Unser Leben sei ein Fest

Predigt zum Diakoniesonntag und zur Opferwoche der Diakonie

Predigttext: Lukas 14,15-24
Kirche / Ort: Lutherkirche Karlsruhe
Datum: 21.06.2009
Kirchenjahr:
Autor/in: Pfarrer em. Gerhard Leiser

Predigttext: Lukas 14,15-24 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)

15 Als aber einer das hörte, der mit zu Tisch saß, sprach er zu Jesus: Selig ist, der das Brot ißt im Reich Gottes! 16 Er aber sprach zu ihm: Es war ein Mensch, der machte ein großes Abendmahl und lud viele dazu ein. 17 Und er sandte seinen Knecht aus zur Stunde des Abendmahls, den Geladenen zu sagen: Kommt, denn es ist alles bereit! 18 Und sie fingen an alle nacheinander, sich zu entschuldigen. Der erste sprach zu ihm: Ich habe einen Acker gekauft und muß hinausgehen und ihn besehen; ich bitte dich, entschuldige mich. 19 Und der zweite sprach: Ich habe fünf Gespanne Ochsen gekauft und ich gehe jetzt hin, sie zu besehen; ich bitte dich, entschuldige mich. 20 Und der dritte sprach: Ich habe eine Frau genommen; darum kann ich nicht kommen. 21 Und der Knecht kam zurück und sagte das seinem Herrn. Da wurde der Hausherr zornig und sprach zu seinem Knecht: Geh schnell hinaus auf die Straßen und Gassen der Stadt und führe die Armen, Verkrüppelten, Blinden und Lahmen herein. 22 Und der Knecht sprach: Herr, es ist geschehen, was du befohlen hast; es ist aber noch Raum da. 23 Und der Herr sprach zu dem Knecht: Geh hinaus auf die Landstraßen und an die Zäune und nötige sie hereinzukommen, daß mein Haus voll werde. 24 Denn ich sage euch, daß keiner der Männer, die eingeladen waren, mein Abendmahl schmecken wird.

Predigt

Liebe Gemeinde!

“Keine Zeit”, sei der Rentnergruß. Das ist eine Ausrede. Jesus kennt unsere Ausreden. Lukas erzählt ein Gleichnis Jesu von Ausreden von drei Leuten, die waren zu einer Hochzeit eingeladen, hatten zugesagt und wollten dann nicht. Jesus sagte zu einem:

(Lesung des Predigttextes)

Eingeladen

Liebe Gemeinde, das ist unhöflich, persönlich eingeladen, zugesagt und dann so fadenscheinige Ausreden. Arbeit, Verdienst, Geschäft, Familie gehen vor. Die Einladung Jesu ist wie die Einladung zu einem Fest. “kommt her zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken! Matthäus erzählt diese Geschichte als Einladung zur Hochzeit eines Königs. An mittelalterlichen Kirchen sind oft außen die klugen und die dummen Jungfrauen dargestellt: Erinnerung daran, wozu wir eingeladen sind, und Mahnung, uns darauf einzustellen. “Unser Leben sei ein Fest”, dazu lädt uns Jesus ein. Am Schluß sagt der Herr: Ich aber sage euch, dass keiner der Männer (bzw. Menschen), die eingeladen waren, mein Abendmahl schmecken wird. Das war eine Ohrfeige an den Herrn, der die Erzählung Jesu ausgelöst hatte. Jesus hatte gesagt: Wenn du einlädst, lade Arme, Verkrüppelte, Lahme und Blinde ein, dann wirst du selig Sein, und es wird dir vergolten werden bei der Auferstehung der Gerechten. Da sagt der Fromme: “Selig ist, wer das Brot ißt im Reich Gottes”. Damit lenkt er ab von der Frage, wer und wen er üblicherweise einlädt – nicht die Armen, sondern die ihn auch einladen.

Schritte auf dem Weg der Nachfolge Jesu

Das könnte ein erster Schritt zur Nachfolge Jesu, zur Diakonie sein: Die Einsamen, Alleinstehenden, Alleinerziehenden, Behinderten, Sozialhilfeempfänger, Kleinrentnerinnen, Witwen und Witwer einladen. Persönlich einladen, besuchen. Dann wird sich das Weitere ergeben. Vielleicht, dass sie nicht kommen können, sich über einen Besuch unwahrscheinlich freuen. Das wäre schon ein Fest. Auch für Sie. Gönnen Sie sich doch solche Feste. Jesus lädt Sie dazu ein. Er würde sogar selber kommen und die Bitte erfüllen, die viele von Ihnen täglich sprechen: „Komm, Herr Jesu, sei Du unser Gast“. Weil gilt: Wo zwei oder drei in meinem Namen zusammen sind, bin ich auch. Ich höre, dass ein Besuchsdienst in der Gemeinde angefangen hat, dafür werden noch mehr Menschen gebraucht, die mitmachen. Fragen Sie Herrn Geier. Und wenn jemand nicht mehr gehen kann, aber geistig fit ist, könnte er die anrufen, die nicht mehr lesen können und ihnen zum Beispiel die biblische Tageslosung vorlesen. Sie bekommen das Werbeblatt für die diesjährige “Opferwoche der Diakonie” am Ausgang. Auch die Bitte um eine Spende ist eine Einladung zur Freude. Es macht Freude zu spenden. Ein “Opfer” ist etwas anderes. Das würde der Einladung zu einem großen Fest entsprechen. Das kostet ja leicht ein paar tausend Euro.

Orte der Diakonie

Von der Pflege in den Pflegeheimen wird in dem Faltblatt besonders gesprochen. Das Geld für die Pflege ist begrenzt. Folge: Die meisten Pflegekräfte sind Ausländer oder Einwanderer. Die Kranken brauchen es aber auch, dass jemand sie versteht, mit ihnen redet, betet, ein Lied singt. Das ist sicher auch im städtischen Pflegeheim im Klosterweg erwünscht. Wie in den Heimen der Diakonie. Es gibt neue Heime mit interessanten Angeboten: Die Stadtmission hat in Hagsfeld ein neues Heim letztes Jahr fertig gestellt mit Gruppen für geistig Verwirrte und einem an vier Tagen geöffneten Kaffee zusammen mit der Laurentiusgemeinde. Das neue Wichernhaus in der Weinbrennerstraße ist ein wunderschöner Neubau, unten ein Kindergarten. Das verträgt sich gut, genau so im Betreuten Wohnen der Stadtmission in der Stephanienstraße. Wohngruppen, in denen jede Gruppe ihr Leben selber organisiert, das Essen wird geliefert, gibt es im neuen Heim des Badischen Landesvereins im Karlsruher Weg. Einige ältere Heime sind abgerissen worden oder saniert wie zum Beispiel das frühere Heim des Roten Kreuzes in der Stephanienstraße durch die Stadtmission. Psychisch Kranke, Alkoholiker, Drogensüchtige leben in Wohngemeinschaften des Diakonischen Werks, auch hier in der Gemeinde im früheren Pfarrhaus in der Gottesauerstraße und im Haus Bodelschwingh. Gibt es Verbindungen mit Ihnen? Fachkundige Pflege, Notruf, Nachbarschaftshilfe bietet die Evangelische Sozialstation. Kennt jemand den Pfleger Marco und die Schwester Zrinka? Seien sie froh, dass Sie noch keine Hilfe gebraucht haben. Sie dürfen dort anrufen. Aber es wäre schön, wenn bestimmte Kranke und Pfleglinge besucht würden. Es macht macht Freude und befriedigt, erzählt mir ein alter Professor, der im Hospizdienst Besuche bei Sterbenden macht – ohne Bezahlung natürlich, zusätzlich zu den Brückenschwestern und Ärzten, freiwillig, frei und willig. Dafür sage ich nicht gern “ehrenamtlich”. Gerade als ob es wegen der Ehre gemacht würde. Sondern weil Jesus es empfiehlt und verspricht, dass wir im Hungrigen, Gefangenen, Sterbenden ihm selbst begegnen.

Vorbilder der Diakonie – Johann Hinrich Wichern

Auch Sie sind zu einem Fest eingeladen, zum 40jährigen Bestehen des Kindergarten in der Rintheimer Straße 30 am nächsten Samstag (Ist jemand hier, der was dazu sagen kann?). Feste machen immer noch die Hardtstiftung in Neureut in Verbindung mit dem Brunhilde- Baur- Haus, einer großzügigen Stiftung, sechs Gruppen für kleine Kinder, Wohnungen für Frauen mit Kindern, Ausbildung, Essen und Angebote im Rahmen eines “Mehrgenerationenhauses”. Das Diakonissenkrankenhaus in Rüppurr lädt auch jedes Jahr zum Jahresfest ein. In jedem Fall kann man bei der “offenen Tür” auch für sich selber einiges lernen – aber Vorsicht: die alle können freiwillige Mitarbeit brauchen! Die Einladung zum Fest gilt. Wie im Gleichnis Jesu. Annehmen sollten Sie solche Einladungen. Oder selber solche Feste machen. Letztes Jahr sollten wir an den 200. Geburtstag von Johann Hinrich Wichern denken. Er gründete das “Rauhe Haus” als Heim für gefährdete Jungen. Daraus entwickelte sich die “Innere Mission”, zum Beispiel mit der Erfindung der Diakonen, der Gefängnis- und Schifferseelsorge, einem Verband von heute tausenden von Einrichtungen, heute unter dem Namen “Diakonisches Werk Deutschland”, gegliedert in Diakonische Werke der Landeskirchen und Kirchenbezirke und vielen selbstständigen Einrichtungen. Die Johannesanstalten in Mosbach, die Korker Anstalt, das Krankenhaus Langensteinbacher Höhe gehören alle dazu. Es gibt weltweit keine andere Kirche, die soviele soziale Einrichtungen als Mitglieder zählen kann. Wie es auch nirgendwo so viele kirchliche Kindergärten und Kinderheime gibt. Gott sei Dank auch wegen der Kirchensteuer und Christen wie Johann Hinrich Wichern. Er scheiterte leider an einem Ziel: Er wollte, dass die Kirche insgesamt sich erneuert. Dass die Liebe genau so Sache jeder Gemeinde ist wie der Glaube. Dass jede Gemeinde diakonisch organisiert wird, dass Gottesdienst und Hilfe für Kinder und Alte, Kranke und Süchtige zusammen gesehen wird. Weil äußere Not auch immer mit innerer Not zu tun hat, dieses Programm Wichern wartet immer noch auf Erfüllung. Diakonie in der Gemeinde, verantwortet und geleitet von Diakonen/innen, so wie die Pfarrerin für die Gottesdienste verantwortlich ist. 1849 war Wichern in Karlsruhe. Das führte zur Gründung des Badischen Landesvereins für Innere Mission. Der ist heute Träger des Altenzentrums in der Waldstadt, des Friedensheimes, des Mädchenheims in Bretten, des Behindertenheims in Berghausen, außer dem erwähnten neuen Heim im Karlsruher Weg und einem Heim in Durlach im Bau, auch mit verschiedenen Wohnformen in einem Haus. Gleichzeitig wurde aber auch der Verein für Innere Mission Augsburgischen Bekenntnisses gegründet, der baute auch Altersheime, viele Kinderschulen, widmete sich aber vor allem dem Aufbau von Gemeinschaften, der Mission und Glaubensweckung neben den oft “aufgeklärten” Pfarrern.

Zum „Diakon“/ zur „Diakonin“ berufen

Die Trennung von Diakonie und Mission war nicht gut. Diakonie ohne geistliche Grundlage ist nur Sozialarbeit, und Mission ohne Diakonie sieht den Menschen in seiner Not nicht. Heute lernen wir noch, dass Diakonie die eine Welt meint, zum Beispiel in der Aktion „Brot-für-die-Welt“, wie wir die Fremden hier in der Stadt als Brüder und Schwestern kennen lernen. Wie Sie hier die rumänisch-orthodoxe Gemeinde oder die Moschee nicht weit weg. Jesus lädt alle ein. Dazu braucht er Sie als Boten und Dienende. Dienende sein heißt auf griechisch „Diakon“ oder „Diakonin“ sein. Dazu sind wir alle berufen, sofern wir uns überhaupt als Nachfolger/innen Jesu verstehen. Also: Statt des Rentnergrußes “Koi Zeit” werden Sie auf die Frage “Dätsch ma…” als Mitglied des Dätschclubs antworten: “Ha jo, mache mer’t“ – das ist der Anfang der Diakonie. Ich garantiere Ihnen ihm Namen Jesu, der Wunsch könnte erfüllt Werden, wie es in dem Lied heißt: „Unser Leben sei ein Fest, Jesu Geist in unserer Mitte, Jesu Werk in unseren Händen, Jesu Geist in unseren Werken. Unser Leben sei ein Fest an diesem Morgen und jeden Tag“.

Amen.

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