“Gott nahm in seine Hände meine Zeit …”
Beherzt ins neue Jahr 2017
Predigttext: Johannes 14,1-6 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 2017)
1 Euer Herz erschrecke nicht! Glaubt an Gott und glaubt an mich! 2 In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen. Wenn's nicht so wäre, hätte ich dann zu euch gesagt: Ich gehe hin, euch die Stätte zu bereiten? 3 Und wenn ich hingehe, euch die Stätte zu bereiten, will ich wiederkommen und euch zu mir nehmen, auf dass auch ihr seid, wo ich bin. 4 Und wo ich hingehe, dahin wisst ihr den Weg. 5 Spricht zu ihm Thomas: Herr, wir wissen nicht, wo du hingehst; wie können wir den Weg wissen? 6 Jesus spricht zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.
Lieder
"Jesus soll die Losung sein" (EG 62)
"Der du die Zeit in Händen hast" (EG 64) "
"Vertraut den neuen Wegen" (EG 395)
"Bewahre uns Gott" (EG 171)
Psalm 31
Lesung: Josua 1, 7-9
Euer Herz erschrecke nicht! So ruft uns Jesus zu Beginn des neuen Jahres 2017 zu. Das tut gut, macht Mut und stärkt das Herz. Obgleich wir manche alten und bekannten Probleme und Herausforderungen ins neue Jahr mitnehmen und bewältigen müssen, ist offen, wie es werden und was es bringen wird. Gehe ich von dem aus, was sich 2016 alles ereignet hat, dann schaue ich mit Sorge ins kommende Jahr. „Bedrohlich stehen Worte da. Bedrohlich ist die Botschaft unserer Tage: „Fürchtet euch“. Das dringt von vielen Seiten auf uns ein. Es lässt sich nicht überhören und nicht überspielen: „Fürchtet Euch.““ (Karl-Heinz Ronecker) Ich denke, es braucht nicht aufgezählt werden, was nun alles zu nennen wäre, was Angst und Furcht hervorrufen kann. Dem setzt Jesus entgegen: Euer Herz erschrecke nicht! Oder um es mit der Weihnachtsbotschaft der Engel zu sagen: Fürchtet euch nicht! Zugleich nennt Jesus mit seinem nächsten Satz, dieser eindringlich einladenden Empfehlung, auch den Grund, warum wir uns nicht zu fürchten brauchen: Glaubt an Gott und glaubt an mich! Vertraue Gott, vertraue mir.
“Vertrauen ist wie Wasser, das Schiffe trägt, das den Schmutz auflöst, das Durstige erfrischt, das Wüsten zu Quellen macht” (Josef Dirnbeck / Martin Gutl). Vertrauen heißt, sich von jemanden gehalten wissen. Wissen, dass da einer ist, der mich nicht fallen und verloren gehen lässt – gerade dann, wenn man auf dem Weg in eine offene Zukunft, in ein neues Jahr ist. Man könnte auch sagen: Halte dich an mich und du bist auf deinem Weg nicht haltlos. Oder wie Martin Luther das schreibt: „Halte dich an mich, es soll dir jetzt gelingen.“ (EG 341, Str. 7) Es soll dir gelingen, dass du getrost den Weg ins kommende Jahr und durch dies Jahr gehen kannst. Dass du dein Leben ohne Verhärtung, Verbitterung und Angst lebst – was immer sich ereignet, wie immer dein Leben wird. Leben kann ja vieles bedeuten, wie folgende Geschichte zeigt:
„An einem schönen Sommertag war um die Mittagszeit eine tiefe Stille im Wald eingetreten. Die Vögel steckten die Köpfe unter die Flügel, und alles ruhte. Da steckte der Buchfink sein Köpfchen hervor und fragte: “Was ist das Leben?” Alle waren betroffen über diese schwierige Frage. Ein Rose entfaltete gerade ihre Knospe und schob behutsam ein Blatt ums andere heraus. Sie sprach: “Das Leben ist eine Entwicklung.” Weniger tief veranlagt war der Schmetterling. Lustig flog er von einer Blume zur anderen, naschte da und dort und sagte: “Das Leben ist lauter Freude und Sonnenschein.” Drunten am Boden schleppte eine Ameise sich mit einem Strohhalm ab, zehnmal länger als sie selbst, und sagte: “Das Leben ist nichts als Mühe und Arbeit….” Es hätte nun einen großen Streit gegeben, wenn nicht ein feiner Regen eingesetzt hätte, der sagte: “Das Leben besteht aus Tränen, nichts als Tränen…” Hoch über ihnen zog ein Adler majestätisch seine Kreise, der frohlockte: “Das Leben ist ein Streben nach oben.” Dann kam die Nacht. Nach einer Weile ging ein Mann durch die leeren Straßen nach Hause. Er kam von einer Lustbarkeit und sagte vor sich hin: “Das Leben ist ein ständiges Suchen nach Glück und eine Kette von Enttäuschungen.” Nach der langen Nacht kam endlich die Morgenröte und sagte: “Wie ich, die Morgenröte, der Beginn des kommenden Tages bin, so ist das Leben der Anbruch der Ewigkeit”.”
Was ist das Leben? Diese Frage stellt sich einem auch für das neue Jahr, und damit auch verbunden die Fragen: Wie möchte ich mein Leben gestalten und verstehen? Welchen Grund und welches Fundament habe ich unter den Füßen? Viele Antworten zur Lebensfrage haben wir gehört, und jede Antwort enthält Wahres; manche dieser Antworten ist vielleicht auch unsere, weil wir es so selbst erlebt haben, und sicher auch wieder erleben werden: Die Höhen, die schönen Seiten des Lebens…. Und die schweren, die harten Seiten, die Tiefen, wo man vieles nicht versteht und sich unsicher fühlt. Eine eindeutige Antwort gibt es nicht.
Wie auch immer man die Frage beantwortet – dass ich mein Leben in seiner ganzen Bandbreiteals als gelungenes verstehe, trotz Härten und Dunkelheiten, dazu brauche ich einen Halt, einen Grund. Diesen bietet uns Jesus an. Er zeigt: Ich bin für dich da; Gott ist für dich da und geht mit dir. Der Blick zur Krippe und der Blick zum Kreuz erinnern uns daran. Der Blick zur Krippe zeigt: Leben heißt auch, die Wahrheit entdecken, dass ich bedürftig bin, dass ich und mein Leben verloren gehen kann. Dass ich nicht alles aus eigener Kraft schaffe, dass ich immer wieder neu anfangen können muss. Dass ich also Halt und Beistand brauche. Die Krippe zeigt wie Gott ganz menschlich und bedürftig, als Säugling zur Welt kommt und sich uns Menschen zugesellt und zuwendet. Der Blick aufs Kreuz erinnert: Auch in den Tiefen bist du Mensch nicht verlassen und verloren. In all deinen Schwächen, allen Unzulänglichkeiten und Brüchigkeiten hält Gott uns. Dass wir eben nicht erschrecken und verbittern und also unser Herz an falsche Wahrheiten und falsche Götter hingeben, die Leben abbauen und zerstören.
Vieles bietet sich an, das vorgibt der Weg zum Glück zu sein, das vorgibt die Wahrheit zu sein, das vorgibt das Leben zu sein. Doch hält es, was es verspricht? Bietet es ein verlässliches und stabiles Fundament? Das zu prüfen, sind wir selbst gefordert. Jesus jedenfalls lädt uns ein, mit ihm den Weg in und durch das Neue Jahr zu gehen. Jesus, geboren im ärmlichen Stall, dieser Mensch, der selbst in der Tiefe nicht verbitterte, sondern versöhnlich blieb, der Werte wie Nächsten- und Gottesliebe in uns festmachen will, in dem Gott in die Welt kam – er ermutigt aus dem Vertrauen zu ihm und zu Gott vertrauensvoll und furchtlos zu leben. Dass wir nicht einfach alles mitmachen und glauben, sondern auf das Menschliche, auf das, was Leben fördert achten – in Bezug auf andere und auf uns selbst. Da geht dann die Weihnachtsbotschaft vom Frieden mit in den Alltag und durch das neue Jahr. Da kann Friede wachsen – wo Menschen den Weg mit Jesus gehen und sich Gottes Liebe weiterreichen, durch Worte, Gesten und Taten. Im Vertrauen, dass mir nichts dabei verloren geht, weil Gott mich hält und sucht. Dies Vertrauen trägt, macht das Herz weit, lässt einen beherzt das neue Jahr angehen und gibt heitere Gelassenheit bei all dem, was kommen wird, wie es Hanns Dieter Hüsch, vielleicht die Worte Jesu im Sinn, ausdrückt:
Ich bin vergnügt, erlöst, befreit. Gott nahm in seine Hände meine Zeit, mein Fühlen, Denken, Hören, Sagen, mein Triumphieren und Verzagen, das Elend und die Zärtlichkeit.
Was macht dass ich so furchtlos bin an vielen dunklen Tagen? Es kommt ein Geist in meinen Sinn, will mich durchs Leben tragen.