Türen weit auf

Liedpredigt zum Adventslied "Macht hoch die Tür"

Predigttext: "Macht hoch die Tür" (EG 1)
Kirche / Ort: Karlsruhe
Datum: 29.11.2009
Kirchenjahr: 1. Sonntag im Advent
Autor/in: Kirchenrat Pfarrer Heinz Janssen

Predigttext: "Macht hoch die Tür" (EG 1)

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Liedpredigt

Liebe Gemeinde!

Dankbarkeit über das Kommen Gottes und Gott den Weg zu bereiten, das ist das Thema des Liedes “Macht hoch die Tür, die Tor macht weit”. Dichter des Liedes war der in Domnan bei Königsberg im Jahre 1590 geborene und mit 45 Jahren verstorbene Pfarrer Georg Weissel. Er verfasste es als 33jähriger im Jahre 1623 zur Einweihung der Altrossgärter Pfarrkirche, wo er eine Woche später als Pfarrer eingeführt wurde.

Macht hoch die Tür

Dem Aufruf “Macht hoch die Tür” liegen Verse aus Psalm 24 (Vers 7 – 10) zu Grunde. Wir haben diese Psalmverse am Anfang dieses Gottesdienstes schon gehört: “Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, dass der König der Ehre einziehe…” Mit den Türen sind die Tempeltore des Tempels zu Jerusalem in altisraelitischer Zeit gemeint. Bedenkt man dies, so kann man verstehen, wenn Georg Weissel seinen Liedtext für die Einweihung seiner Pfarrkirche schrieb. Der Tempel, die Kirche, sie sind der Ort, an dem die Gemeinde den Advent, das Kommen Gottes, seinen Einzug, feiert. Festlich schreitend ist die Liedmelodie gestaltet. Sie erschien erstmals im Halleschen Gesangbuch, dem wohl bedeutendsten des Pietismus, das Johann Anastasius Freylinghausen herausgab. Die Tempel- oder Kirchentüren können für den einziehenden Gott nicht “hoch” und “weit” genug sein. Das Gefühl der Enge darf auf gar keinen Fall aufkommen. Der Einziehende soll spüren: ich bin eingeladen, ich werde erwartet und bin willkommen. Die Höhe und Weite des Eingangstores bringen die besondere Bedeutung zum Ausdruck, die die Gemeinde dem sehnlichst Erwarteten beimisst. Der festliche Schmuck des Torbogens und des Gotteshauses weisen auf die Stimmung der Freude hin, die die Wartenden erfüllt. Auch wir heute sind durch ein adventlich geschmücktes Portal in die Kirche gegangen. So wird auch unsere Kirche zu einem ganz besonderen Ort. Wir Menschen sind willkommen und erwartet im Tempel, in der Kirche, von Gott.

“Macht hoch die Tür, die Tor macht weit, es kommt der Herr der Herrlichkeit…” In der ersten Strophe fallen die vielfältigen Umschreibungen für Gott auf: der Herr der Herrlichkeit, ein König aller Königreich, ein Heiland aller Welt zugleich, der Heil und Leben mit sich bringt. Von Gott sprechen heißt immer wieder sagen, was man mit diesem Wort meint. Zu bedrängend ist der Missbrauch des Wortes Gott in Vergangenheit und Gegenwart. Georg Weissel greift das biblische im Psalm gebrauchte Bild vom König auf. Ein König, wenn er seine eigentliche Aufgabe wahrnimmt, sorgt für sein Volk, er regiert weise und achtsam, seine Autorität besteht gerade darin, dass er nicht sein eigenes Ansehen, sondern das der ihm anvertrauten Menschen vermehrt, nur dadurch hat er besonderes “Gewicht” (“Gewicht” – das ist die biblische Bedeutung von “Herrlichkeit”). So ist er ein “Heiland aller Welt”, d.h. ein Retter, der die Menschen vor Schaden bewahren will. So bringt er ihnen, wonach sich alle sehnen: “Heil und Leben”, das bedeutet keine heile Welt, aber die Möglichkeit zu Friede, Ganzwerden, Leben ohne Enge, in dem ich atmen und frei sein kann. “Heiland” bzw. “Retter” und “König” werden später Ehrennamen für Jesus von Nazareth, der Titel “König” heißt in der lateinischen Übersetzung “Christus”. Die beiden Worte Jesus Christus werden zum kürzesten Bekenntnis: Jesus ist der Christus, der im Namen Gottes handelnde und heilend wirkende König. “Gelobet sei mein Gott…” Ja, dafür ist Grund, Gott, der dein und mein Gott sein will, zu danken und ihm froh zu singen. Dazu ruft der Liederdichter auf. Er will uns einstimmen, Gott den Schöpfer allen Lebens, bei dem wir immer gut beraten sind, erwartungsvoll zu empfangen. Singen wir die zweite Liedstrophe!

Er ist gerecht

In der 2. Strophe entfaltet der Liederdichter das Bild vom König, mit dem er das Wesen und Handeln Gottes veranschaulicht. Gott ist ein Gott für die Menschen. Gerechtigkeit, für andere dasein, sanftmütiger, geduldiger Umgang mit ihnen und ihnen in und aus der Not helfen – all dies zeichnet Gott aus, der ein heilender, rettender und tatkräftig handelnder Gott ist. Seine Machtinsignien – Krone, Zepter und “Gefährt”, d.h. sein Streitwagen – sind nicht bedrohlich für die Menschen, sondern stehen im Dienst ihres Schutzes. Wieder klingt mit dem Wort “Heiland” wie schon in der 1.Strophe der Name Jesus an. Der hebräische Name für Jesus bedeutet: Gott hilft, rettet, heilt. Diesem Gott soll dein und mein Singen gelten.

O wohl dem Land

“O wohl dem Land, o wohl der Stadt, so diesen König bei sich hat…” Klingt es hier in der 3. Strophe nicht wie eine Gratulation? Stimmen wir ein! (Gemeinde singt 3. Strophe) – Ja, einem Land, einer Stadt, die einen solchen Regenten bei sich hat – ihnen kann man nur gratulieren. Da geht es den Menschen gut, da lernen die Menschen mit dem Herzen sehen, die Sonne geht auf. Wenn die Machthaber und Verantwortlichen in der Welt sich von diesem himmlischen Regenten in Dienst nehmen lassen, können Menschen sich freuen und glücklich sein.

Euer Herz zum Tempel

Die 4. Strophe nimmt nocheinmal den Anfang der ersten auf: “Macht hoch die Tür, die Tor macht weit”, jetzt aber ist es ein Aufruf im übertragenen Sinn: es geht um das weite Öffnen unserer Herzenstür, um das innere Sich-Einstellen auf Gott, der auch in meinem Herzen, in und bei mir, Einzug halten, zu mir kommen will. Ich selbst soll ein Tempel sein, ein Haus für Gott und seinen Anspruch an mich. Denkt der Liederdichter an die Worte des Apostels Paulus: “Wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch ist und den ihr von Gott habt?” (1. Korinther 6, 19) Dieses innere Haus zu schmücken, fordert uns Georg Weissel auf. Mit den “Zweiglein der Gottseligkeit” sollen wir es ausschmücken, sie sind ein Bild für den Glauben, das Vertrauen auf Gott. Mit diesem Vertrauen bekommen wir Menschen, was wir brauchen: Rat, Beratung auf unseren Lebenswegen, Mut zum eigenen verantwortungsvollen Handeln, zum Einsetzen unseres von Gott gegebenen Verstandes. So sieht Gottes Gnade aus. Das biblische Wort “Gnade” bedeutet Gottes freundliche, solidarische Verbundenheit mit uns. Singen wir einander die 4. Strophe zu! (Gemeinde singt 4. Strophe)

Komm, o mein Heiland

Sind die ersten vier Strophen Rede von Gott, “Theo-Logie”, so ist die letzte Strophe Rede zu Gott, Gebet. Ausdrücklich wird darin Jesus, der Christus/der König als der persönliche Heiland, also Retter, angeredet und gebeten, durch die offene Herzenstür zu kommen. In Jesu Leben und Handeln – so will Georg Weissel sagen – spiegelt sich das Leben und Handeln Gottes, Jesus entspricht seinem Willen. Georg Weissel lässt uns singend mitbeten, denn: Gottes in Jesus von Nazareth wirkende Gnade sollen auch andere Menschen erfahren, die Gemeinden und alle Völker. Mit dem Liederdichter bitten wir um Gottes Heiligen Geist, dass er uns führe und leite auf dem Weg zu einem Leben, das in Gott geborgen ist. Es leuchtet jetzt schon gegen alles Dunkle in der Welt. Gottes Advent, sein Kommen, ist ausgerufen, auch über deinem und meinem Leben. Öffnen wir darum die Türen unserer Herzen, singen wir mit Georg Weissel “Dem Namen dein, o Herr, sei ewig Preis und Ehr” und stimmen in das Gebet der letzten Strophe ein! (Gemeinde singt 5. Strophe)

Der Friede Gottes, der alles menschliche Denken weit übersteigt, halte unsere Herzen und Gedanken bei Jesus, dem Christus Gottes.

Amen.

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