Aufgehoben in Gottes Hand
Mit Ostern bekommt mein Leben (Froh-)Sinn und Antrieb
Predigttext: 1.Korinther 15,12-20 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)
12 Wenn aber Christus gepredigt wird, daß er von den Toten auferstanden ist, wie sagen dann einige unter euch: Es gibt keine Auferstehung der Toten? 13 Gibt es keine Auferstehung der Toten, so ist auch Christus nicht auferstanden. 14 Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist unsre Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich. 15 Wir würden dann auch als falsche Zeugen Gottes befunden, weil wir gegen Gott bezeugt hätten, er habe Christus auferweckt, den er nicht auferweckt hätte, wenn doch die Toten nicht auferstehen. 16 Denn wenn die Toten nicht auferstehen, so ist Christus auch nicht auferstanden. 17 Ist Christus aber nicht auferstanden, so ist euer Glaube nichtig, so seid ihr noch in euren Sünden; 18 so sind auch die, die in Christus entschlafen sind, verloren. 19 Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen. 20 Nun aber ist Christus auferstanden von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind.Zum Predigttext
Wie bei jedem anderen Briefwechsel auch, ist es schwierig für Außenstehende, die wir ja heute nach fast 2000 Jahren nach Abfassung der Briefe des Paulus an die christliche Gemeinde in Korinth sind, die genaue Situation zu rekonstruieren, auf die die Briefe eingehen. Korinth war neben Ephesus der Mittelpunkt des Wirkens des Paulus. Paulus suchte die Zentren von Wirtschaft, Kultur und Religion, um dort seine Botschaft vom auferstandenen Christus zu verkünden. Solch ein Zentrum war die Großstadt Korinth, eine Verbindungsstätte zwischen Morgen-und Abendland, zwischen griechischem und orientalischem Denken. Dreimal ist Paulus in Korinth gewesen, und die beiden uns erhaltenen Briefe an die christliche Gemeinde stellen nur annähernd dar, was es zwischen Paulus und der Gemeinde an emotioneller Bindung gab, als deren Gründer und „Vater“ er sich 1Kor 4,15 darstellt. Aus seiner Arbeit entstand eine nicht kleine , an Leben und Strömungen reiche Gemeinde, deren Mitglieder größtenteils aus den ärmeren, niederen Schichten stammten, auch Sklaven und einige Judenchristen. Den ersten Brief an die Gemeinde in Korinth wird Paulus aus seinem mehrjährigen Aufenthalt in Ephesus geschrieben haben, als dieser sich seinem Ende zuneigte (1Kor 16,8; Apg 19,1ff), d.h. im Frühjahr 55 oder 56. Es geht Paulus um die Erbauung (oikodomé) der Gemeinde. Paulus hat von Parteiungen in der Gemeinde gehört und möchte in diesen Nöten helfen. Dazu bringt er auch seine Theologie ein. Gerade das 15.Kapitel über die Auferstehung der Toten ist ein großes Beispiel paulinischer Lehre. Gegen welche Strömungen er anschreibt, läßt sich nicht eindeutig feststellen. Auf jeden Fall sind es Christen, die auch ohne den Auferstehungsglauben meinen, Christen sein zu können. Es könnten Christen sein, die von gnostischen Lehren beeinflußt sind, wonach die Seele unsterblich ist und den Leib verläßt, wenn dieser stirbt. Die Endgültigkeit des Todes macht uns ja bis heute zu schaffen, und mit dieser gnostischen Ansicht nimmt man dem Tod seine Unausweichlichkeit und Tragik. Im Grunde „mogelt“ man sich um den letzten Ernst des Sterbens herum. Dagegen steht für Paulus, der aus jüdischer Theologie und Tradition kommt, fest: Wenn es Leben nach dem Tod gibt, dann nur als Neuschöpfung und –erschaffung von Gott her, als Auferweckung. Und das ist das Osterereignis, das Zentrum und Basis des christlichen Glaubens. V. 12 zeigt das Problem in der korinthischen Gemeinde an: „Etliche unter euch sagen:“Es gibt keine Auferstehung der Toten“. Darauf wollen die Verse 13-18 eine Antwort geben. In scharfer Weise zeigt Paulus die Konsequenzen für die christliche Gemeinde und den Einzelnen. Vom Negativum her argumentiert er: Wenn nicht...dann aber auch nicht. Wer die „einige unter euch“ sind, ist schwer zu bestimmen. Vielleicht Christen, die unter Einfluß der Gnosis die Realität und den letzten Ernst des Todes leugnen, an die unsterbliche Seele glauben und an deren Aufstieg aus dem Gefängnis des Körpers. Diese Leute brauchen keine Auferweckung von den Toten. Sie ist für sie belanglos, da ja die Seele sowieso nicht stirbt. Aber Paulus beharrt darauf, daß der ganze Mensch stirbt und dann mit dem auferweckten Christus eine Neuschöpfung geschieht. Das Sterben ist total – bei Christus und bei uns. Und die Auferweckung ebenso. V.13: Paulus argumentiert von den Menschen zu Christus: Wenn die Toten nicht auferstehen, so ist auch Christus nicht auferstanden. Letzteres scheinen „die etlichen“gar nicht zu bestreiten. Aber es hat für sie keine Bedeutung, da sie ja nicht auferweckt werden müssen, denn ihre Seele ist ja nie tot gewesen. Eigentlich wird auch damit das Vertrauen auf Christus belanglos. „Mag doch mit ihm geschehen, was will, wir brauchen es nicht.“ Paulus kann aber den Zusammenhang zwischen den Gläubigen und Christus nicht aufgeben. Und deshalb schreibt er so scharf und nur aus der Negation. V.14: Die Bedeutung für die christliche Predigt: Ohne Auferstehungshoffnung ist die Verkündigung „inhaltsleer“, bedeutungslos, vergeblich : mataia. Und der darauf gebaute Glaube ebenso. V.15: Die Verkündiger sind dann falsche Zeugen, Betrüger, Lügner, die etwas verbreiten, was es nicht gibt. Paulus fühlt sich verletzt. Das darf man ihm und den Aposteln nicht unterstellen. V.16: Nochmalige Wiederholung der Konsquenz: Wenn die Toten nicht auferstehen, dann ist auch Christus nicht auferstanden. V.17: Wenn das so ist, ist euer Glaube ohne tragenden Grund, hat keine Basis, ist ein Kartenhaus, s.V.14, und die Konsequenz: Ihr seid noch im unbekehrten Zustand. Die alte Daseinsweise, die Sünde, hat euch noch im Griff. Ihr seid noch keine neuen Menschen. An der Auferweckung Christi, des Gestorbenen, hängt doch das Heil. Tod und Auferweckung Christi bilden die Basis für das neue Leben, für die Sündenvergebung. V.18: Die in Christus Entschlafenen wären dann auch verloren. Sie sind vom Heil der Endvollendung ausgeschlossen und der Vernichtung anheimgefallen. V.19: Mit „diesem Leben“ meint Paulus die irdische Existenz der Menschen. Wenn der christliche Glaube nur für „dieses Leben“ gilt, dann ist er eine Verkürzung und gilt nicht über den Tod hinaus, eigentlich eine ziemlich kurze Hoffnung. Wenn Christen diese Hoffnung aufgeben, bleibt wirklich nur Mitleid für sie, dann sind sie wirklich arm dran. Hoffnungsgebilde und –methoden und Denkgebäude, die bis zum Tod reichen, gibt es wirklich viele. Die Auferstehungshoffnung haben nur die Christen. Sie ist ihre „härteste Währung“ (Biermann). V.20: Nun aber ist Christus auferstanden, und so hat diese eschatologische Hoffnung ihre Richtigkeit. Wo diese Wahrheit gilt, stimmen die Wahrheit Gottes, Jesu Christi, die Verkündigung, der Glaube überein, hat die Gemeinde eine Basis.Lieder
„Freunde, daß der Mandelzweig“ (Gottesklang 20) „Ich glaube fest, daß alles anders wird“ (Gottesklang 28)Liebe Gemeinde!
Wenn das Wörtchen „wenn“ nicht wäre… Was wäre, wenn es uns nicht gäbe? Ich meine, uns als christliche Gemeinde? Es würde viel Trost, viel Liebe und Barmherzigkeit in der Welt fehlen. Unsere Orte wären ohne Kirchen, die ja oft die kulturellen Zentren der Orte sind und Zufluchtsorte in Zeiten der Not und Bedrängnis. Ich erinnere nur an die Wehrkirchen im Mittelalter oder die Kirchen als Schutzräume in Zeiten der Diktaturen und Umbruchzeiten. (Nazizeit, DDR und Wendezeit) .Oft unterschätzen wir uns selbst als christliche Gemeinde und glauben den Leuten mehr, die meinen, die christliche Kirche stirbt bald aus. Wir wollen ja redlich sein, uns nichts vormachen und keinen Hirngespinsten trauen. Aber schon Christus wurde am Kreuz spöttisch angegangen: „Bist du Gottes Sohn, so rette dich und uns!“ Das schmerzt auch uns, und der Zweifel beißt sich fest: Sollte Christus wirklich auferweckt sein, sollte das Leben wirklich mächtiger sein als der Tod, sollte sich mein Leben doch lohnen, sollte es doch Sinn haben? Oder sollten die recht haben, die so brutal reden, wie B. Brecht 1927 geschrieben hat:
„Laßt euch nicht verführen! Es gibt keine Wiederkehr.
Der Tag steht in den Türen, ihr könnt schon Nachtwind spüren!
Es kommt kein Morgen mehr….
Laßt euch nicht verführen zu Fron und Ausgezehr!…..
Was kann euch Angst noch rühren?
Ihr sterbt mit allen Tieren, und es kommt nichts nachher“.
Das hat der junge Brecht 29 Jahre vor seinem Tod geschrieben. Ob er am Ende auch noch so gedacht hat? Ich weiß nur, daß schon bisher in meinem Leben der Glaube an den lebendigen Jesus Christus manche Todesmächte besiegt hat, die einschmeichelnd flüstern: „Gib doch auf, hat doch keinen Sinn, wozu das Ganze?“ So stelle ich mir den Tod im Schnee vor. Man erfriert langsam mit der Vision von Wärme und Geborgenheit. Und wenn dann einer rüttelt und sagt: „ Schlaf hier nicht ein, geh weiter, sitzenbleiben bedeutet deinen Tod“. Dann reagieren die meisten unwirsch, denn sie sind müde von der langen Wanderung durch Schnee und Eis. Gott stelle ich mir so vor, daß er uns wachrüttelt, schlaft nicht ein, seid wachsam. Denn die Todesmächte sind anziehend, verführerisch, versprechen Ruhe. Das Leben scheint da immer den Kürzeren zu ziehen.
Maria Magdalena, die treueste Jüngerin, erschrickt am Ostermorgen, als sie bemerkt, daß nichts mehr so ist, wie es war, daß selbst der Tod nicht mehr das ist, was er mal war. Tot ist eben doch nicht tot. Eigentlich ist es unmöglich, sagt unser Verstand, aber die Liebe sagt: Es ist, was es ist (Erich Fried) – nämlich: Gott hat Jesus auferweckt, und seine Jüngerinnen und Jünger mit. Und dann die vielen Christen durch die 2000 Jahre seither. Was hätte die denn sonst alle getrieben zu höchstem Lebenseinsatz? Ein frommer Wahn, Hirngespinste? All die vielen, gebildete und ungebildete, Alte und Junge, Männer und Frauen, daß sie verantwortlich vor Gott und Menschen gegen die Todesmächte unserer Welt gekämpft, gearbeitet und gelebt haben? Uns fallen große Namen ein, auch groß in ihrer Verzweiflung und Angst, die sie aber dann doch überwunden haben und standgehalten haben bis zum irdischen Ende, auf die Auferstehung von den Toten in Jesus Christus hoffend.
Der lebendige Christus macht lebendig. Es geht auch um alle die, die vor uns gelebt haben und gestorben sind, die wir nicht verlorengeben, obwohl auch sie, genau wie wir, aneinander schuldig geworden sind. Ich glaube, daß wir alle aufgehoben sind in Gottes Hand. Daß wir auch mit dem Unfertigen leben können, mit unaufgearbeiteter Schuld, mit all der Plackerei und den Tränen, der Krankheit und dem Leid. Wir finden Vollendung im Leben des auferweckten Christus. Was wären wir ohne ihn? Eine mehr oder weniger schöne Hülle, ein getünchtes Grab, eine klingende Schelle, ein rotierendes Karussell, immer in Bewegung, aber ohne Ziel. Mit Ostern aber weiß ich, mein Leben hat seinen Sinn, seinen Antrieb, seine Einmaligkeit, seinen Frohsinn aus diesem erweckten Christus. Was wäre ich ohne diese Überzeugung? Ich weiß es nicht. Und wie das für mich gilt, so auch für viele andere Christen. Aber auch die Nichtchristen profitieren davon: Unsere Welt wäre ohne den Heiland Jesus Christus sehr viel trost- und erbarmungsloser. Ich gebe zu: Es könnte trost- und erbarmungsvoller sein. Die Todesmächte sind noch nicht endgültig besiegt. Sie schlagen noch im Todeskampf um sich. Deshalb wollen wir Gott bitten, daß er überall sein Leben, seine Liebe, seinen Frieden zum endgültigen Sieg führt. Dann ist Ostern über den Tag hinaus.
Amen.