Melodie einer neuen Gerechtigkeit
Lebensbejahende Freude, Liebe und Vergebung
Predigttext: Matthäus 3,3-17 (Übersetzung nach Martin Luther)
13 Zu der Zeit kam Jesus aus Galiläa an den Jordan zu Johannes, dass er sich von ihm taufen ließe.
14 Aber Johannes wehrte ihm und sprach: Ich bedarf dessen, dass ich von dir getauft werde, und du kommst zu mir?
15 Jesus aber antwortete und sprach zu ihm: Lass es jetzt geschehen! Denn so gebührt es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen. Da ließ er's geschehen.
16 Und als Jesus getauft war, stieg er alsbald herauf aus dem Wasser. Und siehe, da tat sich ihm der Himmel auf, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube herabfahren und über sich kommen.
17 Und siehe, eine Stimme vom Himmel herab sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.
Es war ein wunderbarer Augenblick, als Jesus die Stimme des himmlischen Vaters vernahm: „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe“, eine klare Bestätigung für das, was gerade geschehen war: Seine Taufe durch Johannes.
I.
Da schaut Gott noch einmal intensiv auf diesen Jesus herab und freut sich daran, wie er sein Leben gestaltet. Dieser Jesus aus Nazareth gefällt ihm. Er ist nach seinem Herzen. Zu ihm kann er vorbehaltlos „Ja“ sagen. Er sieht sein reines Herz, sein Leben ohne Fehl und Tadel, ohne Mängel, ohne Schuld, ohne Sünde. Ein Leben voller Liebe für andere Menschen, seine Bereitschaft, alles für sie zu geben. Sein Wille, ihnen zu helfen, mit seinen Fähigkeiten ihnen zu dienen: Kranke zu heilen, Verirrte auf den richtigen Weg zu bringen, Verzweifelte zu trösten, Sündern Vergebung zuzusprechen. Er weiß schon jetzt, dass er bereit sein wird, das „Lamm Gottes zu werden, das die Sünde der Welt trägt“. Und das ist Gottes Urteil: „Jesus, mein lieber Sohn, du gefällst mir.“ Damit bekam Jesus noch einmal ein göttliches Signal, ein Zeichen von „Oben“, dass er alles richtig gemacht hat. „Wie ein Taube“ kam Gottes Geist auf ihn herab und schenkte ihm diese Bestätigung: „Du bist auf dem richtigen Weg. Du hast bis hierher alles gut gemacht, und ich werden dir helfen, diesen Weg erfolgreich, ja siegreich bis zum Ziel weiterzugehen.“
Dabei kann man das Verhalten Jesu durchaus als eigenwillig ansehen. Warum zog es ihn aus dem behaglichen Nazareth, aus dem lieblichen Umfeld am See Genezareth mit seiner blühenden Vegetation, wo er Verwandte und Freunde hatte, die ihn liebten und verehrten, warum zog es ihn in den tristen Süden des Landes, wo alles trocken und verkarstet war? Was suchte er dort unten am Jordan, der als trübes, schmutziges Rinnsal im Toten Meer versickerte? Hätte er nicht Johannes zu sich rufen können, damit er ihn an den frischen, klaren Quellen des Jordan tauft? Wäre das nicht auch ein schönes Gleichnis geworden? Nein, Jesus ging dorthin, wo die Not zu Hause war, wo das Elend sich breit gemacht hatte, wo die Menschen am Ende waren mit ihrer Weisheit, wo Ungerechtigkeit und Willkür den Ton angaben. Er tut es bis heute. Das gefällt Gott.
II.
Jesus geht zu Johannes. Johannes ging mit seinen Zuhörer hart ins Gericht. In seiner Kritik war er unerbittlich. Keiner entkam seinem scharfen Urteil. Auch Jesus hat zur Buße aufgerufen, aber er intoniert die Melodie einer neuen Gerechtigkeit. Johannes hat es sofort verstanden, und in seiner prophetischen Vollmacht erklärt er Jesus als das „Lamm Gottes, das die Sünde der Welt trägt.“ Die christliche Gemeinde hat dieses Bild aufgenommen und ihm einen bleibenden Platz in der Abendmahlsliturgie gegeben: „Christe, du Lamm Gottes, der du trägst die Sünd der Welt, erbarm dich unser“. Matthias Grünewald hat ihm mit dem berühmten Isenheimer Altar ein eindrucksvolles Denkmal gesetzt: Johannes zeigt mit einem übergroßen Zeigefinder auf den gekreuzigten Jesus und setzt die überlieferten Worte ins Bild: „Jesus, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt trägt.“ Auch wenn aus historischer Sicht die Darstellung nicht korrekt ist, weil Johannes schon getötet war, als Jesus starb, so ist seine geistliche Aussage eine Wahrheit mit Ewigkeitscharakter.
Dass Jesus zu Johannes kam und sich von ihm taufen ließ, ist ein heilsgeschichtlicher Höhepunkt. Ein Ereignis, über das sich Gott freute. Die Initiative ging von Jesus aus. In der Weise, wie er die Taufe von Johannes begehrte, würdigte er dessen Person und sein Wirken. Hier wird noch einmal deutlich, wie sehr die beiden einander ergänzten, wie nahe sie sich waren, wie sie ihren jeweiligen Auftrag erfüllten, wie sie sich innerlich verstanden. Die kirchliche Tradition hat diese Sicht aufgegriffen und in ihrer Liturgie dargestellt: Der Geburtstag des Johannes wird mit der Sommersonnenwende und die Geburt Jesu mit der Wintersonnenwende verbunden. Ein starkes Zeichen. Die Verbundenheit der Beiden wird an einigen Einzelheiten deutlich. Nicht nur, dass sie fast gleichaltrig waren und über ihre Mütter verwandt, sondern auch in ihrem Auftrag, dem bleibenden heilsgeschichtlichen Handeln Gottes zu entsprechen: Verheißung und Erfüllung, der Weg vom Alten zum Neuen Bund, vom Gesetz zum Evangelium.
III.
Jesus unterstützt Johannes, wenn er an den Menschen die „Taufe zur Buße“ vollzieht. Er stellt sich selbst in die Reihe derer, die sich bessern wollen, die sich ermutigen lassen, Notleidenden zu helfen, Armut, Hunger zu lindern, der Gerechtigkeit, den Menschenrechten und dem Frieden zu dienen. Jesus distanziert sich nicht von den ethischen Forderungen des Johannes, im Gegenteil, er unterstreicht sie. Aber gleichzeitig zeigt er Verständnis für die Unvollkommenheit der Menschen, für ihr – und unser – vielfältiges Versagen, für Schuld, die sie auf sich geladen haben, für Sünde, in die sie verstrickt sind.
Da steht Jesus neben uns als unser Freund und Bruder. Er hat keine Schuld, aber er trägt die Unserige. Er ist ohne die kleinste Sünde, aber er trägt unsere Sünde, ja, die der ganzen Welt. Hier am Jordan war der Beginn dieser wunderbaren Offenbarung seiner lebensbejahenden Freude, seiner Liebe und Vergebung. Da werden wir daran erinnert, wie er zum Freund und Helfer wird, als er bei einer Hochzeitsfeier auftaucht und den Brautleuten aus einer peinlichen Verlegenheit hilft, als ihnen der Wein ausgegangen ist und er 600 Liter Wasser in Wein verwandelt. Welch ein schönes Gleichnis für die Lebensfreude, die er schenkt, und an der wir so oft und gerne Anteil haben.
Da trifft sich Jesus mit Leuten, die sich zu Recht unbeliebt gemacht haben, aber einen Neuanfang starten möchten. Er isst und trinkt mit ihnen. Er sucht die Verlorenen, er heilt die Kranken, weist den bleibenden Anspruch des Todes auf unser Leben zurück, vergibt so großzügig, wie es keiner vor ihm je getan hat. Und was sagt Gott dazu? „Wunderbar, was mein lieber Sohn da auf Erden tut. Es ist ganz in meinem Sinne. Besser kann keiner meinen Willen umsetzten.“
Da erinnern wir uns daran, mit welcher Vollmacht, mit welcher Liebe und Herzlichkeit er alle zu sich ruft, die von Sorgen beladen sind, die nicht mehr weiter wissen, die von Krankheit geplagt werden: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid. Ich will euch erquicken.“ Er nimmt uns nicht alle Lasten ab, aber er hilft, sie zu tragen. Er nimmt nicht jede Krankheit weg, aber er lindert sie. Er verhindert nicht alles Leid und jeden Schmerz, aber niemand, der damit zu ihm kommt, bleibt ohne Trost. Der himmlische Vater schaut zu und sagt: „Er macht es gut, mein lieber Sohn. Er gefällt mir. Seine Art, sein Wesen, sein Tun ist ganz in meinem Sinne.“
Wir können dankbar sein, dass wir einen Herrn haben, der uns treu zur Seite steht, der zu uns hält, der uns versteht, der alles für uns getan und vollendet hat, was wir für ein gelingendes Leben brauchen.
Wer über den Text predigen will, findet hier im Aufbau und in Abschnitten eine vorbildliche Predigt, von der man viel übernehmen kann. Ich selbst habe am letzten Sonntag deshalb schon so gepredigt. Die Predigt fängt schon hoffnungsfroh an mit dem Blick Gottes auf Jesus. Dabei ist Jesus durchaus eigenwillig, indem er zu Johannes in die Wüste geht am die Jodanfurt. Johannes hat als Buß-Prediger sofort verstanden, dass Jesus nicht das Gericht verkündigen wird, sondern aus Liebe für die Sünden der Menschen selbst sühnen wird durch seinen Tod. Jesus übernimmt von Johannes die Taufe zur Buße. Umkehr und neues Leben mit Gott verbindet er. Dadurch beginnt eine lebensbejahende Liebe mit Jesus. Gott unterstützt das Wirken Jesu , seines lieben Sohns , mit großer Freude. Durch den passenden Schlußsatz werden wir erinnert, welches Glück es ist, Jesus als Bruder und Herrn zu haben. Getröstet und ermutigt und im Glauben gestärkt geht man hinterher weiter durch Gottes Reich im Alltag.