Du wirst gebraucht
Erntedank 2014
Predigttext: Hebräer 13, 15-16 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)
15 Lasst uns nun durch ihn [Jesus] Gott allezeit das Lobopfer darbringen,
das ist die Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen.
16 Gutes zu tun und mit anderen zu teilen, vergesst nicht,
denn solche Opfer gefallen Gott.
Liturgie
Wir beten mit einem Kinderpsalm (Musikalische Begleitung des Psalmes mit schwebendem Akkord, der Liturg / die Liturgin bzw. jemand aus der Gemeinde spricht den Text.)
Ich wohne unter Gottes Schutz und ruhe
mich in seinem Schatten aus.
Gott, du bist wie ein schützender Schirm.
Wenn ich in Gefahr bin, ist er bei mir.
Gott, du bist wie ein schützender Schirm.
Wenn ich traurig bin, schenkt er mir neuen
Mut.
Gott, du bist wie ein schützender Schirm.
Mit meinem Gott habe ich keine Angst.
Bei ihm finde ich sicheren Schutz.
Gott, du bist wie ein schützender Schirm.
Nichts Böses wird mir passieren. Gott beschützt
mich vor Unglück.
Gott, du bist wie ein schützender Schirm.
Gott hat seinen Engeln befohlen, mich zu
behüten auf all meinen Wegen.
Gott, du bist wie ein schützender Schirm.
Gott hat mir das Leben geschenkt und
will, dass es mir gut geht.
Gott, du bist wie ein schützender Schirm.
Gott liebt mich. Er freut sich darüber, dass
ich so bin wie ich bin.
Gott, du bist wie ein schützender Schirm.
Fürbitten
Lieber Gott, danke für diesen schönen Morgen und dafür, dass wir hier sein dürfen. Wir sind hier zusammengekommen, um gemeinsam ein Fest zu feiern. Es ist ein Freudenfest. Aber lass uns dabei nicht vergessen, dass du der Grund für diese Freude bist. Stärke uns in unserem Glauben - dass wir nie aufhören, dich zu loben. Darum bitten wir dich: Herr, erbarme dich.
Lieber Gott, danke, dass du diese Erde erschaffen hast und dass es uns hier gut geht. Aber wir haben die Erde in unsere Hände genommen und sind dabei, sie durch viele Dinge zu zerstören. Gib uns die Kraft, in allem, was wir mit und auf dieser Erde tun, es so zu tun, dass es das Beste für die Zukunft - für unsere Kinder - ist. Darum bitten wir dich: Herr, erbarme dich.
Lieber Gott, danke für unsere Kinder, die wir brauchen und lieben. Aber es gibt Kinder überall auf dieser Erde, die uns brauchen und denen wir den Rücken kehren. Öffne unsere Augen und Ohren, dass wir auch die stummen Hilfeschreie verstehen und anfangen, zu handeln. Darum bitten wir dich: Herr, erbarme dich.
Lieber Gott, danke auch für die vielen Kinder hier, in unserer Trinitatisgemeinde in Berlin-Charlottenburg -, die diesen Gottesdienst fröhlich und bunt sein lassen. Aber auch unter den Kindern herrscht genau wie bei uns Erwachsenen Angst - Angst vor Gewalt wie jetzt im Nahen Osten, in Syrien und im Irak, und manchmal auch Angst vor der Zukunft - und manchmal auch Angst vor zuhause. Gib uns die Kraft, zu lernen, diese Kinder zu verstehen und ihnen Sicherheit und Liebe zu geben, damit das Kinderlachen nie aufhören mag. Darum bitten wir dich: Herr, erbarme dich.
Lieber Gott, danke für so viele frohe und schöne Dinge, die du uns bescherst. Aber unter uns gibt es viele Einsame, Traurige und Verzweifelte, die nicht mehr die Kraft besitzen, die schönen Dinge zu sehen. Stärke sie in ihrem Glauben, dass es auch noch Geduld und Verständnis unter den Menschen gibt, und stärke ihre Herzen, so dass sie nicht an ihrer Hoffnungslosigkeit zerbrechen. Darum bitten wir dich: Herr, erbarme dich.
Lieber Gott, danke, dass du uns die Kraft gibst, unser tägliches Leben zu meistern und morgens immer wieder aufzustehen. Aber es gibt auch viele unter uns, die krank sind, die nicht aus eigener Kraft morgens aufstehen und durch den Tag gehen können. Es herrscht Angst und Verzweiflung bei dem Gedanken, dieses vielleicht nie wieder allein bewältigen zu können. Schenk ihnen das Vertrauen zu dir, dass du immer bei ihnen bist und sie nicht allein sind. Gib ihnen die Kraft, hoffnungsvoll auf den nächsten Morgen zu schauen. Lass sie deine und unsere Liebe immer wieder aufs Neue erfahren. Darum bitten wir dich: Herr, erbarme dich.
Lieber Gott, besonders an diesem heutigen Tag wollen wir dir danken, dass wir unser tägliches Brot bekommen. Aber wir wissen, das ist nicht immer so. Öffne uns, die wir keinen Hunger leiden, unsere Hände, dass wir mit anderen, besonders jetzt mit den vielen Flüchtlingen hier in Berlin, teilen. Darum bitten wir dich: Herr, erbarme dich.
„Komm, Herr Jesus, sei du unser Gast und segne, was du uns bescheret hast!“ Ein Gebet, das viele Große und Kleine von uns kennen. Um Segen, Dank und Teilen geht es auch heute in unserem Familiengottesdienst. Reich ist die Kirche geschmückt, viele verschiedene Lebensmittel liegen bei der Erntekrone und den Getreidegarben. Und auch der Altar ist geschmückt. Ein reich gedeckter Tisch. An diesem reich gedeckten Tisch wird zweierlei deutlich: der Dank für das, was wir zum Leben haben – und zugleich die Erinnerung daran, nicht gedankenlos mit dem umzugehen, was wir zum Leben brauchen. Das eingangs gesprochene Tischgebet, das den Dank für das Sattwerden an Leib, Geist und Seele in Worte fasst, macht auf seine Weise sichtbar, was uns alles zum Sattwerden geschenkt ist: Warum? Die Bibel in der Mitte unseres Tisches erzählt uns davon.
Die Bibel lässt uns an Jesus denken, der uns nahe war, und mit dem wir gelernt haben, nach unserer Lebensmitte zu fragen. Zwei Lebensmittel auf unserem Altartisch haben besonders mit der Erinnerung an Jesus zu tun: das Brot und die Trauben. Das Brot und die Trauben hat Jesus mit den Menschen geteilt, die am Tisch mit ihm saßen. Er hat ihnen gesagt: Sie sollen sich an ihn erinnern. Danken, Teilen, Sattwerden – all das geschieht auch, wenn Jesus an unserem Tisch zu Gast ist. Was ist das Brot? Das Brot ist lebensnotwendig. Wir essen Brot und werden satt. Aus vielen Körnern, aus vieler Hände Arbeit, wird es gemahlen und vermengt. Mühe steckt dahinter, das wissen besonders die Kinder, die vor einiger Zeit im Kindergottesdienst Brot gebacken haben. Anstrengung steckt dahinter, ein langes Wachsen und Reifen und Aufgehen. Unser tägliches Brot gib uns heute, sagen wir im Vaterunser und meinen: unser alltägliches Brot, unsere alltägliche Erfahrung des Lebens. Wie sehr wir dieses Alltägliche brauchen als Verankerung unseres Lebens, das merken wir oft erst, wenn der vertraute Alltag erschüttert, wenn uns der Boden unter den Füßen weggezogen wird. Heute wollen wir danken für dieses Brot des Alltags. Wir wollen danken für die Stärkung und Wegzehrung.
Und die Trauben? Sie stehen für das, was nicht überlebensnotwendig ist und gleichzeitig doch zum Leben dazu gehört. Denn wir brauchen nicht nur unseren Alltag, wir brauchen auch die Wunder, die uns überraschen. Wir brauchen das, was wir uns selbst und anderen nicht zugetraut hätten. Wir brauchen die Liebe, die manchmal wie vom Himmel fällt, und wir brauchen die Lust am Leben, die süß schmeckt und uns froh und glücklich macht. In Weingegenden, und das weiß ich von meinen Verwandten, die an der Mosel leben, wo Trauben eigentlich gar nichts Besonderes sind, werden sie dennoch besonderes geehrt. Sie gelten als geronnene Sonnentropfen, als das, was für die Freude am Leben steht. Niemand, der weiß, wie sorgsam Weinberge gepflegt werden, wie wichtig es gerade beim Weinbau ist, dass Sonne und Regen zur rechten Zeit die Trauben reif werden lassen, wird achtlos mit Trauben umgehen. Der Weingärtner presst die Traubenbeere aus, um die Süße des Saftes zu messen und dann wirft er den Rest der Beere nicht einfach weg, sondern isst sie auf. Trauben sind etwas Wertvolles und Kostbares. Darum sind sie ein gutes Erinnerungszeichen dafür, was wir zu unserem täglichen Brot hinzu brauchen: das Wunder der Lebensfreude, das zum Sattwerden bei Gott dazugehört.
Sie wissen, dass ich gerne in Familiengottesdiensten Geschichten erzähle. Und vielleicht ist diese Geschichte eine unmittelbare Antwort auf den Predigttext aus dem Hebräerbrief. Es ist die Geschichte vom Bambus, eine sehr bewegende Geschichte: In einem großen Garten wuchs ein Bambusbaum. Der Herr des Gartens hatte seine Freude an ihm. Von Jahr zu Jahr wurde er kräftiger und schöner. Eines Tages aber blieb er vor ihm stehen und sagte: Lieber Bambus, ich brauche dich! Der Baum antwortete: Herr, ich bin bereit, gebrauche mich, wie du willst. Die Stimme des Herrn wurde ernst: Um dich zu gebrauchen, muss ich dich beschneiden! Der Baum erzitterte: Mich beschneiden? Deinen schönsten Baum im Garten? Nein bitte, das nicht, bitte nicht. Verwende mich doch zu deiner Freude, Herr, aber beschneiden! Der Herr sagte noch ernster: Wenn ich dich nicht beschneide, kann ich dich nicht gebrauchen. Im Garten wurde es ganz still. Der Wind hielt den Atem an. Langsam beugte der Bambus seinen herrlichen Kopf und sagte leise: Herr, wenn du mich anders nicht gebrauchen kannst, dann beschneide mich! Doch der Herr fuhr fort: Mein geliebter Bambus, ich werde dir deine Blätter und Äste abschneiden; Ach Herr, nur das nicht. Wenn ich sie nicht abschneide kann ich dich nicht gebrauchen. Bis ins Mark getroffen flüsterte der Bambus: Herr, schlag sie ab. Mein geliebter Bambus, ich muss dir noch mehr antun. Ich muss dich mitten durchschneiden und dein Herz herausnehmen, wenn ich das nicht tue, kann ich dich nicht brauchen. Da neigte sich der Bambus bis zur Erde: Herr, schneide und teile. So schnitt der Herr des Gartens den Bambus, hieb seine Äste ab, teilte ihn in zwei Teile und schnitt sein Herz heraus. Dann trug er ihn mitten durch die trockenen Felder in die Nähe einer Quelle. Dort verband er durch den Bambusstamm die Quelle mit der Wasserrinne, die zu den Feldern führte und das klare glitzernde Wasser schoss durch den zerteilten Körper des Bambus in den Kanal und floss auf die dürren Felder, um eine reiche Ernte möglich zu machen. Und so wurde der gebrochene Bambus zum großen Segen. (Aus: Willi Hoffsümmer –Kurzgeschichten 1-Nr. 49, Matthias- Grünewald-Verlag, 13. Auflage,1992, S.39)
„Komm, Herr Jesus, sei du unser Gast und segne, was du uns bescheret hast!“ Brot und Trauben, Alltag und Wunder, beides steht dafür, dass Gott uns satt werden lässt und dass wir mit einander diese Gaben teilen. Jesus setzte sich ganz oft mit den Menschen an einen Tisch, weil sie seine Nahe suchten. Und auch wir tun dies in jedem Gottesdienst, wenn wir miteinander Mahl feiern. Wir teilen etwas von diesem Tisch miteinander, weil wir mit allen Sinnen erfahren dürfen: Brot und Trauben, Alltag und Wunder, wir werden satt – Gott sei Dank! Lasst uns beten: Unser Leben kommt von Dir, Gott, und alles, was wir zum Leben brauchen. Du hast den Menschen wunderbar gemacht. Wir freuen uns an unserem Leben und an dem, was wir sind und was wir können. Wir sind dankbar für unsere Familien, unsere Freunde und Freundinnen. Sie begleiten uns, und mit ihnen lernen wir, miteinander zu leben, in guten Tagen und auch dann, wenn es Streit gibt und unterschiedliche Meinungen. Wir wollen einander zeigen, wie wichtig wir füreinander sind, hilf du uns dabei, lieber Gott.