das Wort glauben, wozu sie auch bestimmt sind. 9 Ihr aber seid das auserwählte Geschlecht, die königliche Priesterschaft, das heilige Volk, das Volk des Eigentums, daß ihr verkündigen sollt die Wohltaten dessen, der euch berufen hat von der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht; 10 die ihr einst »nicht ein Volk« wart, nun aber »Gottes Volk« seid, und einst nicht in Gnaden wart, nun aber in Gnaden seid (Hosea 2,25).

Exegetische (I) und homiletische (II) Vorbemerkungen

I. In seiner stilistisch perfekten Briefform wie in der assoziativen Struktur seiner Gedankenführung ist der erste Petrusbrief vergleichbar einem Rundschreiben, das mit der Fülle und der allgemeinen Verständlichkeit seiner Bilder weit über die frühen Gemeinden Kleinasiens Menschen aller Zeiten und an allen Orten erreichen will. Dies relativiert die Frage nach dem Verfasser sowie der Datierung des Briefes, lässt sich doch Eines festhalten: die christliche Gemeinde stellt in ihrer Umgebung eine religiöse Minderheit dar, die sich gerade aufgrund ihres christlichen Bekenntnisses, Glaubens und Lebenswandels ideologisch und ideell, kultisch und kulturell, soziologisch und moralisch unterscheidet von ihren Mitmenschen. Damit werden die Christen zum Stein des Anstoßes, bisweilen auch zu Ausgestoßenen, weil sie sich weder einfügen lassen in die herrschende Mehrheit von Menschen und Meinungen, noch sich begnügen mit dem Anspruch, eine unter vielen möglichen Glaubens- und Lebensformen gewählt zu haben. Zwar fordert der Verfasser des Briefes an keiner Stelle seines Schreibens dazu auf, aktiv auf eine Veränderung von Welt und Gesellschaft hinzuwirken, doch bestärkt er seine Leserinnen und Leser darin, das Unterschiedensein, ja auch das Leiden unter den je eigenen Zeitgenossen und Zeitumständen nicht nur schicksalhaft ergeben hinzunehmen, sondern zu begreifen als Herausforderung, der es sich getröstet und getrost, beharrlich und aktiv zu stellen gilt. Um es in Bildern – nicht allein des Petrusbriefes- auszudrücken: auch die kleine christliche Gemeinde ist Sand im Getriebe, Salz in der Suppe, schützende Herberge im großen Weltenhaus, die – gebaut auf einem festen Fundament – den Stürmen der Zeit und des Lebens gewachsen ist – weil sie um ihren Bauherrn weiß. Um die Kraft solcher Bilder weiß der Verfasser des ersten Petrusbriefes, und allein die vorgeschlagene Perikope bietet davon eine ganze Fülle angesichts derer es sich zu entscheiden gilt. Das Bild von der Milch und vom Schmecken beherrscht den ersten Teil des Predigttextes, die Verse 1-3, die eigentlich als Abschluss, aber auch als in sich verständliche Zusammenfassung der vorangehenden Ausführungen zu lesen sind. Das Leben des Christen ist ein anderes Leben, das sich klar abgrenzt und unterscheidet von dem der Umwelt (vgl. Vers 1, in dem von den abzulegenden Lastern die Rede ist). Und das Leben der Christen ist ein neues Leben, das – wenn es wachsen will – wie ein Säugling angewiesen ist auf die „vernünftige, lautere Milch“ (V.2). br> Das Bild von den Steinen und vom Bauen bildet zum einen die Brücke zu den zahlreichen biblischen Bezügen ins Alte Testament und untermauert darin die Festigkeit und Stabilität des Fundamentes, die in Christus als dem Eckstein gegeben ist. Dieser stabile Eckstein ermöglicht einen weiteren Aufbau und Ausbau aus lebendigen Steinen, der in seiner Dynamik keine Grenzen in Raum und Zeit hat. Dabei wird sowohl die Lebendigkeit der Steine einfordert ( V. 5 erbaut euch!), als auch das Bild Gottes als des Grundstein legenden Bauherrn wach gehalten, als stärkender Trost und als lebendige Hoffnung überall da und immer dann, wenn der Eckstein sich als Stein des Anstoßes erweist. II. Zum Kirchenjahr Die Lesungen wie auch das Wochenlied zum 6. Sonntag nach Trinitatis stellen unweigerlich das Thema „Taufe“ in den Mittelpunkt, auch wenn dies im PT keine explizite Erwähnung findet, und es exegetisch keineswegs sicher ist, ob der Brief ursprünglich als Rede anlässlich einer Tauffeier formuliert worden ist, oder gar seinen Platz darin hatte. Wie dem auch sei, eignet er sich in jedem Fall als „Tauferinnerung“, nämlich – ohne über die Taufe direkt zu sprechen - als Vergewisserung des eigenen Glaubens, als Trost in so mancher Glaubensanfechtung oder Lebenskrise, als Stärkung der Hoffnung angesichts von so vielen Gründen zur Resignation, kurz um: Der PT macht Mut, einzuziehen und mitzubauen am Haus der lebendigen Steine (=Gemeinde), denn es hat ein festes Fundament und es ist ein Ort, an dem Viele und Vieles Geborgenheit findet. Zur gottesdienstlichen Gemeinde Der 29. Juni 2008 ist in Nordhein-Westfalen der erste Sonntag in den Sommerferien. Das ist auch spürbar am Gottesdienstbesuch, wo sich mehrheitlich die Kerngemeinde zusammenfindet, die Trost erwartet oder Vergewisserung im Glauben sucht. Die Taufthematik des 6. Sonntags nach Trinitatis hat diesen Sonntag aber auch zum Taufsonntag werden lassen, sodass außer der Kerngemeinde auch die Kasualgemeinde zu erwarten ist, die zur Taufe des Kindes in den Gottesdienst eingeladen sind. Freude an geschenktem Leben aber auch das Bewusstsein, dass dieses Leben immer beides sein wird: behütet und gefährdet, lassen nach dem Lebensraum fragen, der uns und unseren Kindern Beides bietet: Freiraum und Schutz. 1. Petrus 2, 1-10 bietet die Möglichkeit, die Predigt als „Tauferinnerung“ zu gestalten, in der sich Kern- und Kasualgemeinde gleichermaßen wieder finden und angesprochen fühlen. Zur liturgischen Gestaltung Lieder: „Tut mir auf die schöne Pforte“ (EG 166) „Komm, bau ein Haus (EG 640, 1-4 RT Bayern und Thüringen) „Meinem Gott gehört die Welt“ (EG 408) „Komm, Herr, segne uns“ (EG 170) Psalm (alternativ zum Wochenpsalm): Psalm 84, 2-5

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Predigt

Liebe Gemeinde!

Komm, bau ein Haus, das uns beschützt…

Wer von uns wünschte sich das nicht? In ein solches Haus einzuziehen, in einem solchen Haus zu wohnen, von dem wir gerade gesungen haben. Wer von uns möchte nicht in einem Haus wohnen, das allem und jedem Schutz bietet, wo Bäume und Tiere, Kinder und Alte gleichermaßen ihren Ort haben, ihren Wert und ihren Spielraum, wo sie sich entfalten und einbringen können, wie sie sind – und niemand ihre Kreise stört ?

Nur ein schöner Traum?

Schade! – Ein solches Haus gibt es nicht – denken Sie? Schade! – Zu schön um wahr zu sein –bedauern Sie? Schade! – Ein Traum, der niemals Wirklichkeit wird – winken Sie ab? Doch halt, bevor wir uns enttäuscht damit abfinden, lassen sie uns hören auf unseren heutigen Predigttext aus dem 1. Brief des Petrus. In einem Rundschreiben an alle christlichen Gemeinden, also auch an uns hier in Spenge, fordert er uns auf, gerade an diesem Haus mitzubauen.

(Lesung des Predigttextes)

Der Traum ist schon Wirklichkeit

Es gibt es also tatsächlich, dieses Haus, das uns beschützt. Allerdings ist es noch nicht fertig. Der Grundstein ist gelegt. Gott selbst hat ihn in seinem Sohn Jesus Christus als Eckstein gesetzt. Und seither entsteht und wächst es überall da, wo sich die Gemeinde Jesu Christi zusammenfindet und sich jede und jeder als einer von vielen lebendigen Steinen mit einbringt als Miterbauer dieses Hauses Gottes, dieser schützenden Herberge für Kleine und Große, Pflanzen und Tiere mitten in dieser Welt. Aufgefordert und gefordert sind wir also, mitzubauen und weiterzubauen am Haus der lebendigen Steine, am Haus, das uns beschützt. Dazu fordert uns der Predigttext auf:

(V. 5) Und auch ihr als lebendige Steine erbaut euch zum geistlichen Hause…

Dazu haben wir einander eben auch im Lied gegenseitig aufgefordert, ermutigt und ermuntert: “Komm, bau ein Haus…” – Leicht gesagt, aber schwer getan! Denn: Wie kann ich zum Miterbauer dieses Hauses werden? Und: Welche Aufgabe kommt auf mich zu als lebendiger Stein?

Wie kann ich zum Miterbauenden dieses Hauses werden?

Es ist, als wolle uns Petrus gerade in diesem Gottesdienst, in dem wir den kleinen Tim taufen, mit seinen Worten, nein, mit seinen Bildern, die Augen dafür öffnen: Mit seiner Taufe wird Tim nicht nur zum Mitglied unserer christlichen Gemeinde, zum Mitbewohner im Hause Gottes. Er soll – wenn er größer ist – auch selber daran und weiter mitbauen.

…mit der „vernünftigen, lauteren Milch“ Geschmack am Leben bekommen

Um dies auch selber zu wollen und zu können ist er angewiesen auf die „vernünftige, lautere Milch“ wie jetzt noch auf die Muttermilch, die er zu schmecken bekommt. Schmecken – eine elementare menschliche Erfahrung, die uns von Kindheit an bis ins hohe Alter begleitet und uns alle miteinander verbindet. Mit der Muttermilch spürt der Kleine zugleich immer auch die Nähe, die Fürsorge, die Liebe seiner Mutter. Er weiß, er kann sich geborgen fühlen. Hier meint es jemand gut mit mir. Die Milch ernährt das Kind, es wächst heran und es lernt seinen eigenen Geschmack zu entwickeln:

Das schmeckt gut – das schmeckt schlecht, dieses süß und jenes bitter, das eine ist geschmackvoll – das andere ist geschmacklos. Der Geschmack, – er ist etwas sehr Individuelles, etwas sehr Eigenes im wahrsten Sinne des Wortes. Denn niemals könnte ich zu einem anderen sagen: das schmeckt dir!

Geschmack entwickeln wir jedoch nicht allein beim Essen und Trinken, auch in allen anderen Lebensbereichen gilt es den eigenen Geschmack zu entwickeln, das eigene Ich zu entwickeln, die eigene Identität zu finden. Ich lerne nicht nur die allgemeinen Wertmaßstäbe kennen, nicht nur die herrschende Moral, sondern entdecke zudem: Das ist gut für mich – das schadet mir, ich entdecke meine Begabungen und muss es lernen, zu meinen Schwächen zu stehen, entdecke, wer und was mir wichtig ist, an Menschen, Meinungen und Überzeugungen, bekomme Geschmack am Leben – an meinem Leben.

Das alles scheint der Verfasser des Petrusbriefes vor Augen und im Sinn zu haben, wenn er schreibt (V.2-3): und seid begierig nach der vernünftigen lauteren Milch wie die neugeborenen Kindlein, damit ihr durch sie zunehmt zu eurem Heil, da ihr ja geschmeckt habt, daß der Herr freundlich ist. Wir alle sind also angeredet als Menschen, die die Güte Gottes geschmeckt haben, nicht nur davon gehört, sondern am eigenen Leibe erfahren, mit allen Sinnen und in einer Tiefe, die mit Worten vielleicht nur schwer zu beschreiben ist. Ganz wunderbar zusammengefasst hat dies Eugen Drewermann, wenn er seiner Auslegung der Kindheitsgeschichte Jesu den Titel gab: „Dein Name ist wie der Geschmack des Lebens“. Denn darum geht es im PT, dass unser Glaube und unsere Orientierung an Jesus Christus uns die Güte Gottes schmecken lässt, und wir Geschmack am Leben haben bzw. immer wieder finden.

….im Stein des Anstoßes den Eckstein erkennen

Denn gerade diesen Menschen wandte Jesus sich zu: denen, die den Geschmack am Leben verloren hatten, weil sie nicht dazugehörten, ausgegrenzt waren als zu krank oder zu verrückt, als zu jung oder als zu alt, weil sie anders dachten oder anders lebten als die herrschende politische, gesellschaftliche oder religiöse Mehrheit. Alle Grenzen überschreitend führte ihn sein Weg zu denen, die in ihrer Welt keinen Ort mehr fanden, der ihnen Schutz gewährte und Herberge wurde, Ort des Angenommenseins. Doch in seiner Nähe finden sie Ruhe und Beruhigung, Angenommensein und Fürsorge, Beruhigung und Ruhe, Trost und neue Hoffnung, sodass sich ihr Leben neu zu ordnen beginnt, sie ihr Ich wieder finden, ihren unverlierbaren und unverwechselbaren Wert, eben ihren Geschmack an ihrem Leben.

Genau das ist es aber, was den Gegnern Jesu bitter aufstößt. Dieser Jesus ist so gar nicht nach ihrem Geschmack. Dieser Jesus bringt einen Stein ins Rollen, setzt eine Bewegung in Gang, die ihnen äußerst gefährlich erscheint. Denn wo Menschen sich selber finden und entdecken, wo sie lernen „ich“ zu sagen und sich so anzunehmen wie sie sind, wo die Liebe Gottes größer geschrieben und stärker empfunden wird als Gesetz und Ordnung, als Rang und Namen, da ist die Ordnung gefährdet, das System bedroht.

So groß ist die Sorge der religiösen und politischen Gegner Jesu, dass sie – kaum dass er angefangen hat zu wirken – bereits beschließen, ihn, den Stein des Anstoßes, aus dem Weg zu räumen – gründlich und endgültig, ein für alle mal. Doch selbst der Tod ist nicht imstande, die Güte zu besiegen, die von ihm ausgeht und die Gott jedem und jeder von uns zugedacht hat, den Kindern wie den Alten.

So setzt sich diese Geschichte Jesu fort bis in unsere Tage. An seiner Person, an der Güte Gottes, scheiden sich die Geister. Da gibt es nur ein entweder –oder, kein sowohl –als auch. Bis heute wird Jesus der Stein des Anstoßes bleiben. Er wird denen, die im Überfluss leben, überflüssig vorkommen, für alle Sturen störend sein, für alle Überlegenen ungelegen kommen, für alle Annehmlichen unangenehm auffallen, für alle Bequemen absolut unbequem erscheinen.

Nach wie vor, bis heute, wird er aber auch der kostbare Eckstein sein, das Lebensfundament und die Lebenskraft für all die Kleinen und die Alten, für alle Armen und Trauernden, für alle Kranken und Schwachen, für alle Anstößigen und Ausgestoßenen. Aus totem, leblosen Gestein, aus Menschen, die sich wie versteinert fühlten, weil ihnen jeder Geschmack am Leben geraubt oder abhanden gekommen war, werden durch Jesus lebendige Steine, wertvolle Steine, mit denen Gott sein Haus bauen will – als schützende Herberge mitten im großen Weltenhaus.

Welche Aufgabe kommt auf mich als lebendiger Stein zu?

Dabei hat jeder Stein sein eigenes Gepräge, seine eigene Identität, sein eigenes Ich. Und jeder Stein darf auch, ja muss auch, sei eigenes Gepräge behalten. Unsere alte St. Martinskirche – aus Bruchstein gebaut – ist ein gutes Beispiel dafür: wenn man einmal von außen um die Kirche herumgeht und sich das Mauerwerk anschaut, wird man auch hier feststellen: Kein Stein gleicht dem anderen. Und jeder hat sein ureigenes Gesicht. Und doch passt jeder, so wie er geformt ist, gerade nur an diese eine Stelle. Jesus Christus schleift uns nicht glatt, sodass ein Stein haargenau dem anderen gleicht.

Nein, mit unserem ureigenen Gepräge, in unserer Einmaligkeit macht er uns gemeinschaftsfähig. Denn erst gemeinsam, gemeinschaftlich können wir vielen Unterschiedlichen zu dem einen Haus Gottes beitragen, darin unseren Ort finden, daran mitbauen. Die Steine für die Wände müssen andere sein als für die Tür- und die Fensterrahmen. Wieder andere Steine setzen sich zu den Stufen oder dem Fußboden zusammen. Und wieder andere bilden das Gewölbe. So wird jeder und jede entsprechend seinem Gepräge, entsprechend seinen Gaben eingesetzt. Und es ist zugleich gewährleistet, dass niemand unterfordert oder überfordert ist. Denn jeder tut nicht mehr, aber auch nicht weniger, als was sie gerade kann. Und jede wird unterstütz und getragen von einem anderen, in dem, was sie gerade nicht kann.

Auf diese Weise werde ich zwar nie das Gesamtbauwerk sehen. Aber das brauche ich ja auch nicht, ist es doch niemals fertig, sondern wächst jeden Tag weiter und neu. Viel wichtiger ist doch, dass sich mich getragen weiß, von dem, der unter mir ist, gehalten von dem der neben mir ist, und dass ich selber eine Aufgabe habe: zu stützen den, der über mir ist, zu halten den, der neben mir ist – und mich gemeinsam mit den anderen verlassen kann, der unter uns allen ist. Denn unten – nicht oben – ist Jesus. Und als Grundstein, als Fundament, sorgt er dafür, dass auch nicht der kleinste Kieselstein herausfallen kann aus dem Hause Gottes oder im Boden versinken muss.

In diesem Miteinander, in diesem gemeinsamen Gegründet sein, in diesem gegenseitigen Geben und Nehmen, entsteht und wächst das Haus Gottes, das Haus, das mehr ist als nur eine Unterkunft, sondern das Haus, das Schutz, Fürsorge; Geborgenheit und Zuflucht bietet für all die unbehausten Menschen unserer Tage

 Gottes Haus hat offene Türen für Viele und Vieles

Gottes Haus hat offene Türen. In ihm ist Platz für alle Menschen: für die Kleinen, die – wie unser Täufling – die neu dazu kommen, für die Jungen, die ihren Weg nicht finden und Orientierung brauchen genauso wie für die Alten, denen das Leben ihre Kraft abgekauft hat, für alle schwachen und Gescheiterten, die nach Anerkennung, Geborgenheit und neuer Kraft suchen, für alle Ungeliebten, die sich nach Wärme, Herzlichkeit und Nähe sehnen, für alle Traurigen, die Trost und Beistand nötig haben.

Und nicht nur sie, nicht nur wir finden Lebensraum im Haus Gottes. Im Lied vom Anfang haben wir auch vom Baum und von den Tieren gesungen: auch unsere geschundene Schöpfung, die leidende Kreatur, die bedrohten Pflanzen und Tiere gehören mit hinein in das lebendige Haus Gottes, als die, die Gottes und unseren Schutz, seine und unsere Fürsorge brauchen.

Gottes Haus hat offene Fenster

Und das Haus Gottes hat große, offene Fenster. Die, die darin leben und arbeiten, blenden die Not der Welt nicht aus. Sie tragen dazu bei, dass am Haus Gottes grenzüberschreitend weiter gearbeitet wird. Da entstehen neue Lebensräume bis hinein ins Niemandsland der Todesstreifen, bis hinein in den letzten Winkel der Erde. Denn überall auf der Welt gilt im Hause Gottes das Sprichwort aus Afrika:

Viele kleine Leute,
die an vielen kleinen Orten
viele kleine Dinge tun,
werden das Angesicht der Welt verändern.

Darum lasst uns Gott darum bitten und uns einander immer wieder gegenseitig auffordern: Komm, bau ein Haus, das uns beschützt!

Amen

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