„Wo dein Schatz ist, da wird auch dein Herz sein“
Worauf bauen wir unser Leben auf, was brauchen wir, was sind unsere Werte?
Predigttext: Johannes 7,37-39 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)
Aber am letzten Tag des Festes, der der höchste war, trat Jesus auf und rief: Wen da dürstet, der komme zu mir und der trinke, wer an mich glaubt. Wie die Schrift sagt: von dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen. Das sagte er aber von dem Geist, den die empfangen sollten, die an ihn glaubten; denn der Geist war noch nicht da; denn Jesus war noch nicht verherrlicht.Vorüberlegungen zur Predigt
Am Sonntag Exaudi kommt der 33. Deutsche Evangelische Kirchentag in Dresden mit einem festlichen Gottesdienst zum Abschluss, der in diesem Jahr unter dem Motto aus der Bergpredigt „… da wird auch dein Herz sein“ (Mt 6,21) stattfand. Der Sonntag Exaudi steht in der Reihe der Sonntage nach Ostern. Als letzte Sonntag dieser Folge, kurz vor Christi Himmelfahrt bzw. Pfingsten, greift er, wie sein Name „Herr, höre meine Stimme“ von Ps 27,7 her andeutet, das Thema Gebetserhörung auf, weist aber in den Texten schon deutlich auf Himmelfahrt und Kommen des Heiligen Geistes hin. Die Perikope steht im JohEv im ersten großen Abschnitt über Jesu öffentliches Wirken (1,19-12,50), hier befindet sich Jesus wieder in Jerusalem, wo er sich immer mit Widerständen und Anfeindungen auseinander setzen muss. Es handelt sich beim Laubhüttenfest um das größte jüdische Fest, eine Art Erntedankfest der „Laubhütten“, das sieben Tage lang dauert. Die Brüder Jesu fordern ihn auf, dort aufzutreten und öffentlichkeitswirksam Wunder zu tun. Jesus lehnt dies ab mit dem Hinweis darauf, dass seine Zeit noch nicht gekommen sei (7,6). Später geht er jedoch unerkannt zum Fest und spricht dort auf dem Höhepunkt des Festes, am letzten Tag, dem größten dieser Festwoche. Dieser Heilsruf (V37-39) ist der Predigttext für den Sonntag Exaudi. Die Worte Jesu von den Strömen lebendigen Wassers (V 38) fügen sich thematisch in die Wasser-Prozession des Laubhüttenfestes an diesem Tage ein, die an heilsgeschichtliche Ereignisse wie den wasserspendenden Felsen in der Wüstenzeit (Ex 17,6) erinnern und zugleich Hoffnung wecken sollte auf die kommende Heilszeit, in der die Menschen „mit Freuden Wasser schöpfen aus den Quellen des Heiles“ (Jes 12,3), wo „Wasser in der Wüste hervorbrechen und Ströme im dürren Lande“ (Jes 35,6). Die heilsgeschichtliche Dimension des Wassers nimmt Jesus auf und bezieht sie auf sich und sein Heilswirken: „Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke!“ (V37). Die Predigt an diesem Sonntag nimmt das Motto des Kirchentages auf, fragt, wo wir „dursten“, wo unser Herz schlägt, weist auf Jesus Christus hin, auf die Quelle, das Wasser des ewigen Lebens. Die Predigt nimmt in Sprache und Thema darauf Rücksicht, dass der Anteil der Jugendlichen im Gottesdienst hoch ist, in der Regel mindestens die Hälfte der Gottesdienstteilnehmenden ausmacht.Nun ist er schon fast wieder zu Ende, der 33. Deutsche Evangelische Kirchentag in Dresden! Während wir heute Morgen hier in Ostfriesland Gottesdienst feiern und den Kirchentag übertragen, werden ein paar tausend Menschen in Dresden auf dem Abschlussgottesdienst noch einmal die Worte des diesjährigen Mottos hören. Es stammt aus der Bergpredigt und lautet: „… da wird auch dein Herz sein“. Das ist allerdings nur die Hälfte der Botschaft, im Ganzen heißt der Vers, den Jesus gesagt hat: „Wo dein Schatz ist, da wird auch dein Herz sein“. Mein Schatz? Das ist meine Freundin oder mein Freund, mein Mann, meine Frau. Ein Mensch, den ich lieb gewonnen habe, dem ich vertraue, mit dem ich lachen und weinen kann, und natürlich gehört ihr oder ihm auch mein ganzes Herz. Es fallen uns sicher nicht nur Menschen ein, sondern auch Sachen, materielle Dinge. Das große Auto, vielleicht das Image, Respekt. Woran hängt dein Herz? Woran meines? Worauf bauen wir unser Leben auf? Was sind unsere Werte? Was ist dir wichtig? Was brauchen wir zum Leben?
Auf dem Kirchentag beschäftigten sich viele Menschen ein Wochenende lang damit, was im Leben wirklich zählt. Aus über 2200 Veranstaltungen konnten sie auswählen. „Wir wollen uns einmischen. Wo unser Herz sein wird, da wird die Zukunft entschieden“, sagte Kirchentagspräsidentin Katrin Göring-Eckardt. Was Bestand hat und dauerhaft trägt, dazu gehört auch die Gemeinschaft von Christinnen und Christen, das Gefühl: Ichbin nicht allein. Es gibt noch viele andere, die an Gott glauben, denen Kirche wichtig ist. „Woran hängt dein Herz?“ Diese Frage wird sicher heute Morgen beim Schlussgottesdienst noch einmal Thema sein, bevor es für die vielen Menschen, für Christinnen und Christen, wieder in den Alltag zurück geht. Zum Schluss des Glaubensfestes noch einmal das Herz fest werden lassen, noch einmal die frohe Botschaft mit auf den Weg bekommen.
Auch Jesus nutzte dem Höhepunkt eines großen Festes, um den Menschen seine Botschaft mit auf den Weg zu geben – eine Botschaft, von der er überzeugt war, dass sie lebenswichtig, ja lebensnotwendig ist. Seine Worte, der Predigttext für heute, spricht er auf dem Laubhüttenfest, einem jüdischen Wallfahrtsfest, das mit großem Aufwand in Jerusalem gefeiert wurde und an den Auszug aus Ägypten und die Wanderung durch die Wüste erinnerte. Über mehrere Tage wird dieses Fest auch heute noch gefeiert. Laubhütten werden heute symbolhaft nachgebaut in Erinnerung an die einfachen Behausungen, in denen die Vorfahren während der Wüstenzeit gelebt haben. Es ist mit unserem Erntedankfest zu vergleichen. Dass Jesus auf diesem Fest ausgerechnet vom Wasser, von Durst, von Strömen lebendigen Wassers spricht, ist alles andere als Zufall. Er nimmt die Liturgie, die gewohnten Bilder und Abläufe der gottesdienstlichen Feier im Tempel an diesem Tag auf. Ein besonderes Ritual an diesem Tag war nämlich das Wasserschöpfen. Die Priester schöpften es aus der Siloah-Quelle, brachten es in den Tempel, gingen siebenmal um den Altar herum und schütteten es am Altar aus. Damit erinnerten sie an Wasser, das ihren Vorfahren schon einmal das Leben gerettet hat, als sie in der Wüste fast verdurstet wären. Damals hat Gott dieses Wasser aus einem Felsen sprudeln lassen. Gleichzeitig dachten die Menschen damals bei diesem Wasser auch an Bilder der Propheten, die Zukunft ausmalten als eine Zeit der Freude, die gespeist wird aus einer Quelle, die Heil, die Glück und Segen hervorbringt. Als Jesus dort auftritt mitten hinein in das festliche Geschehen auf diesem Laubhüttenfest, nimmt er ganz bewusst das Thema „Wasser“ auf und sagt: „Wenn jemand von euch Durst hat, der komme zu mir und trinke!“
Warum bietet Jesus hier noch etwas zu trinken an? Sieht er nicht, dass Wasser im Überfluss da ist? Am letzten Tag dieses Festes: Wer soll da in diesem Überfluss noch Durst haben –ausgerechnet Durst? Die Leute haben doch alles, was sie brauchen.- Oder? Aber Jesus steht da wie ein Fels und ruft: “Wer Durst hat, der komme zu mir und trinke!” Was meint ihr- sind damals Leute zu ihm gekommen? Wie viele Menschen kommen heute? Wie viele sind zum Kirchentag gekommen? 100 000 Dauerteilnehmer wurden erwartet. Aber es gibt auch die, die nicht kommen. Was soll man dann mit dieser Einladung von Jesus anfangen? Immer wieder hören Menschen, dass Jesus ihnen das Lebensnotwendige geben will. Manche schütteln den Kopf, winken höflich ab. Jesus ist gekommen, um uns zu Gott einzuladen. Er hat sich auf den Weg gemacht, damals nach Jerusalem und heute hierher zu uns. Er steht heute vor uns und sagt: Wenn jemand von euch Konfirmanden Durst hat nach mehr, nach Leben, das dir gut tut, dir Kraft und Halt gibt, dann komm zu mir! Wenn jemand von euch Frauen und Männern hier durstig ist nach einem Leben, das Sinn macht und Tiefe hat, auch wenn die Familie wegbricht, wenn ich krank bin, arbeitslos werde, dann komm zu mir! Wer Hunger hat, der stärke sich, denn ich bin das Brot des Lebens, der Weg, den du mit gehen kannst, ohne dich zu verirren auf den verzweigten Straßen deines Lebens. Zu mir kannst du so kommen mit allem, was dich bedrückt. Gerade dann, wenn es nicht gut läuft, bin ich für dich da. Ich will dich stark machen für das Leben.
Jesus lädt uns zum ewigen Leben ein. Wer an mich glaubt, sagt Jesus, von dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen. Ich bin davon überzeugt: Damals wie heute haben Menschen Durst nach erfülltem Leben. Sie versuchen alle möglichen Quellen, um diesen Durst zu stillen. Doch das volle, reiche Leben schenken, das kann nur Gott. Es gibt einen Ort, an dem wir diesen Gott finden können. Das ist Jesus Christus, so wie wir ihn in der Bibel kennen lernen. Die Menschen, die heute aus Dresden vom Kirchentag kommen, sind eingeladen, sich von der Kraft dieser Quelle stärk zu lassen. Mancher hat sich vielleicht schon während des Schlussgottesdienstes heute Vormittag vorgenommen, im Alltag mehr darauf zu achten, wo das Herz ist. Ich wünsche uns allen, dass wir diese Quelle für unser Leben immer wieder neu suchen und entdecken.
Das Thema des Kirchentages verbindet Pastorin Frerichs mit dem Predigttext. Besonders für die junge Generation verwendet sie dabei originelle Begriffe aus der Jugendsprache. Die Frage, woran hängt Dein Herz? malt sie zuerst plastisch dem Hörenden vor Augen. Da an dieser Frage sich unsere Zukunft entscheiden wird, vertieft die Predigerin das Thema Schritt für Schritt bis zu Jesu Botschaft hin. Eingefügt ist eine sehr anschauliche Einführung in das Laubhüttenfest. Jesus nutzt die Wasser-Symbole des Festes, um seine Botschaft überzeugend zu verkündigen. Es geht im Grunde um den Durst nach sinnvollem Leben, das “dir gut tut und dir Halt gibt”, Originell auch die Formulierung für Jesu Botschaft: “Ich will dich stark machen für das Leben”.