“Wir können neu ins Leben gehen”
Die Taufe - Zeichen für das große liebende Ja Gottes zu uns Menschen
Predigttext: Römer 6,3-11 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)
3 Oder wißt ihr nicht, daß alle, die wir auf Christus Jesus getauft sind, die sind in seinen Tod getauft? 4 So sind wir ja mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod, damit, wie Christus auferweckt ist von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, auch wir in einem neuen Leben wandeln. 5 Denn wenn wir mit ihm verbunden und ihm gleichgeworden sind in seinem Tod, so werden wir ihm auch in der Auferstehung gleich sein. 6 Wir wissen ja, daß unser alter Mensch mit ihm gekreuzigt ist, damit der Leib der Sünde vernichtet werde, so daß wir hinfort der Sünde nicht dienen. 7 Denn wer gestorben ist, der ist frei geworden von der Sünde. 8 Sind wir aber mit Christus gestorben, so glauben wir, daß wir auch mit ihm leben werden, 9 und wissen, daß Christus, von den Toten erweckt, hinfort nicht stirbt; der Tod kann hinfort über ihn nicht herrschen. 10 Denn was er gestorben ist, das ist er der Sünde gestorben ein für allemal; was er aber lebt, das lebt er Gott. 11 So auch ihr, haltet dafür, daß ihr der Sünde gestorben seid und lebt Gott in Christus Jesus.Vorbemerkung
Zum Taufsonntag am 6.Sonntag nach Trinitatis steht im Eingangsbereich der Kirche eine Schale mit Wasser und eine brennende Kerze.Liebe Gemeinde!
Tauferinnerung
Der 6. Sonntag nach Trinitatis möchte uns an die Taufe erinnern und zur Besinnung darüber einladen. Darum heute die Schale mit Wasser und die Kerze, die beim Betreten der Kirche nicht zu übersehen war. Darum auch dieser Predigttext, ein Abschnitt aus dem Brief des Apostels Paulus an die christlichen Hausgemeinden in Rom, geschrieben im Frühjahr 56 n. Chr. am Ende seiner dritten Missionsreise.
“Ihr müsst euch doch darüber im klaren sein, was bei der Taufe mit euch geschehen ist”, schreibt der Apostel und ist offensichtlich der Meinung, dass die jungen christlichen Gemeinden daran erinnert werden müssen, was es bedeutet, getauft zu sein. Sind wir uns heute darüber im Klaren, was bei der Taufe mit uns geschehen ist?
Neues Leben
Was bedeutet es für uns, getauft zu sein? – Ich habe einige mir bekannte und unbekannte Menschen danach gefragt. Hören wir aus dem Interview.
– (Angestellter): Taufe, oh, eine gute Frage. Damit habe ich mich in den letzten Jahren gar nicht befasst. Ich bin auch kein großer Kirchgänger, das muss ich Ihnen ehrlich sagen. Gut, das ist – was soll man da sagen – das ist wirklich eine gute Frage…
– (Ehrenamtliche Mitarbeiterin): Durch die Taufe bin ich ein Mitglied der Kirche. Für mich bedeutet die Taufe ein Stückchen Bewahrung in Gott.
– (Kind, 2. Klasse Grundschule): …Ich wurde getauft, als ich im Kindergarten war. Viele Kinder waren mit dabei. Wir haben gefeiert. Jetzt gehöre ich zu Gott und zu Jesus. In der Religionsstunde und im Kindergottesdienst haben wir Geschichten zur Taufe gehört und durften ein Bild dazu malen. Meine Eltern haben ein Foto von meiner Taufe.
– (Friseurin): Taufe bedeutet die Aufnahme in eine christliche Gemeinschaft. Die Taufpaten versprechen, zusammen mit den Eltern das Kind christlich zu erziehen und auch für das Kind da zu sein, wenn sie gebraucht werden.
– (Jurastudent): Taufe ist für mich das Einsteigen eines Menschen in den Glauben, in das Zusammensein, das lebendige Zusammensein mit Gott.
– (Kirchlicher Mitarbeiter): Taufe bedeutet für mich, dass ich mich zu Jesus Christus bekenne und in seinem Sinn glaubwürdig lebe.
– (Konfirmand): Getauft sein bedeutet: zur Kirche gehören.
– (Theologiestudent in höherem Semester): Taufe ist zeichenhaft ein Segen für das Leben des Täuflings. Alles was den Täufling von Gott trennt, ist gleichsam „abgewaschen“.
So weit das Interview. Taufe bedeutet für die Befragten eine lebendige und glaubwürdige Beziehung zu Gott, zu Jesus Christus, sie ist Segen und Bewahrung in Gott. Jemand hatte auch Schwierigkeiten damit, etwas über die Bedeutung der Taufe zu sagen – kein Grund jedoch, auf einen solchen Menschen herabzusehen, vielmehr Grund, ihn mit in das Nachdenken über die Taufe hineinzunehmen. Mit den Ausführungen des Apostels Paulus berühren sich auffallend die im Interview gehörten Worte: “in Jesus Christus sein und mit ihm zusammen leben”. “Wir alle sind »in Jesus Christus hinein« getauft und sind damit in seinen Tod hineingetauft, ja hineingetaucht worden”, sagt der Apostel, und: “Durch diese Taufe wurden wir auch zusammen mit ihm begraben. Und wie Christus durch die Lebensmacht Gottes, des Vaters, vom Tod auferweckt wurde, so ist uns ein neues Leben geschenkt worden, in dem wir nun auch leben sollen“.
Auf den Spuren des österlichen Lebens
„Denn wenn wir mit ihm verbunden und ihm gleichgeworden sind in seinem Tod, so werden wir ihm auch in der Auferstehung gleich sein.“ (V. 5) Die Taufe, so hebt Paulus hervor, verbindet uns mit dem Leben und Weg Jesu. Das ursprüngliche Hineintauchen bzw. Untertauchen des Täuflings in das Jordanwasser bedeutet Gefährdung und Tod, es ist ein symbolischer Hinweis auf den Tod Jesu, den er für uns auf sich nahm und damit unsere Sünde, unser Fernsein von Gott, abwusch, sie gleichsam ertränkte. Das Herausheben des Täuflings aus dem bedrohlichen Wasser bedeutet Leben, Symbol für die Auferweckung Jesu von den Toten durch Gott und seine Lebensmacht. Als Getaufte sind wir hoffnungsvolle, die Spuren des österlichen Lebens suchende, bewahrte, gesegnete, von Gott geliebte Menschen. Von dem indischen Dichter Rabindranath Tagore (1861-1941) stammt der Ausspruch: “Jedes Kind bringt die Botschaft, dass Gott die Lust am Menschen noch nicht verloren hat”. Die Taufe ist Zeichen für das große liebende Ja Gottes zu uns Menschen, sein Segen über uns. Gott hat uns bei unserem Namen gerufen, wie wir es im Wochenspruch hören: “Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein”. Wir sind vor Gott unverwechselbar und unaustauschbar, so wie wir sind angenommen und geliebt. Gottes Liebe in Jesus Christus ist kein softes “Gott hat euch alle lieb”, sondern Jesus ist für uns den schwersten Weg gegangen, den Weg ans Kreuz und in den Tod. Damit sind wir von der Sünde, der uns gefangen nehmenden und von Gott trennenden Macht, ein für alle Mal erlöst und befreit zu einem dankbaren, in Gott bewahrten Leben.
Trost
“Wenn wir nun mit Christus gestorben sind, werden wir auch zusammen mit ihm leben“, so fast Paulus die Symbolik der Taufe zusammen. Der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer schrieb an sein Patenkind: “Du wirst heute zum Christen getauft. Alle die alten großen Worte der christlichen Verkündigung werden über dir ausgesprochen…, ohne daß Du etwas davon begreifst. Aber auch wir selbst sind wieder ganz auf die Anfänge des Verstehens zurückgeworfen. Was Versöhnung und Erlösung, was Wiedergeburt und Heiliger Geist, was Feindesliebe, Kreuz und Auferstehung, was Leben in Christus und Nachfolge Christi heißt, das alles ist so schwer und so fern, daß wir es kaum mehr wagen, davon zu sprechen. In den überlieferten Worten und Handlungen ahnen wir etwas ganz Neues und Umwälzendes, ohne es noch fassen und aussprechen zu können… Unser Christsein wird heute nur in zweierlei bestehen: im Beten und im Tun des Gerechten unter den Menschen. Möchtest Du zu ihnen gehören…” Kann dies anders geschehen als aufzublicken auf den einen Gerechten und im Bewusstsein des Trostes, der in der Taufe zeichenhaft lebendig ist? Von Martin Luther ist bekannt, dass er in schwierigen Zeiten seines Lebens sich immer wieder daran klammerte, dass er getauft, “hineingetaucht” in Jesus Christus war und sich dadurch von Gott getröstet wusste, angenommen, geliebt und so mit neuem Leben und Lebensmut beschenkt. Es ist, wie es in einem Lied heißt: „Wir können neu ins Leben gehen“ (EG 432).
“Ich bin getauft, ich gehöre zu Gott ganz gleich was geschieht!” Das war für mich vor einer lebensgefährlichen Operation im Krankenhaus am Herzen der Herzens-Trost, der meine Todesangst besiegte. Sehr lebendig und tiefsinnig erinnert Kirchenrat Heinz Janssen an die Taufe. Nach den Statements von Zeitgenossen predigt er über den Paulus-Text und zitiert Tagore und Bonhoeffer und Luther. Sehr ermutigend und tröstlich ist es, so wieder in der Sonntags-Predigt an seine Taufe erinnert zu werden!