Festtag Christi Himmelfahrt – Segen von oben
Blick in den Himmel – und doch erdverbunden
Predigttext: Offenbarung 1, 4-8 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 2017)
4 Johannes an die sieben Gemeinden in der Provinz Asia: Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt, und von den sieben Geistern, die vor seinem Thron sind,
5 und von Jesus Christus, welcher ist der treue Zeuge, der Erstgeborene von den Toten und Fürst der Könige auf Erden! Ihm, der uns liebt und uns erlöst hat von unsern Sünden mit seinem Blut
6 und uns zu einem Königreich gemacht hat, zu Priestern vor Gott und seinem Vater, dem sei Ehre und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.
7 Siehe, er kommt mit den Wolken, und es werden ihn sehen alle Augen und alle, die ihn durchbohrt haben, und es werden wehklagen um seinetwillen alle Stämme der Erde. Ja, Amen.
8 Ich bin das A und das O, spricht Gott der Herr, der da ist und der da war und der da kommt, der Allmächtige.
Im Mai, besonders zu Himmelfahrt, fällt mir das Gebetslied von Martin Behm ein: „Wie lieblich ist der Maien aus lauter Gottesgüt, des sich die Menschen freuen, weil alles grünt und blüht“. Die Tiere springen, die Vögel singen. Das frische Maiengrün. Das tut der Seele gut. Da tankt man auf. Besonders in der Natur. Der Blick in den Himmel, der Blick vom Berg ins Land, der Horizont, wo Himmel und Erde verschmelzen. Erhaben. Da freut man sich. Den Alltagsstress lässt man hinter sich, wenigstens für kurze Zeit. Der Himmel reizt, er lässt Schönes erahnen. Wenn etwas himmlisch gut ist. Wenn man sich im siebten Himmel befindet. Wenn zwei verliebt auf einer Bank sitzen, wenn man eine harte Prüfung gut geschafft hat.
Das Wort “Himmel“ drückt Sehnsucht aus. Sehnsucht nach Glück, Heimat, Geborgenheit, Zufriedenheit, Friede. Dass man einfach gut leben kann, erfüllt, ohne Sorgen, Trübsal und Leid. Ja, mit dem Himmel verbinde ich Hoffnung, Hoffnung auf eine himmlische Erde und Welt. Mit dieser Hoffnung bin ich nicht allein. Wer hofft denn nicht auf eine solch eine gute Welt? Schon früher hatten Menschen diese Hoffnung, die aber doch immer wieder Nahrung braucht, damit sie nicht austrocknet, man sodann aufgibt und resigniert. Der Predigttext für heute aus dem Buch der Offenbarung, dem ersten Kapitel ist ein solcher Hoffnungstext.
(Lesung des Predigttextes)
Den Blick in den Himmel erhoben – und doch erdverbunden, der Erde treu. Dass sich hier etwas ändert, dass auf Erden Leben gedeiht und grünt. Gedeihen und Wachsen haben für uns Menschen durchaus auch etwas mit Machen und Macht zu tun. Vielleicht merkt man dies besonders im landwirtschaftlichen, gärtnerischen Bereich. Da muss man etwas machen, damit später Ernte eingefahren werden kann. Pflügen, sähen, Bäume schneiden. Freilich, dass es dann zum Gedeihen kommt, steht nicht allein in unserer Macht. Darum bittet Behm auch in seinem Lied: „Es steht in deinen Händen, dein Macht und Güt ist groß; drum wollst du von uns wenden Mehltau, Frost, reif und Schloß“.
Der Macht ausgelieferte Menschen, die unter anderen Mächten auch unter der Macht der Obrigkeit zu leiden haben, hören die befreiende Botschaft, dass sie Anteil haben an der endgültigen Macht, der gütigen Macht, der macht der Liebe. Dass es zu einem Machtwechsel kommt, durch den Leben gut gedeiht. Was für eine Aussicht. Die tut gut. Die baut auf. Die beflügelt. Die lässt über den unangenehmen und bedrückenden Zustand und Moment hinaussehen und hoffen.
Macht spielt eine entscheidende Rolle in diesem Abschnitt des Sehers Johannes an die sieben Gemeinden in Kleinasien, die unter der Macht des römischen Imperiums stehen. Um Macht geht es immer wieder in den Beziehungen zwischen Menschen. Sie kann Selbstzweck für einen sein oder auch zu gutem Engagement motivieren. Macht kann aufbauen, aber auch abbauen. Sie kann Hoffnung schaffen und stärken, aber auch zu dunklen Aussichten führen. Das bekommen wir jeden Tag in den Nachrichten mit: Vom Handelskrieg ist da die Rede, der Irankonflikt, Nordkorea – um nur einige Beispiele zu nennen. Dabei geht es auch immer um Macht. Wer hat das Sagen, wer hat die Deutungshoheit, wer besetzt die Themen und prägt die Meinungen? Immer wieder kommt man sich dabei nur ausgeliefert und ohnmächtig vor. Ähnliches geschieht auch im kleineren Rahmen, in Familien, zwischen Mann und Frau, Eltern und Kindern und und und … Wer hat Macht und wie wird sie ausgeübt?
Vor etwa 2000 Jahren hat Christus die Welt verlassen. Blieb alles beim Alten? Jedenfalls: Gescheit wurde die Menschheit wahrlich nicht. Die großen Fragen sind immer noch ungelöst; Hunger, Gewalt und Unfriede prägen große Teile der Welt und der Menschen Leben – wie damals schon. War Jesu Leben, Sterben und Auferstehung vergebens? Sein Einsatz für das Reich Gottes, den Himmel auf Erden, ein Leben in Würde und Freiheit? Und was hat das alles mit dem Festtag Christi Himmelfahrt zu tun? Macht er nicht alles noch kälter und zeigt, dass Gott sich auch noch entfernt hat? Johannes, der Seher, verkündet den Herrn über alle Herren, über alle Könige und Herrscher. Irgendwann wird er sichtbar kommen. Alle, die jetzt und hier ihre Macht missbrauchen, werden sie verlieren, müssen sie abgeben an den, der seine Macht in Gnade und Frieden einfließen lässt. Gott, Christus, hat uns zu einem Königreich und zu Priestern gemacht, dass wir Menschen miteinander in guter Beziehung leben.
Johannes ermutigt: Gott, Jesus ist nicht fern, sein Segen ist da, liegt über uns, ist um uns und nährt uns, lässt die Lebenskräfte in uns wachsen. Dass der Himmel auch bei uns ist. Wenn Wärme und Liebe sich ausbreiten, Menschen aufeinander zugehen, kann etwas vom Himmel hereinbrechen. Da geschieht ein Machtwechsel – die Macht der Liebe siegt. Himmelfahrt – Jesus, Gott hat uns den Himmel nahegebracht. Weil er in den Himmel fuhr, ist er zwar fern und doch zugleich nah. Überall ist er. Allumfassend, da für uns, zu jeder Zeit an jedem Ort.
Darum müssen wir nicht immer sehnsüchtig auf irgendeinen Himmel schauen, wo dann alles besser ist, sondern hier und jetzt erfüllt leben, weil uns Einer durch unsere Lebensreise geleitet und die Treue hält, einer Mitte und einem Zentrum gleich. Sein Segen, seine Lebenskraft geht mit uns. Der Himmel steht uns überall offen. Gerade das verhilft in schwieriger Lage zur guten Aussicht. Schafft eine Kraft gegen Resignation, gegen Mutlosigkeit, durchbricht die düsteren Wolken. Trotzalledem. Wie eben auch der Anblick der Natur uns auf Gottes Fülle verweist – “Freunde, dass der Mandelzweig wieder blüht und treibt ist das nicht ein Fingerzeig, dass die Liebe bleibt?” Davon erzählt Johannes und stärkt unserer Hoffnung. Von Don Helder Camara stammen die Worte: Hoffen heißt, „an das Abenteuer der Liebe glauben, Vertrauen zu den Menschen haben, den Sprung ins Ungewisse tun und sich ganz Gott überlassen“. Dazu lädt das Himmelfahrtsfest ein.