Brot

Brot - mehr als ein Nahrungsmittel

Predigttext: Johannes 6,47-51
Kirche / Ort: Luthergemeinde / Ettlingen
Datum: 31.03.2019
Kirchenjahr: Laetare (4. Sonntag der Passionszeit)
Autor/in: Pfarrer Dr. Thorsten Maaßen

Predigt: Johannes 6,47-51 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 2017)

47 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer glaubt, der hat das ewige Leben.   48 Ich bin das Brot des Lebens. 49 Eure Väter haben in der Wüste das Manna gegessen und sind gestorben. 50 Dies ist das Brot, das vom Himmel kommt, damit, wer davon isst, nicht sterbe. 51 Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel gekommen ist. Wer von diesem Brot isst, der wird leben in Ewigkeit. Und das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch – für das Leben der Welt.

 

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Brot – ein Geschenk Gottes

Was tun wir, wenn wir Hunger haben? Wir essen – am einfachsten ein Stück Brot, vielleicht mit etwas Butter und Käse. Das kleine Vesper, das Pausenbrot, das Brot zum Frühstück, das typisch deutsche Abendbrot. Damit uns dabei nicht langweilig wird, bieten die Bäcker inzwischen eine große Anzahl verschiedener Brotsorten an. Wir können wählen. Aber der eigentliche Sinn und Zweck bleibt: den Hunger zu stillen, Energie zuzuführen für die nächsten Aufgaben.

Brot verstehen wir geradezu als Grundnahrungsmittel. Es hat es sogar als einzige wirklich materielle Sache ins Vaterunser geschafft, das zentrale Gebet der Christen. „Unser tägliches Brot gib uns heute.“ Und umgekehrt ist Brot auch Anlass für unseren Dank, für das Lob Gottes. Kaum ein Erntedankaltar ohne ein Brot. Der Segen vor dem Anschneiden eines Brotes war zumindest in der Generation meiner Großeltern noch bekannt. Und dass zum Essen ein Tischgebet gehört, ist noch immer Bestandteil evangelischer Erziehung. In dieser Dankbarkeit über das Brot scheint eine Erkenntnis verborgen zu sein: Im Brot kommt der Himmel auf die Erde.

Das Brot ist so elementar, dass wir hier Gott ganz nahe wissen. Ihn bitten wir darum, ihm danken wir dafür. Was aber, wenn es ausbleibt? Wenn das tägliche Brot nicht gesichert ist, wenn Menschen hungern müssen. Vor einem Vierteljahr haben Sie noch gespendet für „Brot für die Welt.“ Es stößt bitter auf, dass in unserem Teil der Welt Nahrungsmittel kaum wertgeachtet werden, während ein großer Teil der Weltbevölkerung keinen Zugang zu vielseitigem Essen, sauberem Wasser und einer grundlegenden Bildung hat. Ist Gott diesen Menschen fern? Das wohl kaum, denn es ist ja nicht so, dass zu wenig da wäre für sie. Nur ist die Verteilung so organisiert, dass die einen so viel haben, dass sie das Brot nicht mehr achten und die anderen ihre Sehnsucht kaum gestillt bekommen.

Denken wir noch einmal den Gedanken weiter: Im Brot kommt der Himmel auf die Erde. Gott ist hier ganz nahe. So ist unser Überfluss wohl auch eher ein Grund dafür, dass sich kaum jemand für Gott interessiert. Weil mehr als genug da ist, werden Menschen gleichgültig, womöglich gar gelangweilt. Wo hingegen der Wert selbst einer Scheibe Brot deutlich gespürt wird, da wird die Sehnsucht nicht nachlassen. Gott ist er nicht egal, der Hunger der Menschen nach Brot.

Brot – von Anfang an im Blick

Gott hat das Brot von Anfang an im Blick. Schon im Garten Eden sorgt er dafür, dass die Menschen sich ernähren können. Und als er sein Volk nach der Sklaverei in Ägypten hinausgeschickt hat in die Freiheit, was aber auch bedeutete: in die Wüste, da kümmert er sich selbst um das nötige Brot. Das berühmte Manna, von dem sie jeden Tag nur so viel sammeln sollten, wie ein jeder brauchte. Gott machte damals sehr deutlich: Brot darf nicht zum Spekulationsobjekt verkommen. Wenn einer meint, besondere Vorräte auf Kosten anderer anlegen zu müssen, verdarb ihm der vermeintliche Segen. Das Manna in der Wüste ist Zeichen von Gottes Fürsorge für den Menschen. Es zeigt, dass Gott sich sehr wohl bis in das Materielle mit den Menschen verbündet, dass ihm das leibliche Wohlergehen nicht egal ist.

Jesus – das Brot des Lebens

Ich sage das so deutlich, weil es im Johannesevangelium fast nach einer Gegenüberstellung klingt: als wäre das leibliche Brot, das Manna, nur unnützes weltliches Zeug, während in Jesus Christus, im Abendmahl nun die eigentliche Rettung, das Brot des Lebens kommt. „Ich bin das Brot des Lebens“, spricht Jesus. Natürlich, ob Manna, wie damals in der Wüste oder ob Brot am Frühstücks- und Abendbrotstisch. Der leibliche Brotgenuss hält nicht den leiblichen Tod auf. So wie ja auch Jesus selbst ganz konkret leiblich gestorben ist am Kreuz.

Dieses reale Schicksal, das wir mit den Israeliten in der Wüste teilen, entwertet aber das Brot nicht, das wir letztlich aus Gottes Hand empfangen. Wir alle essen, wir alle werden sterben. Das ist nun einmal so. Trotzdem eröffnet Jesus in dieser Rede eine neue, weiterführende Perspektive. Er überschreitet ganz offensichtlich die Dimension der weltlichen Wirklichkeit. Wenn er sagt: „Ich bin das Brot des Lebens“, dann geht es ja eben gerade nicht mehr um Backwerk aus Mehl. Dann geht es nicht einmal um einen rätselhaft süßen Himmelstau, wie ihn die Israeliten gefunden haben. Es geht um ihn, um Christus, um den, der am Kreuz sein Fleisch geben wird für das Leben der Welt.

Das Wort Brot wird zur Metapher, also zu einem Bildwort, das etwas anderes verdeutlicht. Christus brauchen wir, wenn wir unsere Zukunft suchen. Christus ist der Himmel auf Erden. Christus ist Gott, der uns ganz nahe kommt. Christus ist es, für den wir zu danken haben. Darum: „Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel gekommen ist“. Um das zu finden, was wir als ewiges Leben bekennen, braucht es anderes als eine Mehlspeise. Da braucht es den direkten Kontakt zum lebendigen Gott. Und den finden wir in Christus. Nicht die Gestalt des Brotes ist da entscheidend. Ob Hostie oder Weißbrot beim Abendmahl gebraucht werden, darum geht es nicht. Das alles sind Fragen des Materiellen. Die führen aber noch nicht weit genug.

Wichtig ist einzig: Wir brauchen Christus in uns. Es genügt nicht, Brot zu essen, um zu leben. Es genügt nicht, von Jesus zu wissen so wie wir Nachrichten über einen Fußballer oder einen Freiheitshelden in der Zeitung lesen. Es geht um ein ganz inniges Verhältnis. So wie das Brot, das wir essen, in uns wirkt, uns stärkt, uns befähigt, über uns hinaus zu wachsen, so will Christus in uns wirken können. Wir werden nicht selbst zu Gott oder zu Christus. Aber wir bekommen Anteil an ihm. Er wird Teil von uns so wie wir Teil von ihm werden.

„Wer von diesem Brot isst, der wird leben in Ewigkeit“ sagt Christus weiter. Dieses Essen ist ein aktiver Vorgang. Wir können es tun oder wir können es sein lassen. So wie wir uns jeden Sonntag entscheiden können: Gehe ich zum Gottesdienst oder lasse ich es sein. Doch die Aktivität des Glaubens steht hier unter der großen Verheißung. Jesus verspricht ewiges Leben. Ein Leben natürlich, das genauso wenig in Raum und Zeit passt wie Christus ein essbares Stück Brot würde. Es öffnet sich uns die göttliche Wirklichkeit, der Himmel auf Erden, wenn wir dieses „Brot des Lebens“ essen, wenn wir uns also von Christus erneuern lassen.

Schließlich blickt Jesus voraus auf sein Sterben, wenn er schreibt: „das Brot, das ich geben werden, ist mein Fleisch“. Er wird also sterben, er wird das wieder aufgeben, was nun für eine begrenzte Zeit ihn unter die Bedingungen des vergänglichen Lebens gestellt hat. Er erleidet die Menschwerdung bis zur letzten Konsequenz – nämlich dem Tod. Niemand konnte ihm entrinnen, nicht einmal die Väter und Mütter Israels in der Wüste, nicht wir Christen. Und so nimmt Jesus den Tod auf sich „für das Leben der Welt“.

Das also ist das Ziel. Christus gibt sich nicht hin, um den Helden zu spielen. Es geht nicht darum, irgendetwas für sich zu erreichen. Für die Welt – für uns – für die Menschen, die sonst ganz losgelöst von Gott, von ihrem Schöpfer leben würden, hat sich Jesus gegeben.

Hunger nach Leben

Jesus lockt unseren Hunger nach Leben. Hunger nach Leben, den erleben wir besonders bei jungen Menschen. Schier unersättlich mit einer fast unendlich scheinenden Zahl von Jahren vor sich, gespannt, was man alles aus seinem Leben machen kann.

Derzeit geht eine Bewegung durch die Kinder, Jugendlichen und Jungen Erwachsenen. Kids for the Future, die freitags auf die Straße gehen, um einen besseren Klimaschutz zu fordern. Umweltkids, die hier in Bruchhausen Initiativen für eine saubere Umwelt starten ohne Plastik. Sie machen Ernst mit dem alten Spruch „nicht für die Schule, sondern fürs Leben lernen wir“. Sie setzen sich ein für die Welt, für das Leben der nachfolgenden Generationen. Sie warnen davor, dass bald nicht einmal mehr das Leben vor dem Tod möglich ist. Sie wollen uns zur Umkehr bewegen, dass wir ernst nehmen, was wir anrichten Tag für Tag. Sie wollen uns auf die Seite des Lebens ziehen, auch wenn es Verzicht und Anstrengung bedeutet.

An der Botschaft dieser jungen Menschen können wir viel lernen für das, was Christus für uns bedeutet. Auch er appelliert an unseren Hunger nach Leben. Er will in uns wirken können. Empfangen wir das Brot des Lebens, so werden wir zu Botschaftern des Lebens für die Welt. Himmel und Erde begegnen sich in uns. Wir werden Teil seines Einsatzes „für das Leben der Welt“. Warum also nicht sich auch verbünden mit dem Einsatz der jungen Leute für Klima- und Umweltschutz. Warum nicht dem Hunger in der Welt beherzt entgegentreten. Warum nicht mit Neugier und Interesse jeden Sonntag nach Gottes Wort hungern und in der gottesdienstlichen Gemeinschaft empfangen, was mir gut tut?

Wenn wir Hunger haben, essen wir ein Stück Brot. Was tun wir, wenn die Welt Hunger hat nach Liebe, Gerechtigkeit und Frieden? Was tun wir, wenn wir Hunger haben, nach einem Leben, das jenseits unserer engen Grenzen Wirkung entfaltet? Dann ist es gut, in lebendigem Kontakt mit Gott zu bleiben, Christus in uns aufzunehmen, das eigene Ich zurückzustellen, sein Ich in uns wirken zu lassen – „für das Leben der Welt“.

Liedempfehlung (insbesondere in Verbindung mit einer Abendmahlsfeier): „Ich bin das Brot, lade euch ein“ (nL 155)

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Ein Kommentar zu “Brot

  1. Pastor i.R.Heinz Rußmann

    Brot ist das Grundnahrungsmittel, das es als einziges geschafft hat, in den Bitten des Vaterunsers aufgenommen zu werden. Brot ein Anlaß zum Dank. Früher galt Brot als etwas Heiliges, in dem der Himmel auf die Erde kommt. Heute ist die Verbindung zum Brot weltweit schlecht organisiert. Ist Gott den Hungernden fern ? Unser Überfluss an Brot führt sogar zur Gleichgültigkeit zu Gott heute? In der Bibel sorgt Gott für Brot im Paradies und bei den Israeliten auf der Wüstenwanderung. Für Gott ist Brot ein zentrales Thema. Deshalb schenkt uns Jesus im Abendmahl das Brot des Lebens. Brot ist dabei nichts Weltliches mehr Jesus will in uns wirken und wir bekommen Anteil an ihm.Jesus gibt dazu sein Leben. Heute gibt es die Bewegung: Kids for the future. Wir können davon als Erwachsene lernen und dem Hunger in der Welt beherzt entgegentreten und im lebendigen Kontakt mit Gott bleiben und Christus in uns aufzunehmen. Diese Predigt bringt uns sehr lebendig Jesus nahe als das Brot des ewigen Lebens. Auch als Sohn eines selbständigen Bäckermeister-Ehepaars kommt mir und anderen die religiöse Dimension des Brotes durch diese schöne Predigt wieder ganz nah.

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