LebensWandel
Getauft, um Frucht zu bringen, einander zum Segen zu werden, Gott zur Ehre
Predigttext: Römer 6, 19 - 23 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)
19 Ich muß menschlich davon reden um der Schwachheit eures Fleisches willen: Wie ihr eure Glieder hingegeben hattet an den Dienst der Unreinheit und Ungerechtigkeit zu immer neuer Ungerechtigkeit, so gebt nun eure Glieder hin an den Dienst der Gerechtigkeit, daß sie heilig werden.
20 Denn als ihr Knechte der Sünde wart, da wart ihr frei von der Gerechtigkeit.
21 Was hattet ihr nun damals für Frucht? Solche, deren ihr euch jetzt schämt; denn das Ende derselben ist der Tod.
22 Nun aber, da ihr von der Sünde frei und Gottes Knechte geworden seid, habt ihr darin eure Frucht, daß ihr heilig werdet; das Ende aber ist das ewige Leben.
23 Denn der Sünde Sold ist der Tod; die Gabe Gottes aber ist das ewige Leben in Christus Jesus, unserm Herrn.
Exegetische (I.) und homiletische (II.) Überlegungen
I. „Menschlich davon reden“ um der Menschen willen muss Paulus, um den Herrschaftswechsel zu beschreiben, den die Taufe für den Menschen bedeutet. Befreit von der Knechtschaft der Sünde, die unweigerlich zum Tode führt, wandelt sich das Leben. Es steht nun im Dienst der Gerechtigkeit Gottes, an dessen Ende das ewige Leben stehen wird. Diese krasse Gegenüberstellung und eindeutige Unterscheidung spiegelt in der Theorie hintergründig die Auseinandersetzung wieder, die Paulus im 6. Kapitel des Römerbriefes mit nicht nur in Korinth, sondern auch in Rom vermuteten libertinistischen Kreisen führt. Für sie befreit der Stand der Gnade von den tödlichen Konsequenzen der Sünde, sodass man entweder tapfer oder doch zumindest beruhigt weiter sündigen könne.
Der Wandel des Lebens zum Christsein, wie er sich in der frühchristlichen Taufpraxis Erwachsener vollzog, ist für Paulus vordergründig ein weiterer Anknüpfungspunkt in der Lebenswirklichkeit seiner Gemeinden. Festzuhalten ist jedoch in jedem Fall: durch die Taufe wandelt sich das Leben des Menschen. Und dieser Wandel zeigt sich im Lebenswandel.
II. „Menschlich davon reden“ um der Menschen willen muss eine Predigt über diesen Text in einem Taufgottesdienst mitten den Sommerferien. Die Tauffamilien und ihre Gäste, die ersten Urlauber und Konfirmandinnen, die aus den Ferien zurückgekehrt sind, werden sich schwer tun mit der Sprache und mit den Gedanken des Paulus. Da die Taufe jedoch in Theorie und in Praxis im Mittelpunkt des Gottesdienstes steht, legt es daher nahe, auf die Rede von der „Knechtschaft“ zu verzichten und stattdessen das Bild der Gotteskindschaft zu verwenden, das zudem die Verknüpfung mit dem Thema des 8. Sonntags nach Trinitatis darstellt.
Durch den Wochenspruch wird die Gemeinde aufgefordert, als „Kinder des Lichts“ zu leben (Eph. 5, 8b.9), im Evangelium von Jesus als „Licht der Welt“ angesprochen und in Anspruch genommen. Als getaufte Christen werden wir bestätigt und sind wir befähigt, unser Leben zu wandeln und mit unserem Lebenswandel die Gerechtigkeit Gottes zu leben.
Lieder
"Sonne der Gerechtigkeit" (EG 262)
"Ich bin getauft auf deinen Namen" (EG 200)
"Herr, wir bitten, komm und segne uns" (Regionaler Anhnag)
Meditation zur Tauferinnerung
Eingetaucht,
eingetaucht sind wir
in neue Lebenszusammenhänge
durch das Wasser der Taufe
Symbol des Todes
Symbol der Lebens.
Eingetaucht,
eingetaucht in das Wasser der Taufe
sind wir
nicht mit allen Wasser gewaschen,
wer möchte das schon?
Eingetaucht,
eingetaucht in das Wasser der Taufe
werden wir
nicht mitgerissen vom Strom tödlicher Gewalten,
die unseren Weg beeinflussen wollen
gegen unseren Willen,
gegen das, was gut ist,
gegen den, der Gott ist.
Eingetaucht,
eingetaucht in das Wasser der Taufe
sind wir
reingewaschen von allem, was uns trennt
von Gott und den Menschen,
reingewaschen von unseren Fehlern und Versäumnissen,
von unserem Versagen und unserer Schuld,
der vergangenen wie der zukünftigen.
Eingetaucht,
eingetaucht in das Wasser der Taufe
werden wir seither durchströmt
von der Kraft Christi,
die uns belebt und begabt
Frucht zu bringen
einander und der Welt zum Segen
und Gott dem Vater zur Ehre.
Brigitte Janssens
Ganz menschlich möchte Paulus mit uns heute über die Taufe reden. So beginnt er in unserem Predigttext. Denn das ist wichtig für unsere beiden Täuflinge und ihre Familien. Das ist wichtig für uns als getaufte Christen. Die Taufe verändert unser Leben. Sie beeinflusst unser Leben nicht nur mit Wasser, sondern von Grund auf. Nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis. Ganz menschlich möchte Paulus uns die Taufe nahe bringen, doch ganz fern – zu theoretisch und zu theologisch – erscheinen uns die Zeilen aus seinem Brief an die Römer. Versuchen wir deshalb, sein Anliegen aufzugreifen und in unserer Nähe danach zu suchen, wie wir ganz menschlich über die Taufe erzählen können. Und eigentlich müssten nun ganz andere, nämlich unsere Konfirmandinnen und Konfirmanden, hier auf der Kanzel stehen und erzählen:
Eingetaucht
„Draußen ist es dunkel geworden. „Bist zu uns wie ein Vater, der sein Kind nie vergisst“ haben wir als letztes Lied gesungen, und nun gehen auch im Atrium unserer Jugendherberge die Lichter aus. Wir stehen auf von unseren Plätzen und folgen den Mitarbeitenden der Evangelischen Jugend durch die große Glastür ins Freie. Feuerfackeln sind entzündet, und mehrere junge Männer in langen Gewändern ziehen uns voraus ans Ufer des Dümmer Sees. Es ist eine gespannte, feierliche Stimmung – und obwohl wir mehr als 100 Jugendliche sind, ist es ganz still. Wer sind diese jungen Männer? Was werden sie tun?
Eine Stimme aus dem Hintergrund beginnt zu erzählen: Johannes, der Täufer, ruft die Menschen dazu auf, zu Gott umzukehren und ihr Leben nach seinem Willen zu gestalten. Zum Zeichen der Umkehr sollen sie sich taufen lassen, eintauchen lassen in das Wasser des Sees. Doch diesmal kommt nicht irgendein Mensch, sondern Jesus selbst. Johannes soll Jesus taufen? Gespannt verfolgen wir die Unterhaltung der Beiden, sehen sie immer tiefer ins Wasser gehen – mit ihren Kleidern. Und dann, als Johannes, der Täufer Jesus tief untertaucht, erklingt wieder eine Stimme: „Dies ist mein Sohn, ihm gilt meine Liebe, ihn habe ich erwählt.“ (Gute Nachricht). Nass, aber strahlend, kehren die beiden jungen Männer ans Ufer zurück, Johannes und der Gottessohn, der Täufer und das Gotteskind.“
Leben, es wandelt sich
Eine etwas andere Abendandacht, eine etwas andere Taufe, zu Beginn während unseres diesjährigen KU-Events am Dümmer See: aber gerade dieses Andere ist es, das uns fragen und genauer hinsehen lässt, was die eigene Taufe bedeutet. Eingetaucht ins Wasser des Sees, untergetaucht bis über den Kopf wird uns die ungeheure Kraft des Wassers bewusst. Es kann fortreißen oder reinigen, es kann töten oder Leben ermöglichen. Und beides tut es, wenn wir den so schweren Gedanken des Paulus folgen. Die Taufe bewirkt gerade nicht, dass wir fortan mit allen Wassern gewaschen sind und es verstehen, uns immer auf der Sonnenseite durchs Leben zu bewegen auf Kosten und zu Lasten anderer, die wir dabei in den Schatten stellen.
Eingetaucht in das Wasser der Taufe werden wir nicht mitgerissen vom Strom tödlicher Gewalten, die unseren Weg beeinflussen wollen gegen unseren Willen, gegen das, was gut ist, gegen den, der Gott ist. Im Gegenteil: eingetaucht in das Wasser der Taufe sind wir reingewaschen von allem, was uns trennt von Gott und den Menschen. Reingewaschen sind wir von unseren Fehlern und Versäumnissen, von unserem Versagen und unserer Schuld, der vergangenen wie der zukünftigen. Wenn uns das nicht strahlen lässt! Wenn uns das nicht ermutigt für unseren Weg ins Leben und durch das Leben!
Zwei Tage später. Ein sonniger Morgen. Wieder sind wir versammelt am Ufer des Sees, feiern Gottesdienst. Außer uns sind auch die Familien von Dennis und Lukas dabei. Die beiden sollen heute getauft werden. Mit dem Pfarrer gehen sie in den See hinein bis ihnen das Wasser bis zur Hüfte reicht. Vertrauensvoll lassen sie sich einer nach dem anderen rückwärts in den Arm des Pfarrers fallen und untertauchen. Dass das Wasser des Sees etwas modrig schmeckt, wie sie hinterher berichteten, war für die beiden völlig nebensächlich. Und auch die Stimme Gottes aus dem Hintergrund vermissten sie nicht, denn Gott hatte für Sie beide ein eigenes Wort, ihren Taufspruch, der jedem der Beiden ganz persönlich galt:
„Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen. Du bist mein!“ hörte Dennis, und Lukas: Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“ Nass, aber strahlend, kehren die drei ans Ufer zurück, der Pfarrer und die beiden Konfirmanden, der Täufer und die Gotteskinder. Sie gehören nun zur Gemeinschaft der Söhne und Töchter Gottes, die sich mit den beiden an ihrer Taufe freuen und nun selbst an ihre eigene Taufe erinnert werden. Jeder und jede bekommt mit dem Wasser ein Kreuzeszeichen in die Handfläche und ein Wort Gottes zugesprochen. Und gemeinsam bitten wir Gott am Ende des Gottesdienstes um seinen Segen mit dem Lied „Herr, wir bitten, komm und segne uns“ Denn er hat uns alle, die wir getauft sind und als seine Söhne und Töchter leben, hineingestellt in die Nacht der Welt, um seine Freude auszubreiten; in die Schuld der Welt, um vergebend zu ertragen; in den Streit der Welt, seinen Frieden zu verkünden und in das Leid der Welt, seine Liebe zu bezeugen.
Dass dies Not tut und dass dies gut tut, mag in den Worten des Paulus wie eine theologische Theorie klingen. Ganz menschlich und ganz lebenspraktisch haben wir in den vier Tagen unserer Freizeit entdeckt, wie wahr Gottes Versprechen in der Taufe ist, wie nahe er als Vater der Menschen seinen Söhnen und Töchtern von Geburt an ist. Jedes Lebensjahr der Konfirmandinnen und Konfirmanden haben wir anhand einer Lebensspirale erinnert: mit vielen tollen Ereignissen und Gründen zur Freude, aber auch manch schwerer Situation. Dass Gott dabei war, dass er half durchzuhalten, durch zu kommen, wird vielleicht manchmal erst im Rückblick klar, dann aber auch deutlich – manchmal als Quelle der Kraft, öfter noch als Mensch, als Vater oder Mutter, Freundin oder Freund, die mit Rat, Tat, vor allem mit Ausdauer und Geduld dabei war und blieb. Wenn uns das nicht strahlen lässt! Wenn uns das nicht ermutigt für unseren Weg ins Leben und durch das Leben!
Gerechtigkeit leben
Denn noch etwas hat die Konfirmanden auf unsere Freizeit wie uns alle heute in unseren Gottesdienst begleitet: das Motto der Evangelischen Jugend, das wir heute auch im Evangelium gehört haben, Jesu Ermunterung und Ermutigung: Ihr seid das Salz der Erde! Ihr seid das Licht der Welt! Ihr seid die, die dem Leben Würze geben sollt und Dunkelheit erhellen sollt – und ihr könnt es auch, weil Ihr es wollt und schon damit begonnen habt.
Einen Außenseiter mit ins Team nehmen, eine Traurige trösten, einem Schwächeren bei einer Aufgabe helfen, die ihm zu schwer ist; kein Fleisch mehr essen, um die Tiere zu schützen; sorgsam mit der Schöpfung und dem eigenen Abfall umgehen, liebevoll auch eine kritische Stimme erheben und auch mal füreinander beten, wenn es dran ist – all das sind Eigenschaften der Kinder Gottes, seiner Söhne und Töchter, die eben dies sein wollen und können: Salz der Erde und Licht der Welt. All dies sind Eigenschaften, die nicht allein unsere Konfirmandinnen und Konfirmanden gerne versuchen. All dies und noch viel mehr und anderes sind Eigenschaften, Lebensäußerungen, Lebensbewegungen, die die Eltern und Paten einbringen, wenn sie die beiden Täuflinge in ihrem Aufwachsen begleiten. Und es ist Paulus, der uns heute wohl theoretisch, aber um unserer Lebenspraxis als Gotteskinder willen ermutigen möchte, unser Leben in den Dienst der Gerechtigkeit Gottes zu stellen. Schon wieder ein theologisch-theoretisches Wort? Ja, aber ein ebenso lebenspraktisches. Vielleicht so, wie uns der Dichter Hans-Jürgen Netz in einem Neuen geistlichen Lied zum LebensWandel der Gotteskinder ermuntert und ermutigt:
Geh recht leben,
die Fesseln lösen,
auf dich auf mich,
auf uns kommt es an.
Geh recht leben,
die Wunden heilen,
ein Schritt, ein Schritt,
mit uns fängt es an.
Wo ein Mensch sich selbst verändert,
diese Welt sich ändern kann.
Wo ein Mensch sich selbst verändert,
ist der Himmel neben an.
Geh recht leben,
den Hunger stillen,
auf dich auf mich,
auf uns kommt es an.
Geh recht leben,
die Arbeit teilen,
ein Schritt, ein schritt,
mit uns fängt es an.
Geh recht leben,
die Schöpfung schützen,
auf dich auf mich,
auf uns kommt es an.
Geh recht leben,
den Frieden stiften,
ein schritt, ein schritt,
mit uns fängt es an.
Geh recht leben,
die Hoffnung wecken,
auf dich auf mich,
auf uns kommt es an.
Geh recht leben,
die Zukunft bauen,
ein Schritt, ein schritt,
mit uns fängt es an.