Nicht so schnell zur Tagesordnung

Das Geheimnis von Weihnachten liegt im Erinnern der alten Geschichte „Es begab sich aber zu der Zeit…“

Predigttext: Hebräer 1,1-3
Kirche / Ort: 09322 Penig
Datum: 26.12.2009
Kirchenjahr: Christfest (2)
Autor/in: Pfarrerin em. Ursula Bürger

Predigttext: Hebräer 1,1-3 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)

1Nachdem Gott vorzeiten vielfach und auf vielerlei Weise geredet hat zu den Vätern durch die Propheten, 2 hat er in diesen letzten Tagen zu uns geredet durch den Sohn, den er eingesetzt hat zum Erben über alles, durch den er auch die Welt gemacht hat. 3 Er ist der Abglanz seiner Herrlichkeit und das Ebenbild seines Wesens und trägt alle Dinge mit seinem kräftigen Wort und hat vollbracht die Reinigung von den Sünden und hat sich gesetzt zur Rechten der Majestät in der Höhe (4 und ist so viel höher geworden als die Engel, wie der Name, den er ererbt hat, höher ist als ihr Name. 5 Denn zu welchem Engel hat Gott jemals gesagt: »Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt«? und wiederum: »Ich werde sein Vater sein, und er wird mein Sohn sein«? 6 Und wenn er den Erstgeborenen wieder einführt in die Welt, spricht er: »Und es sollen ihn alle Engel Gottes anbeten).«

Vorbemerkungen zum Predigttext

Abgrenzung

Vorgeschrieben als Predigtperikope sind die Verse 1-6. Aber eine Beschränkung auf die Verse 1-3 scheint mir ratsam, weil ab V.4 mit dem Stichwort „Engel“ eine neue Hinsicht auf das verhandelte Christologiethema geschieht. In den Versen 5-14 wird die Überlegenheit des Sohnes über die Engel und damit seine überragende Würde als der Erhöhte durch Schriftbeweis zu sichern versucht. Die Verse 4-6 zum Predigttext hinzuzunehmen, hat zwar Sinn, ist aber nicht unbedingt nötig. Die Verse 1-3 verlieren ohne die Verse 4-6 nichts an Deutlichkeit.

Exegetische Bemerkungen

Der Brief an die Hebräer , von einem unbekannten Christen im besten Griechisch verfaßt, ist eine Homilie, der vielleicht eine hymnische Tradition zugrunde liegt. Liest man das Schreiben als Trostbrief an verfolgte verzagte Christen der 2. oder 3.Generation , an „das wandernde Gottesvolk“, dann versteht man die theologischen Gedanken besser, in denen das Wesen und die Art des Sohnes Gottes entfaltet wird. Er ist einer, der Gottes Abglanz ist und das Ebenbild seines Wesens, einer, dessen Wort Kraft hat und der uns, die Menschen, von unsern Sünden reinigen kann. Die theologisch-philosophischen Fragestellungen zur Christologie des 1.und 2.nachchristlichen Jahrhunderts werden deutlich. Wer war dieser Jesus von Nazareth, gekreuzigt auf Golgatha, geboren in Bethlehem? Wie war seine Wesensart, von göttlicher oder menschlicher Natur, wie nahe war er Gott, oder ganz eins mit ihm? Die Antwort ist ein hymnisches Bekenntnis. Der Sohn ist die abschließende Offenbarung des Wortes Gottes, nicht als Prophet, sondern als logos Christou. Der Sohn verbürgt das Heil. Mit dem Sohn beginnt das Jetzt, die Neuzeit, die Heilszeit. Das Problem: Seit 2000 Jahren ist die Kirche das wandernde Gottesvolk der Endzeit. Und Weihnachten, das historisch jüngste Fest, weckt immer wieder die Erlösungshoffnung. Und die Angst, daß „wieder nichts gewesen ist außer Spesen“ stört die Festfreude. Deshalb lästern so viele über Weihnachten und entziehen sich der Botschaft vom Retter und Heiland. Am 2.Weihnachtstag ist sicher der richtige Ort, über das alles zu reden. Die Hirten sind wieder bei ihren Herden. Und wir bedenken immer wieder neu die Weihnachtsbotschaft: Gott ward Mensch dir, Mensch, zugute.

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Predigt

Liebe Gemeinde!

Die Weihnachtszeit ist noch nicht vorüber

„Es begab sich aber zu der Zeit, daß ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, daß alle Welt geschätzet würde….“ Erinnert Euch, vergeßt nicht, geht nichts so schnell zur Tagesordnung über. Die Weihnachtszeit dauert noch bis zum letzten nach Epiphanias. Das ist der 24.Januar. Solange kann der Christbaum noch stehenbleiben, wenns die Nadeln mitmachen, und die Krippe braucht auch noch nicht gleich wieder weggeräumt werden. Weihnachten ist ein Erinnerungsfest. Da manche Erinnerungen wehmütig stimmen, will sich mancher damit nicht zu lange aufhalten. Aber wenn die Botschaft der Weihnacht vergessen wird, wenn vergessen wird, daß Gott allen Menschen Frieden anbietet, wenn das Wort Christi vergessen wird, gerät die Welt aus den Fugen. Die Menschen werden zu Bestien oder zum Hamster im Laufrad. Und da kommt Weihnachten dazwischen. Am Weihnachtsabend scheint die Welt stillzustehen. Die Erinnerungen bleiben stehen, treten deutlich vor unsere Augen. Und wir haben das Gefühl, nichts ist belanglos, alles bekommt Bedeutung, Liebe scheint möglich. Zu Weihnachten ist alles wichtig. Wir schenken den Begebenheiten Aufmerksamkeit und fragen später: „Weißt Du noch, damals…?“ Wir werden wichtig, weil da, erinnert Euch, ein Geschehen war, das Geschichte gemacht hat, zur Geschichte wurde. Trotz all der Nachrichten, die auch zu Weihnachten in unsere Häuser flattern oder der Tragödien, die in unsern Häusern passieren. Aber es kommt die Frage dazwischen: Wißt ihr noch wie es geschehen? Diese Frage hält die Zeit an, fordert uns zum Mitsingen auf, auch wenn uns nicht zum Singen zumute ist.

Maßgebende Liebe

Wißt ihr noch? Zu Bethlehem geboren im Stall ein Kindelein! Da möchte ich einstimmen in das alte Lied, das meine verrasende Zeit anhält, mich zum Wesentlichen bringt. Gott hat wieder zu uns geredet. Diesmal ist sein Wort Fleisch geworden. Die göttliche Herrlichkeit strahlt im Stall. Das Ebenbild Gottes liegt als Säugling in der Futterkrippe. Die Liebe ist zum Synonym für Gott geworden. Wir sind befreit, erlöst, wir können die Last unseres Lebens an der Krippe ablegen. Der kleine Gott erträgt uns, wie wir sind. Er fordert nichts. Ihm müssen wir nichts vormachen. Weihnachten – da ist die Liebe maßgebend. Und die lastenden Verpflichtungen, die vorübereilende Zeit, die Geschwätzigkeit des Lebens vergehen. Weihnachten verlangsamt die Zeit. Beim Kind in der Krippe sind wir zuhause in der göttlichen Geschichte. Mein Schmerz über all das Furchtbare , was sich Menschen antun, meine Hoffnungslosigkeit, daß es je mit uns besser wird, meine Angst, es könnte alles so bleiben, wie es ist, all das wird heimgeholt, wird erlöst, neues Leben zieht in mich ein. Der Stern der Erlösung ist zu Weihnachten wieder neu aufgegangen. Auch mir ist ein Licht aufgegangen, nämlich: Das Geheimnis von Weihnachten liegt im Erinnern der alten Geschichte „Es begab sich aber zu der Zeit…“

Die Hoffnung hat wieder eine Chance

Damit die Angst vor der Banalität oder der Grausamkeit des Lebens mich nicht mehr umbringt, will ich mich dem Kind in der Krippe zuwenden, das Geschichte gemacht hat. Seit Jesu Geburt geht die Zeit anders. Nach Jesu Leben teilen wir das Jahr ein, damit uns das Erinnern leichter fällt. Weihnachten 2009 hat da wieder ein Merkzeichen gesetzt. Die Hoffnung hat wieder eine Chance. Das Schlimme muß nicht bleiben. Alles kann gut werden.

Amen

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