Gott ist ein Liebender

Unsere Antwort auf Gottes Liebe ist gefragt

Predigttext: 5. Mose / Deuteronomium 7,6-12
Kirche / Ort: St. Petri Kirche zu Mulsum / Kirchenkreis Buxtehude, 27449 Knutenholz
Datum: 19.07.2020
Kirchenjahr: 6. Sonntag nach Trinitatis
Autor/in: Pastorin Manuela Handelsmann

Predigttext: 5. Mose / Deuteronomium 7, 6-12 (nach der Übersetzung „Gute Nachricht„)

6 Ihr seid ein Volk, das ausschließlich dem HERRN gehört. Der HERR, euer Gott, hat euch unter allen Völkern der Erde ausgewählt und zu seinem Eigentum gemacht. 7 Das tat er nicht, weil ihr größer seid als die anderen Völker – ihr seid vielmehr das kleinste unter ihnen! 8 Nein, er tat es einzig deshalb, weil er euch liebte und das Versprechen halten wollte, das er euren Vorfahren gegeben hatte. Nur deshalb hat er euch herausgeholt aus dem Land, in dem ihr Sklaven wart; nur deshalb hat er euch mit seiner starken Hand aus der Gewalt des Pharaos befreit. 9 Er wollte euch zeigen, dass er allein der wahre Gott ist und dass er Wort hält. Er steht zu seinem Bund und erweist seine Liebe bis in die tausendste Generation an denen, die ihn lieben und seine Gebote befolgen. 10 Aber alle, die sich ihm widersetzen, bestraft er auf der Stelle und vernichtet sie. Er wird nicht zögern, sondern jeden auf der Stelle vernichten, der ihn missachtet. 11 Darum haltet euch stets an seine Weisung, an die Gebote und Rechtsbestimmungen, die ich euch heute verkünde! 12 Wenn ihr dem HERRN, eurem Gott, treu bleibt und auf seine Gebote hört und sie befolgt, wird auch er treu sein und zu den Zusagen stehen, die er euren Vorfahren gegeben hat.

Vorbemerkungen zur Predigt

Dieser Text spricht mich in der Version der Guten Nachricht mehr an und scheint mir für die Hörer auch leichter verdaulich. Aus dem Text und meiner Erinnerung an die Lektüre von Reinhard Feldmeier/Hermann Spieckermann: Gott der Lebendigen, ergibt sich ein Leitwort, das die Predigt tragen soll: Gott ist ein Liebender! Das vorgestellte Gottesbild – Gott ist ein Liebender- wird belegt mit weiteren Stellen aus dem Ersten Testament und konfrontiert mit Zitaten von Liebenden der Gegenwart. Die nummerierten Abschnitte der Predigt dienen der eigenen Orientierung. Ob sie für die Hörer sinnvoll sind, mag der/die Predigende selbst entscheiden.

zurück zum Textanfang

1. Gott hat ein Volk unter allen Völkern der Erde auserwählt und zu seinem Eigentum gemacht.

Sofort stehen mir Nachrichtensendungen vor Augen. Staatsoberhäupter preisen die Größe der eigenen Nation. Manche führen dabei selbstverständlich den Namen Gottes im Mund. Andere beschwören die herausragende Größe ihrer Nation nicht mit Worten. Sie stehen auf einer Tribüne und nehmen eine Militärparade ab. Eine Flugstaffel sprüht die Nationalfarben an den Himmel. Wieder andere demonstrieren die Größe ihrer Nation mit einer Rakete – noch ohne Sprengkopf fällt sie irgendwo ins Meer. Die Botschaft ist immer die Gleiche: Wir sind wer! Unsere Nation ist die beste, stärkste usw. Die Show der mächtigen Männer kennen wir.

„Gott hat euch ausgewählt und zu seinem Volk gemacht!“ diese Worte richtet Moses an das Volk Israel. Aber nicht vor einer großen Militärparade oder in einer Zeit, in der es den Leuten super geht und sie von allen beneidet werden. „Ihr seid von Gott erwählt!“ das gilt Leuten, die gerade noch so davon gekommen sind. Die sich eben noch so gerettet haben vor Unterdrückern. Die Zukunft ist völlig offen. Vermutlich hatten die Menschen kaputte Füße vom Laufen und kaputte Seelen vom Erlebten.

Diese Leute erwählt Gott zu seinem Volk. Eine kleine Gruppe. Gott erwählt Israel – von militärischer Überlegenheit oder gewaltiger Wirtschaftskraft ist keine Rede, sondern von Liebe. Gott erwählt, weil er liebt. Das sagt nichts darüber aus, wie Gott zu anderen Völkern steht. Das sagt aber viel über Gott aus: Gott ist ein Liebender.

2. Voraussetzungslos, nicht erklärbar

Vermutlich kennen Sie den Satz: „Wo die Liebe hinfällt…“ Begleitet wird der Satz oft von einem Achselzucken. Ein Mann oder eine Frau hat sich verliebt. Aber in wen! Ach du gute Güte: „Das passt doch gar nicht!“ In den Augen des Außenstehenden ist das nicht stimmig. Aber für den Menschen, der liebt, passt es. Aussehen, Beruf, Bankkonto – für die Liebe ist das sowas von gleichgültig… wenn die Liebe trifft wie Amors Pfeil! Unverhofft und ungewollt! Es geht ja auch anders. „Sie sucht ihn gebildet, sportlich, witzig, Nichtraucher…“ Das ist nur eine Beschreibung, wer gefallen könnte. Liebe ist etwas anderes. Liebe ist nicht kontrollierbar. Gott ist ein Liebender! Einer, der ganz vernarrt ist in Menschen. „Wo die Liebe hinfällt…“

Wo die Liebe hinfällt, das kann niemand erklären. Es funkt oder es funkt nicht. Beim Traugespräch erzählt die Braut: „Er passte nicht in mein Beuteschema“. Sie wäre nie auf den Gedanken gekommen, mit ihm auszugehen. Aber als man mit gemeinsamen Freunden einen netten Abend verbringt…mLiebe kann man nicht erklären. Gott ist ein Liebender.

3. Gott sucht die Beziehung zu den Menschen

Eine andere Braut erzählt: „Es gibt keine Geschichte, wie wir uns kennengelernt haben. Keine Liebe auf den ersten Blick. Wir kennen uns schon ewig. Als eine andere Beziehung in die Brüche ging, war er da. Und er war hartnäckig.“  Liebende können hartnäckig sein. Geben einfach nicht auf. Werben, sind da.

Gott ist ein Liebender. Er gibt nicht auf. Er gibt die Menschen nicht auf. Das erste Testament, die Geschichte Gottes mit dem Volk Israel, ist eine Geschichte voller Hartnäckigkeit. Das lässt sich durch viele biblische Bücher verfolgen. Hier nur ein Beispiel: Gott erwählt einen jungen Mann zu seinem Sprecher. Jeremia soll Prophet werden. Aber der ziert sich: „Das geht nicht. Niemand wird auf mich hören. Ich bin zu jung. Junge Leute werden nicht ernst genommen. Lass mal Gott. Such dir einen anderen.“ Aber Gott lässt den Jeremia nicht. Gott bearbeitet ihn, bis er einwilligt.

Gott wirbt immer wieder um die Menschen. Er wirbt und segnet, er heilt und bittet, er verzeiht und gibt, bringt voran, schüttet Gutes aus. Und Gott verzweifelt über Bosheit und Ignoranz. Irgendwann hat er die Nase voll und überlässt sein Volk dem Schicksal. Bis es ihn gereut und seine Liebe wieder die Oberhand gewinnt. Es scheint als könnte Gott nicht Gott sein ohne die Menschen. Als würde Gott im Himmel vereinsamen ohne die Beziehung zu den Menschen. Gott ist ein Liebender.

4. Die Selbstbindung des Unabhängigen

Der Liebende Gott verschenkt seine Liebe. Segen will er ausschütten. Genau das, was Menschen unter einem guten Leben verstehen. Gutes Leben sah in einer landwirtschaftlich geprägten Welt so aus: Landbesitz war gut! Landbesitz garantierte etwas zu essen auf dem Tisch. Und Nachkommen waren wichtig, Kinder! Nur mit Kindern öffnete sich in früheren Zeiten die Perspektive in die Zukunft.

Als Gott sich Abraham vorstellt, hat Abraham keine Kinder und ist Nomade. Er besitzt kein Land und zieht mit seinem Vieh umher. Gott verspricht dem Mann Land und Nachkommen so viele wie Sterne am Himmel: Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein. Gott schließt einen Bund mit Abraham. Gott bindet sich vertraglich an ihn. Und Abraham binden sich an Gott. Keine anderen Götter mehr. Vertrag ist Vertrag. Abraham für Gott und Gott für Abraham. Nicht so ein bisschen nebenbei was mit anderen …

Man sollte meinen von nun an ging es nur bergauf mit dem erwählten Menschen. Aber eilig hat Gott das nicht. Als Abraham stirbt hat er keine große Familie, sondern einen Sohn. Er hat auch kein Weideland bis zum Horizont. Abraham besitzt ein kleines Stück Land – die Grabstätte seiner Frau. Man könnte meinen die Erwählung durch Gott bringt nicht viel. Aber der Clou an der Geschichte ist: Der unabhängige Gott bindet sich. Er macht Zusagen und Versprechungen. Gott hätte das nicht nötig. Aber Gott legt sich fest. Der Mensch kann auf Gott zählen. Gott wird es sich nicht anders überlegen. Sein Zeitplan mag undurchschaubar sein – aber Gott nimmt seine Versprechen nicht zurück. Gott ist ein Liebender. Zu seiner Liebe gehört Treue.

5. Vertrag ist Vertrag

Gott hält Wort. Gott ist vertragstreu. Gott erneuert seinen Vertrag mit den Menschen. Gott erneuert den Vertrag mit den Israeliten, mit den Nachkommen Abrahams, mit diesen gerade davongekommenen Leuten. Die Bibel erzählt, dass Moses den Vertrag zum ersten Mal schriftlich bekommt. Auf zwei Steintafeln. Nur ein kurzer Text in 10 Punkten. Ich bin der Herr dein Gott. Das ist die Verpflichtung und Treuezusage der himmlischen Seite. Gott ist ein Liebender. Gott ist treu. Er bindet sich mit einem Vertrag an die Menschen.

Verträge werden zwischen mindestens zwei Vertragspartnern geschlossen. Zwischen Gott und Mensch in diesem Fall. Der Vertrag beinhaltet auch Positionen, die die Menschen halten sollen: Du sollst den Feiertag heiligen. Du sollst dir kein Bildnis von Gott machen. Du sollst den Namen Gottes nicht missbrauchen. Die Menschen binden sich, genau wie Gott, an diesen Vertrag. Und wundern sich gelegentlich, dass der Liebende Gott sauer wird, wenn Menschen auf seine Verträge pfeifen.

Die Klausel zum Vertragsbruch ist auch hart: „Gott wird nicht zögern, sondern jeden auf der Stelle vernichten, der ihn missachtet.“  Gott ist ein Liebender. Er rastet nicht bei jeder Kleinigkeit aus. Aber irgendwann sagt jede enttäuschte Liebende: „Schluss jetzt. Ich lasse mich nicht mehr zum Narren halten. Das bin ich meiner Glaubwürdigkeit schuldig.“

6. Der Blick in die Weite

Wer frisch verliebt ist, dessen Liebe gilt einem Menschen. Nur du zählst! Ich schätze jedenfalls,  bei den meisten Menschen ist das so. Aber wenn das Herz voller Liebe ist, möchte man die ganze Welt umarmen.

Der liebende Gott erwählt wen er will. Doch seine Liebe soll ihre Strahlkraft über den Einzelnen und über sein Volk hinaus entwickeln. Gottes Liebeserklärung an Abraham lautet: „Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein. In dir sollten gesegnet werden alle Völker der Erde.“

Auch die Propheten beschreiben, dass die Botschaft vom Liebenden Gott sich ausbreiten wird. Bei Jesaja heißt es: „Es kommt die Zeit… da werden überall die Leute sagen: „Kommt wir gehen auf den Berg des Herrn! Er soll uns lehren, was recht ist; was er sagt, wollen wir tun!“ Gott weist die Völker zurecht und schlichtet ihren Streit. Dann schmieden sie aus ihren Schwertern Pflugscharen und aus ihren Spießen Winzermesser.“ (Jes 2, 2-4) Der Blick Gottes geht in die Weite. Gott nicht nur Gott für ein Volk, sondern Gott für die Völker. Gott ist grenzenlos. Gott ist eine grenzenlos Liebende.

7. Die Taufe

Ich bin nicht Abraham. Ich komme nicht vor in der Geschichte Gottes mit dem Volk Israel. Ich bin nur Zaungast und höre mit. Und trotzdem bin ich eine Auserwählte. Und das kam so: Vor 2020 Jahren wurde in Israel ein Mann geboren, der war anders als andere. Als er erwachsen war ging Jesus an den Fluss Jordan und lies sich taufen. Als er aus dem Wasser stieg hörten alle, die dabei waren eine Stimme aus dem Himmel: „Dies ist mein lieber Sohn. Ihm gilt meine Liebe!“ Und der Geist Gottes kam wie ein Taube auf Jesus herab. Wieder ein neues Kapitel in der Geschichte Gottes mit den Menschen.

Am Ende seiner Zeit gibt Jesus seinen Freunden einen Auftrag (Mt 28,19f) „Geht zu allen Völkern und macht die Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Und seid gewiss: Ich bin jeden Tag bei euch, bis zum Ende der Welt.«

Meine Familie hat nach diesem Auftrag gehandelt. Ich bin getauft als ich acht Wochen alt war. Ich hatte nichts zu bieten, aber Gott hat mir damals seine Liebe versprochen. Er hat einen Vertrag gemacht mit mir. Schon lange bin ich jetzt gefragt meine Seite des Vertrages zu erfüllen. Gott zu vertrauen, mich an ihn zu halten und an sein Recht. Das geht mir manchmal daneben. Doch manchmal gehe ich zu Gott und erinnere ihn an den Vertrag: „Hier bin ich. Ich brauche dich jetzt. Bitte. Danke. Ach, Gott! …“ Dazu gehört nicht viel Mut. Denn eins ist ja klar: Gott ist ein Liebender.

zurück zum Textanfang

Ein Kommentar zu “Gott ist ein Liebender

  1. Pastor i.R.Heinz Rußmann

    “Gott ist ein Liebender!Einer der ganz vernarrt ist in Menschen”
    Uns Lesern ist wohl keine Predigt bekannt, die so liebevoll über Gottes Liebe spredigt wie diese. Die zentrale Frage, warum Gott das Weltall und uns geschaffen hat findet die Antwort: weil er nicht allein sein wollte. Mit uns, seinen Kindern kann er erfreulich sprechen und für uns vielfältig sorgen. — In sieben Abshnitten zeigt die Pastorin die verschiedenen Seiten von Gottes Liebe ausführlich auf mit Beispielen aus der Bibel von Abraham, Mose, den Propheten , Jesus und von verliebten Menschen. Sie schließt mit der Taufe als Gottes Liebesbund. Jeder getaufte Christ kann sagen, was mein besonders bewährter persönlicher Trostspruch ist: “Ganz gleich was geschieht, ich gehöre zu Dir, lieber Gott !”

Ihr Kommentar zur Predigt

Ihre Emailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert.