„Bethlehem, du kleine Stadt…“

Bethlehem in Juda, klein als Ort, groß in seiner Bedeutung für die Weltgeschichte - Entwurf für einen Gottesdienst zum Ersten Weihnachtstag

Predigttext: Micha 5,1-4a
Kirche / Ort: Emmaus-Gemeinde / Karlsruhe Waldstadt-Nord
Datum: 25.12.2010 Tag der Geburt des Herrn
Kirchenjahr: Christfest (1)
Autor/in: Pfarrer Klaus Paetzholdt

Predigttext: Micha 5,1-4° (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)

Und du, Bethlehem Efrata, die du klein bist unter den Städten in Juda, aus dir soll mir der kommen, der in Israel Herr sei, dessen Ausgang von Anfang und von Ewigkeit her gewesen ist.  2 Indes läßt er sie plagen bis auf die Zeit, daß die, welche gebären soll, geboren hat. Da wird dann der Rest seiner Brüder wiederkommen zu den Söhnen Israel.  3 Er aber wird auftreten und weiden in der Kraft des HERRN und in der Macht des Namens des HERRN, seines Gottes. Und sie werden sicher wohnen; denn er wird zur selben Zeit herrlich werden, so weit die Welt ist.  4 Und er wird der Friede sein.

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Entwurf für einen Gottesdienst zum Ersten Weihnachtstag

Musik
„Lobt Gott, ihr Christen alle gleich“ (EG 27,1-3+6)
Grußvotum
Psalm 779
„Vom Himmel hoch“ (EG 24,15)
Gebet (nach: Wilhelm Wilms)

“Ich steh an deiner Krippen hier” (EG 37,4)

Lesung: Micha 5,1-4° (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)

Und du, Bethlehem Efrata, die du klein bist unter den Städten in Juda, aus dir soll mir der kommen, der in Israel Herr sei, dessen Ausgang von Anfang und von Ewigkeit her gewesen ist.  2 Indes läßt er sie plagen bis auf die Zeit, daß die, welche gebären soll, geboren hat. Da wird dann der Rest seiner Brüder wiederkommen zu den Söhnen Israel.  3 Er aber wird auftreten und weiden in der Kraft des HERRN und in der Macht des Namens des HERRN, seines Gottes. Und sie werden sicher wohnen; denn er wird zur selben Zeit herrlich werden, so weit die Welt ist.  4 Und er wird der Friede sein.

„Vom Himmel kam der Engel Schar“ (EG 25,1-3)

Verkündigung I

Bethlehem Ephrata – es muss damals noch ein anderes Bethlehem gegeben haben. Gemeint ist hier das uns bekannte Bethlehem in Juda, klein als Ort, groß in seiner Bedeutung für die Weltgeschichte. Es ist kein Wunder: Früh schon kam den Anhängern dieses Jesus dieses Micha-Wort nahe: So viel steckt da drin von dem, was uns wichtig geworden ist. Gläubige empfanden Jesu Geburt als Erfüllung einer alten Verheißung. Aber es kann auch umgekehrt sein: Möglicherweise hat dieses Micha-Wort die spätere Überlieferung von Jesu Geburt mit gestaltet. Uns ist deutlich, wieso Matthäus und Lukas Jesus in Betlehem zur Welt kommen lassen: Er ist der neue König, der neue David. David ist in Bethlehem zuhause. So muss der neue David auch in Bethlehem zur Welt kommen. Darum auch schaffen diese beiden Evangelisten einen Stammbaum, der David und Jesus über Josef verbindet.

Bethlehem (von Rudolf Otto Wiemer)

Ein Ort, in allen vier Winden,
ein Ort mit Tauben und Blinden –
Bethlehem.

Ein Ort, so arm wie verloren,
mit verschlossenen Herzen und Toren –
Bethlehem.

Ein Ort mit Gassen und Straßen,
in denen Flüchtlinge saßen –
Bethlehem.

Ein Ort mit Spöttern und Frommen,
ein Ort, wo wir alle herkommen –
Bethlehem.

Ein Ort, wo wir alle hingehen,
das Kind in der Krippe zu sehen –
Bethlehem.

Ein Ort, wo wir knien auf Erden:
Gott will unser Bruder werden –
Bethlehem.

„Es ist ein Ros entsprungen“ (EG 30)

Verkündigung II

Ein Ortsname lässt sich normalerweise nicht deuten auf die Person hin, die hier geboren wurde. Doch ist Betlehem mehr als der Geburtsort Davids. Der hebräische Name Bethlehem heißt übersetzt: Haus des Brotes. Als Ortsname etwa: Brothausen.

Wo sonst (von Klaus Paetzholdt)

Wo sonst
sollte der,
der das Brot selber ist,
das Brot vom Himmel,
das lebendige Brot,

wo sonst
sollte der,
der in seines Vaters Haus
den Seinen Hausrecht,
Wohnrecht schafft,

wo sonst
sollte der
zur Welt kommen, wenn nicht in
Beth-lehem:
Brothausen.

„Als die Welt verloren“ (EG 53)

Verkündigung III

Ein kleiner, unscheinbarer Ort. Eine unscheinbare Geburt nicht in einer Wohnung oder Herberge, unsere Krippen lassen sie in einem Stall mit Ochse und Esel geschehen. Ein König für die Kleinen, Benachteiligten, für die am Rande: Dafür soll die Geburtsgeschichte Zeichen sein: Dessen Jünger später in alle Welt gesandt werden, kommt in armseligen Verhältnissen zur Welt.

Bethlehem (von W. Hagemann

Bethlehem
ein unbedeutender Ort in Judäa
Bethlehem
eine Station auf dem Wege Gottes

Engel
Bote Gottes
Engel
Überbringer der Botschaft
vom Advent Gottes
vom Frieden Gottes

Hirten
verachtete Menschen
Hirten
Empfänger der Botschaft
vom Advent Gottes
vom Frieden Gottes

Hirten
befreite Menschen
Hirten
unterwegs zu uns
mit der Botschaft
vom Advent Gottes
vom Frieden Gottes

Bethlehem
nur ein unbedeutender Ort
in Judäa?
Bethlehem
bei uns eine Station
auf dem Weg Gottes.

„O Bethlehem, du kleine Stadt“ (EG 55)

Verkündigung IV

Auch hier bei Micha ist von  einer Schwangerschaft die Rede. Ganz deutlich wird nicht, was Schwangerschaft hier meint: Vielleicht: Alles braucht Zeit, habt Geduld, 9 Monate müsst ihr aushalten, schnell ist der Friede nicht zu haben. Vielleicht aber auch: Eine Schwangerschaft ist in jedem Fall ein überschaubarer Zeitraum, sie geht zu Ende, da kommt sicher etwas, ihr könnt euch freuen und gewiss sein! Möglicherweise ist hier im Micha-Wort beides im Spiel. Den Schwerpunkt auf das, was kommt, worauf zu warten lohnt, lenkt das Sonett von Dietmar Schröder:

Die Hirten sind noch unterwegs

Die Hirten sind noch unterwegs und ohne Dach,
wenn andre längst in festen Häusern schlafen.
Doch wachen sie nicht mehr wie einst bei Schafen
und denken über Schuld und Gott und Elend
nach.

Als Taxifahrer halten sie sich mühsam wach,
sie zittern im Gefängnis vor den Strafen,
sind ausgestoßen von den ewig Braven
und unter Schmerzen liegen sie, verstört und
schwach.

Doch siehe: Gottes Engel tritt heran
Zu allen, die er wachend findet,
weil Pflicht, weil Schicksal sie jetzt bindet,
sagt ihnen, wo sie sind, die Freude an:
das Heil wohnt unter uns im engen Stall,
und Bethlehem ist heute überall.

„Zu Bethlehem geboren“ (EG 32)

Verkündigung V

Der neue König wird „weiden in der Kraft des Höchsten“, heißt es hier. Das Bild vom Hirten und den Schafen ist uns vertraut: Psalm 23 z. B. In Joh nennt Jesus sich selber den guten Hirten. Nun spielen hier die Hirten eine andere Rolle: Sie sind die ersten Besucher. Während in der antiken Vorstellungswelt Hirten oftmals das bedrohte, ausgesetzte, vom Tod bedrohte Neugeborene beschützen und großziehen, kommen sie hier, vom Engel gerufen, als Gäste. Das erzählt Lukas als Anfang der Jesus-Geschichte. Am Ende weitet sich der Horizont: Micha bekennt die Kraft Gottes bis an die Grenzen der Erde und die Evangelien betonen unseren Auftrag, die Botschaft bis ans Ende der Welt zu tragen. So wird Jesus zum Hirten aller Völker, aller Menschen. Bei Lukas repräsentiert der Apostel Paulus auf seinen Reisen diesen weiten Horizont. Die Radikalität dieses Umbruchs lässt ein Gedicht von Wilhelm Wilms ahnen:

ein Stern

ein Stern
springt aus der sternenbahn
ganz frei
zieht er dahin

ein berg
steht auf und hebt sich fort
ganz leicht
von hier nach dort

ein mensch
verlässt den lauf der welt
ganz frei
wird er zum weg

ein stern
ein mensch ein weg ein licht
ganz hell
in unser dunkel bricht

„Kommet, ihr Hirten“ (EG 48)

Verkündigung VI

„Und er wird der Friede sein“, so endet unser Micha-Abschnitt. Friedvolle Weihnachten wünschen wir uns und sehnen uns nach kaum mehr als nach Entspannung, die auf die Hektik der Vorweihnachtszeit folgt. Ich werde jetzt hier nicht ausführlich über den Frieden sprechen. Dazu gibt es, über den Volkstrauertag hinaus, andere Gelegenheiten. Wir wissen hoffentlich: Der erhoffte Friede ist mehr als das bisschen Frieden, das wir uns zwischendurch erhoffen. Jesus als der Friede Gottes sprengt unsere Friedensvorstellungen bei weitem: Er ist der Friede Gottes selbst. Dazu noch zwei Gedichte. Das erste von Georg Bydlinski: Bethlehem 1980, und von Hildegard Wohlgemuth: Und das nicht nur zur Weihnachtszeit:

Bethlehem 1980

Vor der Geburtskirche
patrouillieren Soldaten
Scharfschützen auf den Dächern
Türmen und Minaretten der Stadt
um die Pilger zu schützen
die kommen den Schutzlosen
anzubeten

Und das nicht nur zur Weihnachtszeit

Wer nach Bethlehem
fliegen will
in den Stall
und wer meint
dort ist auf jeden Fall
der Frieden billig zu kriegen
der sollte woanders hinfliegen

Wer nach Bethlehem
reisen will
zu dem Sohn
und wer glaubt
dort ist die Endstation
mit Vollpension für die Seelen
der sollte was anderes wählen

Wer nach Bethlehem
gehen will
zu dem Kind
und wer weiß
dass dort der Weg beginnt
ein jedes Kind nur zu lieben
der könnte es heute schon üben

„Die Nacht zu Betlehem ist unser Tag“ (zB in: Neue Lieder 2, Verlag: Carus)

Abendmahl:
Kind, König, du teilst an uns die Herrlichkeit des Vaters aus. Du teilst dich an uns aus als Brot, als Getränk des Weinstocks. Wir können nicht anders als dich preisen:
„Kommt und lasst uns Christus ehren“ (EG 39,1)
Einsetzungsworte – Vater unser – Anamnese
„Sehet, was hat Gott gegeben“ (EG 39,3)
Jesus teilt sich an uns aus. Als Beschenkte stehen wir miteinander an der Krippe, schauen, wer rechts, wer links, hinter uns, vor uns auch dort steht und geben einander seinen Frieden weiter…

Austeilung – Gebet: Gott, wir danken dir für dieses Weihnachtsgeschenk. Im Kind teilst du deine Herrlichkeit an uns aus. In seinem Leben und Sterben teilte Jesus sich selber an uns aus. So lass es bei uns Weihnachten werden: Schenke uns einen tieferen Frieden als den kleinen Frieden zuhause nach dem Rummel. Lass uns zum Kind kommen und über diesem Kommen neu zu Kindern werden. Wir bitten für unsere kleine und für die große Welt: Da ist so viel Dunkelheit, Gewalt, Unfrieden… und vieles dauert schon viel länger als nur eine Schwangerschaft. Lass über allem Dunkel dein Licht aufgehen und sende uns in unserer Ratlosigkeit deinen Engel und führe uns nach Bethlehem, nach Brothausen. Zeige uns deine Maßstäbe: Was für uns klein ist, ist vor dir groß. Was für uns groß ist, gilt vor dir klein. Präge uns deine Maßstäbe ein. Amen
„Stern über Bethlehem, zeig uns den Weg“ (EG Regionalteil)
(Mitteilungen)

Segen
Musik

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