„Höher, schneller, weiter…“
Kann man den christlichen Glauben trainieren oder einüben?
Predigttext: 1.Thessalonicher 4,1-8 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)
Weiter, liebe Brüder, bitten und ermahnen wir euch in dem Herrn Jesus, da ihr von uns empfangen habt, wie ihr leben sollt, um Gott zu gefallen, was ihr ja auch tut -, daß ihr darin immer vollkommener werdet. Denn ihr wißt, welche Gebote wir euch gegeben haben durch den Herrn Jesus. Denn das ist der Wille Gottes, eure Heiligung, daß ihr meidet die Unzucht und ein jeder von euch seine eigene Frau zu gewinnen suche in Heiligkeit und Ehrerbietung, nicht in gieriger Lust wie die Heiden, die von Gott nichts wissen. Niemand gehe zu weit und übervorteile seinen Bruder im Handel; denn der Herr ist ein Richter über das alles, wie wir euch schon früher gesagt und bezeugt haben. Denn Gott hat uns nicht berufen zur Unreinheit, sondern zur Heiligung. Wer das nun verachtet, der verachtet nicht Menschen, sondern Gott, der seinen heiligen Geist in euch gibt.Hinweis der Redaktion Heidelberger Predigt-Forum
Gerne weisen wir aktuell auf das eigene Blog unseres Mitautors Privatdozent Pfarrer Dr. Wolfgang Vögele, Karlsruhe, hin: www.wolfgangvoegele.wordpress.com . Darin finden sich u.a. Predigten, Bibelarbeiten und theologische Themen. Heinz Janssen Herausgeber und Schriftleiter Heidelberger Predigt-ForumLiebe Gemeinde!
Es treffen sich ein Hochspringer, eine Weitspringerin, ein Hundertmeterläufer sowie ein überzeugter Christ, der Sport für Mord hält. Sagt der Hochspringer: Ich trainiere drei Mal wöchentlich, um immer höher über die Latte zu springen. Aber mehr als zwei Meter sind nicht drin. Sagt die Weitspringerin: Ich trainiere viermal, um endlich über sieben Meter weit in die Sandgrube hüpfen zu können. Sagt der Hundertmeterläufer: Und ich trainiere, um die kurze Distanz unter elf Sekunden laufen zu können. Sagt der Christ: Ich trainiere, um vollkommener zu werden.
„Immer vollkommener…“
Höher – schneller – weiter. Diese Motto hat sich das Internationale Olympische Komitee auf Wappen und Briefkopf geschrieben. Der Gründer der modernen Olympischen Spiele, Pierre de Coubertin, hat dieses Motto im übrigen von einem Dominikanerpater übernommen. Größere Vollkommenheit statt größere sportliche Leistung ist die Devise des Theologen Paulus. Das Motto des Olympischen Komitees treibt zu immer neuen Rekorden an, eingeschlossen die Auswüchse von Dopingvergehen und anderen verbotenen Hilfsmitteln. Auf den Rekordlisten des Deutschen Leichtathletikverbandes ist darum stets ein Hinweis zu lesen. Es bestehe der Verdacht, daß einige Rekordhalter „gegen die Antidoping-Regeln“ verstoßen haben. „Hinsichtlich der betroffenen Rekorde wird insbesondere auf die hierzu veröffentlichte Literatur und die Urteile staatlicher Gerichte verwiesen.“ Das Höher – Schneller – Weiter erzeugt offensichtlich einen Druck auf Sportler und Trainer, der sie zur Benutzung unerlaubter Mittel getrieben hat und treibt.
Nun läßt sich christliche Vollkommenheit nur in Grenzen mit sportlichen Höchstleistungen vergleichen. Vollkommenheit ist logisch eigentlich nicht mehr steigerungsfähig. Und nun fordert Paulus seine Briefempfänger dazu auf, ihre Vollkommenheit zu erweitern, zu vergrößern, zu ergänzen. Doping hilft da schon gar nicht, um solche Vollkommenheit zu erlangen. Vielleicht kann man die Geschichte von Faust so verstehen. Faust, der an seinem bisherigen Leben verzweifelt, geht einen Bund mit dem Teufel ein, um endlich den Sinn der Welt und des Lebens zu begreifen. Er paktiert mit dem Teufel, um die Vollkommenheit des Glaubens zu erreichen. Aber am Ende muß Faust doch die Zeche zahlen und dem Teufel seinen Tribut zollen. Mit den falschen Mitteln kann man das richtige Ziel nicht erreichen.
„Du mußt dein Leben ändern“
Trotzdem bleibt die Frage: Kann man sein Leben durch Üben und Trainieren verändern? Von dieser Frage ist seit ein paar Jahren der Karlsruher Philosoph Peter Sloterdijk fasziniert. Er schrieb ein Buch mit dem Titel „Du mußt dein Leben ändern“. Wer sich im Leben zurechtfinden will, sagt er, muß trainieren und trainieren, üben und üben, bis er zu einer selbstbestimmten, nicht christlichen Vollkommenheit erlangt. Als historische Vorbilder dafür dienten ihm die Athleten in den antiken Fitneßstudios, den Gymnasien und die Mönche in den Klöstern. Sportler üben und trainieren ihren Körper, sie vervollkommnen ihre Athletik. Wer trainiert, weit oder hoch zu springen, der erreicht nicht nur eine bestimmte Leistung, der bildet auch seinen Körper zur Vollkommenheit aus. Und der Mönch mit seinem geregelten Tagesablauf übt sich in Frömmigkeit und Glauben und bildet so Geist und Seele aus. Wen Sloterdijk verachtet, das sind die lethargischen couch potatoes, die mit der Chipstüte in der Hand vor der Glotze versauern. Paulus kannte keine couch potatoes. Aber das christliche Lebensbild, an dem er sich orientiert, ist weder durch Stille noch Gemütlichkeit und Chips bestimmt. Für Paulus ist Leben Arbeit, Leistung und Übung. Das Training zielt nicht auf den muskulösen, athletischen Körper, sondern auf die Vollkommenheit des Geistes. Trotzdem die Frage: Kann man den christlichen Glauben trainieren oder einüben? Kann man Vertrauen verbessern und einen Rekord in Gewißheit aufstellen? Eher nein. Auch der Glaube hat zwar mit Üben und Einüben zu tun, aber auf eine andere Weise als beim Training von Schnelligkeit, Muskelkraft und Gleichgewichtssinn.
Glauben im Alltag
Glauben – das ist christliches Leben, das sich im Alltag bewährt. Um Beispiele ist Paulus nicht verlegen. Er schreibt über Sexualität und Wirtschaft, beides Felder, die uns allen interessant sind. Das eine so sehr, daß viele lieber gar nicht darüber reden. Das andere so, daß man sich täglich in den Nachrichten darüber aufregen kann. Zuerst über Sexualität und Glauben: Gerade in der christlichen Theologie gab es über Jahrhunderte eine schlimme Tendenz, alle Formen der Sünde mit der Sexualität in Zusammenhang zu bringen. Schließlich wurde Sexualität an sich als Sünde disqualifiziert. Das hat aber Paulus nicht gemeint. Sexualität ist ein heikles Thema, das eigentlich nur im Schatten der Öffentlichkeit diskutiert wird, schon gar nicht in Predigt und Gottesdienst. Seit diesem Jahr ist das anders: Mißbrauchsfälle in beiden Kirchen, aber auch in Schulen und Internaten haben in diesem Jahr die gesamte Öffentlichkeit in große Aufregung versetzt. Zwischen einem Pfarrer oder einem Priester, der in Kindergarten, Jugendgruppe, Konfirmandenunterricht in Kontakt mit jüngeren Menschen kommt, besteht ein Verhältnis des Vertrauens und des Respekts. Dieses wird empfindlich verletzt, wenn es zu einseitigen sexuellen Übergriffen kommt. Dieser Mißbrauch verschlimmert sich, je länger diese Übergriffe andauern. Für die Opfer ist das verstörend und traumatisierend. Für Paulus gehört Sexualität in den geschützten Bereich des Zusammenlebens zwischen Mann und Frau; sie beruht auf gegenseitigem Respekt, auf gemeinschaftlichem, zustimmendem Erleben von Liebe und Erotik. Sexualität ist an Verantwortung und Würde gebunden; jüngere Menschen müssen das lernen und einüben, eine Haltung des Respekts und der Achtung vor dem jeweiligen Partner oder der Partnerin. Eltern und Schule haben hier eine wichtige, nicht ganz problemlose Aufgabe, weil das Sprechen über Sexualität den meisten Menschen und besonders Jugendlichen nicht leicht fällt. Paulus aber spricht nicht nur über Sexualität, er spricht auch vom Wirtschaftsleben. Er warnt davor, den christlichen Bruder beim Handel zu übervorteilen.
Bevor wir nun den Versuch machen, die sozialethischen Überlegungen des Paulus auf die moderne, globalisierte Wirtschaft zu übertragen, sei das folgende vorausgeschickt: Der 1.Thessalonicherbrief ist das älteste Dokument des christlichen Glaubens. Die Evangelien, die Apostelgeschichte, die übrigen Paulusbriefe, die Offenbarung des Johannes wurden alle später geschrieben. Paulus rechnete zur Zeit der Abfassung noch mit der baldigen Wiederkunft Christi. Er wollte keine Wirtschaftsethik ausarbeiten, genausowenig eine Ethik der Sexualität. Er wollte einfach für die Übergangszeit bis zu Christi Rückkehr einige Hinweise geben, um diese Zeit in Rechtfertigung und Heiligung zu überstehen. Alles war geprägt von den kommenden Ereignissen der Endzeit. Diese Erwartung einer unmittelbar bevorstehenden Endzeit haben wir heute verloren. Unser Nachdenken über Wirtschaft kann sich deshalb nicht mit den wenigen Hinweisen auf den christlichen Bruder und die christliche Schwester zurfrieden geben. Schaut man von daher auf unsere moderne Gegenwart, auf die globalisierte Wirtschaft der Hedge Fonds, der Leiharbeitsplätze und der Billiglöhne, so bemerkt man mit einem gewissen Schrecken, wie sehr sich der Bereich der Wirtschaft in unserer privaten wie öffentlichen Wahrnehmung in den Vordergrund geschoben hat. Und das ist ja auch verständlich: Die Sorge um den eigenen Arbeitsplatz, der monatliche Kontoauszug des eigenen Sparbuchs und der eigenen Anlagen, die Zukunft des Gesundheits- und Rentenversicherungssystem geben dem täglichen Blick auf die Nachrichten in Zeitung und Fernsehen ein besondere emotionale Färbung. Denn die Sorge um Gesundheitssystem und Rentenversicherung mündet ja auch in die Frage: Welche Möglichkeiten habe ich, meine eigenen Krankheiten diagnostizieren und therapieren zu lassen, wenn weder Ärzte noch Geld zur Verfügung stehen? Wie steht es mit einem neuen Hüftgelenk, wenn ich schon über 70 Jahre alt bin? Wie sicher ist meine Rente, wenn die Bundesversicherungsanstalt immer neue Kredite aufnehmen muß, um das Rentenniveau zu halten?
Zu der berechtigten Sorge um die eigene Rente und die eigene Gesundheit tritt eine zunehmende Verwirtschaftlichung, Ökonomisierung aller Lebensbereiche. Immer mehr Dinge des täglichen Lebens werden in Rendite und Profit, Geld und Erfolg umgerechnet. An die Stelle des von engagierten Ehrenamtlichen geleiteten Sportvereins tritt das Fitneßstudio, an die Stelle der nachbarschaftlichen Hilfe die Diakoniestation, an die Stelle der Wohn-Genossenschaft der Baukonzern. Kirchenbesucher sind nicht mehr Gemeindeglieder, sondern Kunden. Manche Studierende planen ihr Studium nach dem Kriterium, wieviel Geld sie mit dem erlernten Beruf verdienen können und nicht danach, ob sie in diesem Beruf Freude und Erfüllung finden. Und es ist ja kein Geheimnis, daß viele Menschen unendlich viel Zeit und Arbeit in ihren Beruf stecken, darüber aber Familie, Freizeit, Ehrenämter vernachlässigen – und das alles aus dem Motiv heraus, auf keinen Fall den Arbeitsplatz zu verlieren. Am Ende stehen Dauerstreß, burnout Syndrom und Trennung. Menschen finden sich in einem Teufelskreis aus Anforderungen, Erwartungen und Selbstüberforderung wieder. Aus eigener Kraft können sie diesem Teufelskreis nicht entkommen.
Gewissheit des Glaubens
Ich lese aus den Worten des Paulus beides heraus: eine Warnung vor der Sexualisierung des Lebens und der Gesellschaft und genauso eine Warnung vor der Ökonomisierung aller Lebensbereiche. Beide haben ihren jeweils richtigen, angemessenen Ort. Auf beiden Feldern dürfen Respekt und Würde nicht vergessen werden. Maß und Angemessenheit sollen beide Bereiche bestimmen. Übrigens spricht Paulus an der Briefstelle von Sexualität und Wirtschaft, aber das heißt nicht, das seien die einzigen Bereiche des Lebens, auf den sich der christliche Glaube auswirken soll. Er hätte auch über die Zusammenarbeit in einer christlichen Gemeinde, über Denunziation, Scheinheiligkeit und Intrigantentum sprechen können. Das kannte er alles aus Rom, Korinth, der Provinz Galatien und Ephesus. Und in der Gegenwart sollen solche Phänomene auch nicht unbekannt sein. Paulus spricht von einer aus den Fugen geratenen Welt, in der sich Sexualität, Wirtschaft, Intrigen zu gewöhnlichen, lebensbestimmenden Institutionen aufbauschen, die das Leben in zuvor ungekannter Weise beherrschen. Er setzt dieser verworrenen unübersichtlichen Welt den Primat des Glaubens, den Primat Gottes entgegen. Er wehrt sich gegen die Devisen: Alles ist Rendite! Alles ist Sex! Alles ist persönlicher Vorteil! Stattdessen sagt er: Das wichtigste sind Gott und der Glaube. Ein Christenmensch lebt in der Gewißheit des Glaubens. Und diese Gewißheit hat wichtige Auswirkungen auf das Seelenleben. Nicht die geringste dieser Auswirkungen besteht darin, daß sie alles, was in der Welt geschieht, alle Absolutheits-, Vollkommenheits- und Totalitätsansprüche einschränkt. Es gibt wichtigeres als Rendite und Profit, wichtigeres als Sexualität, wichtigeres als persönlichen Intrigenerfolg. Diese Gewißheit des Glaubens muß sich niemand erarbeiten. Sie stellt sich als ein Geschenk des heiligen Geistes ein. Damit haben wir die wichtigste Schlußpointe des Apostels erreicht. Gewißheit und Glauben kann niemand durch fromme Leistungen herbeizwingen. Es kommt darauf an, sie als Geschenk anzunehmen. Wer sie annimmt, kann all seinen Lebensbereichen – der Sexualität, der Karriere, der Gemeinschaft mit anderen Menschen – das richtige Maß geben. Der Glaube soll das Leben nicht ersetzen. Aber gelungener Glaube bestimmt das Leben so, daß Verhältnismäßigkeit, Respekt und Würde überall gewahrt sind.
Der Friede Gottes, welcher höher ist als alles, was wir Menschen zu wichtig und zu ernst nehmen, bewahre eure Herzen und Sinne im heiligen Geist.
Amen.
Hinweis der Redaktion Heidelberger Predigt-Forum
Gerne weisen wir aktuell auf das eigene Blog unseres Mitautors Privatdozent Pfarrer Dr. Wolfgang Vögele, Karlsruhe, hin: www.wolfgangvoegele.wordpress.com . Darin finden sich u.a. Predigten, Bibelarbeiten und theologische Themen.
Heinz Janssen
Herausgeber und Schriftleiter
Heidelberger Predigt-Forum
Eine sprachlich, gedanklich, exegetisch und homiletisch beispielhafte Predigt! Sie lädt ein zu mehrmaligem Hören, Lesen, Bedenken und Meditieren. Sie hat seelsorgliche Ausrichtung, “ad hominem”. Manche Formulierungen möchte ich mir gerne aneignen, „to learn by heart“. Als Herausgeber und Schriftleiter des Heidelberger Predigt-Forums sehe ich es nicht als meine Aufgabe, hier veröffent-lichte Predigten zu kommentieren. Aber da diese hervor-ragende Predigt zu 1.Thessalonicher 4,1-8, den ersten Versen des zweiten großen Abschnittes (4,1—5,22) des ältesten uns bekannten Paulusbriefes, ohne Kommentar blieb, möchte ich versuchen, ihrer Dynamik nachzuspüren und dadurch nocheinmal die Aufmerksamkeit auf sie lenken.
„Höher, schneller, weiter“ – mit einer durch eine kleine Story veranschaulichten Reflexion dieses Mottos, das der Gründer der modernen Olympischen Spiele von einem Dominikanerpater übernahm, wird die Predigt eingeleitet. Ohne Umschweife wird sogleich der sportlichen Leistung die „größere Vollkommenheit“ als die Devise des Apostels Paulus gegenübergestellt. Diese lasse sich im christlichen Sinn „nur in Grenzen mit sportlichen Höchstleistungen verglei-chen“, unvergleichbar auch der Druck auf Sportler und Trainer, der von einem „Höher, schneller, weiter“ ausgehe.
Ob man den christlichen Glauben trainieren oder einüben könne? „Eher nein“, antwortet der Predigtautor, und fährt fort: „Auch der Glaube hat zwar mit Üben und Einüben zu tun, aber auf eine andere Weise als beim Training von Schnelligkeit, Muskelkraft und Gleichgewichtssinn“. Im christlichen Glauben geht es um Bewährung im Alttag, betont der Autor, und entfaltet die beiden konkreten Beispiele, die Paulus anführt: ein Beispiel für Sexualethik – Umgang mit der Sexualität („Für Paulus gehört Sexualität in den geschützten Bereich des Zusammenlebens zwischen Mann und Frau; sie beruht auf gegenseitigem Respekt…“) und ein Beispiel für Wirtschaftsethik – Umgang im Handel (Paulus „warnt davor, den christlichen Bruder beim Handel zu übervorteilen“). Jedoch lassen sich, so räumt Vf. ein, die sozialethischen Überlegungen des Paulus nicht unmittelbar auf die moderne, globalisierte Wirtschaft übertragen, da Paulus unter der Perspektive der Parusie Christi schrieb und lediglich „einige Hinweise geben“ wollte, um diese kurze Übergangszeit „in Rechtfertigung und Heiligung zu überstehen”. Da wir „diese Erwartung einer unmittelbar bevorstehenden Endzeit“ „heute verloren“ hätten, könne man sich „nicht mit den wenigen Hinweisen auf den christlichen Bruder und die christliche Schwester zufrieden geben“.
Man bemerke heute „mit einem gewissen Schrecken, wie sehr sich der Bereich der Wirtschaft in unserer privaten wie öffentlichen Wahrnehmung in den Vordergrund geschoben“ habe. Der Autor teilt die Sorge um „eine zunehmende …Ökonomisierung aller Lebensbereiche“. Sogar die „Kirchenbesucher“ seien „nicht mehr Gemeindeglieder, sondern Kunden“. Unverhältnismäßig viel Zeit werde in Arbeit und Beruf gesteckt, so dass Persönliches und Familiäres zu kurz kämen – bitteres Ergebnis: „Dauerstreß, burnout Syndrom und Trennung“, „Menschen finden sich in einem Teufelskreis aus Anforderungen, Erwartungen und Selbstüberforderung wieder“.
Die wichtigste Schlusspointe sieht der Autor in der Betonung der „Gewissheit des Glaubens“ durch den Apostel, sie kann durch noch so große Anstrengung nicht erlangt oder durch fromme Leistungen erzwungen werden, sie ist Geschenk: „Ein Christenmensch lebt in der Gewißheit des Glaubens. Und diese Gewißheit hat wichtige Auswirkungen auf das Seelenleben. Nicht die geringste dieser Auswirkungen besteht darin, daß sie alles, was in der Welt geschieht, alle Absolutheits-, Vollkommenheits- und Totalitäts-ansprüche einschränkt. Es gibt wichtigeres als Rendite und Profit…“ Es ist diese Gewissheit des Glaubens, die ganz Geschenk Gottes ist und die allen Lebensbereichen (wie z.B. der Sexualität und dem Wirtschaftsleben) das richtige Maß gibt.
Heinz Janssen