Evangelium – Gute Nachricht global

Die biblischen Geschichte von den Weisen aus dem Morgenland, veranschaulicht durch ein Gemälde von Lucas Cranach d.Ä.

Predigttext: Matthäus 2,1-12
Kirche / Ort: Epiphanias-Kirche / Mannheim-Feudenheim
Datum: 06.01.2016
Kirchenjahr: Epiphanias
Autor/in: Pfarrerin Dorothee Löhr

Predigttext: Matthäus 2,1-12 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)

Als Jesus geboren war in Bethlehem in Judäa zur Zeit des Königs Herodes, siehe, da kamen Weise aus dem Morgenland nach Jerusalem und sprachen: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern gesehen im Morgenland und sind gekommen, ihn anzubeten. Als das der König Herodes hörte, erschrak er und mit ihm ganz Jerusalem, und er ließ zusammenkommen alle Hohenpriester und Schriftgelehrten des Volkes und erforschte von ihnen, wo der Christus geboren werden sollte. Und sie sagten ihm:In Bethlehem in Judäa; denn so steht geschrieben durch den Propheten (Micha 5,1): »Und du, Bethlehem im jüdischen Lande, bist keineswegs die kleinste unter den Städten in Juda; denn aus dir wird kommen der Fürst, der mein Volk Israel weiden soll. « Da rief Herodes die Weisen heimlich zu sich und erkundete genau von ihnen, wann der Stern erschienen wäre, und schickte sie nach Bethlehem und sprach:Zieht hin und forscht fleißig nach dem Kindlein; und wenn ihr's findet, so sagt mir's wieder, dass auch ich komme und es anbete. Als sie nun den König gehört hatten, zogen sie hin. Und siehe, der Stern, den sie im Morgenland gesehen hatten, ging vor ihnen her, bis er über dem Ort stand, wo das Kindlein war. Als sie den Stern sahen, wurden sie hocherfreut und gingen in das Haus und fanden das Kindlein mit Maria, seiner Mutter, und fielen nieder und beteten es an und taten ihre Schätze auf und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe. Und Gott befahl ihnen im Traum, nicht wieder zu Herodes zurückzukehren; und sie zogen auf einem andern Weg wieder in ihr Land.

Gemälde von Lucas Cranach d.Ä.: Die Anbetung der hl. drei Könige, 1515

- Das Gemälde ist im Internet abrufbar.

http://www.bildergipfel.de/images/Q/ART11390/lucas-cranach-d-a-anbetung-der-konige.jpg

Lied "Lobt Gott, ihr Christen" (EG 27)

zurück zum Textanfang

Betrachtung / “Bildpredigt” zu einem Gemälde von Lucas Cranach d.Ä., Anbetung der hl. drei Könige, 1515,

https://www.bildergipfel.de/images/Q/ART11390/lucas-cranach-d-a-anbetung-der-konige.jpg

Hirten und Könige kamen zur Krippe, die einen zu Fuß, die anderen zu Pferd, die einen aus der Nähe, die andern aus der Ferne – die gesamte soziale Milieubreite der damals bekannten Welt. Es kommen Mitglieder der drei damals bekannten Erdteile, das junge Afrika, das mittlere Asien und das alt dargestellte knieende, ebenfalls bärtige, Europa. Die Weisen aus dem Morgenland, ihre Epiphanie, d.h. ihre Erscheinung, eröffnen das Evangelium nach Matthäus in wahrhaft globaler Weite. Sie bringen alle Kulturen, Religionen und alle Weisheit der damals bekannten Welt mit. Es sind in der Tradition drei Reisegefährten geworden, weil sie drei Geschenke mitbrachten. drei Könige, weil es drei königliche Geschenke waren. Gold, Weihrauch und Myrrhe.

Die Geschenke sollen übrigens das Stipendium für das Flüchtlingskind Jesus in Ägypten gewesen sein, vielleicht sind sie auch für einen palästinensischen Schlepper draufgegangen. Aber davon sieht man hier auf diesem Bild noch nichts. Wir sehen auch noch nicht die Ruhe auf der Flucht, eher die Ruhe, das Staunen derer, die nach einem Umweg über König Herodes in Jerusalem endlich gefunden haben, wen sie suchten, den neugeborenen König, den die Engel den Hirten verkündigt hatten. Wo sind wir? Im Freien, das Kind muss aber nicht frieren, die Kleider der Gäste sind nicht zum Wärmen, eher zur Zierde, um ihren Reichtum zu zeigen oder die Kunstfertigkeit des Malers. Vielleicht sollen sie auch den Kontrast zeigen zum nackten Kind, nackt und blos und doch mächtiger und unbestechlicher als alle Machthaber dieser Erde.

Wir sehen die Ruinen des Hauses David und ein schneebedecktes Gebirge im Hintergrund, diese Berge werden noch weitere zerstörte Paläste, Herrschaften und Dynastien überdauern. Aber vor allem sehen wir in vier erwachsene Gesichter rund um das Kind. Vom Maler sehen wir zwar nicht das Gesicht, aber sein Zeichen, die geflügelte Schlange mit dem Ring. Er hat seine Schlange an eine interessante Stelle angebracht, dort wo auch eine richtige Schlange sein könnte, an der Treppenstufe dieses offenen Hauses. Man kann an Cranachs Zeichen, der geflügelten Schlange mit Ring, erkennen, dass sein ältester Sohn Hans noch lebt, er ist später in Italien gestorben. Nach dessen Tod verändert sich das Symbol der Cranach-Werkstatt, danach hängen die Flügel des Schlangentieres nach unten. Aber gestutzt sind die Flügel nicht. Sein Nachfolger Lucas Cranach d.J. wird dieses Zeichen beibehalten, er ist nicht nur Maler, sondern auch Bürgermeister, Verleger, Drucker und Apotheker. Alle seine Weisheit hat er in den Dienst der Reformation gestellt, seine Werkstatt ist so etwas wie die Öffentlichkeits-Stelle der Wittenberger Reformation geworden, und der merkwürdige rote Hut scheint unsere Aufmerksamkeit in besonderer Weise auf das Siegel der Cranachwerkstatt zu lenken.

Maria sieht aus wie viele Cranachfrauen, vielleicht wie seine eigene Frau Barbara, mit der er fünf Kinder hatte. Seine Maria-Figuren sehen genauso schön aus wie seine christlichen Heiligen oder seine heidnische Venus oder wie seine biblische Heldinnen, die Judith oder die Eva. Das Kind wird vielleicht vom Bart des alten gekitzelt, aber es lacht nicht. Der Knoten am Gewand des afrikanischen Weisen ist in Herzform gebunden und hält sein grünes Gewand mit golden gewirkter Kordel zusammen. Das Herz als zusammenhaltende goldene Kordel, das ist ein schöner Gedanke. Was kann ein Herz nicht alles zusammen halten an sichtbaren und unsichtbaren Verbindungen. Weniger auffällig ist sein Turban, den er auf den Rücken geschoben hat, um sein Gesicht zu zeigen, und seine Ehrfurcht. Ein Ohrring leuchtet vor seiner dunklen Haut. Der mittlere Gast ist vor ihm auf die Knie gegangen, er trägt einen hellen Pelz über einem dunklen purpur Samtmantel und sein Geschenk ist ein Prunkgefäß direkt aus der Sammlung des Landesherren, dessen Hofmaler Cranach gewesen ist. Es ist wie das Geschenk seines afrikanischen Kollegen also nicht von weit her, sondern ganz aus der Nähe gekommen, und Cranach hat es mehrfach dargestellt, es ist ein wertvolles Stück aus der Wittenberger Reliquiensammlung, die später für den rechten Glauben an Jesus Christus, den einzigen Mittler aufgelöst werden wird.

Doch schauen wir uns noch einmal das dritte Geschenk an, das Geschenk des Weisen aus Europa – wer beschenkt hier eigentlich wen? Und was geschieht hier zwischen dem Alten und dem Jungen? Da geschieht ein fröhlicher Wechsel: Er, Christus, “elend nackt und blos”, ist doch der Schöpfer. Das Kind ist ewig, der Alte wird jung. “Er wechselt mit uns wunderlich …” Der fröhliche Wechsel beginnt da, wo wir uns gegenseitig beschenken und anrühren lassen, da werden Geber zu Beschenkten, und Beschenkte zu Gebern, da gehen Alter und Weisheit auf die Knie, ohne Angst, sich lächerlich zu machen oder die Würde zu verlieren beim Dienst für das Kind. “Er wird ein Knecht und ich ein Herr, das mag ein Wechsel sein”, ein Wechsel der zum Staunen bringt und Menschen weite Wege Kraft und Hoffnung geben kann. “Epiphanias” bedeutet “Erscheinung”, hier erscheinen die exotischen Besucher beim Kind, sie bringen alle Weisheit und Erkenntnis und alle Fremdheit ihrer Länder mit und lassen sich vom Kind anrühren und verwandeln. Diese Verwandlung wird auch dazu führen, dass die Weisen nicht noch einmal den Weg über Herodes gehen, sich nicht noch einmal verführen lassen von einem Mächtigen Tyrannen, sondern sie werden mit traumwandlerischer Sicherheit einen anderen Weg finden und verwandelt, erfrischt und erneuert in ihr Land zurückkehren.

Die Begegnung mit dem Gottessohn wird sie lebenslang nicht mehr loslassen, sie werden geprägt sein von dieser Begegnung. Sie werden diese Prägung weiterreichen. Ich glaube übrigens, dass Lucas Cranach hier nicht ein Christkind zeigen wollte, das wie Dagobert Duck es liebt, ins Gold zu greifen. Tatsächlich sieht man ein Kreuz auf der Münze in seiner Hand, aber das Christkind verwandelt das Geschenk in eine andere Währung und gibt es dem Weisen zurück. Er gibt sich selbst, und so schließt er ihm den Himmel auf, indem er ihm verwandelt zurückgibt, was er bekam. Wir sehen hier geheimnisvoll schon im Kind den Gastgeber des Abendmahls. Die Goldmünze wird zum Himmelsbrot. Unsere Sorgen verwandelt er in Hoffnung, unsere Leiden in Lob, unsere Dunkelheit in Gewissheit, unser Brot und Wein in seinen Leib und in seine Gemeinschaft. Eine wundersame Wandlung, die den Weisen sein Alter vergessen lässt und ihn wieder jung macht. Oder besser zeitlos. Denn das ist wohl die Weise, wie die Weisen den ewigen Gott im Christkind finden, sie haben einen Zugang gefunden zur ewigen zeitlosen Freude des Himmels, eine Freude, die sie mitnehmen können auf ihren Weg nach Hause – so wie wir, darum: Lobt Gott, ihr Christen, den, “der heut schließt auf sein Himmelreich und schenkt uns seinen Sohn”!

zurück zum Textanfang

Ihr Kommentar zur Predigt

Ihre Emailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert.