„Stille Nacht, heilige Nacht …“
Frieden verkündigen, Gutes predigen, Heil verkündigen, dass das Leben zurückkehrt und neu erwacht ...
Predigttext: Jesaja 52,7-10 (Übersetzung nach Martin Luther)
7 Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße des Freudenboten, der da Frieden verkündigt, Gutes predigt, Heil verkündigt, der da sagt zu Zion: Dein Gott ist König!
8 Deine Wächter rufen mit lauter Stimme und jubeln miteinander; denn sie werden’s mit ihren Augen sehen, wenn der Herr nach Zion zurückkehrt.
9 Seid fröhlich und jubelt miteinander, ihr Trümmer Jerusalems; denn der Herr hat sein Volk getröstet und Jerusalem erlöst.
10 Der Herr hat offenbart seinen heiligen Arm vor den Augen aller Völker, dass aller Welt Enden sehen das Heil unsres Gottes.
Vorbemerkungen zum Predigttext
Nach längerem Meditieren ist mir klar geworden: Jesaja 52,7-10 – neu dem 1. Weihnachtstag zugeordnet - ist ein sehr passender Predigttext an Weihnachten in dieser Corona-Zeit.
„Wie lieblich .. die Füße der Freudenboten“ Bei Claus Westermann (ATD 19) habe ich den schönen Hinweis gefunden, dass man dies bedeutungsmäßig adäquat übersetzen könnte: „Wie schön, dass du da bist!“ (Hebräisches Denken: Lieblich im Eintreffen, schön im Geschehen, im Ereignis des Kommens des Freudenboten, nicht im Aussehen der Füße.)
Freudenboten – Der Engel der Weihnachtsgeschichte, der Frieden, Gutes und Heil ansagt. Menschen, die uns trösten, aufmuntern, ermutigen.
„Trümmer“ – Wir sehen sie in verschiedenster Gestalt. Wir spüren, was Corona in den letzten Monaten zertrümmert hat. Wir erkennen, woraus wir vertrieben sind.
„Getröstet und erlöst“ – Das brauchen wir alle. Danach sehnen wir uns alle. Das ist die Hoffnung unseres Glaubens.
„Seid fröhlich und jubelt miteinander!“ - Es wird die Zeit kommen. Wenn es in unserem Herzen Weihnachten wird. Wenn die Pandemie überwunden ist. Wenn wir sehen, was uns jetzt noch verborgen ist.
Die Situation im 6. vorchristlichen Jahrhundert, in die hinein Deuterojesaja spricht, ist eine ganz andere als unsere. Mein Anliegen in der Predigt ist es, die Motive aufzunehmen und in die heutige Zeit hinein zu predigen. Es ist nicht nötig, von damals zu erzählen. Es geht einzig und allein um die Fokussierung auf das Heute, in das hinein die Freudenbotschaft zu verkünden ist.
„Wie schön, dass du da bist!“
Weihnachten werde
„Stille Nacht, heilige Nacht“. Viele haben das in diesem Jahr so erlebt. Nicht wie „alle Jahre wieder“ volle Kirchen an Heilig Abend. Kein Gottesdienst mit der Familie, kein gemeinsames Singen von Weihnachtsliedern, kein Krippenspiel der Kinder oder Konfirman-den, kein sich „Frohe Weihnachten“ Wünschen nach dem Gottesdienst auf der Straße vor der Kirche. Ja, nicht einmal ein Zusammensein im erweiterten Familienkreis unterm Tannenbaum.
Wir wissen alle, warum es so anders ist in diesem Jahr. Und trotz-dem schallt es aus Engelsmund von Himmel herab: „Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk wi-derfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. … Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens .“
Wie rührt uns das an, wenn die Weihnachtsgeschichte gelesen wird. Vielleicht hat das der Eine oder die Andere an Heilig Abend für sich, zu zweit oder in der Familie zuhause getan. Bei nicht wenigen werden alte, verborgene Erinnerungen hochgestiegen sein. Erinnerungen aus Kindheitstagen. Wie war das damals an Heilig Abend mit Gottesdienst, Bescherung und Essen? Wer war damals so dabei? Und was ist davon ein Leben lang wichtig geblieben?
Was war und uns gefallen hat, was wir uns wünschen und für uns zu Weihnachten dazugehört, was ist bzw. in diesem Jahr nicht sein kann, das empfinden wir tief in unserem Herzen. Und da stellen wir auch fest, ob das Anderssein des Weihnachtsfestes in diesem Jahr ein gewisses Unwohlsein in uns hervorruft oder ob wir uns auf das „nicht wie immer“ doch auch einzustellen vermögen.
So wird uns bewusst, was wir brauchen. Wonach wir uns sehnen. Was wir erhoffen. Es gab schon keine Weihnachtsmärkte in diesem Advent. Wir mussten auf Gemeinschaft stärkende Adventsfeiern verzichten. Es fehlten uns die berührenden Advents- und Weihnachtskonzerte . Selbst das einerseits anstrengende, aber andererseits auch innerlich zufrieden machende Geschenke Einkaufen hat ein anderes Gesicht angenommen.
Doch das, was wir am meisten brauchen, nämlich menschliche Nähe, bleibt in dieser Corona-Pandemie auf der Strecke. Die Kontaktbeschränkungen sind eine arge Belastung für unser seelisches Wohlbefinden. Sie stehen so ganz diesem Weihnachtsfest entgegen. Wir wollen gemeinsam feiern, nicht einsam und alleine. Wir wollen zusammen Geschenke auspacken und uns miteinander freuen. Wir wollen gemeinsam essen und beglückend genießen.
In Trümmern tröste
„Schön, dass du da bist!“ Wem sagen wir das in diesem Jahr an Weihnachten? Wir können es dem Kind sagen, das im Stall zu Bethlehem geboren ist, in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegend. Wir können es dem Engel sagen, der uns die Freudenbotschaft verkündet, dass wir uns nicht fürchten müssen bei allem, was geschieht, weil Christus geboren ist, der uns Heil und Frieden bedeutet.
„Schön, dass du da bist!“ Wir möchten es auch unseren Lieben sagen. Wir möchten sie in unserer Nähe haben. Wir möchten mit ihnen Weihnachten begehen. Wir möchten sie herzlich umarmen und drücken können. Wir möchten sie bestärken und ermutigen. Danach ist uns an Weihnachten zumute. Nach Harmonie und Frieden. Nach dem Guten, das uns neuen Schwung gibt. Nach dem Heil, das uns frohgemut macht.
Doch ist das gar nicht so einfach. Nach den Wochen und Monaten, die wir hinter uns haben. Wie viele Pläne sind über den Haufen geworfen worden. Wie viele Feste mussten ausfallen oder auf bessere Tage verschoben werden. Wie viele neue Wege mussten beschritten und andere Lösungen gefunden werden. Das alles hat unglaubliche Energie gekostet. Es hat so manchen in Bedrängnis gebracht und zermürbt.
Die Trümmer der zurückliegenden Zeit sehen ganz unterschiedlich aus: Die einen arbeiten im Homeoffice, die anderen in Kurzarbeit. Den einen droht der Verlust ihrer Arbeit, die anderen wissen nicht, wie sie den Monat finanziell überleben sollen. Die einen quälen sich mit der Einsamkeit, die anderen ertragen kaum das Familienleben auf engstem Raum. Die einen wachsen zusammen, die anderen entfremden sich. Die einen haben Angst vor einer Infektion, die anderen nehmen keine Rücksicht.
Wer sich auf unerwartete, auf neue Situationen einstellen kann, hat es leichter. Wer sich dagegen schwer tut mit Veränderungen, wird sein Leiden nicht verbergen können. Wer darauf hofft, dass sein Glaube ihm die nötige Kraft gibt, diese ungewisse Zeit zu überstehen, der hat eine bessere Chance, unbeschadet aus diesen Tagen hervorzugehen. Wer die weihnachtliche Freudenbotschaft ernstnimmt, kann es schaffen unerschütterlich zu bleiben.
„Schön, dass du da bist!“ können wir jedem sagen, der uns Mut macht in unseren Zweifeln. Können wir jedem bedeuten, der uns aufrichtet und uns eine Perspektive nach vorne gibt. Wo uns Einfühlung und Trost entgegengebracht wird, können wir innerlich frohlocken: „Schön, dass du das bist!“ Da wird es Weihnachten, indem Gott ganz menschlich auf uns zukommt und uns mit guten Worten in die Arme nimmt.
Erlösung sehe
„Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße des Freudenboten, der da Frieden verkündigt, Gutes predigt, Heil verkündigt, der da sagt zu „uns“: Dein Gott ist König!“
Von Corona aus unserer Normalität vertrieben, ist vieles zur Zeit anders als gewohnt. Es wird noch eine Weile dauern, bis wir in unsere „Normalität“ zurückkehren können. Aber wir sehen schon die bessere Zukunft vor Augen. Das wird noch ein Weg sein, der beschwerlich werden kann. Es wird uns Geduld abverlangt. Doch die Hoffnung ist uns gegeben. Es braucht unser Vertrauen. Doch das Gute und Heilende erscheint bereits am Horizont.
Wir erfahren in diesen Tagen Trost in dem Miteinander, das uns trotz aller Beschränkung Kraft schenkt. Wo man sich umeinander kümmert. Wo man füreinander da ist. Wo man einander etwas Gutes tut. Da sieht man das Licht an Weihnachten aufleuchten. Den hellen Stern, der uns den Weg weist zu denen, die uns brauchen. Der Stern, der seit der Geburt Christi uns bewegt, uns aufzumachen und da zu sein für andere.
„Schön, dass du da bist!“ Das hören wir gerne. Und wo wir es anderen sagen, wird es hell und weihnachtlich. Wir sehnen uns alle nach Erlösung. Und als Christen hören wir immer wieder die Freudenbotschaft, die uns Heil und Frieden verkündet. Wenn dabei unsere Welt nicht gleich eine andere wird, so sehen wir sie doch mit anderen Augen. Wir schauen mehr auf das, was werden kann, als das, was ist.
„Seid fröhlich und jubelt miteinander!“ Das ist Weihnachten. Wir können fröhlich sein und jubeln, weil ein Kind uns die Hoffnung ist, die alle Wirklichkeit übersteigt. Wir dürfen es, weil wir zuversichtlich sind, dass das Leben zurückkehrt und neu erwacht. Wir wollen es, weil wir auf Gott vertrauen, der es auch in diesem Jahr Weihnachten werden lässt. „Wie schön, dass du da bist!“
Souverän überträgt die Predigt den Grundgedanken des Textes in die jetzige Situation. Die gegenwärtigen Nöte und Sorgen der Menschen werden aufgenommen und ins Licht christlicher Hoffnung gestellt, dazu der richtige Appell, mit Freundlichkeit aufeinander zuzugehen und sich gegenseitiger Wertschätzung zu versichern. Eine schöne weihnachtliche Mutmach-Predigt, die gut in diese Zeit passt.