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Zum Pfingstfest 2022 - ein kleiner Countdown

Kleine Kinder benutzen die Finger zum Zählen: Wieviel Nächte muss ich noch schlafen bis zum Geburtstag? Wieviel Großelternteile habe ich? Zählen und Zahlen sind Hilfsmittel des Erinnerns. Auch biblisch. Wenn ein Fest wie die Pfingsten so unmittelbar mit Zahlen verknüpft sind, dann liegt es doch nahe, sich dorthin zu zählen. Einen Countdown zu vollziehen von Ostern bis zu den Pfingsten, bis zum 50. Tag nach dem Pessachfest.

In diesem Jahr 2022 feiern die Judenheit und die Kirche an den selben Tagen die Pfingsten, die 50 Tage, das Wochenfest, Schawuot, die Wochenwoche, die Sieben-mal-Sieben-Tage-plus-Eins. Grund genug, das in Fürbitten aufzugreifen. Und im Kontakt zu bleiben. Auch in den biblischen Auslegungen. Möge dazu der Countdown anregen.

Pfingsten – selbst im Deutschen können wir die „50“ noch heraushören bei „P“ und „F“ und dass es viele sind, die Pfingsten nämlich, die 50 Tage. Jeder einzelne Tag seit dem Osterfest wäre es wert, ihn noch einmal zu bedenken und die Erinnerung an biblische Geschichten und Anregungen aufzugreifen. Ich folge nur in Zehnersprüngen dem Countdown von Ostern bis Pfingsten.

Zuerst also die 50.

50 Tage, das sind 7×7 Tage plus einem, 7x die wunderbare und lebendige Ordnung der ersten der Schöpfungsgeschichten, die 7 Tage ins Quadrat genommen. Wir können voll Jubel einstimmen in die sieben Strophen über Erde und Gestirne, Wasser und Luft, Kräfte und Gewalten, Tiere und Menschen, alles eine Welt, siebenfach dazu die Zeit. Und darüber der Wind Gottes, sein Wehen, seine Bewegung, Gottes Geist. Plus eins, ein I-Tüpfelchen, das eben noch obendrauf kommt.

Die 50: Das ist ein Bekenntnis, an Gottes Ordnung zu erinnern, die bereit ist, immer noch mal eins drauf zu setzen. Das ist Bekenntnis, welches an Gottes Geist erinnert, der jede Ordnung in Bewegung hält und nicht erstarren lässt. Siehe, so ist es sehr gut. Dass es 50 Tage hat vom Aufbruch Israels bis zum Empfang der Thora, der Weisung Gottes am Sinai. Sehr gut, dass dem die 50 Tage entsprechen von Jesu Aufbruch aus dem Grab bis zum Empfang des tröstlichen und lebendigen Geistes.

40 Tage: Da denke man an die 40 Tage der Sintflut. Die 40 Tage der Buße in Ninive. 40 Kapitel hat das Buch Exodus, das zweite Buch Mose. Und natürlich erinnern sie uns an die 40 Jahre Wüstenwanderung des Volkes Israel.

40 Tage fastet Jesus in der Wüste und stellt sich der Versuchung. Er vollzieht den Weg Israels noch einmal nach, stellt sich da hinein, bevor er sein öffentliches Leben aufnimmt. 40 Jahre oder Tage – sie harren der Vollendung, der Antwort Gottes, des eigenen Anfangs. 40 Tage oder Jahre setzen den Doppelpunkt: da kommt noch was.

Doch wir zählen weiter zurück und hören „30“! 30 Ja hre war wohl Jesus alt, als er ins öffentliche Leben trat. Als er den Bruch vollzog mit der Zurückgezogenheit in Nazareth, wenn es sie je gab. Und drei Jahre hat er vermutlich gelehrt. Galt er noch als junger Mann? Vermutlich eher als ein Mann auf der Höhe seines Lebens. Einer, der als Ehrengast die Schriftrolle gereicht bekommt.

Als 12jähriger hatte er soviel gelernt, dass er gute Fragen stellte. Und nun, zweieinhalb mal soviel Jahre später und die Hälfte davon kann er lehren. Doppelt genäht hält, vor allem, wenn man noch mal den Faden verknotet. Zweieinhalb mal und die Hälfte der Jahre nach den klugen Fragen geht Jesus in die öffentliche Diskussion. Schließlich ist 30 auch heute noch ein Alter, dem Erfahrung zugesprochen wird, ohne schon Erschöpfung zu zeigen. Ein Alter, um auch unter Älteren ein Standing zu haben und jung genug, rebellischen Geist mitzubringen.

Und dann die 20! Das Buchstabenzeichen dafür ist im Hebräischen das Kaph, der „K“-Laut. Kaph bedeutet „Handfläche“. Und tatsächlich:der Buchstabe Kaph sieht aus wie eine zum Schöpfen gekrümmte Hand. Anders Jad, die erhobene Hand, Jad wa Shem, Hand und Name, schon biblisch die Bedeutung für Mahnmal. Kaph aber ist Leben schenkend, schöpfend, hilfreich, oder auch bedürftig, leer, anzufüllen. Die geöffnete leere zu füllende Hand – das kennzeichnet uns Menschen. Wir sind aufeinander und auf Gott angewiesen. Sind bedürftig der Gaben. Der leiblichen wie seelischen. Wir sind gottesbedürtig. Daran mag uns die 20 erinnern.

„10“ sind natürlich die Gebote. Zehnwort vom Sinai, die Weisung Gottes – Israel empfängt sie am 50. Tag nach dem Auszug, unter Feuer und Beben. Was für ein Fest am 50. Tage, welche Pfingsten, welche „50“. So sind auch wir am Fest angelangt, im Vertrauen auf Gottes Wort und Weisung. Im Dank gegenüber denen, die zuerst empfingen. Wo wir teilhaben dürfen als vielfältiges Völkergewimmel, so, wie es schon biblisch sich dem Aufbruch der Kinder Israels aus Ägypten vielfältiges Völkergewimmel anschloss (Exodus/ 2. Mose 12, 38).

Pfarrerin Kira Busch-Wagner, Trinitatis-Kirche Aue, Karlsruhe-Durlach

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Heinz Janssen
Heidelberger Predigt-Forum