Aus der Enge in die Weite
Umwertung aller Lebenswerte durch den Glauben an Jesus Christus
Predigttext: Philipper 3, 7-11 ( 12-14)(Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)
7 Aber was mir Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Schaden erachtet. 8 Ja, ich erachte es noch alles für Schaden gegenüber der überschwenglichen Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn. Um seinetwillen ist mir das alles ein Schaden geworden, und ich erachte es für Dreck, damit ich Christus gewinne 9 und in ihm gefunden werde, daß ich nicht habe meine Gerechtigkeit, die aus dem Gesetz kommt, sondern die durch den Glauben an Christus kommt, nämlich die Gerechtigkeit, die von Gott dem Glauben zugerechnet wird. 10 Ihn möchte ich erkennen und die Kraft seiner Auferstehung und die Gemeinschaft seiner Leiden und so seinem Tode gleichgestaltet werden, 11 damit ich gelange zur Auferstehung von den Toten. 12 Nicht, daß ich's schon ergriffen habe oder schon vollkommen sei; ich jage ihm aber nach, ob ich's wohl ergreifen könnte, weil ich von Christus Jesus ergriffen bin. 13 Meine Brüder, ich schätze mich selbst noch nicht so ein, daß ich's ergriffen habe. Eins aber sage ich: Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich aus nach dem, was da vorne ist, 14 und jage nach dem vorgesteckten Ziel, dem Siegespreis der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus.Exegetische und homiletische Vorüberlegungen
Die Umwertung aller Lebenswerte durch den Glauben an Jesus Christus ist Thema des 9. Sonntags nach Trinitatis. Nicht das Vertrauen in die eigene religiöse, menschliche, oder gesellschaftliche Leistungsfähigkeit ist vor Gott und bei der eigenen Lebensgestaltung entscheidend, sondern allein das Vertrauen in Gott und seine Gerechtigkeit. Höchst emotional und persönlich greift Paulus dieses Thema auf. Denn die Umwertung aller Lebenswerte, die Erkenntnis niemals durch Werke, sondern allein aus Glauben vor Gott gerecht zu werden, ist Teil seiner Lebensgeschichte. In kämpferischer Weise argumentiert Paulus gegen - vermutlich judenchristliche - Wanderprediger, die religiöse Riten zur Voraussetzung wahren Christseins machen wollen. Demgegenüber betont Paulus den voraussetzungslosen und bedingungslosen Zugang des Menschen zur Erkenntnis Christi. Dies bedeutet die totale Abgrenzung und Distanzierung nicht allein von den auftretenden Irrlehrern, die er sogar als „Hunde“ ( Phil 3, 2) beschimpft, mit gleicher Vehemenz bekennt er sich auch zur Abkehr von seiner eigenen Vergangenheit im pharisäischen Judentum. Drastisch erscheint die Bewertung der Zeit vor seiner Bekehrung als „Schaden“, Unrat, ja „Kot“, sein christlichen Glauben dagegen als „Gewinn“. So emotional und persönlich die Ausführungen des Paulus sind, so sehr gelten sie als theologisch fundamental für evangelisches Selbstverständnis, für die „Freiheit der Kinder Gottes“. Die Verse 12-14 beschreiben die Konsequenz solchen Glaubens für die Lebensgestaltung der Christen in der Welt mit Begriffen voller Dynamik und Bewegung. Damit weitet sich die Lebensgeschichte des Paulus aus seiner individuellen/persönlichen Vergangenheit, zu dem was christliche Existenz in seiner und unserer Gegenwart charakterisiert und ausmacht. Seine Geschichte wird zur Glaubens- und Lebenshilfe, durch die christliches Selbstbewusstsein Stärkung erfährt und christliche Existenz Orientierung erhält. Christliche Existenz stellt sich dann dar als „Unterwegssein“ zwischen „einer Vergangenheit, die für uns nichts mehr gilt… und einer Zukunft, die uns durch die Auferstehung Christi zugesprochen wurde, aber noch aussteht. Dass der Christ unterwegs ist, dass er in der Gegenwart nichts aufzuweisen und in der Hand hat, und wäre es auch nur in Programmen und Ideologien, noch sich auf Vorzüge und Leistungen der Vergangenheit berufen kann-, das gehört zu den Kennzeichen einer durch das Kreuz Christi bestimmten Theologie, einer theologia viatorum , d.h. einer Theologie derer, die unterwegs sind.“ (G. Barth, S. 64). Steht nun nicht die Lebensgeschichte des Paulus im Zentrum der Betrachtung, ist die „Umkehrung aller Lebenswerte“ nicht gebunden an ein Bekehrungserlebnis, das die eigene Biographie in ein „Vorher“ und „Nachher“ aufteilen lässt. Darin würden sich auch nur wenige Gemeindeglieder in ihrer christlichen Verwurzelung und volkskirchlichen Verbundenheit wieder finden. Zeitlos und daher je neu zu finden bleibt die von Paulus gewonnene Erkenntnis, dass christliche Existenz in Orientierung an und Ausrichtung auf Jesus Christus Grund und Ziel des eigenen Lebens darstellen kann, fester Boden und berechtigte Hoffnung ist, und wie in dieser Spannung christlicher Glaube Gestalt gewinnt. Die Umkehrung aller Lebenswerte wird dabei zu etwas „Gegenwärtigem“, in der sich christliche Existenz in ihrer Freiheit und Weite unterscheidet und absetzt von menschlichem Sicherheitsstreben.Literatur
Gerhard Barth, Der Brief an die Philipper, Zürich-Theologischer Verlag, 1979.- N. Walter, E. Reinmuth und P. Lampe, Die Briefe an die Philipper, Thessalonicher und an Philemon, NTD Band 8/2, Göttingen 1998Lieder
„Die güldene Sonne“ (EG 444) „Ich weiß, mein Gott, dass all mein Tun“ (Wochenlied, EG 497) „Wir strecken uns nach dir“ (in versch. Regionalteilen des EG) „Ach, bleib mit deiner Gnade“ (EG 347)Liebe Gemeinde!
Der Apostel Paulus begegnet uns als Mensch und Christ
Ganz anders als sonst lernen wir Paulus in diesen Zeilen seines Briefes an die Philipper kennen. Nicht nur der Gründer der Gemeinde, der Apostel Paulus in seiner Autorität, ergreift hier das Wort. Hier schreibt Paulus als Mensch vor dem Hintergrund seiner ganz persönlichen Lebensgeschichte, was ihm sein Christsein bedeutet, und wie sein Glaube in seinem Leben Gestalt gewinnt. Nicht abgehoben, von einem Sockel von Autorität herab, lehrt er die Gemeinde in der Theorie, nein! Indem er von seiner Glaubenspraxis berichtet, wird er zum Vorbild. Indem er von seinem Glauben spricht, bietet er Orientierung. So erreichen uns heute drastische und kämpferische Worte eines Mannes, der mit starker Vehemenz und großer Emotionalität die Bedeutung des Glaubens an Jesus Christus für sein Leben beschreibt. Dabei erscheint sein Glaube als etwas sehr Bewegtes und Bewegendes, bewegt und bewegend im wahrsten Sinne des Wortes. Denn immer unterwegs, immer auf dem Weg aus der Enge in die Weite ist Paulus in seinem Glauben und in seinem Leben. Und es ist, als wolle er uns Anteil haben lassen und mitnehmen in dieser Bewegtheit auf seinem Weg, wenn er schreibt:
“Nicht, daß ich’s schon ergriffen habe oder schon vollkommen sei; ich jage ihm aber nach, ob ich’s wohl ergreifen könnte, weil ich von Christus Jesus ergriffen bin. Meine Brüder, ich schätze mich selbst noch nicht so ein, daß ich’s ergriffen habe. Eins aber sage ich: Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich aus nach dem, was da vorne ist, und jage nach dem vorgesteckten Ziel, dem Siegespreis der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus”.
Wer so ergriffen ist von Christus, wer so bewegt ist vom Glauben, wer sich so inständig danach sehnt und voller Eifer ausstreckt, sein Ziel zu erreichen, der könnte wohl niemals sagen: „Ich habe einen Glauben“, sondern immer nur: „Ich lebe meinen Glauben“.
Als Menschen und Christen begegnen wir dem Apostel Paulus
Ob wir uns als Christen, als Gemeinde in Spenge, in einem so bewegten und bewegenden Glauben wieder finden?
Ob wir uns so einfach einladen und mitnehmen lassen auf diesen Weg?Ob uns der Apostel darin Vorbild ist/sein kann, und uns seine Worte Orientierung bieten?
Ob wir lernen können aus seinem Leben für unser Leben?
Ob seine Glaubensgewissheit zur Stärkung und Ermutigung werden kann für unseren Glauben? Oder gehören wir nicht eher zu denen, die ihren Glauben haben statt ihn zu leben?
Sind wir nicht eher ein sitzendes als ein wanderndes Gottesvolk, das sich mit der Freiheit der Kinder Gottes schwer tut?
Genau diesen Fragen geht auch Paulus in seinem Leben nach. Ja, er hatte seinen festen Glauben, für den er mit vollem Eifer und mit ganzer Kraft eintrat – jedes Gebot und jede Vorschrift kannte und beherzigte er aufs Genaueste, um Gott zu gefallen, es ihm recht zu machen. Dass Gott auch die wichtig nahm, ja annahm und liebte, die sich weder im Glauben noch im Leben auskannten, dass Gott sich gerade denen zuwandte, denen nichts geriet oder die sich gar schuldig machten, wie es Jesus verkündete und lebte, war für ihn unvorstellbar. Klare Grenzen und Abgrenzungen zwischen Gottesfürchtigen und Gottlosen, Anständigen und Unanständigen, Leistungsträgern und Versagern, eben denen, die dazu gehörten und denen, die es nicht taten – die musste es geben. Diese Grenzen und Abgrenzungen verteidigte Paulus denn auch bis aufs Blut, wenn er die jungen Christen mit dem Schwert verfolgte. Mit Blindheit musste ihn Christus in Damaskus schlagen, damit ihm die Augen aufgingen. Nicht wie ein Geländer, sondern wie ein Korsett, das ihn einzwängte, erschien ihm sein Glaube. Vor lauter Eifer, jedem Gebot und jeder religiöser Vorschrift gerecht zu werden, war er blind geworden für Gott und für seine Mitmenschen. Sein Streben nach frommen Leistungen hatte ihm die Liebe aus dem Herzen geraubt, mit der Gott ihm und er Gott begegnen konnte. Mit so viel Blindheit geschlagen, wollte er endlich wieder klar sehen. Aus der Enge seines Denkens und Glaubens wollte er endlich ausbrechen und die Freiheit der Kinder erleben und leben. Gott, dem Vater, der alle seine Kinder voraussetzungs- und bedingungslos liebt, wollte er entgegen gehen – und dem folgen, der Gottes Liebe in der Welt sichtbar und unter den Menschen spürbar werden ließ: seinem Sohn Jesus Christus.
Aus einem, der seinen Glauben zu haben meint, wird einer der, der seinen Glauben wagt und lebt. Aus einem, der in seinen Überzeugungen gefangen ist, wird einer, der sein Vertrauen ganz auf Gott setzt und sich der Bewegtheit der Liebe Gottes und des Lebens stellt. Aus einem, der fest an seinen Überzeugungen fest hält und auf seinem Standpunkt beharrt, wird einer, der sich um Gottes Willen zu den Menschen aufmacht. Wer diesen neu eingeschlagenen Weg des Paulus weiter verfolgt, merkt bald: Ein Spaziergang ist das nicht. Wohl gelingt es ihm immer wieder, Menschen einzuladen, an Jesus Christus zu glauben. Er gründet viele Gemeinden, sogar in Europa. Doch immer wieder stößt er dabei auch an Grenzen: an eigene Grenzen und an Grenzen, die Gegner ihm setzen. So klar ihm der Wille und Auftrag Gottes ist, dass die Botschaft allen Menschen in allen Völkern gilt, den Juden wie den Heiden, den Männern wie den Frauen, den Einfachen wie den Gebildeten, den Starken wie den Schwachen, so schwer wird ihm das manchmal in der Praxis. Welchen Stellenwert haben die Frauen in der Gemeinde? Wie ist umzugehen mit den Konflikten zwischen Gemeindegliedern ganz unterschiedlicher Herkunft? Wie kann er mit den Grenzen leben, die ihm seine Gesundheit und seine körperlichen Kräfte setzen? Und was ist zu tun, wenn die eigene Überzeugung nicht verstanden, nicht akzeptiert oder sogar auf’s Schärfste bekämpft wird, sodass er immer wieder verhaftet wird? So schwer und gefährlich, so Kräfte zehrend und oft chaotisch ihm sein Weg bisweilen vorgekommen sein muss – er ist ihm erstrebenswerter und lohnender als die Enge des Herzens und die Beengtheit des Denkens, weil er um das Ziel des Weges weiß, auf dem er ist und zu dem er einlädt. Dieses Ziel steht ihm vor Augen in Jesus Christus, Gottes Sohn. Sein Leben und Reden ist Kriterium seines Lebens und Redens. Sein Leiden und Sterben lässt ihn an den eigenen Schwierigkeiten oder Misserfolgen nicht zerbrechen. Im Gegenteil, er lernt es auch mit den eigenen Schwächen und Grenzen zu leben. Denn auch Jesu Auferstehung steht ihm vor Augen, sein Weg zum Vater in ein neues Leben, ein ewiges Leben im Reiche Gottes. Am Ziel des Weges wird er zugleich am Ziel aller Wünsche und Sehnsüchte nach erfülltem Leben sein. Dort erwarten ihn Lebendigkeit und Barmherzigkeit, Wahrhaftigkeit und Gerechtigkeit, Beständigkeit und Vollkommenheit. All dies ist bei Gott zuhause.
Als Christen gemeinsam unterwegs mit dem Apostel
Es ist nicht nur der Apostel, der sich danach sehnt. Auch wir haben dieser Sehnsucht in unserem Lied „Wir strecken uns nach dir“ Ausdruck verliehen. Obwohl wir dabei gesessen haben, haben wir uns anstecken lassen von der Bewegtheit des Glaubens, zu der Paulus eingeladen hat. Wir strecken uns nach Lebendigkeit aus – das ist nachfühlbar, Zutrauen zur Barmherzigkeit haben, sich der Wahrhaftigkeit öffnen, sich an der Gerechtigkeit freuen, an Beständigkeit sich halten, nach Vollkommenheit sich sehnen – wer von uns täte das nicht! Aber dazu braucht es das Strecken und Jagen, das in Bewegung bleiben und Unterwegs sein aus der Enge in die Weite auf das verheißene Ziel zu. Lebendigkeit und Barmherzigkeit, Wahrhaftigkeit und Gerechtigkeit, Beständigkeit und Vollkommenheit, all dies, wonach wir uns sehnen, erwartet uns bei Gott, finden wir bei Gott. Denn all dies wohnt bei Gott, ist bei ihm zuhause und bei uns höchstens zu Besuch. Aber gerade darin besteht der Ansporn, unseren Glauben nicht nur zu haben und für uns zu behalten, sondern ihn zu leben, andere mit unserer Sehnsucht anzustecken und sie auf unserem Weg aus der Enge in die Weite mit zu nehmen.
Als Christen unterwegs in unserer Gemeinde
Ich bin fest überzeugt, dass sich dieser Weg in all seiner Bewegtheit lohnt und dass er zugleich notwendig ist, um auch ja niemanden zu verlieren. Dass diese Gefahr auch in unserer Gemeinde besteht, wird deutlich an der Frage einer für den Herbst geplanten Veranstaltung. Besorgt und provokant zugleich wird hier die Frage gestellt: „Ist der soziale Friede in Spenge bedroht?“ Aber vielleicht muss so provokant gefragt werden, um die Besorgten wahr zu nehmen und ihre Sorgen ernst zu nehmen: die Sorgen der Schülerinnen und Schüler, die trotz Mittlerer Reife oder Abitur keine Lehrstelle bekommen werden. Die Sorgen der ständig mehr werdenden Menschen, die mittwochs bei der „Spenger Tafel“ einkaufen, weil es in der Familie zu wenig Einkommen oder zu wenig Rente gibt. Die Sorgen derer, die wegen Alter oder Behinderung von der Teilnahme am Leben in unserer Stadt und unserer Gemeinde ausgeschlossen sind und unter Einsamkeit leiden. Hier sind wir gefragt, mit wachen Augen und offenen Herzen unseren Glauben zu leben. Niemand soll das Gefühl haben müssen, weil er anders ist oder weniger hat, nicht dazu zu gehören. Denn Gott ermutigt uns, wie Jesus in jedem und jeder den oder die zu sehen, dem seine voraussetzungslose und bedingungslose Zuwendung gilt. Schön wäre es, wenn es da nicht nur die einen und die anderen, die drinnen oder draußen, die oben oder unten gäbe, sondern wir uns gemeinsam auf den Weg machten zum Ziel unserer Sehnsucht, das uns über alle Unterschiede hinweg verbindet: nach Lebendigkeit und Barmherzigkeit, nach Wahrhaftigkeit und Gerechtigkeit, Beständigkeit und Vollkommenheit.
Als Christen unterwegs durch unsere Zeit
Das mag vielleicht nach Überforderung klingen, nach einer Forderung, die vielleicht ein Apostel erfüllen kann, aber wir hier, du oder ich? Auch darauf antwortet Paulus mehr mit seinem Leben als mit seinen Worten. Denn als er seine Zeilen schrieb, konnte auch er nichts tun, ihm waren die Hände gebunden, er saß in Haft. Dennoch konnte sein gelebter Glaube viel bewirken, ermutigen und ermuntern, immer wieder neu unterwegs zu sein aus der Enge in die Weite. Er blieb damit kein Einzelfall. Im Sommer 1944, wohl kurz nach dem im Juli gescheiterten Attentat auf Hitler, schreibt Dietrich Bonhoeffer im Gefängnis Berlin-Tegel ein Gedicht, dem er den Titel “Stationen auf dem Weg zur Freiheit” gibt. Geschrieben, während seine Haftbedingungen sich verschärfen und die Hinrichtung folgen wird, wurde es für viele Christen zur ermutigenden Herausforderung. Unter dem Stichwort „Tat“ schreibt er (D. Bonhoeffer, Widerstand und Ergebung, München 1979, S. 403): “Nicht das Beliebige, sondern das Rechte tun und wagen, nicht im Möglichen schweben; das Wirkliche tapfer ergreifen, nicht in der Flucht der Gedanken, allein in der Tat ist die Freiheit.
Tritt aus ängstlichem Zögern heraus in den Sturm des Geschehens, nur von Gottes Gebot und deinem Glauben getragen, und die Freiheit wird deinen Geist jauchzend umfangen”.
Derart ermutigt, spricht nichts mehr dagegen, unsere engen Grenzen von Gott sprengen zu lassen und tapfer zu überschreiten, weil Gott es ist, der uns wandelt und auf unseren Wegen aus der Enge in die Weite begleitet.
Amen.
Sehr schroff setzt sich Paulus von der Zeit vor seiner Christus-Nachfolge ab. Sehr eindringlich und ausführlich macht die engagierte Predigt von Pfarrerin Janssens verständlich, warum der Glaube an Christus für Paulus solche Bedeutung hatte und welche Bedeutung er für uns heute haben kann. Das Thema ist ja nicht ganz neu, aber wird lebendig und neu auch für erfahrene Zuhörer/innen verkündet. Auch die Aktualisierung: “Ist der soziale Friede bedroht?”, fehlt nicht. Als Zusammenfassung am Schluss wird sehr stimmig ein häufig verwendeter Text von Dietrich Bonhoeffer zitiert. Durch weniger Substantive (s. z.B. “Sein Leben und Reden ist Kriterium seines Lebens und Redens”) würde die Predigt m.E. noch gewinnen. Sehr überzeugend wird eingeladen, nicht nur “einen Glauben zu haben”, sondern seinen Glauben an Christus wie Paulus auch “zu leben”.
Sehr geehrter Herr Rußmann, häufig lese ich als Frau, die schon mal in einem Gottesdienst predigt, hier die Predigtvorschläge und damit auch Ihre Kommentare. Dieses Mal bin ich mal wieder ganz entsetzt über Ihre direkte Kritik, heute an Frau Janssens Stil. So eine Kritik gehört meines Erachtens in ein 4-Augen-Gespräch und nicht in einen öffentlichen Kommentar im Netz. Inhaltlich nehme ich an, dass Frau Janssens die von Ihnen angesprochenen Aspekte sicherlich bedacht hat – und sich mit Blick auf ihre Gemeinde in Spenge für das entschieden hat, was sie hier veröffentlicht hat. Würde ich für das Predigtforum schreiben, würde ich mich über Ihre häufigen Co-Predigten (mit dem Unterton “Haben Sie nicht was vergessen, Kollegin/Kollege?!”) ärgern. Und Sie können mir glauben, als Journalistin bin ich einiges an sachlicher und unsachlciher Kritik durch Leserbriefe gewöhnt. Freundliche Grüße Frauke Brauns
Liebe Frau Brauns,
Herr Rußmann stellt doch sehr verhalten und zurückhaltend Fragen … hier eigentlich nur eine, eingeleitet mit “Durch weniger Substantive”. Soll auch eine solche Frage schon in ein 4-Augen-Gespräch verbannt werden?
Ein Forum – darüber waren wir uns im Redaktionskreis des “Heidelberger Predigt f o r u m ” sehr einig – kann doch nur hilfreich sein, wenn auch (weiterführende)Rückfragen erlaubt sind – die übrigens auch be-antwortet werden können. Unter uns: Ich wünsche mir mehr davon. Ein breit angelegtes Gespräch ist homiletisch ein Desiderat. PredigerInnen können nur wachsen, wenn sie die Öffentlichkeit einer Predigt zu schätzen wissen. Unter 4 Augen können wir uns noch etwas anderes sagen…
Ich würde mich freuen, wenn Sie bei uns mitmachen würden!
Mit der Bitte um Verständnis
und vielen Grüßen
Manfred Wussow
Sehr geehrter Herr Wussow, vielleicht haben Sie mich mißverstanden: Gern lasse ich mich auf eine inhaltliche Diskussion ein. In ein 4-Augen-Gespräch möchte ich die Kritik am Schreibstil der Autorin verbannen, die m.E. in der Bemerkung mit den Substantiven liegt (einen insgesamt substantiv-lastigen Stil kann ich zudem in der Predigt nicht entdecken). Den persönlichen Schreibstil/Ausdruck zu kritisieren ist eine heikle Sache, denke ich.
Das ist für mich noch etwas anderes als eine Diskussion des Inhalts oder der Gestalt der Predigt. Die Gestaltung dieser Predigt zeigt sich für mich in dem Spannungsbogen vom Leben des Paulus vor und nach seiner Bekehrung, über die Aktualisierung “Ist der soziale Friede bedroht?” bis zum Zitat Bonhoeffers – und nicht in der einzelnen Wortwahl. Wobei der von Frau Janssens gewälhte Schwerpunkt einer von vielen ist; der Text bietet ja noch andere. Als Predigthörerin aber bin ich immer froh, wenn eine Predigt sich auf einen Schwerpunkt konzentiert und nicht zu viele Aspekte bedenkt. Auch ein guter journalistischer Kommentar lebt von der Konzentration auf ein Argument.
Ich kann Ihren Wunsch nach mehr Diskussion der Predigten sehr gut verstehen. Habe auch Ideen, warum sie hier so selten stattfindet. Ganz generell braucht ein Forum wie dieses nicht nur Rezensionen/Kritiken im Aufbau Lob – kritische Anmerkung – Zusammenfassung, sondern erkennbare Meinungen und Analysen als Aufforderungen zur inhaltlichen Auseinandersetzung.
Freundliche Grüße
Frauke Brauns