Wunschzettel des Christkindes

Es ist dieses Jesuskind – sein Name bedeutet: Gott hilft, er will beschädigtes Leben heilen, ist die wahre Lichtquelle

Predigttext: Jesaja 9,1-6
Kirche / Ort: Heidelberg
Datum: 24.12.2011 Heiligabend
Kirchenjahr: Christvesper
Autor/in: Pfarrer Dr. Harald Pfeiffer

Predigttext: Jesaja 9, 1-6 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)

1Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell.  2 Du weckst lauten Jubel, du machst groß die Freude. Vor dir wird man sich freuen, wie man sich freut in der Ernte, wie man fröhlich ist, wenn man Beute austeilt.  3 Denn du hast ihr drückendes Joch, die Jochstange auf ihrer Schulter und den Stecken ihres Treibers zerbrochen wie am Tage Midians.  4 Denn jeder Stiefel, der mit Gedröhn dahergeht, und jeder Mantel, durch Blut geschleift, wird verbrannt und vom Feuer verzehrt.  5 Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst;  6 auf daß seine Herrschaft groß werde und des Friedens kein Ende auf dem Thron Davids und in seinem Königreich, daß er's stärke und stütze durch, Recht und Gerechtigkeit von nun an bis in Ewigkeit. Solches wird tun der Eifer des HERRN Zebaoth. Übersetzung nach: Gute Nachricht Bibel, Revision1997, ( eigener Text H. Pfeiffer: Vers 5b): 1 „Das Volk, das im Dunkeln lebt, sieht ein großes Licht; für alle, die im Land der Finsternis wohnen, leuchtet ein Licht auf. 2 HERR, du vermehrst sie und schenkst ihnen große Freude. Sie freuen sich vor dir wie bei der Ernte und wie beim Verteilen der Kriegsbeute. 3 Wie damals, als du das Volk von den Midianitern befreit hast, zerbrichst du das Joch der Fremdherrschaft, das auf ihnen lastet, und den Stock, mit dem sie zur Zwangsarbeit angetrieben werden. 4 Die Soldatenstiefel, deren dröhnenden Marschtritt sie noch im Ohr haben, und die blutbefleckten Soldatenmäntel werden ins Feuer geworfen und verbrannt. 5 Denn ein Kind ist uns geboren, der künftige König ist uns geschenkt! Und das sind die Ehrennamen, die ihm gegeben werden: Wunderbarer Ratgeber, starker Gott, Vater der Ewigkeit und Fürst des Friedens. 6 Seine Macht wird weit reichen und dauerhafter Frieden wird einkehren. Er wird auf dem Thron Davids regieren und seine Herrschaft wird für immer Bestand haben, weil er sich an die Rechtsordnungen Gottes hält. Der HERR, der Herrscher der Welt, hat es so beschlossen und wird es tun.“

Homiletische Bemerkungen

Die Predigt richtet sich an eine bunt gemischte Zuhörerschaft aus allen Bundesländern. Darunter junge Menschen mit körperlichen handycaps, in der Mobilität eingeschränkt: Ausbildungsteilnehmende in der Umschulung (berufliche Rehabilitation der SRH Heidelberg; Studierende an der SRH Hochschule; Mitarbeitende aus dem SRH-Unternehmen; Patienten aus dem Kurpfalzkrankenhaus (SRH) sowie viele Gäste aus verschiedenen Stadtteilen und auswärtigen Orten. Viele Gottesdienstteilnehmende – unter ihnen Kirchenferne, Skeptische, Zweifelnde – sind manchmal von schweren Lebensschicksalen geschlagen, tragen ihre seelischen Lasten seit Jahren. Viele suchen nach Lebensperspektiven, wünschen sich geistlichen Halt, erhoffen sich Geborgenheit in der Spiritualität. Ein guter, aufbauender, mutmachender Gedanke sollte hängen bleiben. Eine verständliche Sprache wird geschätzt. Der Gottesdienst muss Qualität haben, Sinnfindung bieten, und der Besuch muss sich lohnen. Im Mittelpunkt der Predigt am Heiligabend stehen die prophetischen Hoffnungsworte und Zusagen: - Ein Licht leuchtet für die Menschen auf, die in der Finsternis leben, - das neugeborene Kind ist später der wunderbare Ratgeber, der starke Gott, der Vater der Ewigkeit und der Fürst des Friedens. Ganz bewusst bin ich nicht auf die historische Situation zur Zeit Jesajas näher eingegangen. Mir geht es primär um die christliche Botschaft für heute: Die Krippe ist eine Ladestation für Gottesenergie. Wer hier tankt, kann erfahren, dass Jesus Christus das Finstere, das Zerbrochene im Leben heilt. In seiner Sphäre kann beschädigtes Leben wieder erstarken. Der Mensch kann in die Zukunft blicken.  

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Wir alle sind zur Krippe gekommen. Zusammengeführt hat uns jenes Ausnahmekind, von dem der Weihnachtsengel meldet: „Euch ist heute der Heiland geboren“. Eine frohe Botschaft. Sie geht heute um die  ganze Welt. Ein schöneres Fest gibt es kaum. Alle feiern mit: Eltern und Kinder, Geschwister und Großeltern, Sie und ich, die Schönen und die Reichen. Diese gute Nachricht gilt auch den abgerissenen Gestalten zwischen den Mülltonnen in den Metropolen in aller Welt. Auch denen, die unter Brücken nächtigen ebenso wie den Moskauer Straßenkindern, die in den Heizungsschächten in ihrer Stadt zuhause sind. Allen ist heute der Heiland geboren. Ihn feiern wir. Später zieht er dann ins Untergeschoss dieser Welt, um für jeden erreichbar zu sein.

Wir leben nicht in einer heilen Welt. Auch der alttestamentliche Prophet Jesaja kannte das Unheil seines Volkes Israel zur Genüge. Er berichtet von dröhnenden Soldatenstiefeln, von blutbefleckten Uniformen, von brutalen Morden und grausamen Folterungen. Seine Sprache spiegelt die heutige gegenwärtige Not wieder. Für den Propheten wandelt sein Volk im Finstern. Er spricht von einem hellen Licht, das in der Finsternis leuchtet. Dann wird er konkreter: „Denn ein Kind wird uns gebore“. Dieses Kind ist unser Lichtblick in allen dunklen Zeiten. Es ist stark, mächtig, gibt Rat und wird Frieden stiften. Die Hoffnung des Propheten Jesaja hat sich schließlich mit dem Kind in der Krippe zu Bethlehem erfüllt. „Für alle, die im Land der Finsternis wohnen, leuchtet ein Licht auf“, sagt Jesaja. Das Licht in der Finsternis. Gibt es bei uns neben all dem Glanz, Glitter und den Geschenken auch Finsternis? O ja, sehr sogar! Für uns persönlich kann Finsternis eine Krankheit sein, die uns ereilt. Finster ist es in einem Menschen ohne Lebensperspektiven. Alle diese Finsternisse können wir allein nicht erhellen, selbst wenn wir noch so viele Kerzen anzünden.

Wer bringt uns Licht? Es ist dieses Jesuskind – sein Name bedeutet: Gott hilft, er will beschädigtes Leben heilen. Er ist die Lichtquelle an finstern Tagen. Mit ihm kommen Glanz und Farbe in unseren Alltag. Der Prophet Jesaja nennt seine besonderen Namen: Wunderbarer Ratgeber, starker Gott, Vater der Ewigkeit und Fürst des Friedens. Jesus in unserer Finsternis ist Rat für Ratlose. Viele Menschen waren 2011 ratlos. Denken wir an die Eltern des zehnjährigen Mirco, der am Niederrhein entführt, misshandelt und ermordet wurde. Ratlos waren alle bei dieser Grausamkeit. Ratlos waren die Jugendlichen in einem Ferienlager auf einer norwegischen Insel und ebenso im belgischen Lüttich, als Amokläufer wahllos wehrlose Menschen erschießen. Betroffene und Schockierte tun sich zusammen, zünden Lichter an, beten, finden Halt im Glauben. Jesus ist Rat für Ratlose, Stärke für die Schwachen. Wer diesen Jesus ernst nimmt, der merkt, wie seine guten Worte helfen. Er wird sie in der Bibel finden, und von anderen hören. Im Christfest steckt eine seltsame Kraft. Irgendwie fühlen wir uns angesprochen von der Botschaft von Bethlehem, von der „großen Freude, die allem Volke widerfahren wird“. Das Christuskind wächst zu einem Mann heran und sagt schließlich: „Mensch, ich zeige dir Gott als deinen Kraftspender. Der gibt dir Lebenserfüllung, schenkt dir Zeit, verleiht dir persönliche Talente. Damit hat dein Leben einen Sinn. Dieser Gott berät dich wunderbar, er verleiht dir Stärke, wenn du schwach wirst. Mit seinem Geist des Friedens kannst du mit deiner Familie und deinen Kollegen und Kolleginnen auskommen. Er ist dein Lichtblick in deinem oft düsteren Herzen.

Doch wird es neben dieser guten Nachricht immer wieder böse Meldungen geben – von Hass durchdrungenen Menschen wie etwa von dem sächsischen Neonazi-Trio, dem eine beispiellose Mordserie an türkischen und griechischen Kleinunternehmern vorgeworfen wird. Wie finster muss es in ihrem Inneren ausgesehen haben! Welch dunkle Gedanken haben jenen Giftmischer auf den Weihnachtsmärkten in Berlin getrieben, der vergiftete Schnapsfläschchen angeboten hatte. Da möchten wir doch mit dem alten Adventslied „O Heiland, reiß die Himmel auf“ laut rufen: „O komm, ach komm vom höchsten Saal, komm tröst uns hier im Jammertal“. Dennoch gibt es Viele, die in unseren dunklen Zeiten das Licht der Hoffnung anzünden, das im Stall zu Bethlehem zu uns gekommen ist. Wenn wir in das helle Weihnachtslicht schauen, dann werden wir still und nachdenklich. Dann lauschen wir, was das Kind in der Krippe von uns will.

Stellen wir uns einmal vor, dass das Kind vor unseren Augen einen Wunschzettel aufrollt. Darauf steht, was es von uns haben möchte. Da sagt das Christuskind zu dem einen Menschen: „Von dir möchte ich den Fernseher haben“, und es bekommt die Antwort: „Den Fernseher? Du als König des Himmels und der Erden brauchst doch keinen Fernseher!“ – „Nein, ich brauche ihn auch nicht – du kannst ihn mit aber trotzdem geben. Vielleicht für ein paar Tage, damit du wieder einmal einen Blick hast für die Leute neben dir und nicht immer da hineinschaust“. Zu einem anderen Menschen sagt das Jesus-Kind: „Von dir möchte ich deinen Terminkalender“. Die Antwort: „Meinen Terminkalender? Ohne den bin ich erledigt“. – „Ja“, sagt das Jesus-Kind, „ich möchte gerne deinen Terminkalender, um vieles rauszustreichen, damit du wieder etwas mehr Zeit hast für Dich und mich“. Dann kommt eine Großmutter. Das Jesus-Kind sagt zu ihr: „Ich möchte gern von Dir ein paar Tage haben“. Die Großmutter: „Ich bin so allein, meine Tage sind leer und grau. Da wirst du keine Freude dran haben“. Das Jesus-Kind sagt: „Gib sie mir, damit ich sie mit meinem Licht erfülle“. Zuletzt kommt jemand, der ist völlig eingehüllt in einen großen Mantel und oben noch mit einer Kapuze, man weiß gar nicht, ob es eine Frau ist oder ein Mann. Das Gesicht ist auch versteckt. Zu dieser Gestalt sagt das Jesus-Kind: „Gib mir das mal her, was Dich so bedrückt, Deine Sorgen und Deine Ängste, alles, was Du verhüllst und verbirgst, das gib mir her“. Dieser Jesus Christus, dieser Wunderbar-Beratende, teilt tatsächlich neue Perspektiven aus. „Das ewig Licht geht da herein, gibt der Welt ein’ neuen Schein.“ Gesegnete Weihnachten!

 

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Ein Kommentar zu “Wunschzettel des Christkindes

  1. Heinz Rußmann

    Eine lichthell erwärmende Weihnachtspredigt. Mit originellen und geistreichen Formulierungen wird die frohe Botschaft vom “Ausnahmekind Jesus” verkündet. “Ein schöneres Fest gibt es kaum.” Jesus erfüllt die Prophezeiung des Jesaja. Besonders ist er deswegen ein wunderbarer Ratgeber und Friedensstifter. “Er ist dein Lichtblick in deinem oft düsteren Herzen.” Wie schon bei Jesaja wird es aber immer wieder böse Meldungen geben. Der Prediger übergeht das Dunkle nicht, sondern nennt es aktuell und konkret. Aber immer wieder wir es vom Prediger seelsorglich erleuchtet. Im Schlußabschnitt hat Jesus einen Wunschzettel an die Gottesdienstteilnehmenden: Eure Hektik, Einsamkeit und Eure Sorgen wünscht sich Jesus, damit er sie mit seinem Licht erfüllt und verwandelt.

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