Praxis der Freude
Wo Jesus Christus nahe ist, da werden sich Freude und Frieden in allen Lebensäußerungen zeigen
Predigttext: Philipper 4, 4-7 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)
4 Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch! 5 Eure Güte laßt kund sein allen Menschen! Der Herr ist nahe! 6 Sorgt euch um nichts, sondern in allen Dingen laßt eure Bitten in Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kundwerden! 7 Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.Exegetisch-homiletische Erwägungen
Die Teilungshypothesen der letzten 60 Jahre bestimmen bis heute die wissenschaftliche Diskussion über den Philipperbrief. Die neutestamentlichen Einleitungen der letzten Jahre nehmen darauf Bezug, ein aktueller Kommentar zum Phil in den wichtigen Kommentarreihen (KEK, EKK, ÖTK) fehlt im Augenblick, dafür gibt es im angelsächsischen Raum eine ganze Reihe von neueren Bearbeitungen (vgl. die Lit.-Hinweise in den neueren neutstamentlichen Einleitungen). Während Ernst Lohmeyer an der Einheitlichkeit des Philipperbriefes festhält, unterscheiden Joachim Gnilka zwei, Gerhard Barth und Wolfgang Schenk drei Briefe nach Philippi. Die wichtigste Bruchstelle des Phil ist in Kap 3,1und 2. Ab V. 2 hat ein Redaktor den „Kampfbrief“, der die Auseinandersetzung des Paulus mit Irrlehrern zum Thema hat, eingefügt. Der Predigttext bildet den Schluss des „Gefangenschaftsbriefs“ (1, 1–3,1; 4, 4–7). Der Predigttext weist keine Brüche auf und kann daher zu Recht als Briefschluss angenommen werden, in dem sich die Kernpunkte paulinischer Ethik finden. In diesem Abschnitt geht es um das „Leben aus der Freude“ oder wie es Wolfgang Schenk formuliert hat: „Um die Praxis der Freude“. Damit schließt Paulus direkt an Phil 3,1; Leser und Hörer spüren so etwas von der umfassenden Freude, von der der Apostel bestimmt ist. Diese Freude ist umfassend und grenzenlos. Paulus ist von einer bevorstehenden Parusie bestimmt, der Herr ist nahe, er steht unmittelbar vor der Tür. Der Friedenswunsch in 4, 7 beendet nicht den Brief. Die folgenden Verse 8 f., die ähnlich wie die Verse 4-7 aufgebaut sind, enden mit einer Schlussermahnung und dem Friedenswunsch. Der Aufruf zur Freude und die Zusicherung des Friedens bilden den Rahmen des Abschnitts. Auffallend sind die Alitarationen im Griechischen chara, charis und auch im Deutschen Freude, Friede. Diese Begriffe lassen sich auch inhaltlich füllen: Wo der Herr nahe ist, da wird sein schalom, sein Frieden, sich in allen Lebensäußerungen zeigen. Wer diese Freude erfahren hat, der kann seine eigenen Sorgen zurückstellen und Gott danken. Die Dankbarkeit und die Freude sind das Grundmotiv des Phil, ausgenommen ist der Abschnitt über die Gegner in Phil 3, 2 ff. Immer wieder kommt Paulus auf die eigene Freude zu sprechen, die ihn motiviert, auch den Philippern diese Freude weiterzugeben. Der Begriff „Friede Gottes“ (kommt in dieser Formulierung nur Phil 4, 7 vor) will die Philipper an die vollzogene Versöhnung erinnern. Dieser „Friede Gottes“ ist nicht nur ein Akt des Schöpfers, sondern soll sich auch unter den Menschen auswirken, d.h. im Zusammenleben innerhalb der Gemeinde und im Zusammenleben im Staat. Das bedeutet aber nicht, dass der, der diesen „Frieden Gottes“ gefunden hat, außerhalb der Welt lebt oder mit seinem Alltag nichts mehr zu tun hat. Vielmehr kann dieser Friede immer auch zu Konflikten mit der Welt führen: „Denn der Friede Gottes überragt alle Sinne, das heißt, er ist unfasslich, es sei denn im Glauben (Martin Luther)“. Immer wieder wird heute vorgebracht, dass nicht nur unsere Sünden und Sorgen den Blick auf Gott versperren. Deshalb ist der Aufruf „sorget nicht“ (V. 6a) heute aktueller denn je. In erster Linie ist dabei nicht an die Sorge um den täglichen Lebensunterhalt zu denken, etwa im Sinne Jesu (Mt 6, 25), „was ihr essen und trinken werdet, was ihr anziehen werdet“. In unsere Situation übertragen heißt das, dass Gemeinden und Kirchen sich nicht nur mit sich selbst beschäftigen, ihre schwindende öffentliche Wahrnehmung und Bedeutung beklagen, die zurückgehenden Mitgliederzahlen und Finanzen betrauern, sondern sich zuversichtlich den neuen Herausforderungen einer veränderten Mediengesellschaft stellen. Es geht nicht um ewiges Klagen in Moll, sondern um das freudige Danken, weil wir einen Herrn haben, der uns trägt und hält. Diese frohe und zuversichtliche Botschaft ist von Paulus eindeutig in der Tonart Dur geschrieben. Das Hören von biblischen Lesungen fällt heutigen Gottesdienstbesuchern schwer, besonders das Hören auf die Texte der Reihe II, die weniger anschaulich und konkret sind als die Evangeliumstexte der Reihe I. Was bleibt bei den Zuhörern wirklich hängen? Die Freude, die Güte, die Sorge, der Friede? Der Text sollte bei der Epistellesung im klassischen Luthertext vorgetragen werden. Bei der Predigt bietet eine neue Übersetzung (z. B. Einheitsübersetzung, Bibel in gerechter Sprache, Übersetzung von Heinrich Schlier, Übersetzung von Berger/Nord, eigene Übersetzung oder Paraphrase) den Zuhörern einen anderen Zuhöreffekt. Das hilft, noch einmal ganz anders hinzuhören. Einzelne Verse des Predigttextes tauchen auch sonst noch im liturgischen Geschehen des Gottesdienstes auf (Wochenspruch und Kanzelsegen). Auch in den Gebeten und Liedern sollten Worte wie Freude, Güte, Sorge, Friede aufgenommen werden und anklingen. Der 4. Advent, vier Tage vor Heiligabend, ist vielleicht für manche Gottesdienstbesucher/innen der eigentliche Weihnachtsgottesdienst, weil sie über das Christfest verreist sind. Eine Möglichkeit wäre, die Grundworte des Textes, die auch die Grundworte der Weihnachtsgeschichte sind, aufzunehmen und einen fröhlichen Singegottesdienst zu feiern. Liturgie und Predigt könnten verkürzt werden, um einen guten Spannungsbogen zwischen Liedern und, Liturgie und Predigt zu erreichen, damit die Teilnehmer/innen diesen Gottesdienst als frohmachend und belebend ganz im Sinne der paulischen Botschaft erleben: Der Herr ist nahe. Paulus ruft zur Freude auf, und das ist bei ihm keine leere Phrase. Wie kann ich die Hörer/innen in ihrer gegebenen Situation so abholen, dass sie sich mitgenommen fühlen, vielleicht sich sogar von der Botschaft des Apostels anstecken lassen? Der Herr ist nahe, d. h. doch, dass ich nie allein bin, dass keine Situation aussichtslos ist. Jesus kommt an Weihnachten auf uns zu: Das ist befreiend, überwältigend und herrlich. Die Freude, die es an diesem 4. Advent zu vermitteln gilt, darf aber keine aufgesetzte Freude sein, vielmehr muss sie von innen herauskommen. Es gilt für den/die Prediger/in die Freude, die bei den Gottesdienstbesuchern/innen mitschwingt, Ernst zu nehmen, da in jeder Freude etwas von der tiefen Sehnsucht nach der wahren Freude steckt. Liturgisches Eingangsgebet Guter Gott, du machst dich zu uns auf, du kommst und bringst uns dein Licht. Darüber freuen wir uns. Lass uns diese Freude jetzt in diesem Gottesdienst spüren. Zeige uns, was das für uns zu bedeuten hat. Durch dich spüren wir, dass es hell für einen jeden von uns wird, durch dich geht uns ein Licht auf. Wir können Licht und Freude verbreiten, da wo wir mit anderen Menschen zusammen sind. Herr, bleibe du bei uns, dann sind wir nicht allein. Amen Fürbittengebet Bald werden wir es erleben. Wenn du kommst, wird alles gut! Das hast du uns verheißen. Wir bitten dich: Komme bald! Bald wirst du kommen, du Leben schenkender Gott. Komm zu den Frauen, die ein Kind erwarten. Komm zu den Frauen, die vor Freude singen. Komm zu den Frauen, die nicht wissen, wie sie mit einem Kind leben sollen. Wir bitten dich: Komme bald! Bald wirst du kommen, du fürsorglicher Gott. Komm zu den Kindern, die sich auf Weihnachten freuen. Komm zu den Kindern, die sich ängstigen. Komm zu den Kindern, denen die Chancen verweigert werden. Komm und zeige deine Liebe. Wir bitten dich: Komme bald! Bald wirst du kommen, du barmherziger Gott. Komm zu den Armen und Unterdrückten. Komm zu den Hungrigen in Afrika und Südamerika. Komm zu den Opfern von Gier und Hass, zu den Flüchtlingen, zu den Obdachlosen in unserer Stadt Berlin und zu den vielen Menschen in dieser Stadt, die keine Arbeit mehr finden oder die keiner mehr im Arbeitsprozess haben will. Komm zu denen, die keine Hoffnung mehr haben. Komm und zeige deine Macht. Wir bitten dich: Komm bald! Bald wirst du kommen, du Gott der Gerechtigkeit. Komm zu den Mächtigen. Komm zu den Klugen und Weisen. Komm und zeige deinen Willen. Wir bitten dich: Komme bald! Bald wirst du kommen, du Herr deiner Kirche. Komm auch zu vielen evangelischen Gemeinden in der weltweiten Diaspora. Komm zu allen, die sich auf das Fest deines Kommens vorbereiten. Komm und zeige deine Herrlichkeit. Wir bitten dich: Komme bald! Bald wirst du kommen, du unser Gott. Komm zu unseren Kranken. Komm zu den Sterbenden. Komm zu den Trauernden. Nimm dich unserer Verstorbenen an. Komm und zeige dich in deiner Vollkommenheit. Wir bitten dich: Komme bald! Denn du bist unser Gott, auf den wir warten durch Jesus Christus, unseren Herrn und Bruder. Amen. Lieder: „Fröhlich wir nun all fangen an“ (EG 159), „Wir sagen euch an“ (EG 17, 1-4), „Freuet euch, ihr Christen alle“ (EG 34), „In dem Herren freuet euch“ (EG 359), „Ihr lieben Christen freut euch nun“ (EG 6, 1-3), „Freuet euch im Herrn allewege“ (EG 239) Literatur: Gerhard Barth, Der Brief an die Philipper, Zürich 1979 (2. Aufl.); Lukas Bormann, Philipperbrief, in: Oda Wischmeyer (Hg.), Paulus. Leben – Umwelt – Werk – Briefe, Tübingen 2006, 217-232; Ingo Broer, Einleitung in das Neue Testament. Bd. II, § 17. Der Brief des Apostels Paulus an die Philipper, Würzburg 2006, 375-395 (gute neue Lit.-Hinweise !); Joachim Gnilka, Der Philipperbrief, HThK 10, Freiburg 1968; Ernst Lohmeyer, Der Brief an die Philipper, Göttingen 1961 (12. Aufl.); Gerd Lüdemann, Frank Schleritt, Arbeitsübersetzung des Neuen Testaments, Göttingen 2008; Berthold Mengel, Studien zum Philipperbrief, Tübingen 1982; Ulrich B. Müller, Der Brief des Paulus an die Philipper, ThKNT 11/1, Leipzig 1993; Peter Pilhofer, Philippi. Bd. 1. Die erste christliche Gemeinde Europas, Tübingen 1995; Wolfgang Schenk, Die Philipperbriefe des Paulus. Kommentar, Stuttgart 1984; Heinrich Schlier, Der Philipperbrief, Einsiedeln 1980; Michael Theobald, Der Philipperbrief, in: Martin Ebner, Stefan Schreiber (Hg.), Einleitung in das Neue Testament, Stuttgart 2008, 365-383; Philipp Vielhauer, Geschichte der urchristlichen Literatur, Berlin 1975, 156-170; Nikolaus Walter, Der Brief an die Philipper, in: Nikolaus Walter u.a., Die Briefe an die Philipper, Thessalonicher und an Philemon, NTD 8/2, Göttingen 1998, 11-101.Predigt
Liebe Gemeinde!
Zeit der Besinnung
Stellen Sie sich vor, Sie sind voll im Stress der Weihnachtsvorbereitung, beim Plätzchenbacken, Kochen oder Aufräumen der Wohnung, Sie sind beim Kartenschreiben an Freunde, Familie und Bekannte, und erhalten vier Tage vor Weihnachten einen Brief von einem Paulus aus Ephesus, der dort im Gefängnis sitzt: „ Freut euch im Herrn allezeit! Noch einmal werde ich es sagen: Freut euch! Eure Güte soll allen Menschen bekannt werden. Der Herr ist nahe. Sorgt euch um nichts, sondern in allem sollen durch das Gebet und die Bitte mit Dank eure Anliegen bekannt werden vor Gott. Und der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt, wird eure Herzen und eure Gedanken in Christus Jesus bewahren.“(Übersetzung Lüdemann/Schleritt, S. 417)
Ausgerechnet jetzt, bei all der Arbeit vor Weihnachten. „Er ist nahe, er kommt“. Das geht nicht, denken Sie, das ist unmöglich. Nach einem langen hin und her entscheiden Sie: Na gut, kommen kann er ja, das kann ich ihm nicht verwehren, aber bei uns einziehen, uns „auf die Pelle rücken“, das geht zu diesem Zeitpunkt nicht. Dann müssten wir ja alles verändern. Ausgerechnet jetzt will er kommen. Jedes Jahr in der Adventszeit erhalten wir so einen oder einen ähnlichen Brief. Ich komme, ich will bei euch einziehen, ich will euer Gott sein. Auch hier verhalten wir uns ähnlich wie im Umgang mit unseren Verwandten, Freunden und Bekannten. Kommen, ja das dürfen sie, das können wir in der Regel nicht verbieten. Aber bitte nicht zu nahe rücken, uns vereinnahmen, unser gewohntes Leben umkrempeln oder gar bei einziehen. Nein! Vielleicht noch ein Zaghaftes „Vielleicht …, aber am liebsten später“. Weil sich Weihnachten ankündigt, darum feiern wir Advent. So hat die Kirche immer die Adventszeit verstanden, als eine Zeit der Besinnung und der Buße, des Nachdenkens über den, der am Christfest kommt. Leider sind der Sinn und der Inhalt der Adventszeit in unserer modernen Gesellschaft weitgehend verloren gegangen. Übrig geblieben sind die vier Adventssonntage, die zu Shoppingorgien ausarten. Die Adventszeit wird nur noch an dem gemessen, was sich „umsetzen“, verkaufen lässt. Wo ist die geheimnisvolle Zeit, die Zeit der Erwartung, die Zeit der Überlegungen und Vorbereitungen, der menschlichen Nähe und Wärme geblieben? Dann dieser Predigttext, der Briefausschnitt aus dem vierten Kapitel des Philipperbriefes ganz in Dur geschrieben: Freut euch!, das ist die Grundmelodie dieses Bibelwortes. Doch kann ich Freude befehlen? Oder kann ich Freude kaufen? Wenn ich durch die Stadt Berlin gehe, ob in der City West am Kurfürstendamm oder in der City Ost an der Friedrichstrasse oder am Alexanderplatz, dann denke ich manchmal, Menschen wollen Freude kaufen. Geschenke kaufen und damit anderen eine Freude machen, ist das eigentlich falsch oder anstößig? Wollen wir damit nicht eine große Sehnsucht in dieser dunklen Jahreszeit ausdrücken, die Sehnsucht, die sich in strahlenden Kinderaugen zeigt oder auch das strahlende Lächeln von Erwachsenen, die sich über ein Geschenk freuen, das vielleicht noch schön und mit Liebe verpackt ist.
Zeit der Freude
„Freue dich! Freue dich allezeit!“ Freuen auf Kommando, da geht nicht. Ich bin doch kein/e Schauspieler/in, werden Sie mit Recht sagen. Auch Paulus wollte mit seiner Botschaft dies sicher nicht, die Freude auf Kommando. Aber was wollte er stattdessen? Echte Freude darf nicht mit einer fröhlichen Stimmung verwechselt werden, etwa nach dem Motto, schaut in den Kalender, jetzt ist fröhliche Stimmung angesagt, weil Weihnachten vor der Tür steht. Bei Paulus heißt es nicht einfach nur „freuet euch“, seid fröhlich, sondern bei ihm gibt es einen Bezug zur Freude, die in Jesus Christus begründet ist: „Freut euch in dem Herrn allezeit!“ Um ihn geht es, er ist das Zentrum unserer Freude und nicht unsere persönlichen Gefühle, Stimmungen oder Sorgen. Der Apostel spricht hier keineswegs leichtfertig von Freude, bei ihm ist die Freude tiefer verwurzelt, gerade weil er in seiner augenblicklichen Situation nur freudige Momente erlebt. Denn er sitzt im Gefängnis in Ephesus, eine für ihn trostlose Situation. Trotz all der Bedrückung kann er diesen froh machenden und tröstlichen Ruf aus dem Gefängnis schreiben: „Freuet euch in dem Herrn!“ Paulus weiß, dass er von Jesus Christus gehalten und getragen ist. Dies hat er im Laufe seines nicht immer einfachen Lebens erfahren können. Alles, was er erlebt hat, die Glücks- und Freudenmomente, aber auch die Trauer, das Leid und das Unverständnis (auch von seinen Gemeinden, wenn ich z.B. an die Korinther denke) – nichts geschieht ohne den Willen Jesu. Er weiß, dass er Jesus nicht gleichgültig ist. Das gilt für Paulus, das gilt für seine Gemeinde, das gilt auch uns. Wir dürfen uns bei Jesus geborgen wissen, wir sind ihm wichtig, er hält uns, trägt einen jeden von uns, egal was geschieht. „Der Herr ist nahe!“ Das ist der Ruf und die Botschaft am Ende der Adventszeit in der Vorfreude auf Weihnachten. Paulus weiß sich Jesus verbunden, und dies treibt ihn auch im Gefängnis an, diese Botschaft seiner Lieblingsgemeinde in Philippi zu sagen. Aus dieser persönlichen Erfahrung kann er uns diese Freude im Blick auf Weihnachten zurufen.
Zeit der Veränderung
Adventszeit ist eine Freudenzeit. Die Adventszeit ist aber auch eine Zeit der Buße, der Umkehr, der Einsicht und des Nachdenkens! Deshalb ist an der Kanzel oder am Altar das violette Antependium zu sehen, als Symbol dieser Zeit, und deshalb singen wir in der Liturgie in der Adventszeit auch nicht das Gloria. Dies ist erst wieder der weihnachtlichen Freudenzeit vorbehalten, wenn wir am Christfest mit den Engeln vor Freude über die Geburt Jesu im Stall von Bethlehem einstimmen: „Ehre sei Gott in der Höhe“. Gott beschenkt uns und ermöglicht Freude in uns. Seiner Güte verdanken wir es, dass wir leben dürfen. Ganz besonders in dieser Vorweihnachtszeit spüren wir, dass uns auch fremde Not ganz tief erreicht: Ob im Fernsehen, wenn für kranke oder Not leidende Kinder gesammelt wird, ob in der Zeitung, wenn für Arme und Obdachlose in der Stadt gezielte Spendenaktionen gestartet werden, ob in unseren Kirchengemeinden, wenn wir versuchen Menschen mit der Aktion „Laib und Seele“ nicht nur zu stärken und ihnen etwas zu essen zu geben, sondern ihnen mit einer solchen Aktion auch zeigen, dass sie bei uns Geborgenheit, vielleicht auch Frieden mit sich und ihrer Situation finden können. Weil Gott gut zu uns ist, darum strahlt etwas durch uns aus von seiner Güte in diese Welt: Liebe, Vergebung, Nähe, Hilfe und Barmherzigkeit. In all den Sorgen, die wir uns machen um das tägliche Leben, um Arbeit, Beruf und Schule, um Freundschaften, Ehe, Familie, wird uns Freude verheißen. Vieles können wir nicht steuern, wir können aber ebenso wie Paulus mit Jesus im Gespräch bleiben, der nahe ist, der uns zuhört. Damit wir nicht müde werden, zu beten, zu bitten und immer wieder zu danken, für all das, was wir bereits erfahren haben und für alles, was wir noch erfahren werden. Denn seit Jesus in diese Welt gekommen ist, gibt es in unserem Leben keine ausweglose Situation mehr. Unser Leben hat mit seiner Ankunft in diese Welt eine neue Qualität erhalten: Es ist nicht mehr vom Kampf bestimmt. Es gelingt auch nicht nur dann, wenn ich mich mit Ellbogen durchsetze, alle Mittel einsetze, die mir recht sind, mir alles leisten und kaufen kann. Die Spaßgesellschaft ist auch nicht gefragt. Leben hat auch dann Sinn, wenn ich scheitere, krank oder behindert bin.
Zeit des Friedens
Dieses Leben hat seine Qualität durch den Frieden Gottes, der ist höher, als wir denken und uns vorstellen können; denn Gott hat einen weiteren Blick, als wir ihn haben. Er sieht über unsere Sorgen und Nöte hinaus, er sieht das Leben, auf das wir hoffen, auf das wir warten und uns dann darüber auch freuen dürfen. Wir brauchen diesen Zuspruch der Bewahrung, damit wir nicht aufgeben und verzweifeln. Der Friede Gottes bewahrt uns, stärkt uns durch diese Freudenbotschaft, die uns Paulus in diese adventlich-weihnachtliche Woche mitgibt, dass der Herr nahe ist und immer näher kommt. Von dieser Freudenbotschaft singt auch das Lied Jochen Kleppers in unserem Gesangbuch (EG 239), das eigentlich ein Hochzeitslied ist und das freudig-tröstlich das paulinische Bibelwort aus Phil 4, 4-7 aufnimmt. Jochen Klepper hat in dunkelster Zeit des Nationalsozialismus, als er und seine jüdische Frau Leid und Verfolgung zu überstehen hatten, seine Freude in diesem Lied zum Ausdruck gebracht, um damit die Hoffnung weiterzugeben, die er aus seinem tiefen Glauben an den lebendigen Herrn Jesus Christus gewonnen hatte. Er sah sein Leben unter der Gnade Gottes, der uns den Bund des Glaubens, den Bund der Liebe und des Friedens gegen alle Dunkelheit und Finsternis schenkt. Diese wundervolle Hoffnung kommt in der letzten Strophe dieses Liedes zum Ausdruck: „Freut euch. Doch die Freude aller Frommen kenne auch der Freude tiefsten Grund. Gott wird einst in Christus wiederkommen! Dann erfüllt sich erst der letzte Bund! Er, der nah war, wird noch einmal nahen. Seine Herrschaft wird ohn Ende sein. Die sein Reich schon hier im Glauben sahen, holt der König dann mit Ehren ein“. Darum: Freut Euch, liebe Christinnen und Christen. Der Herr ist nahe, der Herr kommt.
Amen.