Himmel-reich – Erden-nah

Was ist das Reich Gottes?

Predigttext: Matthäus 13,$$-$&
Kirche / Ort: Aachen
Datum: 28.07.2013
Kirchenjahr: 9. Sonntag nach Trinitatis
Autor/in: Pfarrer Manfred Wussow

Predigttext: Matthäus 13,44-46 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)

Das Himmelreich gleicht einem Schatz, verborgen im Acker, den ein Mensch fand und verbarg; und in seiner Freude ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte den Acker.
Wiederum gleicht das Himmelreich einem Kaufmann, der gute Perlen suchte, und als er eine kostbare Perle fand, ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte sie.

Exegetisch-homiletische Überlegungen

Mt. 13 versammelt unterschiedliche Reden / Gleichnisse Jesu mitten – auch räumlich - im Evangelium. Ihr gemeinsames Thema: Das Reich Gottes. Mt. 13,1 lässt Jesus an den See (Genezareth) gehen. Eine große Menge versammelt sich bei ihm. Jesus steigt in ein Boot, setzt sich (einem Lehrer geziemend) und das Volk steht (wie zu Lehrende) am Ufer. Vers 3 unterstreicht: Und er redete vieles zu ihnen in Gleichnissen. Der Focus ruht von Anfang an auf Gleichnissen. Gehen wir vom Endtext aus – ohne die Geschichte der synoptischen Tradition (Dibelius, Schmidt, Bultmann) – treffen wir auf vielfältige Variationen der Bildreden vom Reich Gottes:
Uns begegnen der Sämann, das Unkraut unter dem Weizen, Senfkorn und Sauerteig, der Schatz im Acker und die kostbare Perle sowie – schon fast resümierend - das Fischnetz. Dazwischen immer wieder Klärungen, Vertiefungen und Fokussierungen.

Dieses Kapitel in der Mitte wird abgeschlossen mit dem Unverständnis und dem Ärgernis der Leute in der Heimatstadt Jesu. Paulus greift das Thema im 1. Korintherbrief auf. Aus der verwunderten Frage, woher Jesus denn diese Weisheit habe, erwächst nicht Glaube, sondern Ablehnung, nicht Staunen, sondern Verwerfung. Es werden allerdings keine Gründe angegeben; Unglaube braucht keine Gründe. Mt. 13 enthält also die Reichs-Gottes-Botschaft Jesu und lässt sie vorweg - mitten im Evangelium - auf die Kreuzigung hinauslaufen. Insofern sind die ersten und die letzten Verse von Mt. 13 mehr als nur Rahmung, sie markieren einen Weg. Mt. 13 fasst das Evangelium mitten im Evangelium schon einmal zusammen. Wer mag, kann von Mt. 13 aus die Kap. 1-12 und 14-28 kon-zentriert (um eine Mitte gruppiert) betrachten und Linien nachzeichnen.

Der Predigttext umfasst zwei Gleichnisse, die aber aneinandergeschmiegt zu einem Gleichnis werden. Teil 1 lässt uns einen Schatz entdecken, der in einem Acker verborgen ist. Um ihn besitzen zu können, muss der Acker erworben werden. Alles – darauf liegt die Betonung – wird jetzt verkauft, um diese Transaktion bewerkstelligen zu können. – Die Menschen, die das Gleichnis hörten, kannten den Brauch, in Krisenzeiten Schätze (sprich Wertgegenstände) zu vergraben. Unter der Erde war sicher, was über der Erde nicht geschützt werden konnte. Es gab weder Tresore noch Bankschließfächer. Viele, die alles vergraben haben, was sie besaßen, kamen nicht zurück. Ihre Schätze ruhten in der Erde und warteten darauf, gefunden zu werden. Nach dem geltenden Recht gehörte aber alles in der Erde dem, der auch das Land besaß.

In der Erzählung Jesu wird nicht weiter ausgeführt, wie bedeutend und groß der Schatz war, der in der Erde gebuddelt war. Es muss sich aber „gelohnt“ haben, für ihn „alles“ einzusetzen. Die von uns gewünschten (und für selbstverständlich angesehenen) Taxierungen und Tarifierungen fehlen im Gleichnis Jesu. Es gibt einen Schatz – und für den wir „alles“ eingesetzt. Hier ist es das Himmelreich – das Reich Gottes –, das einem Schatz gleicht, für den alles zu geben ist, das alles aufwiegt, das auch keinen Aufschub duldet. Im Gleichnis ist von der großen Freude die Rede. Von Abwägen, Zweifeln, Rechnen wird nichts erzählt. Soviel Eindeutigkeit in einem Satz sprengt alles, was wir sonst kennen und zu tun belieben. Eigentlich gibt es hier nichts zu überlegen.

Teil 2 richtet unsere Blicke auf einen Kaufmann, der Perlen sucht. Auf seiner Akquisitionstour findet er dann die Perle, die so teuer ist, dass er dafür alles „verflüssigen“ muss. Wieder: alles, was er hat. Ob das wirtschaftlich ist, kaufmännisch überhaupt denkbar, wird nicht weiter erörtert. Vor allem wird nicht erörtert, was der Kaufmann – also ein Profi, ein Geschäftsmann – mit der Perle macht. Behält er sie? Wird er sie mit Gewinn verkaufen? Wovon wird er jetzt leben? Seine Familie? Seine Angestellten? Jesu Gleichnis entzieht sich der Vernunft. Es geht tatsächlich nur um die eine Perle! Sie verzehrt alles! Das Himmelreich gleicht diesem Kaufmann. Das Himmelreich gleicht nicht der Perle!

Gemeinsam ist beiden Teilen, dass dem Himmelreich „alles“ gegeben wird. Im Kontext wird klar, was mit „alles“ auch gemeint ist: das ganze Leben, die ganze Existenz. Mit Blick auf den Schluss von Mt. 13 werden jetzt auch Unverständnis und Ärgernis der Leute sichtbar – auch verständlich? Werfen wir einmal einen Blick auf Mt. 19. U.a. wird dort auch die Geschichte vom reichen Jüngling überliefert (19, 16-26). Er will (!) das Reich Gottes – das ewige Leben – haben. Die Gebote hat er „alle“ erfüllt, sagt er – um dann die Frage anzuschließen: Was fehlt mir noch? (V. 20). „ Jesus antwortete ihm: Willst du vollkommen sein, so geh hin, verkaufe, was du hast, und gib's den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben; und komm und folge mir nach!“ (V. 21). In dieser Geschichte wird der Schatz im Himmel mit der Gabe für die Armen auf Erden untrennbar verknüpft. Die „Vollkommenheits-forderung“ wird bei Matthäus immer wieder re-formuliert . „Seid vollkommen, wie auch euer Vater im Himmel vollkommen ist!“ Sind aber die die Armen der Schatz der Kirche?. Das wird z.Zt. in Rom besonders herausgestellt. Nicht alle sind glücklich darüber. Die kritische Rückfrage, was denn Armut sei und was Reichtum, ist allerdings nicht ungefährlich – wenn wieder einmal mehr nur Immunisierungsstrategien herauskommen. Wie reagiert der reiche Jüngling? Er geht betrübt davon! (V. 22). Das ist die gegenteilige Reaktion von Mt. 13,44ff. Betrübt, traurig heißt, dass hier ein Mensch nicht „alles“ geben kann (obwohl er „alles“ halten kann)! Im Duktus der Geschichte zählt jetzt auch nicht mehr, was dieser Protagonist sonst noch alles kann. Er verliert sogar „alles“ – sprich: auch sich selbst. Mt. 13,44-46 spiegelt sich in Mt. 19 und gewinnt im Spiegelbild eigene Konturen.

Die Predigt ist öffentlich! Die Schatzfindung auch? Der Perlenkauf? Wir werden das Gleichnis in seinen zwei Teilen nacherzählen, bunt – und hoffentlich auch so lustvoll wie Matthäus. Unserer Predigt ist nicht weniger aufgegeben, als die Freude zu verkünden, den einen Schatz, die eine Perle zu finden. Homiletisch ist es möglich, beide Szenen zu erzählen und ihnen Gesichter zu geben. Schatzgräber ist zunächst einmal kein Beruf – der Schatz aber wird im Alltag gefunden. Ohne Hintergedanken, ohne Berechnung, ohne Ahnung. Der Schatz ist auf einmal da – und zieht alles an sich. Beim Kaufmann ist es auch die alltägliche Situation, Perlen zu suchen und zu finden. Professionell taxiert er, was ihm angeboten wird. Man kann ihm auch nichts vormachen! Homiletisch darf in beiden Fällen der Lebensalltag zu einem Raum der Entdeckungen (gemacht) werden. Gleichnisse machen es uns eigentlich sehr leicht. Wir hören zu und sagen auf Anhieb „ja“.

Wir reden über das Reich Gottes. Wir haben über das Reich Gottes zu reden. Es soll in seiner Schönheit und Würde aufgefunden werden. Nur: was ist das Reich Gottes? Ein Jenseits, viel beschworen, noch mehr gefürchtet, vor allem aber als falscher Trost entlarvt? Es ist Jesus, der hier vom Reich Gottes redet – in einer Gegenwärtigkeit und Vollmacht, die keinen Ausweg zulässt. Sein Gleichnis ist im Präsenz formuliert! Der Schatz wird heute gefunden – und DEN Kaufmann gibt es auch! Von Mt. 19 aus möchte ich von den Armen reden, denen nicht nur das Himmelreich gehört (1. Seligpreisung! Vgl. Lukas), sondern auch Gottes Zuwendung und Liebe. Ob ich „alles“ geben kann? Das Gleichnis Jesu steht auch in seiner Fremdartigkeit und Größe meinen Möglichkeiten diametral gegenüber. Ich möchte aber buchstabieren lernen, was ich ganz und gar von mir geben kann. Das ist nicht nur Geld. Das ist auch Zeit. Geduld. Engagement. Leidenschaft. Nachdenklichkeit. Schuldbewusstsein. Ob es „alles“ auch im Kleinformat geben kann?

Im Gottesdienst darf auch bedacht werden, was hier Ärgernis ist (s. Ende von Mt. 13) – um die Freude auszudrücken, die in der Auf-gabe (wir geben etwas auf, um Leben zu gewinnen) uns zuwächst. Dass wir Jesus finden, gehört zu der großen Verheißung des Reiches Gottes. Jesus verkündigt, was er IST. Mt. 13 legt – auf die Spitze getrieben – eine Spur: ER hat alles gegeben. ER hat sich gegeben. Um uns zu finden.

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“Komm, wir finden einen Schatz”

Kleine Schätze findet man am Strand , die großen gibt man am besten gleich ab, aber für das Himmelreich geben wir alles! Es ist schön, einen Schatz zu finden. Ich sehe den Kindern zu, wie sie eine Strandburg bauen. Im Sand wartet vieles darauf, entdeckt zu werden. Auch wenn es nur Kleinigkeiten, Strandgut – und Krebse sind. Die Zeit ist wieder da! Kleine Händchen buddeln, größere kommen ihnen zu Hilfe. Sandburgen werden zu einem Stück Seligkeit. Andere wandern. Sie haben ein Hämmerchen bei sich. Es gibt so spannende Wege. Im Gestein, manchmal unscheinbar, lassen sich Versteinerungen entdecken – und mit ihnen Träume von wogenden Meeren, wo sich heute Wiesen in die Landschaft schmiegen. So viele Schätze! Manche vergessen die Zeit, kommen auch nie mit leeren Händen zurück und wissen zu jedem Stück etwas zu sagen. Die Vitrinen leben geradezu. Janosch erzählt eine Geschichte, nicht nur für Kinder , wie der kleine Tiger und der kleine Bär vom Reichtum träumen, wie sie überall nach dem Schatz suchen, wie sie tatsächlich reich werden und alles wieder verlieren und wie sie schließlich wieder nach Hause zurückkehren und dort bemerken, was das größte Glück der Erde ist.

Himmel-reich

Jesus erzählt kleine Geschichten. Kleine Geschichten, wie reich der Himmel ist – und macht. Matthäus hatte alle Hände voll zu tun, diese kleinen Geschichten zu sammeln, zu ordnen und den roten Faden zu finden. Heute geht es um das Reich Gottes. Matthäus übersetzt mit „Himmelreich“. Mir gefällt dieses Wort. Es drückt so viel Weite aus, aber auch so viel Nähe, schiere Unendlichkeit, aber auch Augenschmaus. Ich sehe mich auf einer Wiese liegen. Das Gras duftet. Die Augen erwandern den Himmel. Mit den Wolken eile ich dahin – oder verliere mich in dem satten blau. Eine Impression aus dem Sommer. Das Wort Himmelreich schreibe ich auseinander: Himmel-reich. Jesus erzählt zwei kleine Geschichten:

(Lesung des Predigttextes)

Das Himmelreich gleicht … dann kommen kleine und alltägliche Begebenheiten. Eigentlich nichts Besonderes. Ob es ein Landwirt war, der das kleine Stück Erde pflügte? War es ein Garten, der umgegraben wurde? So viel Neugierde kann ich nicht befrieden. Aber die Überraschung! Ein Schatz! Es kommt nur heraus, dass der Mensch, der uns hier vor die Augen kommt, nicht Eigentümer dieses Stückchen Erde ist. Ob Pächter, Tagelöhner oder sonst wer: Alles, was er hat, wird er jetzt dafür geben, dieses Stück Erde zu erwerben. Um den Schatz zu besitzen. Rechtlich war das früher so geregelt. Unsere Juristen sehen das heute ein wenig anders. Jesus erzählt nicht einmal, was dieser Mensch – alles – besaß. Hatte er ein Polster? Konnte er mithalten? Oder war einfach alles zu wenig zum Leben und zu viel zum Sterben? Die Geschichte, die Jesus erzählt, kommt nicht nur mit wenigen Worten aus – ihr spürt man förmlich die Dynamik, die Schnelligkeit, die Überlegenheit an. Es muss jetzt sein. Jetzt. Und eben: Alles! Alles wird eingesetzt.

Das Himmelreich gleicht … dann kommt der Juwelier. Er kauft Perlen, er sucht Perlen. Perlen sind kostbar. Ein Kaufmann kennt die Preise. Für den Einkauf und für den Verkauf. Aber heute stößt dieser Kaufmann, von dem Jesus erzählt, auf eine Perle, die alles in den Schatten stellt, was dieser Profi je gesehen hat. Er muss sie haben! Von einem Kredit ist nicht die Rede. Aber davon, dass dieses Kaufmann alles locker, alles liquide macht, was er hat. Alles! Ob er sein Geschäft, seine Familie damit ruiniert? Hat er nicht auch sonst noch Verpflichtungen – und offene Rechnungen? Ob er diese Perle jemals wieder verkaufen kann (und will)? Was hat er, wenn er sie hat? Der Kaufmann zieht sich nackend aus – um sich mit einer Perle zu schmücken. Die aber so wertvoll ist, dass er sie nie zeigen kann. Mir wachsen immer mehr Zweifel, ob dieser Mensch noch bei Verstand – und Trost – ist. Ist das vielleicht die Geschichte eines Irren? Aber jetzt gehen bei mir schon die Pferde durch. Entschuldigung. Jesus liebt es, in seinen Geschichten alltägliche Situationen auf die Spitze zu treiben – und uns von Überraschung zu Überraschung zu führen. Die Betonung liegt auf Alltag. Wir sehen unser normales Leben, das aber neu ausgerichtet und in einer großartigen Perspektive. Es gibt den einen Schatz, die eine Perle, für die wir alles geben. Das Himmelreich gleicht … Wir sehen jetzt nicht Irre, sondern Menschen, die wohlüberlegt alles geben können – für das Reich Gottes, für den Himmel. Sie sind: himmel-reich.

Erden-nah

Von Freude ist die Rede! Von der Freude, aufzubrechen und hinzugehen. In seiner Freude geht der Schatzentdecker hin, alles zu verkaufen. Die Freude des Kaufmanns wird zwar nicht erwähnt, aber ich sehe sie auch in seinem Gesicht. Entdecker haben etwas zu verbergen – oder können sich nicht lassen. Jesus erzählt die Geschichten mit einer Selbstverständlichkeit und Offenheit, die überrascht. Es ist, als ob diese beiden Menschen nicht anders können – sie müssen in ihrer Freude die genau richtige Entscheidung treffen! Freude kennt kein Abwägen, keine Zweifel, keine Selbstzweifel, Freude kennt keine Berechnungen, Zahlenspiele und auch kein Schweigegeld. Neid ist der Freude auch fremd. Wie das immerwährende Vergleichen mit den anderen. Freude ist, wenn das Herz aus den Augen fällt.

Hier muss ich dann doch eine andere Geschichte nacherzählen. Sie ist auch von Jesus. Matthäus gab ihr die passenden Worte. Die Geschichte von dem reichen Jüngling. Wer das Wort „Jüngling“ nicht mag, kann auch von dem reichen Erben sprechen. Oder von dem Junior mit Geld. Er möchte von Jesus wissen, was er tun muss, um das ewige Leben zu ererben. Die Gebote kennst du doch, sagt Jesus. Die habe ich alle gehalten, sagt sein junger Gesprächspartner. Alle! Alle gehalten! Merkwürdigerweise runzelt Jesus nicht einmal die Brauen. Zumindest wird das nicht überliefert. Es kann so stehen bleiben. Nur: „Willst du vollkommen sein, so geh hin und verkaufe alles, was du hast und gib’s den Armen. So wirst du einen Schatz im Himmel haben; und komm und folge mir nach!“ (Mt. 19,21). Hier ist der Schatz wieder – und eine Entdeckung. Aber zu der Entdeckung jetzt gehört auch, dass der junge Mann schon am Ende ist. Betrübt, traurig geht er weg. Hier macht sich keine Freude breit. Dieser Mensch bleibt mit seinem Reichtum, auf seinem Reichtum sitzen. Buchstäblich: er kann nicht gehen. Er verliert nicht nur diesen einen Schatz, auf den es ankommt, er verliert sich selbst. Dabei war seine Frage doch die nach dem Erbe des Himmels … Der Schatz, von dem wir jetzt schon so lange reden – ist der Arme. Jesus setzt ihnen kein Denkmal, er zeigt sie uns als – Schatz.

Unentdeckter Schatz

Was mag das für ein Schatz gewesen sein, der da bisher unentdeckt in der Erde war? Immer, wenn es gefährlich wurde, haben die Menschen früher ihre Habseligkeiten vergraben. In der Erde war sicher, was im Haus nicht geschützt werden konnte. Aber viele blieben dann auf der Strecke, kamen um, mussten fliehen. Aus ihren Habseligkeiten wurden dann – Schätze. Diese Vorstellung rückt so manches Missverständnis zurecht: es geht hier gar nicht um Gold und Silber, um Edelsteine und Schmuck. Der Schatz, von dem Jesus erzählt, erzählt selbst eine Geschichte. Die Geschichte von Menschen, die ihn verloren haben. In den Krügen und Säcken ist vermummt und verdreckt ihre Erinnerung aufbewahrt. Was könnten wir da taxieren, was betrauern, was ans Licht holen? In unseren frommen Überlieferungen und Gebräuchen wird der Schatz oft mit dem Jenseits in Verbindung gebracht. Zumindest mit einer, mit der anderen Welt. Aber Jesus erzählt nichts davon. Da ist ein Mann, der entdeckt heute einen Schatz! Bei seiner Arbeit. Es ist Alltag. Ein ganz normaler Tag. Da ist ein Kaufmann, der findet heute die eine Perle, die seine ganze Sehnsucht ausmacht. Dabei ist er nur unterwegs, für seinen Laden neue Ware zu kaufen. Es ist Alltag. Ein ganz normaler Tag.

Das Evangelium erzählt uns voller Freude von einem Schatz, von einer Perle. Wir werden geradezu zur Freude angestiftet, jetzt auch „hinzugehen“. Was kann ich geben – was ich nicht selbst empfangen hätte? Am Schluss treffen wir auf einen besonderen Schatz. In der zweiten Hälfte des Gleichnisses vergleicht Jesus das Himmelreich nämlich mit einem Menschen – hier dem Kaufmann. Klar, auch er gibt alles für die Perle – sogar um den Preis, als verrückt dazustehen. Aber was jetzt herauskommt, offenbart einen Schatz, den wir nicht übersehen dürfen, um nichts in der Welt. Das Himmelreich verschenkt alles – Gott verschenkt sich. Ganz. Er behält nichts zurück. Übrigens: Am Ende des Kapitels erzählt der Evangelist von dem Unverständnis und der Verärgerung der Leute. Aber er bewahrt auch ihre Frage auf: woher denn Jesus diese Weisheit habe … Kleine Schätze findet man am Strand , die großen gibt man am besten gleich ab, aber für das Himmelreich geben wir alles!

 

 

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Ein Kommentar zu “Himmel-reich – Erden-nah

  1. Christoph Kühne

    Mir gefällt, wie der Autor zu Beginn die Gleichnisse nacherzählt. Mit eigenen Worten. Mit eigenen Gefühlen. Mit eigener Betroffenheit vom Himmel-reich. Der Leser wird in die Freude des unbekannten Finders und des Juweliers mit hineingezogen. Wer würde jetzt noch dem Beispiel des „Reichen Jünglings“ folgen wollen? Denn wer einen Schatz findet, gibt von sich aus alles – auch wenn es von außen verrückt aussehen sollte. Mancher hat alles gegeben und das Himmel-reich gewonnen. „Gott verschenkt sich. Ganz. Er behält nichts zurück.“ Das ist die Mitte der Predigt. Zum Beschluss. Und ansteckend. Augen auf! Du findest deinen Schatz. Und damit dich selbst und Gott. Eine gute, leichte und „sommerliche“ Predigt. Danke!

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