Kirche und Israel – „Das Heil kommt von den Juden“
Der Wahrheit auf der Spur bleiben
Predigttext: Johannes 4, (1)(4-18)19-26 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)
1 Als nun Jesus erfuhr, dass den Pharisäern zu Ohren gekommen war, dass er mehr zu Jüngern machte und taufte als Johannes
2 -obwohl Jesus nicht selber taufte, sondern seine Jünger -,
3 verließ er Judäa und ging wieder nach Galiläa.
4 Er musste aber durch Samarien reisen.
Da kam er in eine Stadt Samariens, die heißt Sychar, nahe bei dem Feld, das Jakob seinem Sohn Josef gab.
Es war aber dort Jakobs Brunnen. Weil nun Jesus müde war von der Reise, setzte er sich am Brunnen nieder; es war um die sechste Stunde.
7 Da kommt eine Frau aus Samarien, um Wasser zu schöpfen. Jesus spricht zu ihr: Gib mir zu trinken!
8 Denn seine Jünger waren in die Stadt gegangen, um Essen zu kaufen.
9 Da spricht die samaritische Frau zu ihm: Wie, du bittest mich um etwas zu trinken, der du ein Jude bist und ich eine samaritische Frau? Denn die Juden haben keine Gemeinschaft mit den Samaritern. -
10 Jesus antwortete und sprach zu ihr: Wenn du erkenntest die Gabe Gottes und wer der ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken!, du bätest ihn, und er gäbe dir lebendiges Wasser.
11 Spricht zu ihm die Frau: Herr, hast du doch nichts, womit du schöpfen könntest, und der Brunnen ist tief; woher hast du dann lebendiges Wasser?
12 Bist du mehr als unser Vater Jakob, der uns diesen Brunnen gegeben hat? Und er hat daraus getrunken und seine Kinder und sein Vieh.
13 Jesus antwortete und sprach zu ihr: Wer von diesem Wasser trinkt, den wird wieder dürsten;
14 wer aber von dem Wasser trinken wird, das ich ihm gebe, den wird in Ewigkeit nicht dürsten, sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, das wird in ihm eine Quelle des Wassers werden, das in das ewige Leben quillt.
15 Spricht die Frau zu ihm: Herr, gib mir solches Wasser, damit mich nicht dürstet und ich nicht herkommen muss, um zu schöpfen!
16 Jesus spricht zu ihr: Geh hin, ruf deinen Mann und komm wieder her!
17 Die Frau antwortete und sprach zu ihm: Ich habe keinen Mann. Jesus spricht zu ihr: Du hast recht geantwortet: Ich habe keinen Mann.
18 Fünf Männer hast du gehabt, und der, den du jetzt hast, ist nicht dein Mann; das hast du recht gesagt.
19 Die Frau spricht zu ihm: Herr, ich sehe, dass du ein Prophet bist.
20 Unsere Väter haben auf diesem Berge angebetet, und ihr sagt, in Jerusalem sei die Stätte, wo man anbeten soll.
21 Jesus spricht zu ihr: Glaube mir, Frau, es kommt die Zeit, dass ihr weder auf diesem Berge noch in Jerusalem den Vater anbeten werdet.
22 Ihr wisst nicht, was ihr anbetet; wir wissen aber, was wir anbeten; denn das Heil kommt von den Juden.
23 Aber es kommt die Zeit und ist schon jetzt, in der die wahren Anbeter den Vater anbeten werden im Geist und in der Wahrheit; denn auch der Vater will solche Anbeter haben.
24 a Gott ist Geist, und die ihn anbeten, die müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten.
25 Spricht die Frau zu ihm: Ich weiß, dass der Messias kommt, der da Christus heißt. Wenn dieser kommt, wird er uns alles verkündigen.
26 Jesus spricht zu ihr: Ich bin's, der mit dir redet.
Homiletische und exegetische Überlegungen
Im Liturgischen Kalender der Badischen Gesangbücher (EG Baden, Elsaß und Lothringen 891) ist die bearbeitete Perikope nicht aufgeführt. Die Texte dort sehen implizit vor allem den Bezug zum 9. Av – dem Gedenktag der Tempelzerstörung – als Gestaltung des Israelsonntags vor, was dann entsprechend bearbeitet werden muss, nämlich in solidarischer Trauer und Hoffnung. Johannes 4 hat sich aber über die verschiedenen schon bisher erfolgten Revisionen durchgesetzt als ein Text, an dem sich das Verhältnis von Kirche und Israel („Israel“ in seinem umfassendsten Sinne) in einem Spitzensatz zusammengefasst ist: Das Heil, die Erlösung, die Freiheit kommt von den Juden! Die homiletische Situation (Sommerloch, kleine Gottesdienstgemeinde, da und dort Konfirmandinnen und Konfirmanden, die nicht unbedingt gottesdienstgewohnt sind) bringt eine große Spannung mit sich, die auch einen persönlichen und kritischen Umgang mit der vorliegenden Predigt nötig macht und je nach örtlicher Situation zu Kürzungen, lokalen Bezügen, eben eigenem Umgang führen wird.
Hinter dem biblischen Abschnitt stehen unterschiedlichen Erfahrungen. Erfahrungen der johanneischen Gemeinde in der Auseinandersetzung mit dem Judentum, die Differenz erlebt und betont und zugleich an Verbindendem festhält; Erfahrungen mit jüdisch-samaritanischen Ver- und Begegnungen; mit Auseinandersetzungen und politischer Verzweckung socher Auseinandersetzung, Erfahrungen mit der Schrift und mit der Verkündigung des Auferstandenen, am Ende existentielle Glaubenserfahrung. Dass bei aller Distanz und Fremdheit durchaus Begegnungen von jüdischen und samaritanischen Menschen im 1. Jahrhundert zu denken ist, zeigt auch das Gleichnis vom „Barmherzigen Samariter“. Das Gleichnis in seinem hohen Bekanntheitsgrad und die Institution „Arbeiter-Samariter-Bund“ haben dazu geführt, dass für viele Menschen „Samariter“ eine Art Synonym für einen hilfreichen Menschen ist. Wenigen ist präsent, dass es bis heute die kleine Gruppe der Samaritaner in Israel und den palästinensichen Gebieten gibt, die ihre Religion und Ethnizität bewahrt hat.
Der Evangelist mag für seine Gemeinde in der Begegnung Jesu mit der Samariterin die Not von Nähe und Distanz tröstlich und prototypisch für die Gemeinde durchgespielt haben. Ebenso die reale Erlösungsbedürftigkeit, insbesondere wenn man die „Männer“ der Frau auf der Spur von Friedrich-Wilhelm Marquardt versteht als Personifikation der Siedlungspolitik der Assyrer, die den jüdischen Charakter der Bevölkerung im alten Nordstaat Israel auflösen (S. 8) bzw. nach Matthias Loerbroks als allegorischen Verweis auf den prophetischen Vorwurf der Treulosigkeit Israels (S.19). Zugleich kann man die ganze Geschichte als eine Variante der Ich-Bin-Worte des Johannesevangeliums lesen. Jesus selbst ist der Messias, er ist auch das Heil, also die Befreiung und die Erlösung, welche aus Israel kommt und jenseits von Israel die Menschen bekannt machen mit dem ihnen unbekannten Gott und Vater.
Die Zustimmung dazu, dass aus den Juden in Jesus uns Heil, also Befreiung, Erlösung, Freiheit zukommt, wird zugleich für die liturgische Gestaltung von Dank-, Buß- und Fürbittgebet Anleitung geben. Anleitung für das Eingeständnis, worin wir gefangen sind, unerlöst, was uns ohne solche Befreiung drohen könnte, wenn wir uns nicht auf der Spur der langen Erfahrung Israels mit Freiheits- und Befreiungsgeschichte bewegen. Die Geschichte, auch die Kirchengeschichte stellt dafür genügend Material zur Verfügung.
Literatur: Aktion Sühnezeichen Friedensdienste (Hg.): Israelsonntag 2013. In Geist und Wahrheit beten. Evangelium nach Johannes 4,24. Predigthilfe und Materialien für die Gemeinden.
Wo komm ich her? Es gibt Lebensphasen, in denen diese Frage sich deutlicher stellt; es gibt Zeiten des Umbruchs, in denen die Frage in den Vordergrund rückt: Wo komm ich her? Wie bin ich geworden, was ich bin? Wem oder was verdanke ich mich? Die Mischung aus Vorgegebenem, aus Ge-gebenem und Eigenem ist einfach spannend. Das habe ich von Großmutter geerbt, hier wird der Einfluss der Eltern deutlich, das verdanke ich der Hilfe einer guten Freundin, jenes der Unterstützung eines Mentors. An all dem habe ich weitergebaut; das verbindet sich mit eigenen Gedanken, eigener Leistung zu einem faszinierenden Neuen. Wo komme ich her, wem verdanke ich mich – das kann auch in Sachen des Glaubens eine Rolle spielen. Konfirmanden entdecken in ihrer Konfirmandenzeit: hier wurde ich getauft, im Kirchenbuch lese ich die Namen meiner Paten. Oder es wird Jugendlichen bewusst: meine Eltern wollten, dass ich selbst mich für meine Taufe entscheide, jetzt bin ich hier, und ich habe Erfahrungen mit Kirche nicht nur durch die Eltern, sondern auch durch andere Jugendliche, durch den Religionsunterricht in der Schule, durch den Kindergarten und Kinderfreizeiten.
Wo komm ich her? Auch für eine Gemeinde, eine Kirche, die Kirche als Ganze, stellt sich die Frage. Die Paulusgemeinde in Ettlingen weiß: sie ist aus der Johannesgemeinde hervorgegangen. Die evangelischen Landeskirchen entstanden aus der historischen Situation in der Reformationszeit, dass Landesfürsten sich die Frage nach evangelischem Glauben zu eigen machten, protestantisch wurden, gegen den Versuch des Kaisers protestierten, die Freiheit der Fürsten in Glaubensfragen zu beschränken. Wo komme ich her, wo kommen wir her als Christen, wo kommen wir her als Kirche? Es gehört zu den Grundlagen unseres Bekennens, zu sagen: wir verdanken uns Gott selbst, wir verdanken uns seinem schöpferischen Wort, seinem heilvollen Handeln. Wir verdanken uns Jesus, dem Christus, der Offenbarung, der Offenlegung Gottes in Jesu Leben. Im Wirken und Sterben und Auferstehen des Jesus von Nazareth. Das Johannesevangelium präzisiert in einem Jesuswort: Die Rettung, das Heil, also auch unser Heil, das Heil kommt von den Juden. Natürlich, was sonst. Schließlich wird Jesus geboren als Jude, ein Kind jüdischer Mutter, jüdisch religiös gebildet durch die Eltern, wie seine klugen Fragen an die Lehrer im Tempel zeigen. Fähig, aus der Thora, der Schrift, der Bibel zu lesen, anerkannt darin, sie auszulegen. Schließlich stirbt Jesus als jüdischer Märtyrer, ein Gerechter, der vielfach leidet, ein Prophet, der um die Zukunft seines Volkes bangt, ein anerkannter Schriftgelehrter. Das Heil, unser Heil, unsere Herkunft als Kirche kommt aus den Juden, von den Juden. Längst ist das Lehrstoff selbst der Grundschule geworden. Selbstverständlich gewürdigt in Lehre und Predigt, in Dokumenten und Verlautbarungen. Ist immer neu zu bekennen, zu feiern im Gottesdienst, zu würdigen im Gebet. Dafür ist zu danken, daran können wir uns freuen. Denn hier erleben wir die Antwort auf die Frage: Wo kommen wir her, wir Christen. Schauen wir uns die Geschichte an, in der der Satz von der Rettung, vom Heil so ausdrücklich erscheint!
(Lesung des Predigttextes)
Ein großes Gespräch, eine irritierende Unterhaltung, vor allem: eine Geschichte am Brunnen. Die Leute führen den Brunnen zurück auf Jakob, den Stammvater, den Enkel Abrahams. Der Brunnen liegt im Gebiet Samaria. Das Verhältnis zwischen den Juden und den Samaritanern ist nicht ohne Spannungen zur Zeit Jesu. Jakob ist ein gemeinsamer Vorfahr, ein Bindeglied. Am Brunnen hat Jakob seine Frau gefunden. Mit dem Brunnen sind zugleich all die Generationen seit jener Zeit der Ahnen präsent. In den Jahren vor Jesu Geburt und zu seinen Lebzeiten sind die Beziehungen zwischen Juden und Samaritanern belastet durch gegenseitige Übergriffe und Überfälle. Den samaritanischen Zeitgenossen Jesu muss durchaus noch bewusst sein, dass der jüdische Fürst Jochanan Hyrkanos 80 Jahre zuvor den Tempel der Samaritaner zerstört hat. Jesus mag die Trümmer noch gesehen haben. Vielleicht sogar von dem Brunnen aus. Die Römer, die jetzt im Land herrschen, haben sowohl die Samaritaner wie die Juden unter ihrer Herrschaft. Es gehört zu ihrer Ideologie: der Kaiser garantiert Rettung und Heil, seine Heil strahlt aus auf die Völker. Sein Wirken bringt die Pax Romana, den römischen Frieden. Das ist der Hintergrund der Begegnung Jesu mit der Frau am Brunnen des Jakob, mit der Samaritanerin, zur sechsten Stunde, also mittags um Zwölf. Jesus, der ist erschöpft, müde, durstig, ohne Gerät offenbar zum Trinken, gar zum Schöpfen; die Jünger unterwegs beim Einkauf in der Stadt, in Sychar, Shkem, Sichem,
Da kommt die Frau, die offenbar selbst auch ganz dringend Wasser braucht, sonst wäre sie nicht in der Mittagshitze los gelaufen. Sie ist verblüfft von Jesus. Er nimmt Kontakt auf, natürlich: er braucht sie, sie kann ihm helfen, kann den Durst löschen helfen, welch eine Rettung. Doch auch Jesus hat etwas zu geben, ist selbst eine Quelle lebendigen Wassers, stillt Lebensdurst und Lebensfragen, legt Quellen frei zum ewigen Leben. So seine Rede. Und prompt fragt die Frau zurück: Bist du mehr als Jakob? Mehr als unser gemeinsamer Vorfahr? Jesus antwortet mit der seltsamen Rede von den fünf Männern, die sie gehabt haben soll und nun doch wieder keinen hat, also schutzlos ist und allein. Was meint er damit? Kennt er sich aus in ihren persönlichen Verhältnissen, bezieht er sich auf einen etwas anrüchigen Lebenswandel, einen promisken Lebensstil: Polygamie in Folge? Gut gefallen hat mir die Überlegung eines Berliner Kollegen, ob Jesus damit nicht vielmehr anspielt auf die prophetische Kritik an Samaria, dass es religiös treulos geworden sei, abgefallen sei vom Gott der Väter. Bei Amos ist davon zu lesen, bei Hosea. Acht Jahrhunderte bald ist das her. Präsent aber in den Schriften der Propheten. Wenn Jesus an den Propheten anknüpft, eben nicht an der persönlichen Moral der Frau, dann hat er zugleich im Blick, worin Juden und Samariter sich unterscheiden. An den Propheten nämlich und der prophetische Kritik. Die Samaritaner beziehen sich allein auf die Thora als heiliger Schrift. Während in Israel doch auch die Prophetenbücher gelesen werden, die Juden sich die prophetische Kritik, an Judäa wie an Samaria, zu eigen gemacht hat. „Ich sehe, du bist ein Prophet“, antwortet die Frau, und wir können es dann hören im Sinne von: „du gehörst mit zu den Kritikern Samarias, du stehst in der jüdischen Tradition. Du meinst also auch, dass wir heidnisch geworden sind, wo wir doch auch den Gott Jakobs anrufen. Wohl aber an anderer Stelle es taten: solange es das Heiligtum gab, auf dem Berg Garizim. Eben nicht auf dem Zion, nicht in Jerusalem.
Das mag die Stelle sein, an der die ersten Hörerinnen und Hörer des Johannesevangeliums ganz besonders aufmerken. Wo sie spüren, dass da ihre eigene Sache verhandelt wird. Denn sie, die Lesenden und Hörenden, die eine gute Generation nach der Auferstehung Jesu leben, sie haben eben überhaupt keinen Ort mehr, der sich in dieser Weise benennen lässt. Wie der Tempel auf dem Garizim schon zu Jesu Zeiten ist jetzt auch Jerusalem zerstört! Der Tempel am Boden! Das Heiligtum verbrannt! Kein Zugang mehr zu Vorhöfen und Hallen des Gebets, von Opfern auf dem Altar, vom Allerheiligsten für den Priester ganz zu schweigen. Und was hören, was lesen die Menschen der Gemeinde, die Christen, an die sich der Evangelist Johannes wendet? Sie hören Trost. Sie hören die Worte Jesu für sich, für ihre Situation, wenn der Evangelist die Worte Jesu wiedergibt: Es kommt eine Zeit, in der weder auf dem Garizim, noch in Jerusalem angebetet wird. Es kommt die Zeit – und ist schon jetzt – dass es Betende gibt, ohne Ort, aber im Geist, in der Wahrheit. Gott selbst setzt auf solche Beter.Gott setzt auf solche, die gleichwohl wissen, um was es geht im Gebet. Um den Gott vom Zion her. Und um den, in dem Gott sich gezeigt hat. Es geht um Jesus. Um Heilung und Heil. Um die Rettung. Ein anderes Heil, als die römischen Legionen versprechen. Und die andere Rettung kommt aus den Juden. sie strahlt weit hinaus in die Völker der Welt, wie eh und je die frohe Botschaft vom biblischen Gott, vom Gott Israels hinausging in die Welt, Licht für die Völker, Licht und Heil und Rettung. . .
Die samaritanische Frau spricht der Gemeinde des Johannes ihr Bekenntnis vor: Ich weiß vom Messias, ich weiß von dem Christus. Wenn sich die Menschen der Evangelistengemeinde, der Johannesgemeinde an Jesus halten, erkennen sie in ihm den Gesandten und Gesalbten Gottes. Heil aus den Juden. Dort war es und ist es und von dort her ist es immer neu zu erleben, neu zu realisieren. Bekenntnis zu Jesus bedeutet Bekenntnis zur Rettung aus dem Jüdischen; aus welcher Ferne auch immer die Menschen kommen, aus welcher heidnischen Umgebung, aus welcher Unkenntnis, aus welchem Halbwissen. Im Geist und in der Wahrheit anbeten – hier können sie es lernen. Unabhängig vom Ort. Als Christen haben sie hier ihren Ursprung, als Christen kommen sie von Jesus her, als Christen bekommen sie die Rettung aus den jüdischen Quellen, kommt ihnen Heil zu von den Juden, von dort, wo sich die Treue Gottes zeigt. Wenn wir mit Gott rechnen können für uns und für unser Leben, mit Bindung, die uns nicht loslässt, mit Treue, auf die wir bauen können, dann deshalb, weil wir uns als einzelne und als Kirche solchem Heil verdanken. Hier kommen wir her. Wir sind nicht Findelkinder, die darüber in Phantasien verfallen müssten, weder in düstere noch in größenwahnsinnige, wir brauchen uns nicht für Wechselbälger halten, aber auch nicht für Prinzessinnen. Als Christen verdanken wir uns dem heilvollen Handeln Gottes. Es kommt uns zu von den Juden. Es kommt zu uns durch Jesus, den Christus.
Solches Wissen um unsere Herkunft, solches Vertrauen, der Genuss daran, die Freude, die mag doch auch entgegentreten können jeder düsteren, jeder zerstörerischen Rede vom Heil, die mit dem Unheil einhergeht. Heilsrufen, die Unheil zeitigen. Biblisch geht es mit dem Teufel genau dann zu, wenn die Wahrheit, wenn die Realität auf den Kopf gestellt, ver-rückt, verdreht wird. Diabolisch ist das. Ganz wörtlich: durcheinander geworfen. Manchmal nur um ein Geringes, aber so, dass das Ergebnis gänzlich verdorben ist. Der Diabolos ist nicht kreativ. Er findet nichts Neues. Er verdreht einfach nur alles. So ist es des Teufels, dass es mitten unter Christen einmal heißen konntet: die Juden sind unser Unglück, unser Unheil; statt auf das biblische Wort zu hören. Es ist des Teufels, wenn ausgewiesene Theologen, z.B. ein badischer Landesbischof, sich mit der Tilgung des Satzes vom Heil aus Religionsbüchern einverstanden erklärte, statt sich die Samariterin und ihr Gespräch mit Jesus, ihr Bekenntnis zum Vorbild zu nehmen. Es geht mit dem Teufel zu, wenn Christen sich Heil-Rufen anschlossen, die dem Unheil dienten, statt sich an der biblischen Rede vom Heil zu orientieren. Wie gesagt, wo es mit dem Teufel zugeht, passiert nichts Neues, Schöpferisches. Es ist die Wahrheit einfach nur verdreht. Das ist die Chance, Diabolisches zu entlarven. Der Wahrheit auf der Spur zu bleiben. Zu danken. Sich zu freuen am Heil – und an all dem, dem wir uns verdanken. Dem Wirken Gottes. Dem Ruf Jesu. Dem Heil aus den Juden.
Vielen Dank für die Predigt und die guten Gedanken! Die Auslegung der Treulosigkeit der Frau als Beispiel für isr./ sam. Treulosigkeit (und damit ja auch unsere) scheint mir wirklich treffend. Der Einsteigsgedanke: “wo komme ich her” ist zielführend. Ein guter Anknüpfungspunkt scheint mir ein Erinnern an den Fall der jungen Frau zu sein, die letztes Jahr vor Gericht die Namenspreisgabe ihres anonymen Vaters (Samenspender) erwirkt hat. Antriebskraft war die bohrende Frage: wo komme ich her? was macht mich aus? worauf gründe ich? Ich finde es gelungen, dass die Frage nach dem Heil am Ende mit der Frage “wo komme ich her” verknüpft wird. Insofern könnte der letzte Absatz bei dieser Schwerpunktsetzung gekürzt werden. Herzlichen Dank für Ihre Veröffentlichung. Martin Braukmann, Pfr.
Ein sehr persönlicher Einstieg! Wo komme ich heannEann die Frage: Wo kommt die christliche Kirche her? Und dann die Lesung von der Samaritanerin am Brunnen! Die Predigerin verweist auf die alten Spannungen zwischen Samaritanern und Juden. Fallen dem Hörendenk hier nicht die heutigen Spannungen im Vorderen Orient ein?! Der gemeinsame Urvater Abraham verbindet nicht mehr, dafür der Glaube an den Messias. Und der ist der Gesprächspartner am Brunnen, Jesus. Der Messias, Christus Jesus, tritt an die Stelle des zerstörten Heiligtums. Er ist der Ursprung des Glaubens aller „Heiden“. Und Jesus ist Jude. Also kommt die „Rettung aus dem Jüdischen“? An dieser Stelle könnte man die Gemeinde zu Gespräch und Austausch einladen. Stoff dazu bietet die Predigt genug!