” … dass allen Menschen geholfen werde”
Rogate - Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle Menschen
Predigttext: 1.Timotheus 2,1-6 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)
So ermahne ich nun, dass man vor allen Dingen tue Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle Menschen, für die Könige und für alle Obrigkeit, damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen können in aller Frömmigkeit und Ehrbarkeit. Dies ist gut und wohlgefällig vor Gott, unserm Heiland, welcher will, dass allen Menschen geholfen werde und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Denn es ist ein Gott und ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Mensch Christus Jesus, der sich selbst gegeben hat für alle zur Erlösung, dass dies zu seiner Zeit gepredigt werde.
Schriftlesung:
1.Mose 18, 16-33.
Wir haben eben (in der Schriftlesung) gehört, wie Abraham für Sodom betet, es schwingt da Erschrecken mit, dass so eine große Stadt so wenige Gerechte hat, und wir staunen, dass Gott mit sich handeln lässt, wenn Menschen wie Abraham ernsthaft bitten. Auch unser Predigttext ist optimistisch, was die Wirkung des Betens angeht. Er ermuntert uns, „die Obrigkeit“ ins Gebet zu nehmen, weil Gott will, dass allen Menschen geholfen werde und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.
(Lesung des Predigttextes)
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, wenn Sie die Aufforderung zum Gebet für die Obrigkeit hören. Es kommt ein bisschen altmodisch daher. Ist es nicht ein bisschen wenig, die Aufforderung zum Beten? Auch die Bitte, dass wir stille halten sollen in aller Frömmigkeit, kombiniert mit dem Evangelisationsauftrag für alle Menschen, leuchtet gerade kritischen und politisch aktiven Menschen vielleicht nicht sofort ein. Dass dies zu unserer Zeit gepredigt werden soll. Lassen Sie uns heute drei sehr schlichte Fragen an den Predigttext stellen: Warum sollen wir überhaupt beten, was nützt es, und weiß Gott nicht auch so, was nötig ist?
Beten – warum?
Die erste Antwort ist eine Gegenfrage: Wer soll es denn sonst tun? Wer soll denn die Probleme der Menschen vor Gott bringen, etwa die, die nichts mit ihm zu tun haben? Woher sollen sie denn wissen, dass Gott sich auch für sie interessiert, mit allen Menschen ins Gespräch kommen und Ihnen helfen will. Mit Gott im Gespräch bleiben, diesen Dienst können doch die am besten tun, die etwas von Gott wissen. Deshalb braucht der Apostel den ersten Empfänger des Briefes, den Timotheus und dessen Gemeinde, nicht lange zum Beten zu ermahnen, er ruft ihm nur ein altes Gotteslob in Erinnerung: Betet für alle Menschen, denn ihr wisst doch, im Unterschied zu anderen: “Es ist ein Gott und ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Mensch Jesus Christus, der sich selbst gegeben hat zur Erlösung für alle”. Und wenn du das weist und darauf vertraust, ist es dann nicht selbstverständlich, mit Gott im Gespräch zu bleiben? Es ist doch die besondere Aufgabe, man könnte sogar sagen, das Markenzeichen, der Christen, stellvertretend für alle zu Gott zu beten, wie Jesus es ihnen beigebracht hat. Weil wir um Jesus Christus, den Mittler wissen, haben wir in seiner Nachfolge selbst einen Mittlerdienst. Sollten wir diese besondere Aufgabe so einfach aufgeben?
Warum sollen wir das Gespräch mit Gott suchen? Die erste Antwort lautet: weil niemand es besser kann, als die, die etwas vom Gesprächspartner wissen und mit ihm vertraut sind. Das Gebet für alle Menschen, das ist Gottes Spezialauftrag für uns. Das ist nicht unser Privatvergnügen, wir beten auch nicht nur für uns selbst, sondern es ist ein Dienst der Christen mit universaler und ökumenischer Weite. Die Fürbitte und die Danksagung, Loben und Klagen, und so im Gespräch mit Gott alle Menschen ins Gebet nehmen, das ist unser Spezial-Dienst für die Welt.
Beten – was nützt es?
Zwischenfrage: Ist alles, was wir im Leben tun, nützlich? Oder anders gefragt: Wissen wir immer vorher, ob es nützlich ist, was wir tun? Wenn wir das immer vorher wissen wollen, dann tun wir am Ende gar nichts mehr. Man weiß es oft erst im Nachhinein, wenn wir mit etwas Erfahrungen gesammelt haben. Die Erfahrung lehrt uns, ob etwas nützlich war oder nicht. So ist es mit dem Beten auch, man muss erst einmal damit anfangen und Erfahrungen sammeln. Der Apostel greift ein Beispiel für nützliches Gebet heraus, er empfiehlt das Gebet für die Obrigkeit, und das war damals, anders als für uns heute, ein Gebet für die Feinde und Verfolger der Gemeinde. Beten ist besser als hassen, will er uns mit diesem Beispiel sagen. Inzwischen hat sich unsere Beziehung zu unseren Politikern sehr verändert, weil wir sie selbst gewählt haben und nicht verfolgt werden. Beten ist aber nicht nur besser als Hassen, es ist auch besser als sich zu ärgern, und das trifft vielleicht eher auf uns selbst zu. Mancher Ärger legt sich, wenn er von der Seele “gebetet” wird. Beten sammelt, konzentriert auf das Wesentliche, es stellt uns in die Gemeinschaft aller Betenden und weitet unseren Horizont. In einem Lied von Jochen Klepper heißt es: „Die Hände die zum beten ruhn, die macht er stark zur Tat, und was der Beter Hände tun, geschieht nach seinem Rat“. Beten verbindet mich mit denen, für die ich bete, mit Andersdenkenden, mit Irrenden, sogar mit Feinden. Gemeinsames Beten verbindet wie gemeinsames Singen.
Beten – weiß Gott nicht selbst, was wir nötig haben?
Eine letzte Zwischenfrage: Stellen Sie ihr Gespräch mit Menschen ein, die wissen, was Sie bewegt? Oder suchen Sie das Gespräch mit diesen Menschen nicht gerade? Ist es nicht leichter, mit jemanden zu reden, der mich kennt? Gott kennt uns doch, er kann doch Herz und Nieren prüfen, er hat uns doch gebildet im Mutterleib, ist er nicht gerade deshalb der beste Gesprächspartner? Ja, er weiß was wir brauchen, und er gibt uns nicht nur das, worum wir bitten, sondern viel mehr, sonst wären wir bei all unserer Gebetsmüdigkeit arm dran! Gott will mit uns die Welt ordnen und lenken, deshalb bleibt Gott mit uns im Gespräch. Wir werden heute eingeladen, die ganze Welt ins Gebet zu nehmen und alles, was uns bewegt, mit Gott zu besprechen und so in Gottes Willen einzustimmen. Dieses Angebot ist nicht nur mühsam oder nützlich, es ist ein Geschenk, es führt uns in die Gemeinschaft mit Jesus Christus, dem Mittler zwischen Gott und Mensch, und es macht uns so zu Gottes mündigen Söhnen und Töchtern. Sein Wille geschehe.