Euer Herz erschrecke nicht
Die Jahreslosung 2010 will Mut machen, aufrichten, trösten
Predigttext (Jahreslosung 2010: Johannes 14,1 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)
Jesus Christus spricht: Euer Herz erschrecke nicht! Glaubt an Gott und glaubt an mich.Predigt
Einfach so…
Draußen hatte er noch gescherzt, als er die Straße hoch und runter lief und auf den Krankenwagen wartete, der ihn in die Klinik bringen sollte. Seine Frau beobachtete ihn durchs Fenster. Typisch, dachte sie. Jetzt tut er so als wäre nichts, dabei ging es ihm gestern Abend immer schlechter. Die Kälte, so schien es, hatte sich ganz und gar um den Körper ihres Mannes gelegt. Egal, wie sehr sie den Ofen anfeuerten und wie sehr sie ihn in die schwere Decke einhüllte, es war nichts zu machen. Ihr Mann fror erbärmlich. Am nächsten Morgen schlug er selbst vor, sich ins Krankenhaus bringen zu lassen. Seine Kräfte ließen nach. Seine Frau fuhr mit ihrer Nachbarin hinterher. Etwas später, ja, zugegeben, erzählte sie mir im Gespräch, es dauert ja auch immer so lange in der Aufnahme. Bis sie da ist, wäre er sicher schon auf seinem Zimmer. Wie hätte ich das denn ahnen können? Als sie im Krankenhaus ankam, war ihr Mann tot. Noch in der Aufnahme verstorben. Einfach so, mitten im Erzählen, mitten im Satz, weg. Tage später, und die Frau kann es noch nicht fassen. Wie sie zutiefst erschrocken an seinem Bett stand und es ihr vorkam, als stünde die Welt für einen Moment lang still. „Wir haben alles für Ihren Mann versucht!“ Diesen Satz der Ärztin hat sie behalten. Weil sie sich darüber so aufgeregt hat. Soll das ein Trost sein? Mehr kannst du nicht für mich tun? Zum Trösten kann ich jetzt niemanden gebrauchen. Oder gibst du mir meinen Mann zurück? Dass sie gar keinen Abschied genommen hat, quält sie am meisten. Was hätte sie ihm gerne noch gesagt? Dass es für sie keinen besseren Mann hätte geben können? Dass sie ihm verziehen hat, schon vor vielen Jahren? Dass sie gesehen hat, wie viel Mühe er sich gab, um viele Verletzungen wieder gut zu machen? Ja, das hätte sie ihm wohl gern noch gesagt und noch viel mehr. Und doch, egal, was sie gesagt hätte – es wäre zu wenig gewesen. So geht ihr Jahr 2009 zu Ende und die Zukunft liegt vor ihr. Das neue Jahr, was wird es ihr bringen? Wird sie nun allein sein? Werden sich die Kinder ein bisschen mehr um sie kümmern? Wird sie wieder Fuß fassen im Leben? Daran mag sie noch gar nicht denken. Aber irgendwie geht es weiter, das wenigstens spürt sie.
Das neue Jahr, was wird es bringen
Das neue Jahr, was wird es bringen? Wie wird es uns gehen? Wie wird sich die Welt verändern? Schauen wir mit Freude und Zuversicht in das kommende Jahr oder mit Ängsten und Befürchtungen? Wie es auch sei: Die Jahreslosung für das vor uns liegende Jahr will Mut machen und sie will Menschen aufrichten, trösten – nach einer Krise, nach schmerzlichem Abschied, nach einem Jahr, das Kraft gekostet hat, alle, die noch unsicher und voller Fragen am Anfang des neuen Jahres stehen. So wie diese Worte aufrichten und trösten wollten, als sie vor langer Zeit gesprochen wurden. Denn kein anderer als Jesus Christus spricht sie:
Euer Herz erschrecke nicht! Glaubt an Gott und glaubt an mich.
Die Worte stehen im Johannesevangelium in der ersten Abschiedsrede Jesu (13,31-14,31) an die Jünger. Die Situation der Jünger ist nicht nur transparent für die Hörerschaft des Evangeliums damals, die johannäischen Gemeinden. Sie ist auch für Menschen gedacht, die heute den meist hochemotionalen Übergang vom alten ins neue Jahr vollziehen. Die Jünger sind voller Angst und Unsicherheit, was ihre Zukunft angeht.
Kein billiger Trost
Von Jesus selbst wissen sie, dass er eines gewaltsamen Todes sterben wird. Das allein macht schon Angst. Das allein erschrickt zutiefst. Und was wird mit ihnen geschehen? Haben sie als Jünger ohne Jesus, als bedrängte Gemeinde inmitten der Anfeindungen und Ausgrenzungen eine Zukunft? Der Tod am Kreuz – sowohl bei den Jüngern als auch in der jungen Gemeinde – stürzt die Menschen in eine Krise. Warum lässt Jesus uns allein? Wie sollen wir ohne ihn weiterleben? Wie kann so einer ein Messias sein, der elend am Kreuz stirbt?
Mitten hinein spricht Jesus die Worte, die Orientierung und Richtung geben. Erschreckt nicht! Fürchtet euch nicht! Ich gehe zurück zum Vater. Ich muss gehen, damit ich für immer bei euch sein kann! Das, was mir geschieht, ist kein blindes Schicksal, sondern Gottes Plan. Er hält alles und alle in seiner Hand, auch euch. Der Trost, der den Jüngern gegeben wird, er ist auch für die Gemeinde lebenswichtig. Sie soll sich daran aufrichten, soll wissen, dass dieser Trost, der einst für die Zukunft galt, bei ihnen mitten hinein in die Gegenwart trifft. Sie leben doch schon mit der Erfahrung, dass Jesus Christus zwar am Kreuz gestorben, aber auch wieder auferstanden ist. Gottes Macht hat sich an ihm ein für allemal gezeigt. „Glaubt an Gott und glaubt an mich!“ Johannes lässt Jesus aus dieser Perspektive nach Ostern sprechen. Hat Gott nicht Jesus auferweckt? Diese Aufforderung hat also einen Grund! Sie ist kein billiger Trost! Gott geht mit seinem Sohn bis in den Tod am Kreuz und darüber hinaus. Wer mich sieht, sieht den Vater. Er schenkt neues Leben, wo der Tod nur den unausweichlichen Abschied vor Augen stellt. Wer an Jesus glaubt, ihm vertraut, der ist niemals allein! Der hat den Heiligen Geist, den Tröster, den Beistand an seiner Seite!
Euer Herz erschrecke nicht! Das hören wir am Anfang dieses neuen Jahres. Auch diese Frau, die ihren Mann so plötzlich verloren hat. „In meines Vaters Haus sind viele Wohnungen“, so führt Jesus die Jahreslosung weiter. Ein Wort, das gerade bei Trauernden großen Trost spenden kann. Es gibt einen Ort, wo der Tod uns alle Mächte der Welt keinen Zugriff mehr haben. Es gibt einen Platz, an dem wir zutiefst geborgen sind. Und es gibt einen, der ist bei uns, der geht unseren Weg mit, bis zum Ende. Es gibt einen, der will uns Hoffnung schenken auch über den Tod hinaus. Der sagt uns: Vertrau dich mir an, gerade dort, wo du den Übergang wagst, das Alte, Vertraute zurücklassen musst und das Neue dir noch unbekannt ist.
Gottes große Verheißung
Verstehen wir die Jahreslosung als Gottes große Verheißung an uns, dass wir in den Augenblicken, in denen wir erschüttert werden, nicht allein sind. Gott möge allezeit seine schützende Hand über uns halten und wir mögen auch im neuen Jahr in der Gewissheit des Psalmbeters leben: „Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir. Dein Stecken und Stab trösten mich“.
Weil es am Beginn des Jahres 2010 noch meht Befürchtungen gibt als sonst, und es einen Trend gibt: Glauben wie Jesus und nicht an Jesus, ist die Jahreslosung sehr tröstlich und wegweisend! Pastorin Frerichs legt sie ansprechend und sehr tröstlich aus. Gern hätte man sich noch etwas Aktuelles und Poetisches und Persönliches gewünscht. Es fällt auf, daß der Nachklang von Weihnachten mit der Engelsbotschaft an die Hirten: Fürchtet Euch nicht fehlt. Aber es soll ja eine Losung sein für das ganze Jahr.- Fragen möchte ich auch, ob die Einleitung nicht zu lang ist? Auch die Konzentration auf Kreuz und Ostern und den Trost im Tod finde ich zu stark betont. Mehr Ermutigung für den Alltag würde ich mir wünschen. Aber das Jahr liegt vor uns und wir werden sicher auch den Trost dieser Predigt gebrauchen.