Weihnachten – Gottes Liebeserklärung
Die Botschaft aufnehmen und weitergeben
Predigttext: Römer 1, 1-7 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)
1 Paulus, ein Knecht Christi Jesu, berufen zum Apostel, ausgesondert, zu predigen das Evangelium Gottes, 2 das er zuvor verheißen hat durch seine Propheten in der heiligen Schrift, 3 von seinem Sohn Jesus Christus, unserm Herrn, der geboren ist aus dem Geschlecht Davids nach dem Fleisch, 4 und nach dem Geist, der heiligt, eingesetzt ist als Sohn Gottes in Kraft durch die Auferstehung von den Toten. 5 Durch ihn haben wir empfangen Gnade und Apostelamt, in seinem Namen den Gehorsam des Glaubens aufzurichten unter allen Heiden, 6 zu denen auch ihr gehört, die ihr berufen seid von Jesus Christus. 7 An alle Geliebten Gottes und berufenen Heiligen in Rom: Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus!Exegetisch-homiletische Erwägungen
Paulus schrieb den Römerbrief am Wendepunkt seiner Missionstätigkeit. Die Arbeit im Osten des Römischen Reiches war beendet und nun plant er im Westen, vor allem in Spanien, die Verkündigung des Evangeliums fortzusetzen (vgl. Röm 15, 23f.). Paulus will zuvor nach Jerusalem reisen, um die Kollekten aus Makedonien und Achaia zu übergeben. Der Römerbrief wurde in Korinth verfasst, wo Paulus im Haus des Gaius im Jahre 56 n. Chr. diesen Brief diktierte. Anlass des Briefes ist die bevorstehende Spanienreise, zu der der Apostel die personelle und materielle Unterstützung der römischen Gemeinde braucht. Deshalb stellt er sich der römischen Gemeinde, der er weitgehend unbekannt war, so ausführlich vor allem mit seiner Theologie vor. Dadurch ist dieser Brief eine Zusammenfassung der Verkündigung und Theologie Pauli. Der Predigtext Röm 1, 1-7 bildet das Präskript des Briefes. Der Beginn eines Briefes bestand in der Antike aus zwei Abschnitten: dem Präskript und dem Proömium. In der griechischen Literatur ist das Präskript dreigeteilt: a) Angabe des Absenders, b) Angabe des Adressaten, c) Gruß. Diese drei Teile werden in der Regel in einem Satz zusammengefasst. In der hebräischen und aramäischen Briefliteratur ist das Präskript zweigeteilt: a) Angabe des Adressaten oder des Absenders und Adressaten, b) Friedenswunsch. Beides wird nicht in einem Satz verbunden, der Friedenswunsch setzt syntaktisch neu ein. Neben diesen reinen Formen, gibt es in der antiken Literatur auch Mischformen, zu denen die paulinischen Briefe gehören. In der Gestaltung seiner Präskripte folgt Paulus im Blick auf die Absender- und Adressatenangabe den Vorbildern aus der griechischen Literatur. Aus der hebräischen und aramäischen Literatur entnimmt er die Konzeption der zwei Sätze: der Gnaden- und Friedenswunsch setzt mit einem neuen Satz ein. Die Absenderangabe in Röm 1,1 bietet nur den Namen des Paulus, gewöhnlich sind Mitabsender genannt, meist namentlich, manchmal wie in Gal 1,2 pauschal („alle Brüder bei mir“). Paulus stellt sich bis auf 1Thess 1,1 nicht nur unter seinem Namen vor, sondern bezeichnet sich auch als „Apostel“ (vgl. 1Kor 1,1; 2Kor 2,1; Gal 1,1; Röm 1,1), „Knecht Christi“ (Röm 1,1; Phil 1,1) oder Gefangener Christi Jesu (Phlm 1). Die Adressaten der Paulusbriefe sind keine Einzelpersonen, nicht einmal im Phlm, der zwar an Philemon gerichtet ist. In den Paulusbriefen ist immer die Hausgemeinde als Adressat angesprochen. Der Eingangsgruß hat bei Paulus in der Regel eine feste Form: „Gnade euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus“. Nur der 1Thess, der älteste Paulusbrief, hat einen verkürzten Eingangsgruß: „Gnade euch und Friede“. Der Predigttext lässt sich folgendermaßen gliedern: V. 1 apostolische Legitimation V. 2-4 Botschaft um die es geht (darin eingebunden ein vorpaulinisches Bekenntnisfragment, dass Paulus an dieser Stelle in den Röm eingebaut hat) V. 5-6 Auftrag V. 7a offizielle Anrede V. 7b Gruß als Segen gestaltet Weitere exegetische Beobachtungen zum Text: in diesem Präskript herrschen Anklänge an die römische Politiksprache vor, die inhaltlich durch Titel, Funktionen und Würden bestimmt war. Eine erste Kontaktaufnahme zwischen dem Absender Paulus und seinen Adressaten in Rom ist das Evangelium, das die Grundlage für die Verkündigung des Apostels bildet. Es werden darum auch keine Mitabsender genannt, Paulus will seine Person, seine Theologie und seine Missionspraxis vorstellen. Er bezeichnet sich als „Knecht des Christus Jesus“, als „berufener Apostel“, der auf ein persönliches Berufungserlebnis (vgl. Gal 1,15f.) zurückblicken kann. Das „Evangelium“ wird in V. 1b näher bestimmt: es ist „vorherverkündet durch seine Propheten in heiligen Schriften“, womit Paulus die Kontinuität vom Alten zum Neuen Bund herstellt. Die vorpaulinische Formel Röm 1, 3b.4a belegt die davidische Abstammung Jesus. Seine himmlische Einsetzung „Inthronisation“ modifiziert die Messiaserwartung des Judentums. Die Gottessohnschaft Jesu wird nicht auf die Geburt, sondern auf die Auferstehung datiert. Damit wird an dieser Stelle bereits ein zentrales Thema des Römerbriefes benannt: die Auferstehung des gekreuzigten Christus. Im Präskript legt sich Paulus nicht nur theologisch, sondern auch politisch fest: 1. das Evangelium, die frohe Botschaft (gemeint ist Kreuz und Auferstehung) ist die verbindliche Grundlage aller Verkündigung. 2. Die Mission des Paulus in der paganen Welt ist ein Auftrag Jesu Christi. 3. Das Evangelium ist ein kritisches und nach dem Verständnis des Paulus entscheidendes Gegengewicht zur herrschenden politischen und kulturellen Macht Roms. Die Tatsache, dass das Kreuz die theologische Grundlage in der Theologie Pauli ist, bedeutet für die Predigt in der Christnacht , dass dieses Thema deutlich artikuliert werden muss, will man nicht nur mit banal Weihnachtlichem aufwarten. Wie können Krippe und Kreuz inmitten der geschmückten Weihnachtsidylle zu Hause und in der Kirche ernsthaft zum Predigttext gesetzt werden? Am Ende des Predigtextes begegnen zwei Worte, die das Anliegen der Weihnachtsbotschaft und das Anliegen des Paulus aufnehmen: Gnade und Frieden. Friede kommt nicht nur in der Weihnachtsgeschichte, die auch in der Christnacht verlesen wird, vor, sondern der Friede von Gott meint auch den Frieden zu Gott, den Frieden unter den Menschen und den Frieden des Menschen mit sich selbst. Paulus denkt die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus bis zum Ende, ja zum Tode am Kreuz, wie er es in den vorgefundenen Christushymnus Phil 2, 8b eingefügt hat. Ja dies ist für Paulus die frohe Botschaft, die es auch in dieser Christnacht zu predigen gilt. Die Christnacht bietet gute Möglichkeiten, die besondere Atmosphäre dieses Gottesdienstes auch gestalterisch umzusetzen, damit der Predigtext zwischen Krippe und Kreuz veranschaulicht und lebendig wird im Sinne der Weihnachtsbotschaft des Gerhard Tersteegen: „Sehet dies Wunder, wie tief sich der höchste hier beuget; sehet die Liebe, die endlich als Liebe sich zeiget! Gott wird ein Kind, träget und hebet die Sünd; alles anbetet und schweiget.“ (EG 41, Vers 3). Der Gottesdienst zur Christnacht um 22.30 Uhr in der kleinen Dorfkirche Stralau, einem Kirchenbaujuwel aus dem 15. Jahrhundert, wird überwiegend von Erwachsenen aus Friedrichshain und Stralau besucht, die nach dem „Bescherungs- und Vorbereitungsstress“ Ruhe und Geborgenheit suchen.Lieder
„Herbei, o ihr Gläubigen“ (EG 45, 1-3), „Fröhlich soll mein Herze springen“ (EG 36, 1-2, 5-6), „Stille Nacht“ (EG 46, 1-3), „O du fröhliche“ (EG 44, 1-3)Literatur
Klaus Haacker, Der Brief des Paulus an die Römer. THKNT 6, Leipzig 2002 (2. Aufl.); Ernst Lohmeyer, Briefliche Grußüberschriften, in: ZNW 26/1927, 158-173; Eduard Lohse, Der Brief an die Römer. KEK 4, Göttingen 2003 (dort neuere Lit.!); Otto Michel, Der Brief an die Römer. KEK 4, Göttingen 1978 (14. Aufl.); Erik Peterson, Der Brief an die Römer. Ausgewählte Schriften 6. Aus dem Nachlass hg. von Barbara Nichtweiß unter Mitarb. von Ferdinand Hahn, Würzburg 1997; Heinrich Schlier, Der Römerbrief. HThKNT 6, Freiburg i. Br. 2002; Peter Stuhlmacher, Der Brief an die Römer. NTD 6. Göttingen 1998 (15. Aufl.) Ulrich Wilckens, Der Brief an die Römer. EKK VI Teilbd. 1. Röm 1-5, Neukirchen-Vluyn 1987 (2. Aufl.).Liturgisches
Die Lesung von Psalm 2 erfolgt im Wechsel mit einem Lektor nach der Übersetzung „Bibel in gerechter Sprache“; weitere Lesungen Jes 9, 1-6 (nach Luther 1984) und Lk 2, 1-14 (nach Luther 1984). Die Lesungen werden vom Pfarrer (Jes) und vom Lektor (Lk 2) gehalten. Im Anschluss an die ntl. Lesung folgt das Credo. Der Lektor ist auch an der Predigt beteiligt. Das Fürbittengebet, das im Wechsel mit dem Lektor gesprochen wird, wird an einem siebenarmigen Leuchter entfaltet, um in dieser Stunde auch an die jüdischen Geschwister zu denken. Eingangsgebet: In der Mitte der Nacht – kommt ein helles Licht. Die Hirten auf dem Felde vor Bethlehem hören die frohe Botschaft – Gott wird Mensch. Im Himmel Jubel und Frieden auf Erden – unser Leben wird durch dich, guter Gott, hell. Die Freude über die Geburt Jesu erfüllt diese Nacht. Mach uns bereit, auf dein Wort zu hören, damit wir in Jesus von Nazareth das Licht des Lebens erkennen. Amen Fürbittengebet: (bei jeder Fürbitte wird eine Kerze angezündet) Jesus ist geboren. Lasst uns ein Licht anzünden und bitten für all die Kinder und Jugendlichen in der Welt, dass sie ihre Hoffnung nicht verlieren, dass sie in diese Welt hineinwachsen und in ihr Liebe, Wärme und Geborgenheit finden. (Kerze anzünden). Wir rufen: Kyrie eleison (EG 178.12) Jesus ist geboren. Lasst uns ein Licht anzünden und bitten für die Ehepartner, Familien und Lebensgemeinschaften, dass sie die Offenheit und Freude der Weihnachtsbotschaft ausstrahlen und leben, dass sie Konflikte und Streit bewältigen mit Vergebung und Liebe, dass sie immer wieder Wege zu- und miteinander finden und auch lernen, Enttäuschungen zu verkraften. (Kerze anzünden). Wir rufen: Kyrie eleison Jesus ist geboren. Lasst uns ein Licht anzünden für alle, die wegen ihres Glaubens verfolgt werden oder leiden müssen, dass sie ihre Hoffnung nie verlieren auf Gottes Welt, in der Gerechtigkeit wohnt. (Kerze anzünden). Wir rufen: Kyrie eleison Jesus ist geboren. Lasst uns ein Licht anzünden und bitten für die Menschen, die Schuldigen wie die Unschuldigen, die in Gefängnissen oder in Straflagern leben, dass sie sich nicht aufgeben und dass sie nicht verzweifeln, dass immer Menschen da sind, die zu ihnen stehen und sie aufrichten. (Kerze anzünden). Wir rufen: Kyrie eleison Jesus ist geboren. Lasst uns ein Licht anzünden und bitten für die Einsamen und Alten, die es heute auch in dieser großen Stadt Berlin schwer haben, Menschen zu finden, die sich um sie kümmern, die Zeit für sie haben und die sie spüren lassen, dass auch sie wertvolle und von Gott geliebte Menschen sind. (Kerze anzünden). Wir rufen: Kyrie eleison Jesus ist geboren. Lasst uns ein Licht anzünden und bitten für die Kranken und Sterbenden, dass sie nicht allein bleiben in Krankheit und Tod, sondern dass sie menschliche Nähe und Wärme spüren, dass sie erfahren können, bei Gott geborgen zu sein und bei ihm Trost und Heil finden. (Kerze anzünden). Wir rufen: Kyrie eleison Jesus ist geboren. Dein Kommen, guter Gott, bringt für diese Welt Hoffnung. Und so denken wir in dieser Nacht besonders an die Menschen im Herkunftsland Jesu. Mach du, dass die alle im Heiligen Land, ob Christen, Israelis, Palästinenser und Araber, auch von deinem Licht erfasst werden, dass dort Friede werde, damit es für die Menschen hell und warm wird, ganz im Sinne der Botschaft der Engel an die Hirten vor Bethlehem: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen deines Wohlgefallens“. (Licht anzünden). Wir rufen: Kyrie eleison Und alles was uns in dieser Heiligen Nacht noch bewegt, legen wir getrost in das Gebet, dass Jesus seinen Freundinnen und Freunden mit auf den Weg gegeben hat: Unser Vater … AmenPredigt
Liebe Gemeinde!
Umschalten
Ein Tag voller Gegensätze, vormittags bei vielen noch die letzten Vorbereitungen auf das Weihnachtsfest, die Bescherung, den Heiligen Abend. Für ganz viele ist das mit Stress und manchmal auch mit Nervenkitzel verbunden. Und jetzt sind Sie hierher gekommen zur Christnacht in die alte Dorfkirche zu Stralau, wollen die Hetze und die Hast ablegen und zur Ruhe kommen in diesem festlich geschmückten Raum. Vielleicht wollen Sie auch dem Geheimnis dieser Nacht nahe kommen. Doch manchem unter den Gottesdienstbesuchern fällt dies gar nicht so leicht, umzuschalten von der Hektik des Tages zur Ruhe der Christnacht. Wir können nicht einfach all das, was wir in diese Nacht mitbringen, abwischen wie Staub von den Schuhen. Und auch damals in Bethlehem war der Gegensatz nicht größer: hier die Jubelbotschaft der Engel und die Freude der Hirten auf dem Feld vor Bethlehem, dort die ärmliche Hütte, eher eine Behausung als eine Wohnstätte, in der Jesus geboren wurde. Und deshalb trägt diese Nacht soviel Gegensätzliches in sich. Als Gott Mensch wurde, verloren alle bis dahin gültigen Vorstellungen ihren Wert. Als Gottheit und Menschheit sich beide vereinten, da blieb den Menschen damals der Mund offen stehen, da war nur noch Stauen, Beten und Lobgesang.
Sehnsucht nach Frieden
An keinem Tag des Jahres sehnen wir uns so sehr nach Frieden, Nähe und Geborgenheit wie am Heiligen Abend. Und diese Geborgenheit wird auch in den alten Bildern der Kunst vermittelt: Jesus auf dem Schoß der Maria, nur mit einem Lumpenfetzen bekleidet, der anstelle von Windeln um das Kind in der Krippe gewickelt ist. Ein armes Kind, einer armen Familie, nichts gibt es in dieser kalten Umgebung, was das Kind schützt, keine prächtige Kleidung, kein prächtiges Bett, in das es gelegt ist. Vielmehr wird ein Futtertrog als Bett genutzt. Und dann sind auf manchen dieser alten Bilder auch die drei Waisen aus dem Morgenland zu sehen, die von weit her mit ihren kostbaren Geschenken zum Stall nach Bethlehem kommen. Und schließlich sind auf ganz vielen der alten Gemälde auch die Hirten dargestellt, die als erste zum Kind in der Krippe kommen und die das Wort der Engel in ihren Ohren hatten: „Euch ist heute der Heiland geboren“. Die Hirten waren die Außenseiter der damaligen Gesellschaft, die Looser, mit denen eigentlich niemand etwas zu tun haben wollte. Beide Hirten wie Waisen machen die Gegensätzlichkeit der Weihnachtsbotschaft deutlich: beide staunen über Gottes Menschlichkeit, weil er ihnen ganz nahe kommt.
Lektor/in: Hallo, ich will ja nicht Ihre Stimmung hier in der Christnacht stören, aber ich habe da einen Brief, den ich Ihnen überbringen soll.
Pfarrer/in: Na, wenn Sie ihn bringen, dann lesen Sie ihn doch bitte vor, wir sind ganz neugierig, wer uns da schreibt: (Lektor liest Röm 1, 1-7 in der Übersetzung „Bibel in gerechter Sprache; Lektor hat einen als Pergament gestalteten Brief in der Hand auf dem die Übersetzung aus der Bibel in gerechter Sprache steht.)
Pfarrer/in: Heute erhalten wir kaum noch so einen klassischen Brief wie ihn Paulus geschrieben hat. Wir schreiben lieber e-Mails oder SMS, vielleicht telefonieren wir auch noch, um die Stimme des anderen zu hören. Damals, als Paulus lebte, gab es diese modernen technischen Möglichkeiten noch nicht. Da schrieben sich die Menschen Briefe, manchmal sogar ganz lange, wie den Römerbrief, aus dem unser Predigtwort entnommen ist. Egal auf welche Weise wir einen Gruß bekommen, wir freuen uns, denn das heißt doch: Ich denke an dich. Du bist mir so wichtig, dass ich mir die Zeit, die Mühe, das Geld kosten lasse, dir einen Gruß zukommen zu lassen. Weihnachten ist Gottes Liebeserklärung an uns. Gott hat seinen Sohn in die Welt geschickt, damit die Menschen verstehen, dass er sie lieb hat. Jesus ist Gottes Liebesbrief an uns. Er hat Menschen gesund gemacht, die krank waren. Er hat zu den Menschen, die sonst keiner mehr mochte, gestanden. Er hat sich auf die Seite der Armen gestellt. In der Bibel gibt es ganz viele Geschichten davon, was Jesus gesagt und getan hat. Nur: Die kennt nicht jeder. Manche kennen sie noch nicht, weil sie sie noch nie gehört haben. Manche kennen sie nicht mehr, weil das so lange her ist, dass sie sie früher einmal gehört oder gelesen haben. Alljährlich gibt es spontane Umfragen auf der Straße: Warum feiern wir Weihnachten? Da werden dann die merkwürdigsten Antworten gegeben: Weil es schneit, weil Oma kommt, weil es Geschenke gibt… Wenn Menschen nicht mehr wissen, warum wir Weihnachten feiern, dann müssen sie dies erfahren: Jesus ist geboren. Und natürlich auch, was dieser Jesus alles durchgemacht hat. Denn es ist nicht bei der Krippe und dem strahlenden Weihnachtsfest geblieben.
Lektor: Gibt Paulus darauf nicht eine Antwort?
Pfarrer/in: Da haben Sie Recht. In seinen Briefen, die in der Bibel zu finden sind, hat er versucht, den Menschen das Entscheidende über Jesus klar zu machen. Und das lässt sich am besten mit den Stichworten Kreuz und Auferstehung fassen. Diese Botschaft des Apostels Paulus ist für uns Grund zur Freude, weil sie all das umfasst, was wir Menschen uns wünschen, Gnade, Frieden und Liebe. An uns Christinnen und Christen sollen die Menschen ablesen, dass Gott uns lieb hat, ob wir Groß sind oder Klein, ob Alt oder Jung, ob reich oder arm.
Lektor/in: Der große schlesische Mystiker Johann Scheffler, genannt Angelus Silesius, hat im 17. Jahrhundert geschrieben: „Wär Christus hundertmal in Bethlehem geboren und nicht in dir, so wärst Du doch verloren“. Paulus gebraucht da doch eine andere Sprache. Er sieht die Geburt Jesu eingeordnet in eine Heilsgeschichte, die er „das Evangelium Gottes“ nennt. Es beginnt mit den Propheten, und dazu gehört der Weg Jesu von der Krippe bis zu Kreuz und Auferstehung, d.h. von Weihnachten bis Ostern. Und dazu gehört auch sein Auftrag, diese Botschaft vom Sohne Gottes weiter zu sagen.
Die Botschaft weitersagen
Pfarrer/in: Der Römerbrief ist ein ganz wichtiges Zeugnis dieses Weitersagens der frohen Botschaft, dass Jesus im Stall von Bethlehem geboren wurde, aber auch dass er viel durchmachen musste auf dem Weg zum Kreuz. An Weihnachten werden wir daran von Paulus erinnert, dass die Krippe ebenso wie das Kreuz zum Lebensweg Jesu hinzugehören. Doch Gott ließ nicht zu, dass Jesus in der finstersten Finsternis, d.h. im Tod blieb, sondern er ermöglichte seine Auferstehung. Die Evangelien erzählen von diesen Ereignissen in Geschichten, und auch wir versuchen in unseren Gottesdiensten diese alten Geschichten wieder zum Sprechen zu bringen, sie zu übertragen in die Sprache unserer Zeit.
Paulus stellt sich am Anfang dieses Briefes der Gemeinde in Rom vor. Er beruft sich dabei auf Wahrheiten, die er auch bei seinen Adressaten voraussetzen kann. Dass Jesus Christus, Gottes Sohn, als Kind in unsere Welt kam, das gehört zum Kern des christlichen Glaubens. Paulus schreibt in seinen Briefen davon, was Grundlage des gemeinsamen Glaubens ist. Zu diesen Grundlagen gehört, dass diese Geburt tief in der jüdischen Geschichte verankert ist: Jesus „geboren aus dem Geschlecht Davids“. Da kommen uns doch all die schönen Geschichten aus dem Alten Testament in den Sinn. Nicht irgendein Kind kommt da zur Welt, sondern ein Kind, das auf eine lange Familiengeschichte zurückblicken kann. Und seine Lebensgeschichte, die von den vier Evangelien erzählt wird, will uns daran erinnern, dass Jesus Christus nicht nur eine Gestalt der Geschichte ist, sondern, wie es Paulus geschrieben hat, „Gottes Sohn in Kraft“. Er ist der gegenwärtige und lebendige Herr. An ihn zu erinnern heißt nicht nur in die Vergangenheit zu schauen, sondern zu Gott zu schauen, seinem Vater, der uns behütet und trägt in allen unseren Lebenslagen.
Weihnachten lenkt nach Paulus die Blickrichtung auch auf Karfreitag und Ostern. Die Geschichte Gottes mit uns erzählen wir und geben sie weiter, weil an diesen Geschichten unser Glaube und unser gelingendes Leben hängen. Und so wünschen wir uns einander „fröhliche Weihnachen“: Wir können fröhlich feiern, weil Jesus Mensch geworden ist und Gott ihn von den Toten auferweckt hat. Darum: „Dies ist der Tag, den der Herr macht, lasst uns freuen und fröhlich an ihm sein“ (Psalm 118, 24).
Amen.