“Es soll Gott drin sein”

Kennzeichen eines christlichen Lebenswandels

Predigttext: Epheser 5,15-21
Kirche / Ort: Paul-Gerhardt-Kirche und Haus Bethlehem / Karlsruhe
Datum: 21.09.2008
Kirchenjahr: 18. Sonntag nach Trinitatis
Autor/in: Pfarrer i.R. Wolfgang Böhmig

Predigttext: Epheser 5,15-21(Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)

15 So seht nun sorgfältig darauf, wie ihr euer Leben führt, nicht als Unweise, sondern als Weise, 16 und kauft die Zeit aus; denn es ist böse Zeit. 17 Darum werdet nicht unverständig, sondern versteht, was der Wille des Herrn ist. 18 Und sauft euch nicht voll Wein, woraus ein unordentliches Wesen folgt, sondern lasst euch vom Geist erfüllen. 19 Ermuntert einander mit Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern, singt und spielt dem Herrn in eurem Herzen 20 und sagt Dank Gott, dem Vater, allezeit für alles, im Namen unseres Herrn Jesus Christus. 21 Ordnet euch einander unter in der Furcht Christi.

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Predigt

Liebe Gemeinde!

Gute Ratschläge?

Programme und Ratschläge zu einer weisen Lebensführung, einem vernünftigen Lebenswandel, gibt es überall und zu allen Zeiten; es gibt sie seit der Zeit der griechischen und biblischen Weisen bis zu den heutigen Ratgeberspalten und Sendungen in den Medien. Es ist allerdings nicht immer neu und auch nicht immer weise, was wir da zu hören und zu lesen bekommen; manches kommt mir vor wie der so-und-so-vielte Aufguss eines längst ausgelaugten Teebeutels: dünn und kraftlos. Da sind die 10 Gebote im Alten Testament der Bibel allemal kräftiger und griffiger – und genauso die Lebensempfehlungen der Apostel im Neuen Testament, wie wir sie heute anhand des Predigttextes hören: So seht nun sorgfältig darauf, wie ihr als Getaufte, als Menschen im Licht Gottes, euer Leben führt! Und begreift, was der Wille des Herrn ist! Nutzt eure Lebenszeit, denn die Zeit ist böse!

Vielleicht muss man ja erst alt werden, wie ich es jetzt bin, vielleicht erst durch schwere Lebenserfahrungen gegangen sein – wie ich in den letzten zwölf Monaten, um die biblischen Ermutigungen zu einem weisen Leben zu verstehen und zu schätzen. Dabei entdeckt man, dass im Alten Testament die Weisungen und Gebote Gottes unter der Überschrift stehen: Wohl dem, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen …Wohl denen, die im Gesetz des Herrn wandeln; im Neuen Testament heißt es entsprechend: Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren!

In unserem jugendlichen Freiheitsdrang und in unserem protestantischem Aufbegehren gegen angeblich unevangelische Gesetzlichkeit haben wir dieses „wohl euch“ und dieses „selig seid ihr“ meist überhört; heute, in meinem Alter und auf Grund meiner Erfahrung, höre ich das Gott-sei-Dank wieder.

Als die apostolischen Briefschreiber des Neuen Testaments an ihre Glaubenserörterungen jedes Mal auch Ermahnungen zu einem christlichen Lebenswandel, so genannte „Paränesen“, anfügten, da haben sie schon damals keineswegs immer eine ganz neue Moral erfunden; sie waren ja genauso Kinder ihrer Zeit und predigten und schrieben für ihre Zeitgenossen. Sie wussten sehr wohl, dass es zwischen Mose und Jesus noch andere weise und fromme Leute gegeben hatte. Es gibt aber ein eindeutiges biblisches Markenzeichen für die Lebensregeln und Paränesen im Alten wie im Neuen Testament: die Gottesfurcht, der Wille Gottes, unseres Schöpfers und Herrn über alles Leben und die ganze Welt.

Kennzeichen eines christlichen Lebenswandels

Die Theologin Dorothee Sölle hat vor einigen Jahren in einem Brief an ihre Kinder geschrieben: „Vergesst das Beste nicht! Ich meine damit, dass ihr Gott manchmal lobt, wenn ihr glücklich seid, so dass das Glück ganz von selbst in Dankbarkeit fließt und ihr „Halleluja!“ singt. Eins von euch hat einmal beim Besuch einer scheußlichen Kirche, in die wir euch immer bei Reisen schleppten, trocken gesagt: „Ist kein Gott drin!“ Genau das soll in eurem Leben nicht so sein, es soll „Gott drin sein“, am Meer und in den Wolken, in der Kerze, in der Musik und – natürlich –in der Liebe“.

„Es soll Gott drin sein!“ – das ist das Kennzeichen eines christlichen Lebenswandels. Dieses Motto steht fast wörtlich auch in unserem heutigen Predigttext aus dem Epheserbrief: Lasst euch vom Geist Gottes erfüllen! Ich verbinde das mit dem Satz Jesu: Wovon dann euer Herz voll ist, davon wird euer Mund überfließen. Wenn „Gott drin ist in euch“, in euren Herzen und Gedanken, dann werdet ihr wie von selbst Gott loben und ihm danken mit Psalmen und geistlichen Liedern. Lasst euch vom Geist erfüllen. Das machen wir nicht selber, das geschieht an uns, von Gott aus; und darum singen wir Christen nicht nur an Pfingsten: „Komm, heiliger Geist, und erfülle die Herzen deiner Gläubigen!“. Denn Gott hatte ja schon in alttestamentlicher Zeit seinem Volk versprochen: Ich will ausgießen von meinem Geist auf alle Menschen!

Sich bereit halten für Gottes Geist

Wenn wir dieses Erfülltwerden vom Geist Gottes auch nicht selber machen können, so können wir uns doch dafür bereithalten oder dagegen verschließen: Überlegen Sie doch einmal, was wir täglich lesen, hören und wie viele Bilder wir in uns hineinlassen. Martin Luther empfahl, wir sollten als Christen jeden Tag mit dem Kreuz-Zeichen und dem Morgengebet beginnen: „Ich danke dir, mein lieber himmlischer Vater ..“ Oder lesen Sie jeden Morgen vor dem ersten Schluck Kaffee das Herrnhuter Losungswort für den Tag und sprechen sie es laut nach: Das wird wirken. Summen, singen, pfeifen Sie ein Morgenlied. Wir sind doch nun Kinder des Lichts, also lasst uns als solche leben!

„Dass Gott drin ist“, dieses Motto lädt uns ein, die Momente der Gegenwart Gottes in unserem Leben zu entdecken und davon dann zu reden – privat und öffentlich. Ich wage es heute, Ihnen von mir persönlich zu erzählen: Vor einem halben Jahr, am 7.Tag nach meiner schweren Krebs-Operation, las ich im Losungsbuch: Du hast mir meine Klage verwandelt in einen Reigen und mich mit Freude umgürtet; damit damit ich dir lobsinge und nicht stille werde! Ich verstand das als Gottes Antwort auf mein Fragen und Grübeln, wozu ich, nach dem Tod meiner Frau, überhaupt noch weiterleben sollte. Am selben Tag erfuhr ich, dass die Ärzte meine Operation als „erfolgreich“ ansahen.

„Singt und psalmodiert Gott aus vollem Herzen und sagt ihm Dank allezeit und für alles“, heißt es hier in der Lebensanweisung des Apostels. Martin Luther hat dazu gesagt: „Wir können vor Gott kein größeres Werk tun noch einen edleren Gottesdienst erzeigen als ihm danken“. Erfahrungsgemäß gelingt das Loben und Danken besser in der Gemeinschaft als allein; darum schrieb der Apostel, wir Christen sollten einander die Psalmen und Danklieder zusingen und zusprechen, was wir darum in jedem Gottesdienst tun. Mich trägt ebenfalls das gemeinsam gesprochene Glaubensbekenntnis, selbst wenn ich heute nicht alles mitsprechen will oder kann. Sogar in tiefer Trauer und Schwermut trägt hilfreich gemeinsames Singen und Danken: Als Getaufter und von Gott bejahter Mensch gehöre ich nämlich mit in die große Lob- und Dankgemeinschaft seiner Kirche und kann beim Singen entdecken, dass „Gott drin ist“ auch in meinem Leben.

Amen.

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